Montag, 11. Dezember 2017

1000 Euro in 5 Minuten

Anwälte verdienen viel Geld. Dass diese Einschätzung nicht der Regelfall ist, zeigt schon der Umstand, dass ich mich bemüssigt fühle, über eine Konstellation zu schreiben, in welcher für wenig Arbeit tatsächlich verhältnismäßig viel Geld verdient wurde.

Am 30. Mai erhielten wir eine eingelegte Berufung, die am Vortag bereits zurückgenommen wurde. Allerdings erreichte uns die Berufungsrücknahme erst am 31. Mai vorab per Fax durch das Gericht und zu diesem Zeitpunkt war unser Antrag auf Zurückweisung der Berufung vom 30. Mai schon auf dem Weg zum Gericht. Mehr als "vertreten wir die Beklagte auch im Berufungsverfahren und werden beantragen, die Berufung zurückzuweisen" hatte ich nicht geschrieben und durch die Rücknahme der Berufung stand schon bei der Anfertigung dieses Schriftsatzes fest, dass mehr auch nicht zu schreiben war.

Durch einen Streitwert von 30.000,- EUR wurde der Fünfminuteneinsatz recht üppig entlohnt und es bleibt festzuhalten, dass die Einlegung eines Rechtsmittels wohlüberlegt sein will, dessen Rücknahme nicht nur dem Gericht mitgeteilt werden sollte und es auf der anderen Seite nicht schaden kann, die Verteidigungsbereitschaft stets umgehend anzuzeigen. Von Zwangsvollstreckungsverfahren, bei denen zwei Stunden Arbeit knapp 20,- EUR abwerfen, berichte ich ein anderes Mal. 

Mittwoch, 6. Dezember 2017

"Sayn-Wittgenstein, Fürstin von, Doris"

Der Deppenwettlauf um den entlarvendsten Artikel über eine Rechtsanwältin aus Kiel, die im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein wie in der Überschrift wiedergegeben gelistet ist, hat nach deren Rede beim Bundesparteitag der AfD in Hannover begonnen. Ein schönes Beispiel für minderwertigen Journalismus liefert Volontär Jörn Wenge mit seinem Artikel „Ich vermute, dass sie adoptiert worden ist“ in der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Schon die Unterüberschrift seines Artikels zeigt, dass er einem Angehörigen der pfiffigsten Hochstaplerkaste in Deutschland auf den Leim gegangen ist: "Ein Fürst und vermeintlicher Verwandter hat eine Idee." Jedenfalls liegt unser Jörn mit der ihm untergeschobenen Vorstellung, es gäbe in Deutschland noch Fürsten, vollständig daneben. Der Volontär schwafelt von Neu-Adligen als ob es noch Alt-Adlige gäbe und lässt einen Wichtigtuer, der auf der Webseite "sayn.de" selbst ungeniert verfassungsmäßige Grundsätze zur eigenen Erhöhung ignoriert, in Bezug auf die Vorsitzende des Landesverbandes der AfD in Schleswig-Holstein ohne einen Funken von Ironie als "Fürst" die Worte „Das ist ganz offensichtlich Hochstapelei“ zum Besten geben. Soviel zum staatsrechtlichen Verständnis von Nachwuchsjournalisten bei der Präsentation deutschen Scheinadels.

Ich selbst konnte mir anschließend eine Anfrage an den Schleswig-Holsteinischen Landtag nicht verkneifen:

"Guten Tag,

anlässlich der Presseberichterstattung über "Frau Fürstin von Sayn-Wittgenstein" möchte ich meinen Lesern in meinem Blog erklären, was es mit der Namensführung dieser Parlamentarierin auf sich hat. Sie kennen ja sicher den bis heute gültigen Artikel 109 Weimarer Reichsverfassung, der bestimmt: "Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden."

Wenn ich nun im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein lese:

"Sayn-Wittgenstein, Fürstin von, Doris"

scheint es so, als möchten Sie das Privileg eines Adelstitels berücksichtigen. Denn wenn der Nachname "Fürstin von Sayn-Wittgenstein" wäre, kann ich mir schlicht nicht erklären, warum dort nicht auch steht "Fürstin von Sayn-Wittgenstein, Doris." Wollen Sie mit der konkreten Listung in Ihrer Datenbank ein Privileg suggerieren? Werden Nachnamen nicht durchgängig gleichmäßig als Nachnamen behandelt und werden Namensträger, die eine Adelsbezeichnung im Namen tragen, anders gelistet als jeder andere Namensträger? Oder glauben Sie, dass die gelistete Parlamentarierin tatsächlich Fürstin ist?

Ich weise darauf hin, dass ich Ihre Antwort meinen Lesern mitteilen werde.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Gruessen
Rechtsanwalt Ralf Möbius LL.M."

Sonntag, 3. Dezember 2017

"provinzieller Staatsanwalt" Teil 2

"Menschen, die miteinander Kaffee trinken und gemeinsam zu Mittag essen, pissen sich nicht gegenseitig ans Bein", lautete die kühne These einer Rechtsreferendarin, die sie im Jahre 2011 per E-Mail an ihren damaligen Ausbilder, einen Staatsanwalt, übersandte. Weitere mit gleicher E-Mail übersandte Bemerkungen zur Person ihres Ausbilders führten im Jahre 2013 zu einer Verurteilung wegen Beleidigung, die im Februar 2014 rechtskräftig wurde.

Die im August 2014 beantragte Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde der ehemaligen Rechtsreferendarin von der Rechtsanwaltskammer per Bescheid verwehrt, weil sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das sie unwürdig erscheinen lasse, den Beruf einer Rechtsanwältin auszuüben. Ihre unprofessionellen Äußerungen und der respektlose Umgang mit anderen belege die Unfähigkeit, als Teil der Rechtspflege mit anderen, ggf. übergeordneten Organen, adäquat zu agieren und die Funktion der Rechtspflege sicherzustellen.

Der Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigte den Ablehnungsbescheid durch Urteil vom 30.10.2015 zum Az.: 1 AGH 25/15, liess die Berufung wegen des Mangels besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gar nicht erst zu und auch der Bundesgerichtshof in Anwaltssachen sah in seinem Beschluss vom 27.06.2016 zum Az.: AnwZ (Brfg) 10/16 keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, der widerspenstigen Volljuristin die Anwaltszulassung zu verwehren. Die sich stets auf ihre Berufsfreiheit nach Artikel 12 GG berufende Antragstellerin hätte das Urteil nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt, so dass die Nichtzulassung der Berufung und damit der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei.

Um das endgültige Ergebnis der Auseinandersetzung vorwegzunehmen: Die Käffchentrinker bei der Rechtsanwaltskammer, dem Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen und dem Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof lagen falsch und die bis zum Bundesverfassungsgericht kämpfende Volljuristin hatte Recht. Die Versagung ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zwecks Ausübung des Berufs, für den sie die fachlichen Voraussetzungen hat und dessen Ausübung sie als Grundlage ihrer Lebensführung anstrebt, war ein schwerwiegender Eingriff in ihr Grundrecht auf die Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, der durch entgegenstehende Gemeinwohlbelange nicht gerechtfertigt werden konnte und sich damit als rechtswidrig erwies.

Die bei der Rechtsanwaltskammer mit Zulassungsfragen betrauten Fachgremien, der Senat des Anwaltsgerichtshofes in einer Besetzung von drei Rechtsanwälten und zwei Berufsrichtern und der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof, besetzt mit der Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, der Richterin Roggenbuck, dem Richter Seiters nebst Rechtsanwalt Dr. Braeuer und Rechtsanwältin Merk, waren zwar in der Lage, den mahnenden Zeigefinger gegenüber der Antragstellerin mit Begriffen wie Berufsunwürdigkeit, Uneinsichtigkeit und mangelnder Reue zu erheben, nicht aber eine den Anforderungen der grundgesetzlich gewährten Berufsfreiheit genügende einzelfallbezogene Abwägung zu Gunsten der Bewerberin zu leisten.

Wenigstens hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 22.10.2017 zum Az.: 1 BvR 1822/16 belegt, dass die 1. Kammer des Ersten Senats keine Grundstudiumsvorlesung zur Vertiefung der Bedeutung der verfassungsmäßigen Rechte aus den Art. 1 – 19 des Grundgesetzes mehr braucht.

Donnerstag, 30. November 2017

Turboquerulantin - jetzt am Landgericht Duisburg

Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an die falsche Behauptung der Turboquerulantin auf Facebook, unser Mandant hätte ein Massaker im Amtsgericht Nienburg angedroht. Die Verbreitung dieser "Räuberpistole" war unserer Heldin vom Amtsgericht Duisburg-Ruhrort zunächst mit einer Säumnisentscheidung und schießlich durch Urteil vom 10.04.2017 zum Az.: 10 C 313/16 verboten worden.

Nachdem ihr tapferer und stets ausdauernder Rechtsanwalt aus Ettlingen schließlich die Flinte ins Korn geworfen hatte, versucht nun ein nicht minder zäher Anwalt aus Oberhausen die mittlerweile obdachlos gewordene Kampfmaschine mit dem leicht verschobenen Gerechtigkeitssinn im Berufungsverfahren aus den Klauen der Justiz zu befreien. Leider mit mäßigem Erfolg, wie ein ausführlicher Hinweisbeschluss des Landgerichts Duisburg vom 16.10.2017 zum Az.: 11 S 44/17 belegt.

Das Landgericht möchte dem munteren Zickzack-Kurs der Turboquerulantin nicht so recht folgen und beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Auch die eher halbherzigen Äußerungen des in die Bresche gesprungenen Kollegen zu den Hintergründen des verworrenen Facebook-Krimis vermochten nicht wirklich zu überzeugen. Allerdings wurde die Stellungnahmefrist zur geplanten Zurückweisung der Berufung durch das Gericht für die Turboquerulantin großzügig verlängert, da ihr ein Krankenhausaufenthalt in die Quere gekommen ist. Vielleicht gelingt ja nach einer kurzen Erholungspause mit einem festen Dach über dem Kopf am Ende doch noch der große Wurf in einer bislang (noch) aussichtslos scheinenden Sache.