Wenn ich an den ehemaligen Rechtsanwalt denke, der ohne Zulassung ein knappes halbes Jahr weiter prozessierte, bis sein kriminelles Treiben vom Landgericht Frankfurt gestoppt wurde, kommen mir immer seine alten Tricks aus glücklicheren Tagen in den Sinn, die er in den Verfahren abgezogen hatte, in denen wir uns gegenüber standen. Er glänzte in allem, was nicht mit den Rechtsfragen des Prozesses zu tun hatte.
Bis heute ist er der erfolgreichste Terminsverleger, den ich je erlebt habe und ich muss gestehen, dafür bewundere ich ihn immer noch. Einsame Spitze sind unangefochten auch seine Verstöße gegen das Verbot der Umgehung des Gegenanwalts nach § 12 BORA. Weil die Verletzung des Umgehungsverbots einen wesentlichen Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht darstellt, gehen Streitereien um einzelne anwaltliche Schreiben sogar bis zum Bundesgerichtshof. Derartige Peanuts dürften dem Rechtsbrecher in Robe allenfalls ein müdes Lächeln entlockt haben.
Denn mit über 100 E-Mails an meine Mandantin und über 150 E-Mails an einen anderen Mandanten während zweier laufender Verfahren dürfte der ertappte Titelschwindler noch zu Anwaltszeiten beachtliche Rekorde aufgestellt haben. Über die konkreten Sanktionen in den deswegen von mir initiierten Berufsrechtsbeschwerden habe ich von der zuständigen Rechtsanwaltskammer leider nichts mehr erfahren.
Vor dem Landgericht Rostock hatte ich mich noch erfolgreich gegen Hinweise an meine Mandantin wie "Übrigens kann man Mandate auch kündigen." und "Wenn Sie die Klage nicht ins Netz gestellt haben, dann kann das nur Ihr Anwalt gewesen sein, der sich damit nach § 203 StGB schwer strafbar gemacht hat. Und so einem Anwalt vertrauen Sie?" gewehrt, bevor wir uns dann ein wenig aus den Augen verloren haben.
Mit welchem Selbstverständnis der Ex-Anwalt später eine Straftat nach der anderen beging, dürfte sich aus einer der vielen E-Mails ergeben, die er damals unter Verletzung seiner Berufspflicht an meinen Mandanten schrieb: "Nicht auch als Anwalt, sondern gerade als Anwalt sollte man ein Gewissen haben! Das unterscheidet mich von gewissen anderen Anwälten." Sich selbst noch im Moment des Begehens des Rechtsbruchs einen Heiligenschein anzudichten, ist wirklich etwas ganz Besonderes.