Kurz vor Jahresende möchte es die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) nicht verpassen, mir die neusten Mitteilungen zum beA persönlich zu übermitteln. Das ist ja grundsätzlich erfreulich. Die BRAK weiß offenbar auch um das enorme Konfliktpotential, welches aus der unvorhergesehenen Stilllegung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs wegen Sicherheitsrisiken resultiert, dessen Benutzung für Anwälte ab Januar 2018 verpflichtend ist. Die BRAK weiß auch, dass manche Anwälte ein rebellisches Innenleben pflegen und möchte daher auch auf die Frage eine Antwort geben, was Anwälten droht, die sich wegen Sicherheitsbedenken weigern, das Postfach zu nutzen?
Die Antwort verblüfft mich doch etwas und ich habe sie deshalb als Screenshot diesem Beitrag vorangestellt: "Die BRAK hat in einer Sondersitzung des Präsidiums über die Feiertage erneut beschlossen, dass sie keinerlei Abstriche an der Sicherheit der beA Plattform hinnehmen kann. Für die Ausübung des anwaltlichen Berufs ist Vertraulichkeit und Sicherheit einer solchen Plattform und der jeweiligen Client Security einer Anwaltskanzlei von zentraler Bedeutung. Die BRAK wird daher beA solange vom Netz lassen, wie nicht alle Sicherheitsfragen gelöst sind. Die Anwälte können also fest davon ausgehen, dass sie keinerlei Sicherheitsbedenken mehr haben müssen, sobald die beA Plattform wieder verfügbar ist." Keine Antwort ist auch eine Antwort: Nichts.
Freitag, 29. Dezember 2017
Freitag, 22. Dezember 2017
Die Paketannahme durch den Nachbarn
Tausende von Weihnachtspaketen kreuzen durch Deutschland und viele kommen nicht an. Eine häufige Konstellation ist dabei die Annahme eines Pakets durch den Nachbarn. Das erinnert mich an einen Fall, der jüngst sein 10-jähriges Jubiläum gefeiert hat und natürlich nicht alle denkbaren Möglichkeiten abbildet. Im vom Amtsgericht Hannover mit Urteil zum Az.: 564 C 939/07 entschiedenen Fall wollte der Versender eines Pakets schlicht den Kaufpreis für ein Paar Kinderschuhe, die versendet wurden, aber nie ankamen. Denn: Nachweisbar war zwar die Auslieferung des Pakets an den Nachbarn, aber nicht die Ankunft des Pakets bei der Käuferin. Das bedeutete viel Ärger für alle Beteiligten. Die Verkäuferin bekam keinen Kaufpreis und zahlte sämtliche Prozesskosten, der Nachbar musste vor Gericht aussagen und die modebewusste Mama musste ihren süßen Fratz in popligen Normaloschuhen weiterlaufen lassen. In dieser Variante war die Annahme eines Pakets durch den Nachbarn jedenfalls ein voller Reinfall.
Donnerstag, 21. Dezember 2017
Turboquerulantin auf Rekordjagd
Die Interpretation von "Wahrheit" ist allerdings nicht ganz ohne Risiko und anlässlich des bis heute höchsten Ordnungsgeldbeschlusses vom 14.11.2017 über EUR 1.500,- habe ich einen kleine Übersicht (Mausklick zum Vergrößern) erstellt, mit welcher man die bereits festgesetzten Ordnungsgelder ganz gut überblicken kann. Auffällig ist, dass die Höhe der Ordnungsgelder zwar stetig ansteigt, aber darüber hinaus keinem erkennbaren Muster folgt. Ein fachgerechtes Ermessen scheint der Erhöhung von EUR 1.000,- auf EUR 1.300,- und von dort dann auf lediglich EUR 1.500,- nicht zu Grunde zu liegen. Aus der zuletzt geringeren Erhöhung des Ordnungsgelds um lediglich EUR 200,- wird man kaum ablsesen wollen, dass die viermalige Missachtung des gerichtlichen Tenors eine relativ höhere Bestrafung verdient, als die darauf folgende fünfte Nichtbefolgung des Urteils.
Ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO hat nämlich nach ständiger Rechtsprechung eine Beuge- und eine Straffunktion und ist im Hinblick auf dessen Zweck zu bemessen. Dieser doppelte Zweck erfordert es, die Bemessung des Ordnungsgeldes im Hinblick auf das Verhalten des Schuldners vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes sowie der Verschuldensgrad des Rechtsverletzers. Zu all diesen Kriterien sind die Ausführungen des Amtsgerichts Nienburg recht dürftig und es bleibt unklar, warum das Ordnungsgeld mal um EUR 300,- und dann wieder nur um EUR 200,- erhöht wird und weshalb immer noch von der umgehenden Anordnung einer Ordnungshaft abgesehen wird. Wir blicken daher gespannt auf das herannahende Jahr 2018, denn selbstverständlich ist ein neuer Antrag auf Festsetzung eines weiteren Ordnungsmittels längst anhängig.
Montag, 18. Dezember 2017
Amtsgericht Nienburg: Richterfortbildung durch Fachanwalt
Während sich jeder Rechtsanwalt nach § 43a Abs. 6 der Bundesrechtsanwaltsordnung und jeder Fachanwalt nach § 15 der Fachanwaltsordnung fortbilden muss, gibt es einen ähnlichen Zwang für Richter nicht. Die vom Gesetzgeber seit langem geplante Einführung einer richterlichen Fortbildungspflicht im Deutschen Richtergesetz wird auch mit dem Hinweis, dass darin ein ungerechtfertigter Eingriff in die Richterautonomie nach Art. 97 Abs. 1 GG liegen würde, von der Richterschaft erfolgreich blockiert.
Als Fachanwalt für IT-Recht kann ich die vor den deutschen Gerichten rechtsuchenden Bürger trotzdem beruhigen. Denn die Richter des Bundesgerichtshofs haben das Problem des unvollkommenen rechtlichen Erkenntnisvermögens auf Seiten der Richterschaft ganz geschickt gelöst. Mit Urteil vom 13.10.2016 zum Az.: IX ZR 214/15 haben die Spezialisten vom BGH den "Schwarzen Peter" einfach an die Anwaltschaft weitergereicht und dazu ausgeführt: "Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, einer gerichtlichen Fehlentscheidung entgegenzuwirken. Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene rechtliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit des Irrtums ist es die Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts zu begegnen. Der Rechtsanwalt muss alles - einschließlich Rechtsausführungen - vorbringen, was die Entscheidung günstig beeinflussen kann. Er hat auch eine vom Gericht im Verlauf der Instanz vertretene Rechtsansicht im Interesse seines Mandanten zu überprüfen, selbst wenn sie durch Nachweise von Rechtsprechung und Schrifttum belegt ist. Insbesondere muss der Anwalt zum Beispiel auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinweisen. Der Schutz des Mandanten gebietet es, dass der Rechtsanwalt dafür Sorge trägt, dass diese Argumente bei der gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden können."
Mit anderen Worten. Jeder Richter kann sich abseits der beruflichen Tätigkeit intensiv mit seiner Briefmarkensammlung beschäftigen, denn für die Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung in laufenden Verfahren sind die Rechtsanwälte der Parteien zuständig, die ihm die neusten Erkenntnisse des Bundesgerichtshofs schriftlich unterbreiten müssen, damit sie bei der Urteilsabfassung in den Niederungen der bundesdeutschen Rechtsprechung nicht übersehen werden.
Dieses Fortbildungsprinzip funktioniert auch beim Amtsgericht Nienburg. Zunächst war das Gericht noch der Ansicht, dass ein Verbot beleidigender Äußerungen nur dann missachtet wird, wenn diesem erneut aktiv zuwidergehandelt wird. Dies folge auch aus der Androhung von Ordnungsmitteln „für jeden Fall der Zuwiderhandlung". Nicht sanktioniert sei vom Urteilstenor daher das bloße Unterlassen der Löschung gleichlautender Beleidigungen aus der Zeit vor der Rechtskraft eines Urteils.
Nach einem in der Beschwerdeinstanz erfolgten Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus seinem Urteil vom 19. November 2015 zum Az.: I ZR 109/14, wonach die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen ist, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst, stellte sich der gewünschte Fortbildungseffekt ein und das Amtsgericht Nienburg berücksichtigte diese bislang nicht bekannte BGH-Rechtsprechung im Wege der Abhilfe.
Nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage war das Gericht nunmehr der Auffassung des Antragstellers, dass auch das bloße Unterlassen der Löschung eines beleidigenden Kommentars auf Facebook einen Verstoß gegen das Verbot des Urteilstenors "im Internet zu behaupten, der Kläger sei Mitglied einer Betrügergruppe" darstellt. "Auch wenn sich dieses Ergebnis nicht unmittelbar - wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt - aus dem Wortlaut des Tenors des Urteils vom 04.01.2017 zu ergeben scheint, folgt es letztlich doch aus Sinn und Zweck dieser Untersagung, künftige Diffamierungen des Antragstellers durch die Antragsgegnerin in den sozialen Medien des Internets zu vermeiden. Dies geschieht nicht nur durch Wiederholung ausdrücklich untersagter Äußerungen, sondern vorliegend mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch durch Aufrechterhaltung entsprechender bereits in der Vergangenheit getätigter Aussagen, die nicht gelöscht werden (vgl. nur BGH, Urteil vom 19.11.2015, Gesch.Nr. l ZR 109/14, bei Juris Rn. 34)."
Als Fachanwalt für IT-Recht kann ich die vor den deutschen Gerichten rechtsuchenden Bürger trotzdem beruhigen. Denn die Richter des Bundesgerichtshofs haben das Problem des unvollkommenen rechtlichen Erkenntnisvermögens auf Seiten der Richterschaft ganz geschickt gelöst. Mit Urteil vom 13.10.2016 zum Az.: IX ZR 214/15 haben die Spezialisten vom BGH den "Schwarzen Peter" einfach an die Anwaltschaft weitergereicht und dazu ausgeführt: "Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, einer gerichtlichen Fehlentscheidung entgegenzuwirken. Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene rechtliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit des Irrtums ist es die Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts zu begegnen. Der Rechtsanwalt muss alles - einschließlich Rechtsausführungen - vorbringen, was die Entscheidung günstig beeinflussen kann. Er hat auch eine vom Gericht im Verlauf der Instanz vertretene Rechtsansicht im Interesse seines Mandanten zu überprüfen, selbst wenn sie durch Nachweise von Rechtsprechung und Schrifttum belegt ist. Insbesondere muss der Anwalt zum Beispiel auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinweisen. Der Schutz des Mandanten gebietet es, dass der Rechtsanwalt dafür Sorge trägt, dass diese Argumente bei der gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden können."
Mit anderen Worten. Jeder Richter kann sich abseits der beruflichen Tätigkeit intensiv mit seiner Briefmarkensammlung beschäftigen, denn für die Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung in laufenden Verfahren sind die Rechtsanwälte der Parteien zuständig, die ihm die neusten Erkenntnisse des Bundesgerichtshofs schriftlich unterbreiten müssen, damit sie bei der Urteilsabfassung in den Niederungen der bundesdeutschen Rechtsprechung nicht übersehen werden.
Dieses Fortbildungsprinzip funktioniert auch beim Amtsgericht Nienburg. Zunächst war das Gericht noch der Ansicht, dass ein Verbot beleidigender Äußerungen nur dann missachtet wird, wenn diesem erneut aktiv zuwidergehandelt wird. Dies folge auch aus der Androhung von Ordnungsmitteln „für jeden Fall der Zuwiderhandlung". Nicht sanktioniert sei vom Urteilstenor daher das bloße Unterlassen der Löschung gleichlautender Beleidigungen aus der Zeit vor der Rechtskraft eines Urteils.
Nach einem in der Beschwerdeinstanz erfolgten Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus seinem Urteil vom 19. November 2015 zum Az.: I ZR 109/14, wonach die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen ist, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst, stellte sich der gewünschte Fortbildungseffekt ein und das Amtsgericht Nienburg berücksichtigte diese bislang nicht bekannte BGH-Rechtsprechung im Wege der Abhilfe.
Nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage war das Gericht nunmehr der Auffassung des Antragstellers, dass auch das bloße Unterlassen der Löschung eines beleidigenden Kommentars auf Facebook einen Verstoß gegen das Verbot des Urteilstenors "im Internet zu behaupten, der Kläger sei Mitglied einer Betrügergruppe" darstellt. "Auch wenn sich dieses Ergebnis nicht unmittelbar - wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt - aus dem Wortlaut des Tenors des Urteils vom 04.01.2017 zu ergeben scheint, folgt es letztlich doch aus Sinn und Zweck dieser Untersagung, künftige Diffamierungen des Antragstellers durch die Antragsgegnerin in den sozialen Medien des Internets zu vermeiden. Dies geschieht nicht nur durch Wiederholung ausdrücklich untersagter Äußerungen, sondern vorliegend mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch durch Aufrechterhaltung entsprechender bereits in der Vergangenheit getätigter Aussagen, die nicht gelöscht werden (vgl. nur BGH, Urteil vom 19.11.2015, Gesch.Nr. l ZR 109/14, bei Juris Rn. 34)."
Montag, 11. Dezember 2017
1000 Euro in 5 Minuten
Anwälte verdienen viel Geld. Dass diese Einschätzung nicht der Regelfall ist, zeigt schon der Umstand, dass ich mich bemüssigt fühle, über eine Konstellation zu schreiben, in welcher für wenig Arbeit tatsächlich verhältnismäßig viel Geld verdient wurde.
Am 30. Mai erhielten wir eine eingelegte Berufung, die am Vortag bereits zurückgenommen wurde. Allerdings erreichte uns die Berufungsrücknahme erst am 31. Mai vorab per Fax durch das Gericht und zu diesem Zeitpunkt war unser Antrag auf Zurückweisung der Berufung vom 30. Mai schon auf dem Weg zum Gericht. Mehr als "vertreten wir die Beklagte auch im Berufungsverfahren und werden beantragen, die Berufung zurückzuweisen" hatte ich nicht geschrieben und durch die Rücknahme der Berufung stand schon bei der Anfertigung dieses Schriftsatzes fest, dass mehr auch nicht zu schreiben war.
Durch einen Streitwert von 30.000,- EUR wurde der Fünfminuteneinsatz recht üppig entlohnt und es bleibt festzuhalten, dass die Einlegung eines Rechtsmittels wohlüberlegt sein will, dessen Rücknahme nicht nur dem Gericht mitgeteilt werden sollte und es auf der anderen Seite nicht schaden kann, die Verteidigungsbereitschaft stets umgehend anzuzeigen. Von Zwangsvollstreckungsverfahren, bei denen zwei Stunden Arbeit knapp 20,- EUR abwerfen, berichte ich ein anderes Mal.
Am 30. Mai erhielten wir eine eingelegte Berufung, die am Vortag bereits zurückgenommen wurde. Allerdings erreichte uns die Berufungsrücknahme erst am 31. Mai vorab per Fax durch das Gericht und zu diesem Zeitpunkt war unser Antrag auf Zurückweisung der Berufung vom 30. Mai schon auf dem Weg zum Gericht. Mehr als "vertreten wir die Beklagte auch im Berufungsverfahren und werden beantragen, die Berufung zurückzuweisen" hatte ich nicht geschrieben und durch die Rücknahme der Berufung stand schon bei der Anfertigung dieses Schriftsatzes fest, dass mehr auch nicht zu schreiben war.
Durch einen Streitwert von 30.000,- EUR wurde der Fünfminuteneinsatz recht üppig entlohnt und es bleibt festzuhalten, dass die Einlegung eines Rechtsmittels wohlüberlegt sein will, dessen Rücknahme nicht nur dem Gericht mitgeteilt werden sollte und es auf der anderen Seite nicht schaden kann, die Verteidigungsbereitschaft stets umgehend anzuzeigen. Von Zwangsvollstreckungsverfahren, bei denen zwei Stunden Arbeit knapp 20,- EUR abwerfen, berichte ich ein anderes Mal.
Mittwoch, 6. Dezember 2017
"Sayn-Wittgenstein, Fürstin von, Doris"
Der Deppenwettlauf um den entlarvendsten Artikel über eine Rechtsanwältin aus Kiel, die im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein wie in der Überschrift wiedergegeben gelistet ist, hat nach deren Rede beim Bundesparteitag der AfD in Hannover begonnen. Ein schönes Beispiel für minderwertigen Journalismus liefert Volontär Jörn Wenge mit seinem Artikel „Ich vermute, dass sie adoptiert worden ist“ in der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Schon die Unterüberschrift seines Artikels zeigt, dass er einem Angehörigen der pfiffigsten Hochstaplerkaste in Deutschland auf den Leim gegangen ist: "Ein Fürst und vermeintlicher Verwandter hat eine Idee." Jedenfalls liegt unser Jörn mit der ihm untergeschobenen Vorstellung, es gäbe in Deutschland noch Fürsten, vollständig daneben. Der Volontär schwafelt von Neu-Adligen als ob es noch Alt-Adlige gäbe und lässt einen Wichtigtuer, der auf der Webseite "sayn.de" selbst ungeniert verfassungsmäßige Grundsätze zur eigenen Erhöhung ignoriert, in Bezug auf die Vorsitzende des Landesverbandes der AfD in Schleswig-Holstein ohne einen Funken von Ironie als "Fürst" die Worte „Das ist ganz offensichtlich Hochstapelei“ zum Besten geben. Soviel zum staatsrechtlichen Verständnis von Nachwuchsjournalisten bei der Präsentation deutschen Scheinadels.
Ich selbst konnte mir anschließend eine Anfrage an den Schleswig-Holsteinischen Landtag nicht verkneifen:
"Guten Tag,
anlässlich der Presseberichterstattung über "Frau Fürstin von Sayn-Wittgenstein" möchte ich meinen Lesern in meinem Blog erklären, was es mit der Namensführung dieser Parlamentarierin auf sich hat. Sie kennen ja sicher den bis heute gültigen Artikel 109 Weimarer Reichsverfassung, der bestimmt: "Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden."
Wenn ich nun im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein lese:
"Sayn-Wittgenstein, Fürstin von, Doris"
scheint es so, als möchten Sie das Privileg eines Adelstitels berücksichtigen. Denn wenn der Nachname "Fürstin von Sayn-Wittgenstein" wäre, kann ich mir schlicht nicht erklären, warum dort nicht auch steht "Fürstin von Sayn-Wittgenstein, Doris." Wollen Sie mit der konkreten Listung in Ihrer Datenbank ein Privileg suggerieren? Werden Nachnamen nicht durchgängig gleichmäßig als Nachnamen behandelt und werden Namensträger, die eine Adelsbezeichnung im Namen tragen, anders gelistet als jeder andere Namensträger? Oder glauben Sie, dass die gelistete Parlamentarierin tatsächlich Fürstin ist?
Ich weise darauf hin, dass ich Ihre Antwort meinen Lesern mitteilen werde.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Gruessen
Rechtsanwalt Ralf Möbius LL.M."
Schon die Unterüberschrift seines Artikels zeigt, dass er einem Angehörigen der pfiffigsten Hochstaplerkaste in Deutschland auf den Leim gegangen ist: "Ein Fürst und vermeintlicher Verwandter hat eine Idee." Jedenfalls liegt unser Jörn mit der ihm untergeschobenen Vorstellung, es gäbe in Deutschland noch Fürsten, vollständig daneben. Der Volontär schwafelt von Neu-Adligen als ob es noch Alt-Adlige gäbe und lässt einen Wichtigtuer, der auf der Webseite "sayn.de" selbst ungeniert verfassungsmäßige Grundsätze zur eigenen Erhöhung ignoriert, in Bezug auf die Vorsitzende des Landesverbandes der AfD in Schleswig-Holstein ohne einen Funken von Ironie als "Fürst" die Worte „Das ist ganz offensichtlich Hochstapelei“ zum Besten geben. Soviel zum staatsrechtlichen Verständnis von Nachwuchsjournalisten bei der Präsentation deutschen Scheinadels.
Ich selbst konnte mir anschließend eine Anfrage an den Schleswig-Holsteinischen Landtag nicht verkneifen:
"Guten Tag,
anlässlich der Presseberichterstattung über "Frau Fürstin von Sayn-Wittgenstein" möchte ich meinen Lesern in meinem Blog erklären, was es mit der Namensführung dieser Parlamentarierin auf sich hat. Sie kennen ja sicher den bis heute gültigen Artikel 109 Weimarer Reichsverfassung, der bestimmt: "Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden."
Wenn ich nun im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein lese:
"Sayn-Wittgenstein, Fürstin von, Doris"
scheint es so, als möchten Sie das Privileg eines Adelstitels berücksichtigen. Denn wenn der Nachname "Fürstin von Sayn-Wittgenstein" wäre, kann ich mir schlicht nicht erklären, warum dort nicht auch steht "Fürstin von Sayn-Wittgenstein, Doris." Wollen Sie mit der konkreten Listung in Ihrer Datenbank ein Privileg suggerieren? Werden Nachnamen nicht durchgängig gleichmäßig als Nachnamen behandelt und werden Namensträger, die eine Adelsbezeichnung im Namen tragen, anders gelistet als jeder andere Namensträger? Oder glauben Sie, dass die gelistete Parlamentarierin tatsächlich Fürstin ist?
Ich weise darauf hin, dass ich Ihre Antwort meinen Lesern mitteilen werde.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Gruessen
Rechtsanwalt Ralf Möbius LL.M."
Sonntag, 3. Dezember 2017
"provinzieller Staatsanwalt" Teil 2
"Menschen, die miteinander Kaffee trinken und gemeinsam zu Mittag essen, pissen sich nicht gegenseitig ans Bein", lautete die kühne These einer Rechtsreferendarin, die sie im Jahre 2011 per E-Mail an ihren damaligen Ausbilder, einen Staatsanwalt, übersandte. Weitere mit gleicher E-Mail übersandte Bemerkungen zur Person ihres Ausbilders führten im Jahre 2013 zu einer Verurteilung wegen Beleidigung, die im Februar 2014 rechtskräftig wurde.
Die im August 2014 beantragte Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde der ehemaligen Rechtsreferendarin von der Rechtsanwaltskammer per Bescheid verwehrt, weil sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das sie unwürdig erscheinen lasse, den Beruf einer Rechtsanwältin auszuüben. Ihre unprofessionellen Äußerungen und der respektlose Umgang mit anderen belege die Unfähigkeit, als Teil der Rechtspflege mit anderen, ggf. übergeordneten Organen, adäquat zu agieren und die Funktion der Rechtspflege sicherzustellen.
Der Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigte den Ablehnungsbescheid durch Urteil vom 30.10.2015 zum Az.: 1 AGH 25/15, liess die Berufung wegen des Mangels besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gar nicht erst zu und auch der Bundesgerichtshof in Anwaltssachen sah in seinem Beschluss vom 27.06.2016 zum Az.: AnwZ (Brfg) 10/16 keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, der widerspenstigen Volljuristin die Anwaltszulassung zu verwehren. Die sich stets auf ihre Berufsfreiheit nach Artikel 12 GG berufende Antragstellerin hätte das Urteil nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt, so dass die Nichtzulassung der Berufung und damit der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei.
Um das endgültige Ergebnis der Auseinandersetzung vorwegzunehmen: Die Käffchentrinker bei der Rechtsanwaltskammer, dem Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen und dem Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof lagen falsch und die bis zum Bundesverfassungsgericht kämpfende Volljuristin hatte Recht. Die Versagung ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zwecks Ausübung des Berufs, für den sie die fachlichen Voraussetzungen hat und dessen Ausübung sie als Grundlage ihrer Lebensführung anstrebt, war ein schwerwiegender Eingriff in ihr Grundrecht auf die Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, der durch entgegenstehende Gemeinwohlbelange nicht gerechtfertigt werden konnte und sich damit als rechtswidrig erwies.
Die bei der Rechtsanwaltskammer mit Zulassungsfragen betrauten Fachgremien, der Senat des Anwaltsgerichtshofes in einer Besetzung von drei Rechtsanwälten und zwei Berufsrichtern und der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof, besetzt mit der Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, der Richterin Roggenbuck, dem Richter Seiters nebst Rechtsanwalt Dr. Braeuer und Rechtsanwältin Merk, waren zwar in der Lage, den mahnenden Zeigefinger gegenüber der Antragstellerin mit Begriffen wie Berufsunwürdigkeit, Uneinsichtigkeit und mangelnder Reue zu erheben, nicht aber eine den Anforderungen der grundgesetzlich gewährten Berufsfreiheit genügende einzelfallbezogene Abwägung zu Gunsten der Bewerberin zu leisten.
Wenigstens hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 22.10.2017 zum Az.: 1 BvR 1822/16 belegt, dass die 1. Kammer des Ersten Senats keine Grundstudiumsvorlesung zur Vertiefung der Bedeutung der verfassungsmäßigen Rechte aus den Art. 1 – 19 des Grundgesetzes mehr braucht.
Die im August 2014 beantragte Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde der ehemaligen Rechtsreferendarin von der Rechtsanwaltskammer per Bescheid verwehrt, weil sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das sie unwürdig erscheinen lasse, den Beruf einer Rechtsanwältin auszuüben. Ihre unprofessionellen Äußerungen und der respektlose Umgang mit anderen belege die Unfähigkeit, als Teil der Rechtspflege mit anderen, ggf. übergeordneten Organen, adäquat zu agieren und die Funktion der Rechtspflege sicherzustellen.
Der Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigte den Ablehnungsbescheid durch Urteil vom 30.10.2015 zum Az.: 1 AGH 25/15, liess die Berufung wegen des Mangels besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gar nicht erst zu und auch der Bundesgerichtshof in Anwaltssachen sah in seinem Beschluss vom 27.06.2016 zum Az.: AnwZ (Brfg) 10/16 keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, der widerspenstigen Volljuristin die Anwaltszulassung zu verwehren. Die sich stets auf ihre Berufsfreiheit nach Artikel 12 GG berufende Antragstellerin hätte das Urteil nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt, so dass die Nichtzulassung der Berufung und damit der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei.
Um das endgültige Ergebnis der Auseinandersetzung vorwegzunehmen: Die Käffchentrinker bei der Rechtsanwaltskammer, dem Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen und dem Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof lagen falsch und die bis zum Bundesverfassungsgericht kämpfende Volljuristin hatte Recht. Die Versagung ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zwecks Ausübung des Berufs, für den sie die fachlichen Voraussetzungen hat und dessen Ausübung sie als Grundlage ihrer Lebensführung anstrebt, war ein schwerwiegender Eingriff in ihr Grundrecht auf die Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, der durch entgegenstehende Gemeinwohlbelange nicht gerechtfertigt werden konnte und sich damit als rechtswidrig erwies.
Die bei der Rechtsanwaltskammer mit Zulassungsfragen betrauten Fachgremien, der Senat des Anwaltsgerichtshofes in einer Besetzung von drei Rechtsanwälten und zwei Berufsrichtern und der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof, besetzt mit der Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, der Richterin Roggenbuck, dem Richter Seiters nebst Rechtsanwalt Dr. Braeuer und Rechtsanwältin Merk, waren zwar in der Lage, den mahnenden Zeigefinger gegenüber der Antragstellerin mit Begriffen wie Berufsunwürdigkeit, Uneinsichtigkeit und mangelnder Reue zu erheben, nicht aber eine den Anforderungen der grundgesetzlich gewährten Berufsfreiheit genügende einzelfallbezogene Abwägung zu Gunsten der Bewerberin zu leisten.
Wenigstens hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 22.10.2017 zum Az.: 1 BvR 1822/16 belegt, dass die 1. Kammer des Ersten Senats keine Grundstudiumsvorlesung zur Vertiefung der Bedeutung der verfassungsmäßigen Rechte aus den Art. 1 – 19 des Grundgesetzes mehr braucht.
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