Freitag, 30. November 2018

Schloss Marienburg - den Schrott für´s Volk

Wenn man als Nachfahre des durch Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung in Deutschland abgeschafften Adels auch heute noch sorgenfrei von den Erträgen dessen leben möchte, was sich die Vorfahren durch Unterdrückung ihrer Untergebenen über Jahrhunderte zusammengerafft hatten, sollte man totes Kapital und verlustbringende Immobilien rechtzeitig abstoßen, bevor derartiger Schrott den unverdienten Wohlstand gefährdet.

Folgerichtig verscheuerte Ernst August Albert Paul Otto Rupprecht Oskar Berthold Friedrich-Ferdinand Christian-Ludwig Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland im Rahmen einer Auktion vom 30. September bis zum 3. Oktober 2005 im Schloss Marienburg auf fünf Etagen meistbietend etwa 20.000 Kunstgegenstände der welfischen Haus- und hannoverschen Landesgeschichte, die insgesamt ca. 44 Millionen Euro einbrachten.

Aktuell hat es dessen Sohn, Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland, geschafft, nun auch das marode Schloss Marienburg für einen Euro an die Liemak Immobilien GmbH, eine Tochter der Klosterkammer und Sonderbehörde des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, abzustoßen, um sich auf diese Weise von den lästigen Verpflichtungen des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes zu befreien. Bei einem geschätzten Sanierungsbedarf des Schlosses von etwa 27 Millionen Euro ist der Verkauf ein echter Befreiungsschlag.

Denn nach dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz sind Kulturdenkmale instand zu halten, zu pflegen, vor Gefährdung zu schützen und, wenn nötig, instand zu setzen. Verpflichtet sind der Eigentümer oder Erbbauberechtigte und der Nießbraucher; neben ihnen ist verpflichtet, wer die tatsächliche Gewalt über das Kulturdenkmal ausübt. Die Verpflichteten oder die von ihnen Beauftragten haben die erforderlichen Arbeiten fachgerecht durchzuführen. Natürlich können Erhaltungsmaßnahmen nicht verlangt werden, soweit die Erhaltung den Verpflichteten wirtschaftlich unzumutbar belastet, aber wer möchte im Rahmen einer Auseinandersetzung über die Unzumutbarkeit der Erhaltungsmaßnahmen von Schloss Marienburg schon detailliert über sein Vermögen Auskunft geben und erläutern, wohin das Geld aus vorangegangenen Verkäufen geflossen ist.

Da ist die Sozialisierung absehbarer Verluste durch das unrentable Schloss Marienburg ein gelungener Ausweg auf Kosten der Allgemeinheit, um in Zukunft sich ins Fäustchen lachend die Früchte des nicht verlustbringenden Vermögens genießen zu können. Ab und an kann man sich sicherlich mit wohlwollenden Gesten über den Fortgang der Sanierungsmaßnahmen am Schloss Marienburg informieren, drei Kreuze machen, dass man den ganzen Scheiß nicht mehr am Hacken hat und sich vom verblödeten Volk weiter als Erbprinz, Adeliger oder Hauschef feiern lassen.

Montag, 26. November 2018

Amtsgericht Nienburg: Turboquerulantin verfehlt Rekord

Die "Forschungsgruppe Ordnungsgeld" und die Fangemeinde der Turboquerulantin haben ein neues Ordnungsgeld im "Königsverfahren" vor dem Amtsgericht Nienburg eingetragen, dass die Turboquerulantin durch Beschluss des Amtsgerichts Nienburg zum Az.: 6 C 409/16 im April 2018 verwirkt hat. Wer allerdings auf eine höhere Strafe seit des letzten Ordnungsgeldes in Höhe von EUR 1.500,- gehofft hat, dürfte enttäuscht sein. Zwar ist es unserer Enthüllungsjournalistin weiterhin vollkommen egal, was das Amtsgericht Nienburg an Urteilen und Beschlüssen verschickt, aber dem Amtsgericht Nienburg ist nicht egal, dass seine prominenteste Kundin vom fernab der niedersächsischen Auen lebenden Antragsteller immer wieder mit bösartigen Ordnungsgeldanträgen behelligt wird.

Um dem gesetzlosen Wirbelwind etwas entgegen zu kommen, hat sich das Gericht nun ausgedacht, einfach mal strafmildernde Gründe heranzuziehen, weshalb es ab sofort nicht mehr ganz so schlimm ist, das Urteil des Amtsgerichts Nienburg vom 04.01.2017 zum Az.: 6 C 409/16 zu missachten: "Andererseits hat es aber auch einbezogen, dass auch der Antragsteller trotz ausdrücklichen Hinweises des erkennenden Gerichts, dass zu Unrecht auf eine adelige Herkunft hinweisende, von ihm selbst gewählten Namenszusätze in Deutschland im Rechtsverkehr nicht zulässig sind, diese ebenso fortdauernd weiterführt, mithin selbst auch gerichtliche Hinweise bewusst ignoriert und dadurch zugleich auch zumindest einzelne Tatbestandsmerkmale eines Betruges im Sinne von § 263 StGB verwirklicht, indem er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen - nämlich seiner Adelsherkunft - gezielt einen entsprechenden Irrtum hierüber erregen will. Eine weitere Erhöhung des bereits zuletzt auf 1.500,00 € festgesetzten Ordnungsgeldes war danach nicht gerechtfertigt." 

Wer mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang der Meinung war, dass sich die Bemessung eines Ordnungsgeldes am Verhalten des Verurteilten zu orientieren habe und insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes und Verschuldensgrad des Rechtsverletzers berücksichtigt werden müsse, wird in Zukunft als Element der Bemessung auch das Wohlverhalten des Gläubigers gegenüber dem Gericht zu berücksichtigen haben. Wie willkürlich diese neue Entscheidung des Amtsgerichts Nienburg ist, kann man vor allem daran erkennen, dass der Antragsteller seinen angeblich unzulässigen Namen vom ersten bis zum letzten Tag des Urteilsverfahrens geführt hat und auch bei jedem einzelnen der fünf vorhergehenden Ordnungsgeldverfahren. Weshalb die seit Jahren ununterbrochene (zulässige) Namensführung des Klägers neuerdings zu einem Strafrabatt bei der Turboquerulantin führt, kann nur mit absolutem Insiderwissen beantwortet werden.

Freitag, 23. November 2018

Rammstein-Tickets

Rammstein-Konzerte sind beim Volk beliebt und so war es keine Überraschung, dass die etwa 800.000 Tickets für die Konzerte der Europe Stadium Tour 2019 innerhalb kurzer Zeit ausverkauft waren. Heiß begehrte Konzert-Tickets sind höchst attraktiv für einen Zweitmarkt und pfiffige Blitzmerker könne sich durch vorausschauendes Handeln ein Zusatzeinkommen erwirtschaften und der zu langsame Fan kann sich das Konzert seines Lebens durch die Zahlung eines erhöhten Eintrittspreises sichern. Mit dieser Variante sind allerdings Rammstein und deren kommerzielle Handlanger nicht einverstanden. Sie wollen den Fans "bezahlbare Tickets" anbieten. Nun, das ist den Rammstein-Rockern jedenfalls unbenommen, denn sie gestalten das Preisgefüge des Erstmarkts unbestritten allein. Da es nicht um Wasser und Brot oder günstige Heilfürsorge geht, leuchtet das Argument bezahlbarer Ticktes für Fans ohnehin nicht ein. Wer ein Ticket nicht bezahlen kann, bekommt es weder über den von Rammstein beauftragten Veranstalter noch über Plattformen wie Viagogo oder ebay.

Letztendlich betreibt die Band mit ihrer Multimillionenmaschine ein höchst kommerzielles Unterfangen und lässt sich ihre Spektakel entsprechend gut bezahlen. Deshalb wird auch die "heilige" Personalisierung der Tickets nicht wirklich konsequent betrieben. Denn für die Rammstein-Konzerte ist der Ticketkauf pro Person auf eine maximale Anzahl von immerhin sechs Tickets pro Show beschränkt und damit eine unmissverständliche Einladung an Käufer, mehr Karten zu beziehen als für den Eigenbedarf notwendig. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters ist Voraussetzung für den Besuch eines Rammstein-Konzerts ferner, dass sich der Besucher bei der Einlasskontrolle auf Verlangen mit einem "gültigen Pass, Personalausweis, Führerschein, Kreditkarte oder EC-Karte" ausweisen kann. Die fotofreie Kredit- oder EC-Karte soll in derartigen Fällen Wunder bewirken. Aber es kommt noch besser. Mit der Klausel "Wir sind nicht verpflichtet, bei der Einlasskontrolle die Vorlage der genannten Dokumente zu verlangen, um so die Berechtigung des Ticketinhabers zu prüfen", sollte klar sein, dass es wichtigeres gibt, als die selbst aufgestellten Regeln durchzusetzen.

Immerhin wurde mit Hilfe des Landgerichts Hamburg eine gegen die Ticketbörse Viagogo gerichtete einstweilige Verfügung erwirkt, die den Kartenverkauf von Rammstein-Karten über deren Internetplattform unterbinden soll. Bis zur Zustellung der einstweiligen Verfügung dürften allerdings noch einige Tage vergehen, so dass dieser Zweitmarkt noch ein wenig weiter funktionieren dürfte. Die Grenzen der Wirkung einer solchen gerichtlichen Entscheidung hat im Übrigen schon die E.I.N.S. GmbH als Konzertveranstalter der "Böhse Onkelz" erfahren, als die vom Landgericht Hamburg erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch eines Tickethändlers mit Urteil vom 15.04.2014 zum Az.: 312 O 34/14 wieder aufgehoben wurde.           

Dienstag, 20. November 2018

Rabenmutter

Ich beschäftige mich grundsätzlich nicht mit Familienrecht, aber bisweilen lässt es sich nicht vermeiden, bedrückende Umstände familienrechtlicher Entscheidungen zur Kenntnis zu nehmen, wenn die Streitsucht aus den familienrechtlichen Verfahren überschwappt und sich ins gewöhnliche Zivilrecht ergießt. Im Gegensatz zu Verfahren aus dem Urheber- oder Markenrecht regen Schilderungen aus dem Familienrecht manchmal dazu an, die zu Papier gebrachte Tragödie vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen.

Wenn nun eine Mutter vor Gericht die Übertragung der elterlichen Sorge für die eigenen Kinder und deren Herausgabe beantragt, weil ihr zuvor durch einen gerichtlichen Beschluss die elterliche Sorge für ihr Kind entzogen und zugleich ein Umgangs- und Kontaktausschluss angeordnet worden ist, scheint irgendetwas in der Familie mächtig schief gelaufen zu sein. Denn die gerichtliche Anordnung eines Umgangs- und Kontaktverbots für die leibliche Mutter ist sozusagen die Goldmedaille für Rabenmütter. 

Zur Bestätigung der Entscheidung des Gerichts wurde in dem mir vorliegenden Verfahren ausgeführt, dass die Kindesmutter dem Kind ein aggressives, dysfunktionales Interaktionsverhalten ständig vorgelebt habe. Insoweit beruhten die von dem Kind gezeigten Verhaltensauffälligkeiten zwar nicht monokausal, aber doch erheblich auf dem Verhalten der Kindesmutter, welche das Kind von dieser erlernt habe. Das klingt nun recht abstrakt und daher soll es ein wenig Licht für das geistige Auge richten, wenn das Gericht beschreibt, wie Mutti in der Schule rockt:   

Bei dem Erntedankgottesdienst der Schule an diesem Tage habe die Kindesmutter zwei Kinder unangemessen beleidigt und bei einem späteren Frühstück in der Klasse ein weiteres Kind als "asoziales Balg" und auch dessen Mutter entsprechend beschimpft. Weiterhin habe die Kindesmutter der anderen Mutter Schläge angedroht. Die Kindesmutter sei immer ausfallender geworden, habe immer mehr Kinder in der Klasse beschimpft und sei auch nicht den Aufforderungen der Klassenlehrerin und des Sonderpädagogen nachgekommen, dies zu unterlassen. Im Anschluss habe sie die anwesenden Lehrkräfte beleidigt. Auch auf Bitten der hinzugerufen Schulleiterin habe sie nicht die Klasse verlassen, sondern auch diese beschimpft.

Die Schulleiterin habe daraufhin die Polizei gerufen, welche die Kindesmutter der Schule verwiesen habe während das Kind in der Klasse verblieben sei. Anlässlich einer Schulpause am 20.04.2016 sei die Kindesmutter auf dem Schulhof erschienen und habe im Beisein des Kindes die Klassenlehrerin mit den Worten „Packen Sie mich jetzt an, sind sie tot" bedroht. Auch erkundigte sich die Kindesmutter in der Einrichtung nach ihrem Kind. Eine Mitarbeiterin erklärte ihr, dass das Kind gut geschlafen habe. Daraufhin äußerte die Kindesmutter, dass sie nicht wolle, dass das Kind gut schlafe. Es solle eine Strafe sein, es solle sich schlecht fühlen.

Einerseits filmreif, andererseits nicht wirklich sehenswert, wenn ich daran denke, dass ein Kind die geschilderten Situationen - und wohl nicht nur die - tatsächlich erleben musste. Weil solche traumatischen Erfahrungen die gewöhnlichen Bewältigungsstrategien eines Kindes total überfordern, führen derartige wiederkehrende emotionale Erschütterungen schließlich zu dauerhaften substantiellen und psychischen Schäden beim Nachwuchs. Dass die Mutter selbst auch kein Sinnbild überschwenglichen Glücks abgibt, dürfte sicher sein und wohin familiäre Verwerfungen führen können, haben klassische Filmproduktionen längst beleuchtet.

Montag, 19. November 2018

Die in Verlust geratene Strafakte

Das Gericht schreibt:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
In der Strafsache
gegen xxxxxxxxxxxxx 
wird angefragt, ob sich dort evtl. noch Kopien aus dem Verfahren befinden.
Die Akte ist hier in Verlust geraten und es muss eine Ersatzakte angelegt werden."

Eine rechtskräftige Verurteilung gibt es noch nicht und der Mandant hätte es sicherlich gerne, wenn die Akte für alle Zeiten "in Verlust geraten" bleibt. Tatsächlich liegt die Strafakte hier als Kopie vollständig vor. Gegen den Willen des Mandanten darf die Akte nicht herausgegeben werden, so dass ein klares "Nein" als eindeutige Lüge sicherlich der einfachste Weg wäre. Aber eine Lüge scheidet - selbstverständlich - aus. Denn § 43a Absatz 3 der Bundesrechtsanwaltsordnung bestimmt: "Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben."

Dennoch muss man sich natürlich darüber Gedanken machen, ob die Mitteilung der Wahrheit nicht die Interessen des Mandanten gefährden könnte. Denkbar wäre nämlich eine Beschlagnahme der Akten in unserer Kanzlei. Dass dies zur Herstellung einer Ersatzakte zulässig ist, begegnet gewichtigen Bedenken. Denn richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in der räumlichen Sphäre seiner Berufsausübung, so bringt dies darüber hinaus regelmäßig die Gefahr mit sich, dass unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG stehende Daten von Nichtbeschuldigten, etwa den Mandanten eines Rechtsanwalts, zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen, die die Betroffenen in der Sphäre des Berufsgeheimnisträgers gerade sicher wähnen durften.

Dadurch werden nicht nur die Grundrechte der Mandanten berührt. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege. Diese Belange verlangen eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit der Zwangsmaßnahme. Die Durchsuchung bei einem Nichtbeschuldigten, der durch sein Verhalten auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden in keiner Weise Anlass zu den Ermittlungsmaßnahmen gegeben hat, stellt erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit und die Rekonstruierung der Akten wegen eines Fehlers der Strafverfolgungsbehörden würde eine Beschlagnahme damit sicherlich als unangemessen erscheinen lassen.

Dem Gericht die Wahrheit mitzuteilen dürfte dem Mandanten daher nicht zum Nachteil gereichen. Eine besonders sichere Verwahrung dieser Akte sollte vorsichtshalber dennoch in Betracht gezogen werden.

Samstag, 10. November 2018

Richterbeleidigung

Wie schön kann das Leben als Amtsrichter an einem Amtsgericht sein. Es gibt keine Anwesenheitspflicht, lediglich zu den Sitzungstagen muss man die Verhandlungen leiten und da die Zuständigkeit der Amtsgerichte bei einem Streitwert von EUR 5.000,- endet, ist auch die Verantwortung nicht zu groß. Was übergeordnete Gerichte meinen, kann dem Amtsrichter egal sein und selbst Fehlurteile in Serie können am Richterstatus nichts ändern. Erstens kriegt es kaum einer mit und zweitens werden auch Amtsrichter durch das Grundgesetz geschützt. 

Nach Art. 97 Abs. 1 GG sind Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die richterliche Unabhängigkeit ist mit dem Konzept des Rechtsstaates unlösbar verbunden. Nur so ist die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs, der seinerseits wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates ist, möglich. Die in Art. 97 GG garantierte richterliche Unabhängigkeit ist allerdings kein Grundrecht oder Privileg der Richter (vgl. BVerfGE 27, 211 <217>). Denn das Grundgesetz fordert die Unabhängigkeit der Richter nicht im Interesse des einzelnen Richters, sondern um dem rechtssuchenden Bürger zu gewährleisten, dass sein Rechtsstreit neutral und ohne eine andere Bindung als die an Gesetz und Recht entschieden wird.

Die Unabhängigkeit der Richter soll sicherstellen, dass die Gerichte ihre Entscheidungen allein an Gesetz und Recht ausrichten. Auch soll das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Objektivität und Sachlichkeit der Gerichte gefestigt werden. Die Betroffenen sollen darauf vertrauen können, dass der für sie zuständige Richter allein dem Recht verpflichtet ist, nicht staatlich oder von anderen Kräften gelenkt wird und als unbeteiligter Dritter die Freiheit von Vorurteil und Parteinahme und damit die Sachlichkeit und Objektivität der Entscheidung gewährleistet.

Ein derart sicherer Arbeitsplatz lässt den einen oder anderen Richter zum Halbgott in seinem Kosmos mutieren. Je nach Lust und Laune kann er terminieren, das Erscheinen der Parteien zu Vergleichsnötigungen anordnen um dem lästigen Schreiben von Urteilen zu entgehen oder die Rechtslage in einer höchst individuellen Art und Weise würdigen, so dass die ureigene Vorstellung von Gerechtigkeit siegt. Wer den Verlockungen der richterlichen Unabhängigkeit zur Modellierung des eigenen Weltbildes erliegt, kann sich überdies recht sicher sein, dass das die Auswüchse kaum wahrgenommen werden und selbst die Perlen schrulligsten Treibens bald in Vergessenheit geraten. Unangenehm wird es allenfalls dann, wenn die tranige Heimeligkeit aus den heiligen Hallen des Gerichts an die Oberfläche der öffentlichen Wahrnehmung gehoben wird. Gar ärgerlich ist es jedoch, wenn strenge Kritik an den verkrusteten Strukturen richterlicher Selbstgefälligkeit in einem Grundton rüttelt, der als zutiefst ungehörig, ja sogar rechtswidrig empfunden wird.

Und genauso ist es mindestens zwei Richtern ergangen, welche die vom Verfasser veröffentlichte Jusitzkritik als derart ungehörig empfanden, dass sie die Staatsanwaltschaft Hannover auf den bis dato unbescholtenen Blogbetreiber hetzten. Offensichtlich schien den Herren durch mich eine vom Gesetz gezogene Grenze verletzt:

"Insgesamt ist festzustellen, dass von den hiesigen Richterinnen und Richtern zwar weit über das z.B. bei Polizeibeamten geahndete Maß hinaus persönliche Angriffe von Naturalparteien in aller Regel hingenommen und nicht zur Anzeige gebracht werden, an einen Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege jedoch strengere Maßstäbe anzustellen sein dürften, jedenfalls bei Äußerungen in der Öffentlichkeit außerhalb der genannten Verfahren, weil er sich dann insbesondere auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen nicht berufen kann. Ich erstatte daher Strafanzeige gegen Rechtsanwalt Möbius wegen aller in Betracht kommender Delikte und stelle Strafantrag."

Dieser Einschätzung des Amtsgerichtsdirektors schloss sich der Präsident des übergeordneten Landgerichts mit dem Brustton der Überzeugung an:

"Das angezeigte Verhalten des Rechtsanwalts übertritt nach meiner Einschätzung die Grenzen der noch zulässigen Meinungsäußerung deutlich und setzt die beteiligten Richter gezielt in der Öffentlichkeit herab. Wenn und soweit wegen der in Betracht kommenden Delikte ein Strafantrag erforderlich ist, stelle ich diesen hiermit gemäß §§ 194 Abs. 3, 77 a StGB als Dienstvorgesetzter des Direktors des Amtsgerichts xxxxxxxxx und der anderen betroffenen Richter/innen des Amtsgerichts xxxxxxxx."

Weil das anschließend wegen Beleidigung eingeleitete Strafverfahren im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs nach Löschung der schmerzhaftesten Berichterstattung eingestellt wurde, blieb eine gerichtliche Bewertung des als negativen Höhepunkts in Ungnade gefallenen Artikels im Kontext des Strafverfahrens aus. Da parallel zum Gerichtsverfahren aber auch eine Beschwerde bei der zuständigen Berufsaufsichtsbehörde gestellt wurde, folgte am Ende dann doch noch eine juristische Stellungnahme über den gesamten Vorgang.     

Die Rechtsanwaltskammer Celle teilte die Ansichten der empörten Richter allerdings nicht und stellte das berufsrechtliche Aufsichtsverfahren mit Bescheid vom 14.06.2018 zum Az.: 6-279/2016 ein. Die Grenze zur Strafbarkeit, etwas zur Beleidigung nach § 185 StGB, sei durch die deutlich formulierte Kritik an den Richtern und dem Amtsgericht nicht überschritten worden, gleiches gelte für berufsrechtliche Regelungen: 

"Grundsätzlich unterliegt die anwaltliche Berufsausübung der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Anwaltes (BVerfGE 63, 266, 282 ff). Die Wahrnehmung seiner Aufgaben als unabhängiges Organ der Rechtspflege erlaubt es dem Rechtsanwalt nicht, immer so schonend mit den Verfahrensbeteiligten umzugehen, dass diese sich nicht in Ihrer Persönlichkeit beeinträchtigt fühlen. Nach allgemeiner Auffassung darf der Rechtsanwalt „im Kampf um das Recht" auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagwörter benutzen, ferner „ad personam" argumentieren. Nicht entscheidend kann sein, ob ein Rechtsanwalt seine Kritik auch anders hätte formulieren können, denn grundsätzlich unterliegt auch die Form der Meinungsäußerung der durch Art. 5 Abs. 2 GG geschützten Selbst­bestimmung (Feuerich / Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 a Rdn. 33 m.w.N.)."

Montag, 5. November 2018

Die Turboquerulantin und das freundliche Gericht II

Nun ist es leider amtlich. Die Münchener Fans der Turboquerulantin müssen auf den geplanten Auftritt vor dem Landgericht München II endgültig verzichten. Die Frist für die Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Dachau vom 19.06.2018 zum Az.: 2 C 1091/17 wurde leider nicht eingehalten, so dass die Darbietung niedersächsischer Volkskunst in der bayerischen Landeshauptstadt nach der tollen Show in Dachau ausfallen muss. Doch gibt es auch erbauliches zu berichten, wenngleich die Gesamtumstände dieser Meldung traurig sind.   

Die erfreuliche Nachricht bei der Absage in München ist die Tatsache, dass die Turboquerulantin ihren Stolz nicht verloren hat. Der Hinweis des Gerichts, dass bei einer Rücknahme der Berufung wegen des Mangels des rechtzeitigen Eingangs der Berufungsbegründung deutlich niedrigere Kosten für die Stornierung des geplanten Events anfallen würden, wurde erhobenen Hauptes ignoriert. Nach Verwerfung der Berufung sind nun EUR 584,- an Gerichtskosten zu zahlen, die bei rechtzeitiger Berufungsrücknahme auf EUR 146,- hätten reduziert werden können. Auf Almosen ist unsere Serienheldin glücklicherweise noch nicht angewiesen.