Kurz vor Ende des Jahres erreichte uns der Beschluss des Landgerichts Verden vom 06.12.2019 zum Az.: 6 T 166/19, der den zehnten Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 21.10.2019 in der Sache 6 C 409/16 gegen die Turboquerulantin bestätigte. Ich bin mir sicher, dass nicht nur in unserer Kanzlei die Sektkorken knallten, sondern auch im Amtsgericht Nienburg, denn gemeinsam haben wir es geschafft, in der Kategorie "Ordnungsgeld" einen Weltrekord aufzustellen, der wohl auch für die nächsten hundert Jahre noch Bestand haben wird.
Noch nie konnte ein deutsches Gericht zehn Ordnungsgelder gegen einen Schuldner wegen zehnmaliger Verletzung eines einzigen Unterlassungsurteils festsetzen. Ich muss ehrlicher Weise zugeben, dass eine derartige Weltklasseleistung nur im perfekten Zusammenspiel aller Beteiligten erreicht werden konnte. Man braucht zu allererst eine echte Widerstandskämpferin, die nicht nur das Justizsystem zutiefst verachtet, sondern auch bereit ist, für höherrangige Ideale die bürgerliche Existenz zu opfern. Dann braucht man einen Richter, der mit sicherer Hand die Ordnungsgelder stets in einer Höhe festsetzt, die es gerade noch verhindert, dass die Schuldnerin zur Besinnung kommt und ihren Rachefeldzug gegen die Justiz aus wirtschaftlichen Gründen beendet.
Schließlich bedarf es auch eines Gläubigers, der trotz des Verlusts seines Vertrauens in die Justiz bereit ist, an einem Weltrekordversuch mitzuwirken, obwohl er weiß, dass mit der ausdauernden Verfolgung dieses gemeinsamen Projekts regelmäßig weitere Rechtsverletzungen zu seinen Lasten einher gehen werden. Am Ende hat es sich aber für alle Teilnehmer gelohnt, denn wer kann als Jurist oder Naturalpartei schon von sich behaupten, an einem einmaligen juristischen Weltrekord mitgewirkt zu haben, der aller Voraussicht nach auch im nächsten Jahrhundert noch als Maßstab in der Juristerei gelten wird. Ich persönlich habe ja auch lange nicht verstanden, weshalb das Amtsgericht Nienburg die Höhe der Ordnungsgelder nach dem sechsten Beschluss drastisch gesenkt hat und erst viel später wurde mir klar, dass die magische Grenze von 10 Ordnungsgeldern in dieser Sache durch eine fortlaufende Erhöhung der Strafe stark hätte gefährdet werden können.
Erst durch das eindeutige Signal niedriger werdender Ordnungsgelder an die Turboquerulantin konnte sicher gestellt werden, dass sie ihrer Linie stets treu blieb und der Justizrekord am Ende problemlos geknackt wurde. Natürlich waren auch die Fans mit ihren Anfeuerungskommentaren ein wichtiger Bestandteil für die erfolgreichen Gerichtsverfahren und so haben wir uns entschlossen, als kleines Dankeschön an die Fangemeinde anlässlich dieses denkwürdigen Rekords einen Sonderdruck herauszugeben, der im pdf-Format oder als jpg-Datei heruntergeladen werden kann und sich sicherlich in einem rahmenlosen Glasbilderhalter im Format DIN A-4 für alle TQ-Fans als besonderes Weihnachtsgeschenk eignen wird. In diesen Sinne wünschen wir ein frohes Fest und versprechen, im neuen Jahr ausführlich über Ordnungsgeldantrag Nummer 11 zu berichten.
Montag, 23. Dezember 2019
Donnerstag, 19. Dezember 2019
Tag der Deutschen - Teil 3
Während der deutschtümelnde Busfahrer und der eigentumsverachtende Autofeind als Nationalhelden zunächst eine eher trübe Zukunftsperspektive haben dürften, kann der prominente Doppelmörder nach 33 Jahren Auslandsknast in eine vergleichsweise freundliche Zukunft blicken. Weil im Bereich des deutschen Strafrechts das Verbot der Doppelbestrafung gilt, das durch Artikel 103 Absatz 3 Grundgesetz mit Verfassungsrang ausgestattet wurde, muss der Killer die deutschen Strafverfolgungsbehörden nicht mehr fürchten: "Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden."
Bereits im Sommer 2014 hatten sich über 160 Abgeordnete des Deutschen Bundestages in einem Brief an den Gouverneur von Virginia für seine Entlassung ausgesprochen und im Oktober 2017 reisten sogar der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff mit dem deutschen Botschafter Peter Wittig zu einer Anhörung des Bewährungsausschusses nach Virginia, um die Freilassung des nun auf Bewährung entlassenen Killers zu erreichen.
Da ist es kein Wunder, dass sich auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), zur Landung des Delinquenten zum Flughafen Frankfurt begab, um den von den USA abgeschobenen Messermörder zu umarmen. Es ist eine überaus beruhigende Botschaft unserer Politiker an die deutschen Staatsbürger, dass sich auch im Ausland rechtskräftig verurteilte Mörder wegen ihrer Zugehörigkeit zum deutschen Volk auf die uneingeschränkte Solidarität ihrer Regierung verlassen können.
Wie Presseberichten zu entnehmen ist, möchte sich der auf Bewährung entlassene Mörder in Kürze auf eine Deutschlandreise begeben, um das Land, welches er über drei Jahrzehnte nicht gesehen hat, kennen zu lernen und Freunde zu treffen. Vielleicht trifft der gefeierte Verbrecher in einer der kommenden Talkshows ja auf den in Ungnade gefallenen Busfahrer aus Dresden, der wohl mangels Strafbarkeit seines ungebührlichen Verhaltens auf überschwängliche Solidaritätsbekundungen aus der Politik bisher verzichten musste.
Mittwoch, 18. Dezember 2019
Tag der Deutschen - Teil 2
Kurz nachdem ich die Schlagzeile "Deutscher demoliert 74 Autos mit Defibrillator" in der BILD.de-Zeitung gelesen hatte und mich gedanklich mit der Bedeutung der Erwähnung der Nationalität eines Verdächtigen befasste, fiel mir eine andere Schlagzeile in derselben Zeitung auf, die ebenfalls mit der Nennung der Nationalität zu tun hatte: "Diesen Bus steuert ein Deutscher Fahrer - Busfahrer präsentiert abstruse Ausrede".
In diesem Artikel ging es nicht darum, dass die Nationalität eines Straftäters in der Presse genannt wurde, sondern darum, dass ein Busfahrer durch ein entsprechendes Schild hinter dem Fahrersitz selbst auf seine Nationalität hingewiesen hatte. Man wird davon ausgehen können, dass es sich bei dieser Botschaft nicht um eine Lüge oder gar um eine Straftat handelt, sondern um eine recht banale Aussage, die wohl auf tausende Busfahrer zutrifft.
Nun ist die Plakatierung der eigenen Nationalität des Fahrers in dem Bus den er selbst steuert im Gegensatz zum Bekenntnis der ewigen Treue zu einem Fußballverein eher ungewöhnlich, aber doch nicht so aufregend, dass sie der öffentlichen Erwähnung wert wäre. Diese Auffassung scheinen allerdings eine beachtliche Anzahl von Menschen und insbesondere die Presse nicht zu teilen.
Ohne den zahlungspflichtigen Artikel der BILD gelesen zu haben, dürfte schon der Überschrift zu entnehmen sein, dass der sendungsbewußte Busfahrer durch das öffentliche Bekenntnis zur eigenen Nationalität am Arbeitsplatz in ernsthafte Schwierigkeiten geraten ist. Offenbar sah er sich gar zu einer "Ausrede" genötigt und die Berliner Morgenpost weiß auch warum: "Und doch ist die Botschaft klar: Ausländer sind offenbar nicht willkommen."
Eine etwas überraschende Interpretation, über die ich demnächst mit meinem Döner-Mann sprechen werde, in dessen Laden zahlreiche türkische Fähnchen hängen und der sein Geschäft überdies auch noch nach seiner türkischen Geburtsstadt benannt hat. Allerdings ist es sein eigenes Geschäft und wenn potentielle Kunden dem Bekenntnis zur Türkei die Botschaft entnehmen, Nichttürken seien unerwünscht, muss er natürlich selbst die finanziellen Verluste tragen.
Wohl deshalb weiß der Nordkurier zu berichten: "Arbeitsverbot für rechtsradikalen Busfahrer" und der Sprecher der betroffenen Verkehrsgesellschaft teilt die Empörung der deutschen Presselandschaft. "Das schadet unserer Reputation. Wir sind weltoffen." und "Dieser Fahrer wird nicht auf unseren Linien fahren". Die Sprecherin des beauftragten Busunternehmens selbst ist der Auffassung, es handele sich um eine politische Meinungsäußerung, die so nicht geteilt werden könne.
Auch die Frankfurter Neue Presse spricht von einem "passiv-rassistischen Schild" und titelt: "Busfahrer provoziert mit eindeutiger Botschaft und Ausrede: Arbeitgeber reagiert gnadenlos". t-online.de wirbt mit der Überschrift "Dresdener Busfahrer sorgt für Entsetzen – und wird ausgeschlossen" und auch in Österreich bei heute.at gibt es keinen Zweifel an der verachtenswerten Ausrichtung des beanstandeten Schilds: "In Dresden (Deutschland) sorgte ein Busfahrer mit einem fremdenfeindlichen Schild für Entsetzen und einen Shitstorm in den sozialen Medien."
Angesichts dieser doch so eindeutigen Interpretation des Inhalts des vom Busfahrer angebrachten Schilds in der Öffentlichkeit möchte ich meine Mandanten und solche die es noch werden könnten untertänigst darauf hinweisen, dass ich meine Zulassung als Anwalt in der Bundesrepublik Deutschland auf meiner Homepage nicht wegen einer rechtsradikalen Gesinnung erwähnt habe, sondern weil ich nach § 5 Absatz 1 Nr. 5 b) Telemediengesetz dazu verpflichtet bin, die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat zu nennen, der mir diese verliehen hat.
In diesem Artikel ging es nicht darum, dass die Nationalität eines Straftäters in der Presse genannt wurde, sondern darum, dass ein Busfahrer durch ein entsprechendes Schild hinter dem Fahrersitz selbst auf seine Nationalität hingewiesen hatte. Man wird davon ausgehen können, dass es sich bei dieser Botschaft nicht um eine Lüge oder gar um eine Straftat handelt, sondern um eine recht banale Aussage, die wohl auf tausende Busfahrer zutrifft.
Nun ist die Plakatierung der eigenen Nationalität des Fahrers in dem Bus den er selbst steuert im Gegensatz zum Bekenntnis der ewigen Treue zu einem Fußballverein eher ungewöhnlich, aber doch nicht so aufregend, dass sie der öffentlichen Erwähnung wert wäre. Diese Auffassung scheinen allerdings eine beachtliche Anzahl von Menschen und insbesondere die Presse nicht zu teilen.
Ohne den zahlungspflichtigen Artikel der BILD gelesen zu haben, dürfte schon der Überschrift zu entnehmen sein, dass der sendungsbewußte Busfahrer durch das öffentliche Bekenntnis zur eigenen Nationalität am Arbeitsplatz in ernsthafte Schwierigkeiten geraten ist. Offenbar sah er sich gar zu einer "Ausrede" genötigt und die Berliner Morgenpost weiß auch warum: "Und doch ist die Botschaft klar: Ausländer sind offenbar nicht willkommen."
Eine etwas überraschende Interpretation, über die ich demnächst mit meinem Döner-Mann sprechen werde, in dessen Laden zahlreiche türkische Fähnchen hängen und der sein Geschäft überdies auch noch nach seiner türkischen Geburtsstadt benannt hat. Allerdings ist es sein eigenes Geschäft und wenn potentielle Kunden dem Bekenntnis zur Türkei die Botschaft entnehmen, Nichttürken seien unerwünscht, muss er natürlich selbst die finanziellen Verluste tragen.
Wohl deshalb weiß der Nordkurier zu berichten: "Arbeitsverbot für rechtsradikalen Busfahrer" und der Sprecher der betroffenen Verkehrsgesellschaft teilt die Empörung der deutschen Presselandschaft. "Das schadet unserer Reputation. Wir sind weltoffen." und "Dieser Fahrer wird nicht auf unseren Linien fahren". Die Sprecherin des beauftragten Busunternehmens selbst ist der Auffassung, es handele sich um eine politische Meinungsäußerung, die so nicht geteilt werden könne.
Auch die Frankfurter Neue Presse spricht von einem "passiv-rassistischen Schild" und titelt: "Busfahrer provoziert mit eindeutiger Botschaft und Ausrede: Arbeitgeber reagiert gnadenlos". t-online.de wirbt mit der Überschrift "Dresdener Busfahrer sorgt für Entsetzen – und wird ausgeschlossen" und auch in Österreich bei heute.at gibt es keinen Zweifel an der verachtenswerten Ausrichtung des beanstandeten Schilds: "In Dresden (Deutschland) sorgte ein Busfahrer mit einem fremdenfeindlichen Schild für Entsetzen und einen Shitstorm in den sozialen Medien."
Angesichts dieser doch so eindeutigen Interpretation des Inhalts des vom Busfahrer angebrachten Schilds in der Öffentlichkeit möchte ich meine Mandanten und solche die es noch werden könnten untertänigst darauf hinweisen, dass ich meine Zulassung als Anwalt in der Bundesrepublik Deutschland auf meiner Homepage nicht wegen einer rechtsradikalen Gesinnung erwähnt habe, sondern weil ich nach § 5 Absatz 1 Nr. 5 b) Telemediengesetz dazu verpflichtet bin, die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat zu nennen, der mir diese verliehen hat.
Tag der Deutschen - Teil 1
Seit der Ablehnung einer Markeneintragung für eine Abbildung, die einem aus dem 10. Jahrhundert stammenden Thorhammer nachempfunden war, weil diese Abbildung angeblich die Zahl "88" wiedergeben würde, was gleichbedeutend mit den Buchstaben "HH" sei und diese wiederum "Heil Hitler" bedeuten würden, bin ich sehr empfänglich für fragwürdige Botschaften der geplagten deutschen Volksseele.
Ein Ausfluss der Hypersensibilität im Umgang mit nationalen Identitäten ist die Richtlinie 12.1 des deutschen Pressekodex für die Berichterstattung über Straftaten, die bestimmt, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten in der Regel nicht erwähnt werden soll, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.
Daher zuckte ich gestern förmlich zusammen, als die BILD.de-Zeitung schon in der Überschrift die Nationalität des einer Straftat in einem Schweizer Parkhaus Verdächtigen nannte: "Deutscher demoliert 74 Autos mit Defibrillator". Nun wird der vorsichtige Journalist nicht mit Nr. 12.1 der Richtlinie des deutschen Pressekodex alleine gelassen, denn es gibt noch einen besonderen Leitfaden für diese Regel, um auch das entfernteste Fettnäpfchen noch aus sicherer Distanz erkennen zu können. Die Nennung einer Gruppenzugehörigkeit soll danach wenigstens dann ethisch vertretbar sein, wenn ein begründetes öffentliches Interesse für deren Nennung erkennbar sei.
Nun sind 74 beschädigte Autos eine wahrhaft bemerkenswerte Zahl und auch das Tatwerkzeug eines Defibrillators ist durchaus etwas besonderes. Dass die Zugehörigkeit des Verdächtigen zu der in der Schweiz lebenden Minderheit der Deutschen eine besondere Bedeutung für die Straftat hat, konnte ich jedoch nicht erkennen. Vielleicht verstehe ich die Vorschrift des Presserats auch falsch und es geht bei der Berichterstattung deutscher Medien nur um den Schutz von Minderheiten in Deutschland. Zu einer Minderheit im eigenen Land gehört der Deutsche ja nicht.
Doch ist der Deutsche in der Schweiz in Unterzahl und ein Blick über die Grenze zeigt, dass die gleiche Zeitungsmeldung auch in unserem Nachbarland eine sehr ähnliche Überschrift hat: "Deutscher (37) demoliert 74 Autos mit Defibrillator". Die Schweiz war in beiden Weltkriegen neutral, leidet daher nicht an einem nationalen Trauma und muss sich mit einer Minderheit von etwa 300.000 eingewanderten Deutschen arrangieren. Die Vermutung liegt also nah, dass der Schweizer Journalist grundsätzlich ein wenig freier in seiner Berichterstattung ist.
Tatsächlich legt die Richtlinie 8.2 des Schweizer Journalistenkodex die Nennung der ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit, der Herkunft, der Religion, der sexuellen Orientierung oder der Hautfarbe zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit schlicht in die Hände der Journalisten, ohne ausdrücklich zu bestimmen, dass die Erwähnung der Gruppenzugehörigkeit eines Täters grundsätzlich zu unterbleiben hat.
Im vorliegenden Fall hat die Redaktion der Blick.ch-Zeitung wohl nach einer Abwägung entschieden, die Nationalität des Autohassers zu veröffentlichen, obwohl man unterstellen kann, dass sich der durchschnittliche Deutsche in der Schweiz weder durch überproportionalen Autohass noch den rechtswidrigen Gebrauch von Defibrillatoren hervortut. Man könnte insoweit also durchaus von der Gefahr einer Diskrimination einer Minderheit durch die Nennung der Nationalität des Verdächtigen sprechen.
Doch was richtet diese Form der Berichterstattung mit Angabe der deutschen Staatsbürgerschaft des verdächtigen Sachbeschädigers beim Leser der Online-Ausgabe der Schweizer Boulevardzeitung tatsächlich an? Ein Blick auf die Kommentarspalte des Artikels erhellt die Reaktion der erschütterten Öffentlichkeit, wobei ich mir die Freiheit nehme, nur solche Kommentare wiederzugeben, die auf die genannte Nationalität eingehen:
"Wie den meisten deutschen Kriminellen hierzulande, wird diesem Idioten auch nicht viel passieren!"
"Ob der auch Unschuldsfähig gesprochen wird, wie der Messerstecher und der andere Täter in Frankfurt? Ach ist ja nur ein Deutscher."
"Wegen den horrenden Parkgebühren ist wohl der Deutsche ausgerastet. Ein Schweizer macht da nur die Faust im Sack."
"Er ist Deutscher und er hat kein Auto in die Wand gesetzt. Sobald er die Schweiz verlässt und in Deutschland ankommt muss er nichts mehr bezahlen, so einfach ist das. Andere Länder, andere Sitten."
"Wichtiger Fachmann in Sachen Medizin aus EU, die wir so dringend brauchen. Komisch nur: Höre ganzen Tag SWR Radio und die haben Personalmangel in allen Kliniken. Klar, die sind alle hier. Aktuell Eglisau und Rafz, neue Ärzte aus D. Ist ja ok, aber die sollten nicht jammern sondern im Gesundheitssystem anständige Löhne zahlen!"
"Verstehe leider diesen Kommentar nicht. Wer jammert denn? Deutsche Ärzte die in der Schweiz sind? Oder Deutsche Krankenhäuser die denen die Ärzte fehlen? Und was hat das mit dem Artikel zu tun?"
"An Hans G.: Sie brauchen sich nicht zu wundern. Herr F. schreibt immer solche Kommentare. Egal was passiert, für ihn sind die EU, Ausländer, Linke und Grüne in jedem Fall und ohne die lästige Angabe von Beweisen schuld."
Tatsächlich scheint die Erwähnung der Staatsbürgerschaft des Verdächtigen bei einigen Lesern dazu zu führen, dessen individuelles Fehlverhalten für eine diskriminierende Verallgemeinerung zu Lasten anderer in der Schweiz lebender Deutscher zu nutzen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen, welche den vermeintlichen Unterschied der Mentalität beider Nationalitäten thematisieren oder verallgemeinernde Kommentare kritisch deuten.
Jedenfalls ist auch an diesem kleinen Beispiel die Notwendigkeit einer vorbeugenden Informationssperre im Hinblick auf die Nennung der Nationalität eines Täters nicht zu erkennen, denn zu einer möglichst umfassenden Meinungsbildung tragen auch solche Informationen bei, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Verfehlung stehen. Erst die möglichst umfassende Berichterstattung über eine Straftat, in der alle kennzeichnenden Attribute eines Täters genannt werden, ermöglicht die Entkräftung des Vorwurfs manipulativer Berichterstattung.
Es ist auch nicht die Aufgabe der Presse, Informationen nach eigenem Dafürhalten zu unterdrücken, um die freie Meinungsbildung schon im Vorfeld zu steuern und die zu einer Nachricht grundsätzlich mögliche Meinungsbildung schon von vornherein zu beschränken. Denn wenn jeder frei sagen darf, was er denkt, muss er auch in Lage versetzt werden, sich möglichst vollständig zu informieren.
Weil der Schutz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit umfassend ist und es unerheblich ist, ob sich die auf Grund der Presseberichterstattung gebildete Meinung "wertvoll" oder "wertlos", "richtig" oder "falsch", emotional oder rational begründet ist, darf die Presse durch die Selektion von Informationen nicht von vornherein versuchen, die Meinungsbildung in eine Richtung zu steuern, die sich nur im Sinne der Verantwortlichen als wertvoll darstellt und sich erst Recht nicht eine Selbstverpflichtung auferlegen, die ein solches Handeln gar zur Prämisse macht.
Ein Ausfluss der Hypersensibilität im Umgang mit nationalen Identitäten ist die Richtlinie 12.1 des deutschen Pressekodex für die Berichterstattung über Straftaten, die bestimmt, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten in der Regel nicht erwähnt werden soll, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.
Daher zuckte ich gestern förmlich zusammen, als die BILD.de-Zeitung schon in der Überschrift die Nationalität des einer Straftat in einem Schweizer Parkhaus Verdächtigen nannte: "Deutscher demoliert 74 Autos mit Defibrillator". Nun wird der vorsichtige Journalist nicht mit Nr. 12.1 der Richtlinie des deutschen Pressekodex alleine gelassen, denn es gibt noch einen besonderen Leitfaden für diese Regel, um auch das entfernteste Fettnäpfchen noch aus sicherer Distanz erkennen zu können. Die Nennung einer Gruppenzugehörigkeit soll danach wenigstens dann ethisch vertretbar sein, wenn ein begründetes öffentliches Interesse für deren Nennung erkennbar sei.
Nun sind 74 beschädigte Autos eine wahrhaft bemerkenswerte Zahl und auch das Tatwerkzeug eines Defibrillators ist durchaus etwas besonderes. Dass die Zugehörigkeit des Verdächtigen zu der in der Schweiz lebenden Minderheit der Deutschen eine besondere Bedeutung für die Straftat hat, konnte ich jedoch nicht erkennen. Vielleicht verstehe ich die Vorschrift des Presserats auch falsch und es geht bei der Berichterstattung deutscher Medien nur um den Schutz von Minderheiten in Deutschland. Zu einer Minderheit im eigenen Land gehört der Deutsche ja nicht.
Doch ist der Deutsche in der Schweiz in Unterzahl und ein Blick über die Grenze zeigt, dass die gleiche Zeitungsmeldung auch in unserem Nachbarland eine sehr ähnliche Überschrift hat: "Deutscher (37) demoliert 74 Autos mit Defibrillator". Die Schweiz war in beiden Weltkriegen neutral, leidet daher nicht an einem nationalen Trauma und muss sich mit einer Minderheit von etwa 300.000 eingewanderten Deutschen arrangieren. Die Vermutung liegt also nah, dass der Schweizer Journalist grundsätzlich ein wenig freier in seiner Berichterstattung ist.
Tatsächlich legt die Richtlinie 8.2 des Schweizer Journalistenkodex die Nennung der ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit, der Herkunft, der Religion, der sexuellen Orientierung oder der Hautfarbe zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit schlicht in die Hände der Journalisten, ohne ausdrücklich zu bestimmen, dass die Erwähnung der Gruppenzugehörigkeit eines Täters grundsätzlich zu unterbleiben hat.
Im vorliegenden Fall hat die Redaktion der Blick.ch-Zeitung wohl nach einer Abwägung entschieden, die Nationalität des Autohassers zu veröffentlichen, obwohl man unterstellen kann, dass sich der durchschnittliche Deutsche in der Schweiz weder durch überproportionalen Autohass noch den rechtswidrigen Gebrauch von Defibrillatoren hervortut. Man könnte insoweit also durchaus von der Gefahr einer Diskrimination einer Minderheit durch die Nennung der Nationalität des Verdächtigen sprechen.
Doch was richtet diese Form der Berichterstattung mit Angabe der deutschen Staatsbürgerschaft des verdächtigen Sachbeschädigers beim Leser der Online-Ausgabe der Schweizer Boulevardzeitung tatsächlich an? Ein Blick auf die Kommentarspalte des Artikels erhellt die Reaktion der erschütterten Öffentlichkeit, wobei ich mir die Freiheit nehme, nur solche Kommentare wiederzugeben, die auf die genannte Nationalität eingehen:
"Wie den meisten deutschen Kriminellen hierzulande, wird diesem Idioten auch nicht viel passieren!"
"Ob der auch Unschuldsfähig gesprochen wird, wie der Messerstecher und der andere Täter in Frankfurt? Ach ist ja nur ein Deutscher."
"Wegen den horrenden Parkgebühren ist wohl der Deutsche ausgerastet. Ein Schweizer macht da nur die Faust im Sack."
"Er ist Deutscher und er hat kein Auto in die Wand gesetzt. Sobald er die Schweiz verlässt und in Deutschland ankommt muss er nichts mehr bezahlen, so einfach ist das. Andere Länder, andere Sitten."
"Wichtiger Fachmann in Sachen Medizin aus EU, die wir so dringend brauchen. Komisch nur: Höre ganzen Tag SWR Radio und die haben Personalmangel in allen Kliniken. Klar, die sind alle hier. Aktuell Eglisau und Rafz, neue Ärzte aus D. Ist ja ok, aber die sollten nicht jammern sondern im Gesundheitssystem anständige Löhne zahlen!"
"Verstehe leider diesen Kommentar nicht. Wer jammert denn? Deutsche Ärzte die in der Schweiz sind? Oder Deutsche Krankenhäuser die denen die Ärzte fehlen? Und was hat das mit dem Artikel zu tun?"
"An Hans G.: Sie brauchen sich nicht zu wundern. Herr F. schreibt immer solche Kommentare. Egal was passiert, für ihn sind die EU, Ausländer, Linke und Grüne in jedem Fall und ohne die lästige Angabe von Beweisen schuld."
Tatsächlich scheint die Erwähnung der Staatsbürgerschaft des Verdächtigen bei einigen Lesern dazu zu führen, dessen individuelles Fehlverhalten für eine diskriminierende Verallgemeinerung zu Lasten anderer in der Schweiz lebender Deutscher zu nutzen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen, welche den vermeintlichen Unterschied der Mentalität beider Nationalitäten thematisieren oder verallgemeinernde Kommentare kritisch deuten.
Jedenfalls ist auch an diesem kleinen Beispiel die Notwendigkeit einer vorbeugenden Informationssperre im Hinblick auf die Nennung der Nationalität eines Täters nicht zu erkennen, denn zu einer möglichst umfassenden Meinungsbildung tragen auch solche Informationen bei, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Verfehlung stehen. Erst die möglichst umfassende Berichterstattung über eine Straftat, in der alle kennzeichnenden Attribute eines Täters genannt werden, ermöglicht die Entkräftung des Vorwurfs manipulativer Berichterstattung.
Es ist auch nicht die Aufgabe der Presse, Informationen nach eigenem Dafürhalten zu unterdrücken, um die freie Meinungsbildung schon im Vorfeld zu steuern und die zu einer Nachricht grundsätzlich mögliche Meinungsbildung schon von vornherein zu beschränken. Denn wenn jeder frei sagen darf, was er denkt, muss er auch in Lage versetzt werden, sich möglichst vollständig zu informieren.
Weil der Schutz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit umfassend ist und es unerheblich ist, ob sich die auf Grund der Presseberichterstattung gebildete Meinung "wertvoll" oder "wertlos", "richtig" oder "falsch", emotional oder rational begründet ist, darf die Presse durch die Selektion von Informationen nicht von vornherein versuchen, die Meinungsbildung in eine Richtung zu steuern, die sich nur im Sinne der Verantwortlichen als wertvoll darstellt und sich erst Recht nicht eine Selbstverpflichtung auferlegen, die ein solches Handeln gar zur Prämisse macht.
Mittwoch, 4. Dezember 2019
Geklaute Fotos und Texte auf Facebook
In manch finsteren Gegenden scheint es sich immer noch nicht herumgesprochen zu haben, dass das Internet und natürlich auch das soziale Netzwerk Facebook kein rechtsfreier Raum ist. Immer wieder werden fremde Bilder und Texte auf Facebook in persönlichen Profilen veröffentlicht, ohne die Rechte der Urheber zu beachten. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, denn § 97 UrhG bestimmt, dass ein Bilder- oder Textpirat vom Urheber bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann dabei regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2013 - I ZR 55/12. Wer also fremde Bilder oder Texte auf Facebook veröffentlicht, sollte nicht überrascht sein, wenn er vom Autor oder Fotografen abgemahnt wird, denn wer will schon seine Werke auf der kommerziellen Werbeplattform Facebook kostenfrei um die Welt geschleudert sehen?
Wer Mark Zuckerbergs Werberegal mit Inhalten zur Generierung von Werbeeinnahmen füllen will, mag dies mit eigenen Fotos oder Gedichten tun, sollte aber die Hände und insbesondere auch die Maustaste von fremden Werken lassen. Wie in Deutschland mittlerweile üblich, tun sich auch im Urheberrecht ertappte Rechtsverletzer gerne selber leid, ohne in der Lage zu sein, ein angemessenes Unrechtsbewusstsein zu entwickeln. Oftmals wird dabei auch über die durch das rechtswidrige Treiben entstandenen Abmahnkosten gejammert, obwohl das Urheberrechtsgesetz durch § 97a Absatz 3 Satz 1 UrhG mit verständlichen Worten bestimmt, dass vom Urheber der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung verlangt werden kann.
Schließlich eröffnet die Regelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG ein weiteres Feld für die Steigerung des Selbstmitleids, wenn es der Verletzte wagt, vom Klauer als Schadensersatz den Betrag zu verlangen, den der Pirat als angemessene Vergütung hatte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dass dieser Schadensersatz danach berechnet wird, was bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Unternehmer gewährt hätte, ist wenigstens für die nach § 105 UrhG von den Landesregierungen bestimmten Gerichte für Urheberrechtsstreitsachen eine Selbstverständlichkeit und man kann sich als Urheber insoweit auf weitaus mehr Sachverstand verlassen, als dies an Gerichten ohne Spezialzuständigkeit üblich ist.
Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann dabei regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2013 - I ZR 55/12. Wer also fremde Bilder oder Texte auf Facebook veröffentlicht, sollte nicht überrascht sein, wenn er vom Autor oder Fotografen abgemahnt wird, denn wer will schon seine Werke auf der kommerziellen Werbeplattform Facebook kostenfrei um die Welt geschleudert sehen?
Wer Mark Zuckerbergs Werberegal mit Inhalten zur Generierung von Werbeeinnahmen füllen will, mag dies mit eigenen Fotos oder Gedichten tun, sollte aber die Hände und insbesondere auch die Maustaste von fremden Werken lassen. Wie in Deutschland mittlerweile üblich, tun sich auch im Urheberrecht ertappte Rechtsverletzer gerne selber leid, ohne in der Lage zu sein, ein angemessenes Unrechtsbewusstsein zu entwickeln. Oftmals wird dabei auch über die durch das rechtswidrige Treiben entstandenen Abmahnkosten gejammert, obwohl das Urheberrechtsgesetz durch § 97a Absatz 3 Satz 1 UrhG mit verständlichen Worten bestimmt, dass vom Urheber der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung verlangt werden kann.
Schließlich eröffnet die Regelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG ein weiteres Feld für die Steigerung des Selbstmitleids, wenn es der Verletzte wagt, vom Klauer als Schadensersatz den Betrag zu verlangen, den der Pirat als angemessene Vergütung hatte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dass dieser Schadensersatz danach berechnet wird, was bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Unternehmer gewährt hätte, ist wenigstens für die nach § 105 UrhG von den Landesregierungen bestimmten Gerichte für Urheberrechtsstreitsachen eine Selbstverständlichkeit und man kann sich als Urheber insoweit auf weitaus mehr Sachverstand verlassen, als dies an Gerichten ohne Spezialzuständigkeit üblich ist.
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