Der Hang zum Militärischen ist bei deutschen Politikern auf Dauer nicht zu unterdrücken. In einem Interview hatte Bundeskanzlerin Merkel am vergangenen Donnerstag auf eine Bemerkung von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Hinblick auf einen möglichen EU-Ausschluss Ungarns gesagt: „
Wir werden alles tun, um Ungarn auf den richtigen Weg zu bringen, aber nicht gleich die Kavallerie schicken“. Bereits Peer Steinbrück hatte im Steuerstreit mit der Schweiz 2009 angedeutet, die Kavallerie gegen den widerborstigen Nachbarn in Stellung bringen zu wollen, wenn dieser weiter deutsche Steuerhinterzieher schütze.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat es nun am Freitag gewagt, im gleichen Jargon auf die Äußerung Merkels zu reagieren: „
Die Deutschen haben schon einmal eine Kavallerie nach Ungarn geschickt, in Form von Panzern. Unsere Bitte ist, sie nicht zu schicken. Es war keine gute Idee, sie hat sich nicht bewährt.“
Nun ist die Empörung groß und Außenminister Guido Westerwelle bezeichnet die Antwort von Orbán als "
bedauerliche Entgleisung, die wir klar zurückweisen". Der SPIEGEL spricht vom "
Merkel-Hitler-Vergleich" und die BILD berichtet über den Vorwurf von "
Nazi-Methoden." Man muss nicht unbedingt deutsches Recht bemühen, um zu erkennen, dass die Äußerung Merkels der Anlaß für die entsprechende und insoweit keineswegs überzogene Antwort des Ungarn war. Einen kurzer Hinweis erlaube ich mir dennoch:
Das deutsche Strafrecht erkennt in
§ 199 StGB die wechselseitig begangene
Beleidigung und formuliert: "
Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären."
§ 193 StGB deckt "
Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden".
Im zivilrechtlichen Äußerungsrecht weist das
Landgericht Hamburg im Urteil vom 9. Dezember 2008 zum Az.: 325 O 122/08 ganz deutlich auf folgendes hin: "
Eine auch überspitzte oder polemische Äußerung kann durch ein vorangegangenes Verhalten des mit dem Gegenschlag Angegriffenen gerechtfertigt sein. Wird jemand in einer auf die öffentliche Meinungsbildung beeinflussenden Weise angegriffen, dann hat dieser das Recht, den Angriff in einer Weise zu beantworten, die geeignet ist, eine dem Angriff gleichwertige Wirkung auf die Meinungsbildung zu entfalten, um den Angriff auszugleichen. Dies schließt auch ein, den Gegenschlag in zugespitzter Form ausführen zu dürfen, wenn dies im Hinblick auf eine gleichwertige Wirkung auf die Meinungsbildung angemessen erscheint."
Also entweder im Umgang mit den Nachbarstaaten das soldatische Innere nicht öffentlich nach außen kehren, oder aber den sich anschließenden Hinweis auf den deutschen Drang zum Militarismus klaglos ertragen.