Montag, 5. Juli 2010
Luis Suárez, dem Uruguayer ein Held, dem Nörgler ein Sündenbock - vom dummen Schrei nach Gerechtigkeit im Fussball
"Held oder Betrüger?" fragt die Frankfurter Allgemeine Zeitung, "auf Lebenszeit sperren" sinniert die Kleine Zeitung, "Ghana wurde um den Sieg gebracht" resümiert der SPIEGEL und die Sunday Times wähnt "die Hand des Teufels" im Spiel. Wer in der Gegenwart lebt, wird die Szene nie vergessen: Beim Stande von 1:1 zwischen Uruguay und Ghana im Viertelfinale der FIFA-WM 2010 wehrt Luis Suárez in der Nachspielzeit der Verlängerung einen Kopfball von Dominic Adiyiah auf der Linie mit beiden Händen ab. Der fällige Strafstoß wird vergeben, Ghana verliert auch das Elfmeterschießen und Uruguay kommt weiter.
Was folgt, war klar. Oberlehrer mit verdrehtem Gerechtigkeitsempfinden und Moralapostel im Journalistengewand versuchen, den Schmerz des tief im Fleisch sitzenden Stachels eines erfolgreichen uruguayischen Foulspiels mit der Forderung nach Regeländerungen zu lindern.
Berufserfahrene Rechtsanwälte kennen das auch unter Richtern verbreitete Syndrom, die konsequente Anwendung eines bestehenden Regelwerks nicht ertragen zu können. Während der Richter jedoch durch geschickte Ausblendung von Tatsachen und wirklichkeitsfremde Interpretationen von Normen in der Lage ist, seinem Gerechtigkeitsempfinden mit falschen Urteilen Ausdruck zu verleihen, bleibt dem Journalisten als aussenstehendem Rädchen wenig mehr, als "Betrug" zu schreien und Regeländerungen anzumahnen.
Was für ein Schwachsinn. Ich mache es kurz: Wer nicht in der Lage ist, die Früchte einer angemessenen Sanktion zu ernten, hat den Erfolg nicht verdient. Das Team aus Ghana wird die Schuld für die Niederlage auch bei sich selbst gesucht haben, eine Perspektive, die so manchem Spielverderber verstellt ist.
Mit der Europäischen Artikelnummer zum Boykott israelischer Waren
Wie wir vielleicht nicht alle wissen, ist die sogenannte EAN-Codierung (Europäische Artikel Nummer = European Article Number) auf fast allen fertig verpackten Lebensmitteln vorhanden. Der EAN-Strichcode oder auch EAN-Barcode ist die maschinenlesbare Darstellung der Artikelnummer und kann mit jeder Scannerkasse ausgelesen werden. Der EAN-13-Code besteht aus 13 Ziffern und beginnt mit einem zwei- oder dreistelligem Code für das Herstellerland, dem Länderpräfix. Die folgenden Stellen kennzeichnen den Hersteller des Produktes und dessen Artikelnummer. Die letzte Stelle des Codes ist die Prüfziffer, welche durch Berechnung ermittelt wird.
Während der Barcode dafür gedacht ist, den Kassiervorgang und die inner- und zwischenbetriebliche Kommunikation in Großbetrieben des Einzelhandels zu vereinfachen, ermöglicht er gleichzeitig auch Dritten, die Herkunft von Produkten einfach zu ermitteln.
Wie der Codeliste zu entnehmen ist, bedeutet der Strichcode mit den Anfangsziffern 729, dass ein Produkt aus Israel kommt. Das FrauenNetzwerkNahost weist jetzt darauf hin, dass den Strichcode 729 auch Waren tragen, die in israelischen Siedlungen auf besetztem palästinensischen Gebiet hergestellt wurden.
Wegen der schweren Verstößen gegen das Völkerrecht, die Israel im besetzten palästinensischen Gebiet auch nach der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem Goldstone-Bericht begeht, fordert das FrauenNetzwerkNahost nunmehr, auf Waren, die mit dem Strichcode 729 beginnen, ganz zu verzichten. Weil das FrauenNetzwerkNahost seit 2002 vergeblich die eindeutige Kennzeichnung von Waren aus den besetzten Gebieten fordere, sollten Verbraucher mit ihrer Kaufentscheidung nicht mehr unwissentlich Völkerrechtsverletzungen unterstützen und deshalb Waren aus Israel vollständig meiden.
Dienstag, 29. Juni 2010
Fachanwalt für IT-Recht - Studiengang Informationsrecht an der Universität Oldenburg
Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester im Studiengang »Master of Laws (LL.M.) Informationsrecht« der Fakultät für Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg endet zum 1. September 2010. Die Studieninhalte orientieren sich an den Anforderungen, welche der Berufsbezeichnung »Fachanwalt für IT-Recht« nach § 14k Fachanwaltsordnung (FAO) zu Grunde liegen. Mit der Belegung von sieben Modulen können die nach FAO § 14k geforderten Inhalte der theoretischen Ausbildung zum Fachanwalt abgedeckt werden, so dass die theoretischen Kenntnisse mit dem Masterabschluss nachgewiesen sein dürften. Es besteht die Möglichkeit, die von der FAO geforderten Leistungsnachweise (Aufsichtsarbeiten) innerhalb des Studienverlaufs zu erbringen. Neben den regulären 90-minütigen Klausuren wäre eine zusätzliche, gebührenpflichtige 5-stündige Klausur zu erbringen, um die erforderlichen Aufsichtsarbeiten im Umfang von 15 Stunden nachzuweisen. Es besteht auch die Möglichkeit, einzelne Module zu belegen, um als bereits zugelassener Fachanwalt für IT-Recht die nach FAO § 15 geforderte jährliche Weiterbildung nachzuweisen.
Freitag, 25. Juni 2010
"unbesiegbares Nordkorea" - das tolle Plakat hat mich bei der FIFA-WM 2010 dazu verführt, die gesamte Urlaubskasse auf Kim Jong-Il´s Team zu setzen
Ich habe das Plakat als ein bindendes Versprechen im Sinne des § 657 BGB angesehen und wähnte mich daher sicher, bei Niederlagen Nordkoreas Rückgriff bei den Verantwortlichen nehmen zu können. Meine eigene WM-Niederlage ist nun perfekt: Nordkorea ist bei der Fussball-Weltmeisterschaft bereits nach der Vorrunde ohne Punkt und mit 1:12 Toren ausgeschieden und sämtliche Urlaubs-Euros bei der Internet-Wettmafia verschwunden. Ich hätte § 657 BGB und das Plakat genauer lesen sollen. Das Plakat war weder eine Auslobung, noch hatte es irgendetwas mit Fussball zu tun. Was soll´s - dann eben diesen Sommer keinen Urlaub.
Donnerstag, 24. Juni 2010
Bildrechte der FIFA bei der Fussball-WM 2010 ausser Kontrolle - Top-Star Diego Forlan betreibt eigenen Youtube-Channel
Das exklusive eigene Material des uruguayischen Stürmers Diego Forlan in seinem Youtube-Kanal von der FIFA-Fussball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika entzückt die Fans und stellt die FIFA vor ungeahnte Probleme. Derart intime Einblicke ins Innenleben der Mannschaften kann die FIFA selbst nicht bieten und gerät dadurch ins Hintertreffen. Forlan dokumentiert mit kleinen Filmen auf youtube authentisch, wieviel Spass die Uruguayer bei dieser WM haben. Eine Perspektive, die nicht nur für Fans Gold wert ist und nach der sich jeder kommerzielle Anbieter die Finger lecken würde. Youtube bekommt´s umsonst und die FIFA guckt in die Röhre - wie lange noch?
Mittwoch, 16. Juni 2010
IT-Recht und Recht des geistigen Eigentums - LL.M.-Studiengang am Institut für Rechtsinformatik der Leibniz Universität Hannover
Am 15. Juli 2010 endet für Juristen mit erstem oder zweitem Staatsexamen die Bewerbungsfrist für das kommende Wintersemester. Das 2 Semester dauernde Studium (1. Semester in Hannover, 2. Semester an einer von 10 europäischen Partneruniversitäten) bietet die Möglichkeit, sich im IT-Recht und im Recht des geistigen Eigentums zu spezialisieren und den akademischen Grad des Master of Laws (LL.M.) zu erwerben. LL.M. steht für den akademischen Grad des Master of Laws (lateinisch für Legum Magister, wobei das doppelte L die lateinische Abkürzung für den Plural „Rechte“ ist).
Das IT-Recht hat grenzüberschreitenden Charakter und wird durch die fortschreitende Harmonisierung des EU-Rechts stark beeinflusst. Daher vermittelt der Studiengang die zentralen Aspekte des IT-Rechts und bezieht insbesondere die europarechtlichen Grundlagen mit ein. Durch die Vorlesungen von Praktikern bei der Lehre wird sichergestellt, dass der Studiengang den Anforderungen des Arbeitsmarktes an IT-Juristen gerecht wird. Zu den Ausbildungsschwerpunkten gehören:
Das IT-Recht hat grenzüberschreitenden Charakter und wird durch die fortschreitende Harmonisierung des EU-Rechts stark beeinflusst. Daher vermittelt der Studiengang die zentralen Aspekte des IT-Rechts und bezieht insbesondere die europarechtlichen Grundlagen mit ein. Durch die Vorlesungen von Praktikern bei der Lehre wird sichergestellt, dass der Studiengang den Anforderungen des Arbeitsmarktes an IT-Juristen gerecht wird. Zu den Ausbildungsschwerpunkten gehören:
- E-Commerce-Recht
- Telekommunikationsrecht
- Medienrecht
- Datenschutzrecht
- Immaterialgüterrecht wie Urheber- und Patentrecht
(bezogen auf Informationstechnologie)
- Computerstrafrecht
- Europa- und völkerrechtliche Grundlagen des
IT-Rechts Informationstechnische Grundlagen.
Montag, 7. Juni 2010
"Montag Morgen, neue Woche - und ab geht´s wieder zur Maloche
Dieselben Fratzen, dasselbe Gelaber - Ja, du liebst dein Arbeitslager!" so lautet der Anfang des Liedes "Block E" der seit den 80er Jahren bei zahlreichen Anhängern der subkulturellen Musikbewegung "Punk" sehr beliebten deutschen Rockgruppe "SLIME", deren deutschlandkritisches Liedgut vor knapp 10 Jahren selbst das Bundesverfassungsgericht einmal beschäftigte. Mit diesen Zeilen wollen wir als freiberuflich tätige Rechtsanwälte, die sich auch diese Arbeitswoche als Anhänger der zeitgeistigen "Bloggerei" wieder einmal den Luxus gönnen werden, eigenverantwortlich überproportional viel Arbeitszeit auf das Erstellen oder das Lesen mehr oder minder sinnvoller Zeilen in sogenannten "Blogs" zu verwenden, daran erinnern, dass viele abhängig beschäftigte Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit nicht einer solchen Leidenschaft frönen dürfen, sondern gehalten sind, sich als Lohnempfänger produktiv in den Arbeitsprozess an ihren Wirkungsstätten einzubinden.
Freitag, 4. Juni 2010
Fussball-WM 2010 - Eine Nation zieht in den Krieg
Während unsere Milchbubis auf der weichgespülten Medienwiese Schokopaste lutschen, ist es auf der Südhalbkugel durchaus üblich, mit fliegenden Fahnen und im Mörserhagel nach Afrika zu stürmen.
Klar, dass die deutschen Bürschchen vom Bundesjogi aussortiert werden und die Paraguayer nur mit einer Kugel auf ihrem Weg nach Südafrika gestoppt werden können. Der beste Torschütze der Qualifikation und Hauptdarsteller im Werbespot, Salvador Cabañas, wurde nach Fertigstellung des Videos in Mexiko in den Kopf geschossen. Die Kugel steckt noch neben dem Stammhirn, aber er ist bereit, sein Team bei der WM wenigstens von der Bank aus anzufeuern.
Klar, dass die deutschen Bürschchen vom Bundesjogi aussortiert werden und die Paraguayer nur mit einer Kugel auf ihrem Weg nach Südafrika gestoppt werden können. Der beste Torschütze der Qualifikation und Hauptdarsteller im Werbespot, Salvador Cabañas, wurde nach Fertigstellung des Videos in Mexiko in den Kopf geschossen. Die Kugel steckt noch neben dem Stammhirn, aber er ist bereit, sein Team bei der WM wenigstens von der Bank aus anzufeuern.
Mittwoch, 2. Juni 2010
Wiederbelebung des "deutschen Adels" in Wikipedia - Online-Enzyklopädie als Speerspitze gegen die Verfassung?
Ein entlarvendes Zitat aus einem sehr zu empfehlenden SPIEGEL-Artikel aus dem Jahre 1999 mit dem Titel "Aristokratischer Feinsinn" habe ich noch im Hinterkopf: "Es wird nichts unversucht gelassen, um die Exklusivität ehemaliger Adelsprädikate zu erhalten, auszubauen und zu steigern. Rücksichtslos werden dabei verfassungsrechtliche Grundsätze übergangen. Nicht ohne Hintergedanken. Bei einer eventuellen Änderung der Staatsform sollen die alten Machtstrukturen sofort wieder erkennbar sein."
Die Presse, von der Bunten über den Spiegel bis hin zur Faz, Welt oder Bild, machen bis heute brav mit. Entweder aus Dummheit oder um das niedere Bedürfnis ihrer Leser nach Glamour zu befriedigen. Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis wird in der Presse fast ausnahmslos als Fürstin Gloria von Thurn und Taxis bezeichnet, Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe regiert fast durchgängig als Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe und Ernst August Prinz von Hannover geistert nahezu ohne Widerspruch als Prinz Ernst August durch die Medienlandschaft.
Niemand interessiert sich für die deutlichen Worte der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, geäußert im Beschluss - 1 BvR 2248/01 - vom 22. März 2004: "Mit In-Kraft-Treten der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 (RGBl S. 1383) und der Verfassung Preußens vom 30. November 1920 (Preußische Gesetzsammlung, S. 543) wurde jeweils die republikanische Staatsform eingeführt. Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 wurde aufgehoben (Art. 178 Abs. 1 WRV). Art. 81 Abs. 1 der preußischen Verfassung hob die Verfassung vom 31. Januar 1850 auf. Damit wurden gleichzeitig die Hausgesetze des ehemals regierenden Kaiser- und Königshauses in staatsrechtlicher Hinsicht gegenstandslos. Seit dem In-Kraft-Treten des Grundgesetzes steht der Wiedereinführung der Monarchie Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG entgegen."
Nach Art. 109 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung waren öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile einer Geburt oder des Standes aufzuheben. In Ausführung dieser verfassungsmäßigen Anweisung ist unter dem 30. April 1928 u.a. das schaumburg-lippische Gesetz über die Aufhebung des Standesvorrechts des Adels und die Auflösung des Hausvermögens erlassen worden, welches im wesentlichen mit dem preussischen Adelsgesetz vom 23. Juni 1920 übereinstimmte.
In Kürze: Deutschen Hochadel gibt es nicht mehr. Deutschen Adel gibt es nicht mehr. Es gibt nur noch Staatsbürger. Es gilt das Grundgesetz und bürgerliches Recht. Ehemalige Adelsprädikate sind nur noch Bestandteile des bürgerlichen Nachnamens.
Dennoch: "Bei der Prüfung von Problemen mit adelsrechtlichen Fragestellungen stellen Adelsverbände den Behörden und Gerichten kostenlos Gutachter zur Verfügung - offenbar so überzeugend, dass selbst viele Richter und Standesbeamte vergessen, dass es den Adel nicht mehr gibt." (Aristokratischer Feinsinn, SPIEGEL-online, 10. Mai 1999).
Der Kampf des Pseudoadels um seinen illegalen Fortbestand hat sich nun offenbar schwerpunktmäßig auf das Internet - insbesondere auf Wikipedia - verlagert. Ein wackerer Streiter um die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Online-Enzyklopädie resigniert dann auch im Rahmen einer internen Diskussion um die Darstellung des Pseudoadels auf Wikipedia:
"Ich sehe diese Diskussion eben erst und bin erschüttert ob der Hartnäckigkeit, mit der hier wider besseres Wissen Informationen verfälscht werden. Ich habe es ebenfalls aufgegeben, gegen die aberwitzige Wiederbelebung eines "deutschen Adels" in Wikipedia vorzugehen, es hat keinen Sinn und wäre angesichts von mittlerweile abertausenden fehlerhaften Artikeln aus dem Dunstkreis des angeblichen deutschen Adels eine unstemmbare Sisyphusarbeit. So ist dann eben ein weiterer Bereich von Wikipedia in den qualitativen Niederungen des Hören-Sagens angekommen. Schade drum."
Wegen der Veröffentlichung historischer Dokumente im Streit um die Domain "schaumburg-lippe.de" auf meiner Website unter der Rubrik "Presse", bekam ich seinerzeit Post vom Niedersächsischen Landesarchiv - Staatsarchiv Bückeburg. Ohne jemals das Staatsarchiv genutzt oder von dort Dokumente bezogen zu haben, sollte ich für die halbjährliche Veröffentlichung von sechs Dokumenten - angeblich aus dem Bestand des Staatsarchivs - EUR 900,- bezahlen.
Nun muss man wissen, dass das Staatsarchiv Bückeburg als Untermieter im Schloss Bückeburg zu finden war, die streitgegenständlichen Dokumente angeblich von dort stammten und der "Schlossherr" vermutlich wenig angetan war, Dokumente aus dem Jahre 1938 im Internet veröffentlicht zu sehen, welche zu folgender Schlussfolgerung kamen:
"Damit steht fest, dass der Name "Fürst zu Schaumburg-Lippe" erloschen ist und das auch in Zukunft niemals mehr eine Person zur Führung dieses Namens berechtigt sein wird. Trotzdem fährt das Haus fort, sich als "Fürstliches Haus Schaumburg-Lippe" und seine Einrichtungen als "Fürstliche" zu bezeichnen."
Schon ein zartes Stöbern im Internet, etwa unter der Domain "schloss-bueckeburg.de", offenbart, dass sich an der vor über 70 Jahren bemängelten Grundhaltung gewisser gesellschaftlicher Kreise bis heute wenig geändert hat.
Und wer unter "Wikipedia" in die Tiefe geht, wird dort feststellen müssen, dass der "Adel" trotz seiner unzweifelhaften Abschaffung schon seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung noch im Jahre 2010 mit Erfolg sein Fortbestehen feiert.
Übrigens war sich das Amtsgericht Hannover seinerzeit nicht zu schade, die Kostenkeule gegen die Veröffentlichung der ungeliebten Korrespondenz aus den 30er Jahren in Form eines Urteils zu schwingen und mich zum Schadensersatz in voller Höhe zu verurteilen.
Dass der gesamte historische Schrifwechsel bis heute noch einsehbar ist (1, 2, 3, 4, 5, 6) haben wir der Courage der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover zu verdanken, deren Berufungsurteil zu meinen Gunsten den verlorenen Glauben in die Unabhängkeit der Justiz wieder gestärkt hat. Eine anschließend noch angestrengte Gehörsrüge durch die Niedersächsische Staatskanzlei war letztlich auch erfolglos. Zurück bleibt jedenfalls das Gefühl, dass man den Pseudoadel und dessen weitreichenden Einfluss nicht unterschätzen sollte.
Die jüngste Aufgabe tapferer Wikipedianer in einem ungleichen Kampf erinnerte mich nunmehr an meine eigenen Erfahrungen und dem geneigten wie juristisch geschultem Leser sei empfohlen, den erfolgreichen Feldzug der Ewiggestrigen im Kampf um den Erhalt ihrer verlorengeglaubten Privilegien in der Tagespresse wissend und aufmerksam zu verfolgen.
Die Presse, von der Bunten über den Spiegel bis hin zur Faz, Welt oder Bild, machen bis heute brav mit. Entweder aus Dummheit oder um das niedere Bedürfnis ihrer Leser nach Glamour zu befriedigen. Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis wird in der Presse fast ausnahmslos als Fürstin Gloria von Thurn und Taxis bezeichnet, Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe regiert fast durchgängig als Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe und Ernst August Prinz von Hannover geistert nahezu ohne Widerspruch als Prinz Ernst August durch die Medienlandschaft.
Niemand interessiert sich für die deutlichen Worte der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, geäußert im Beschluss - 1 BvR 2248/01 - vom 22. März 2004: "Mit In-Kraft-Treten der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 (RGBl S. 1383) und der Verfassung Preußens vom 30. November 1920 (Preußische Gesetzsammlung, S. 543) wurde jeweils die republikanische Staatsform eingeführt. Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 wurde aufgehoben (Art. 178 Abs. 1 WRV). Art. 81 Abs. 1 der preußischen Verfassung hob die Verfassung vom 31. Januar 1850 auf. Damit wurden gleichzeitig die Hausgesetze des ehemals regierenden Kaiser- und Königshauses in staatsrechtlicher Hinsicht gegenstandslos. Seit dem In-Kraft-Treten des Grundgesetzes steht der Wiedereinführung der Monarchie Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG entgegen."
Nach Art. 109 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung waren öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile einer Geburt oder des Standes aufzuheben. In Ausführung dieser verfassungsmäßigen Anweisung ist unter dem 30. April 1928 u.a. das schaumburg-lippische Gesetz über die Aufhebung des Standesvorrechts des Adels und die Auflösung des Hausvermögens erlassen worden, welches im wesentlichen mit dem preussischen Adelsgesetz vom 23. Juni 1920 übereinstimmte.
In Kürze: Deutschen Hochadel gibt es nicht mehr. Deutschen Adel gibt es nicht mehr. Es gibt nur noch Staatsbürger. Es gilt das Grundgesetz und bürgerliches Recht. Ehemalige Adelsprädikate sind nur noch Bestandteile des bürgerlichen Nachnamens.
Dennoch: "Bei der Prüfung von Problemen mit adelsrechtlichen Fragestellungen stellen Adelsverbände den Behörden und Gerichten kostenlos Gutachter zur Verfügung - offenbar so überzeugend, dass selbst viele Richter und Standesbeamte vergessen, dass es den Adel nicht mehr gibt." (Aristokratischer Feinsinn, SPIEGEL-online, 10. Mai 1999).
Der Kampf des Pseudoadels um seinen illegalen Fortbestand hat sich nun offenbar schwerpunktmäßig auf das Internet - insbesondere auf Wikipedia - verlagert. Ein wackerer Streiter um die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Online-Enzyklopädie resigniert dann auch im Rahmen einer internen Diskussion um die Darstellung des Pseudoadels auf Wikipedia:
"Ich sehe diese Diskussion eben erst und bin erschüttert ob der Hartnäckigkeit, mit der hier wider besseres Wissen Informationen verfälscht werden. Ich habe es ebenfalls aufgegeben, gegen die aberwitzige Wiederbelebung eines "deutschen Adels" in Wikipedia vorzugehen, es hat keinen Sinn und wäre angesichts von mittlerweile abertausenden fehlerhaften Artikeln aus dem Dunstkreis des angeblichen deutschen Adels eine unstemmbare Sisyphusarbeit. So ist dann eben ein weiterer Bereich von Wikipedia in den qualitativen Niederungen des Hören-Sagens angekommen. Schade drum."
Wegen der Veröffentlichung historischer Dokumente im Streit um die Domain "schaumburg-lippe.de" auf meiner Website unter der Rubrik "Presse", bekam ich seinerzeit Post vom Niedersächsischen Landesarchiv - Staatsarchiv Bückeburg. Ohne jemals das Staatsarchiv genutzt oder von dort Dokumente bezogen zu haben, sollte ich für die halbjährliche Veröffentlichung von sechs Dokumenten - angeblich aus dem Bestand des Staatsarchivs - EUR 900,- bezahlen.
Nun muss man wissen, dass das Staatsarchiv Bückeburg als Untermieter im Schloss Bückeburg zu finden war, die streitgegenständlichen Dokumente angeblich von dort stammten und der "Schlossherr" vermutlich wenig angetan war, Dokumente aus dem Jahre 1938 im Internet veröffentlicht zu sehen, welche zu folgender Schlussfolgerung kamen:
"Damit steht fest, dass der Name "Fürst zu Schaumburg-Lippe" erloschen ist und das auch in Zukunft niemals mehr eine Person zur Führung dieses Namens berechtigt sein wird. Trotzdem fährt das Haus fort, sich als "Fürstliches Haus Schaumburg-Lippe" und seine Einrichtungen als "Fürstliche" zu bezeichnen."
Schon ein zartes Stöbern im Internet, etwa unter der Domain "schloss-bueckeburg.de", offenbart, dass sich an der vor über 70 Jahren bemängelten Grundhaltung gewisser gesellschaftlicher Kreise bis heute wenig geändert hat.
Und wer unter "Wikipedia" in die Tiefe geht, wird dort feststellen müssen, dass der "Adel" trotz seiner unzweifelhaften Abschaffung schon seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung noch im Jahre 2010 mit Erfolg sein Fortbestehen feiert.
Übrigens war sich das Amtsgericht Hannover seinerzeit nicht zu schade, die Kostenkeule gegen die Veröffentlichung der ungeliebten Korrespondenz aus den 30er Jahren in Form eines Urteils zu schwingen und mich zum Schadensersatz in voller Höhe zu verurteilen.
Dass der gesamte historische Schrifwechsel bis heute noch einsehbar ist (1, 2, 3, 4, 5, 6) haben wir der Courage der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover zu verdanken, deren Berufungsurteil zu meinen Gunsten den verlorenen Glauben in die Unabhängkeit der Justiz wieder gestärkt hat. Eine anschließend noch angestrengte Gehörsrüge durch die Niedersächsische Staatskanzlei war letztlich auch erfolglos. Zurück bleibt jedenfalls das Gefühl, dass man den Pseudoadel und dessen weitreichenden Einfluss nicht unterschätzen sollte.
Die jüngste Aufgabe tapferer Wikipedianer in einem ungleichen Kampf erinnerte mich nunmehr an meine eigenen Erfahrungen und dem geneigten wie juristisch geschultem Leser sei empfohlen, den erfolgreichen Feldzug der Ewiggestrigen im Kampf um den Erhalt ihrer verlorengeglaubten Privilegien in der Tagespresse wissend und aufmerksam zu verfolgen.
Sonntag, 30. Mai 2010
Der böse Mann
Über ein Jahr nach der Entdeckung von Kinderpornos in seiner Wohnung wurde der ehemalige Bundestagsabgeordnete der SPD Jörg Tauss vom Landgericht Karlsruhe wegen des Verstosses gegen § 184b StGB - Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften - zu 15 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Nach Ansicht des Gerichts sei die Vorschrift des §184b Abs. 5 StGB, wonach eine Strafbarkeit wegen der Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten ausscheidet, nicht anwendbar, weil ein Bundestagsabgeordneter nicht zu dem durch die Vorschrift privilegierten Personenkreis zähle. Das Landgericht war davon überzeugt, dass der Angeklagte nicht aus Gründen der ordnungsgemäßen Erfüllung seines Mandats handelte, sondern aus privaten Gründen Kontakte zur Kinderporno-Szene hatte.
Die von Tauss angeblich angestrebten Erkenntnisse über die Verbreitung der Kinderpornographie hätten bereits vorgelegen, er habe zudem im Rahmen seiner Mandatsausübung keinen Gebrauch von seinen Erkenntnissen gemacht, sein Handeln sei zur Erreichung des angeblichen Ziels völlig ungeeignet und es sei nicht erforderlich gewesen, über zwei Jahre Kontakte zur Kinderporno-Szene aufrecht zu erhalten. Schliesslich habe Tauss niemanden über seine angeblichen Recherchen unterrichtet, obwohl dies zur eigenen Absicherung nahe gelegen hätte.
Nach Ansicht des Gerichts sei die Vorschrift des §184b Abs. 5 StGB, wonach eine Strafbarkeit wegen der Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten ausscheidet, nicht anwendbar, weil ein Bundestagsabgeordneter nicht zu dem durch die Vorschrift privilegierten Personenkreis zähle. Das Landgericht war davon überzeugt, dass der Angeklagte nicht aus Gründen der ordnungsgemäßen Erfüllung seines Mandats handelte, sondern aus privaten Gründen Kontakte zur Kinderporno-Szene hatte.
Die von Tauss angeblich angestrebten Erkenntnisse über die Verbreitung der Kinderpornographie hätten bereits vorgelegen, er habe zudem im Rahmen seiner Mandatsausübung keinen Gebrauch von seinen Erkenntnissen gemacht, sein Handeln sei zur Erreichung des angeblichen Ziels völlig ungeeignet und es sei nicht erforderlich gewesen, über zwei Jahre Kontakte zur Kinderporno-Szene aufrecht zu erhalten. Schliesslich habe Tauss niemanden über seine angeblichen Recherchen unterrichtet, obwohl dies zur eigenen Absicherung nahe gelegen hätte.
Samstag, 22. Mai 2010
Rechtsanwalt bedroht Richter am Landgericht Berlin ...
... per Schriftsatz mit dem "Aufrollen des Domainmarkts für Rechtsanwälte in der Region Hannover" durch Anmeldung der Wort-Bildmarke "Rechtsanwalt Hannover", falls das Gericht einer Klage stattgebe und wegen der Wort-Bildmarke "Berlin Apotheke" die Löschung der Domain "berlinapotheke.com" anordne. Die "Drohung" hat gewirkt: Die Domain berlinapotheke.com muss nicht gelöscht werden, die Wort-Bildmarke "Rechtsanwalt Hannover" wird nicht eingetragen und der Domainmarkt für Anwälte in Hannover bleibt friedlich.
Freitag, 21. Mai 2010
"Alles gelogen!" - Anspruch auf Unterlassung?
"Das war eine echte Schweinerei" sagte Peter Schmidt, Funktionär des Pro Generika e.V., nachdem in der "heute-show" auch die Teile des Gesprächs mit Martin Sonneborn gesendet wurden, die aus der Sicht des Pharma-Lobbyisten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Die Frage, ob der auf Sonneborns Rücken befestigte Zettel "Alles gelogen!" wörtlich aufzufassen und als falsche Tatsachenbehauptung zu Lasten des Generika-Manns zu interpretieren sei, dürfte gerichtlich nicht geklärt werden, da an einem medienwirksamen Prozess über den Inhalt dieses Interviews allseits kein Interesse bestehen sollte.
Mittwoch, 19. Mai 2010
myfab.com vs myfab.de - Landgericht Braunschweig schützt Priorität einer Domain gegenüber Firmennamen
Das Landgericht Braunschweig hat nunmehr die Begründung für die Abweisung einer Klage der Firma "Myfab" auf Löschung der Domains "myfab.de" und "my-fab.de" gegenüber einem Webdesigner mit einem ausführlichen Urteil vorgelegt.
Mit dem Vertrieb von Design-Möbeln aus China über das Internet mittels der Domain "Myfab.com" hatte sich die Klägerin einen Namen gemacht und mahnte bald darauf einen Webdesigner ab, zu ihren Gunsten in die Löschung der Domains "www.myfab.de" und "www.my-fab.de" einzuwilligen.
Dabei betrachtete Myfab zunächst die Registrierung der streitgegenständlichen de-Domains für rechtsmissbräuchlich. Nachdem ihr im Prozess ein zeitlich vor ihrer Gründung und Gründung der Muttergesellschaft liegender Registrierungszeitraum mitgeteilt worden ist, hielt Myfab dann selbst das Halten der begehrten Domains für rechtsmissbräuchlich.
Weil jedoch der verklagte Webdesigner die Domains zeitlich deutlich vor der Gründung der Klägerin und deren Muttergesellschaft auf sich registriert hatte, liess sein Verhalten erkennbar nicht auf eine Absicht schließen, aus der Inhaberschaft der Domains rechtsmissbräuchlich vermögensrechtliche Vorteile zu erlangen.
Der beklagte Designer hatte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits Zeit und Aufwand investiert, um sein Projekt zum 3D-Druck unter den auf ihn registrierten Domains vorauszutreiben und umzusetzen. Dieses Interesse betrachtete das Landgericht Braunschweig letztlich als schützenswert.
Weil Myfab die von ihr eingeholte DENIC-Auskunft über die Registrierung der streitgegenständlichen Domains nicht zutreffend gelesen, das letzte Änderungsdatum der Datenbank als Registrierungszeitpunkt aufgefasst hatte und sich sorgfaltswidrig nicht die sogenannte History der Domain-Registrierungen zeigen liess, hat das Landgericht die Klage auf Löschung der Domains nicht nur abgewiesen, sondern Myfab auch dazu verpflichtet, dem beklagten Webdesigner die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes zur außergerichtlichen Abwehr der von Myfab geltend gemachten Ansprüche zu ersetzen.
Das Urteil im Volltext: http://www.rechtsanwaltmoebius.de/urteile/lg-braunschweig_urteil_9-O-2367-09_myfab.pdf
Jörg Tauss und § 184b Absatz 5 StGB
Über ein Jahr nach der Entdeckung von Kinderpornos in seiner Wohnung hat der ehemalige Bundestagsabgeordnete der SPD Jörg Tauss vor Gericht verneint, gegen folgende Vorschrift des Strafgesetzbuches verstossen zu haben:
§ 184b StGB Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften
(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),
1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und die kinderpornographischen Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
(4) Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.
(5) Die Absätze 2 und 4 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen.
(6) In den Fällen des Absatzes 3 ist § 73d anzuwenden. Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 oder Absatz 4 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.
Unter dem Pseudonym "Werner" hat Jörg Tauss zwischen Mai 2007 und Januar 2009 über sein Handy Kontakt zu zahlreichen Personen aus der Kinderporno-Szene unterhalten, sich Bild- und Videomaterial beschafft und dies in einigen Fällen auch an Dritte weitergegeben.
Die zu klärende Frage ist, ob das Verhalten von Jörg Tauss ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten als Mitglied des Bundestags und Internetexperte der SPD-Fraktion diente.
§ 184b StGB Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften
(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),
1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und die kinderpornographischen Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
(4) Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.
(5) Die Absätze 2 und 4 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen.
(6) In den Fällen des Absatzes 3 ist § 73d anzuwenden. Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 oder Absatz 4 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.
Unter dem Pseudonym "Werner" hat Jörg Tauss zwischen Mai 2007 und Januar 2009 über sein Handy Kontakt zu zahlreichen Personen aus der Kinderporno-Szene unterhalten, sich Bild- und Videomaterial beschafft und dies in einigen Fällen auch an Dritte weitergegeben.
Die zu klärende Frage ist, ob das Verhalten von Jörg Tauss ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten als Mitglied des Bundestags und Internetexperte der SPD-Fraktion diente.
Dienstag, 18. Mai 2010
U.S. Supreme Court erklärt bei Nichttötungsdelikten die lebenslange Freiheitsstrafe ohne Bewährungsmöglichkeit für Jugendliche als verfassungswidrig
In dem Rechtsstreit Graham v. Florida hat der U.S. Supreme Court am Montag den 17.05.2010 die lebenslange Freiheitsstrafe ohne Bewährungsmöglichkeit für Jugendliche bei Nichttötungsdelikten als Verstoß gegen den achten Grundsatz der U.S.-Verfassung bezeichnet, der grausame und unverhältnismäßige Strafen verbietet:
"Excessive bail shall not be required, nor excessive fines imposed, nor cruel and unusual punishments inflicted."
Tötungsdelikte können auch bei Jugendlichen weiter mit lebenslanger Freiheitsstrafe ohne Bewährungsmöglichkeit geahndet werden. EA8TRBYJ2DAW
"Excessive bail shall not be required, nor excessive fines imposed, nor cruel and unusual punishments inflicted."
Tötungsdelikte können auch bei Jugendlichen weiter mit lebenslanger Freiheitsstrafe ohne Bewährungsmöglichkeit geahndet werden. EA8TRBYJ2DAW
Montag, 17. Mai 2010
SS - Schriftsatz oder Schutzstaffel
Seit Jahren bin ich Mitglied einer Mailing-Liste für Rechtsanwälte, in der man sich gegenseitig auf Fragen antwortet oder auch um Terminsvertretungen bittet.
Am Wochenende las ich auf die Frage einer Kollegin mit dem Betreffzeile "VerwR: Formalien in SS" als Antwort sinngemäß folgendes.
"Sehr geehrte Frau xxxxxxxxx,
ich habe nur wenig Verständnis dafür, dass hier jeder mit selbst erfundenen Abkürzungen versucht, einen Sekundenbruchteil Zeit zu sparen.
Aber ein "SS" als Abkürzung, da hört sich doch alles auf, das kann ich nicht akzeptieren. Bürointern mag das ja zulässig sein, aber bitte nicht hier auf einer halb öffentlichen Liste."
Es scheint, als sei die Zeichenfolge "SS" für alle Zeiten von der Schutzstaffel der NSDAP derart vereinnahmt, dass es keine Möglichkeit der unbefangenen Benutzung der Abkürzung "SS" mehr gibt.
Für Juristen bietet es sich an, das Wort "Schriftsatz" mit den Buchstaben "SS" abzukürzen und zwar mit jeweils grossen Buchstaben. Es ist schlicht einfacher, mit dem Finger zweimal auf das "s" zu hauen und dabei die Shift-Taste gedrückt zu halten, als diese gleich nach dem ersten "S" wieder loszulassen.
Bei mir bekommen alle gerichtlichen Eingaben am Ende des Dateinamens ein "SS" für "Schriftsatz", verbunden mit einer Nummer. Die aussergerichtliche Korrespondenz wird mit einem einfachen "S" für "Schreiben", ergänzt um eine Nummer, gekennzeichnet. Je nach Verfahrensstand lautet die Bezeichnung daher etwa "Meyer-Mueller_SS1" oder auch "Meyer-Mueller_S3"
Derartige Dateien werden so bezeichnet auch per E-Mail an Kollegen oder Mandanten verschickt, ohne dass dies jemals beanstandet wurde.
Es wäre mir auch egal. Ich würde der untergegangenen Schutzstaffel der NSDAP keinerlei Einfluß auf die bürointerne Ordnung oder meine Arbeitsökonomie gestatten.
Am Wochenende las ich auf die Frage einer Kollegin mit dem Betreffzeile "VerwR: Formalien in SS" als Antwort sinngemäß folgendes.
"Sehr geehrte Frau xxxxxxxxx,
ich habe nur wenig Verständnis dafür, dass hier jeder mit selbst erfundenen Abkürzungen versucht, einen Sekundenbruchteil Zeit zu sparen.
Aber ein "SS" als Abkürzung, da hört sich doch alles auf, das kann ich nicht akzeptieren. Bürointern mag das ja zulässig sein, aber bitte nicht hier auf einer halb öffentlichen Liste."
Es scheint, als sei die Zeichenfolge "SS" für alle Zeiten von der Schutzstaffel der NSDAP derart vereinnahmt, dass es keine Möglichkeit der unbefangenen Benutzung der Abkürzung "SS" mehr gibt.
Für Juristen bietet es sich an, das Wort "Schriftsatz" mit den Buchstaben "SS" abzukürzen und zwar mit jeweils grossen Buchstaben. Es ist schlicht einfacher, mit dem Finger zweimal auf das "s" zu hauen und dabei die Shift-Taste gedrückt zu halten, als diese gleich nach dem ersten "S" wieder loszulassen.
Bei mir bekommen alle gerichtlichen Eingaben am Ende des Dateinamens ein "SS" für "Schriftsatz", verbunden mit einer Nummer. Die aussergerichtliche Korrespondenz wird mit einem einfachen "S" für "Schreiben", ergänzt um eine Nummer, gekennzeichnet. Je nach Verfahrensstand lautet die Bezeichnung daher etwa "Meyer-Mueller_SS1" oder auch "Meyer-Mueller_S3"
Derartige Dateien werden so bezeichnet auch per E-Mail an Kollegen oder Mandanten verschickt, ohne dass dies jemals beanstandet wurde.
Es wäre mir auch egal. Ich würde der untergegangenen Schutzstaffel der NSDAP keinerlei Einfluß auf die bürointerne Ordnung oder meine Arbeitsökonomie gestatten.
Freitag, 14. Mai 2010
Debauchery - Sittenverfall in deutschen Klassenzimmern?
Debauchery ist der englischen Spache entliehen und bedeutet je nach Kontext etwa Ausschweifung, Sittenverfall oder auch Verkommenheit. Ein passender Name für seine Death Metal Band, dachte sich Thomas Gurrath, bis vor kurzem noch staatlich alimentierter Lehramtsanwärter am Hegel-Gymnasium in Rohr im Schwabenland.
Dem von ihm musikalisch bearbeiteten Stil entsprechend sind natürlich auch Texte, Musikvideos und begleitende Fotos zum künstlerischen Gesamtwerk thematisch einschlägig. Sie handeln von Tod, Gewalt und Sex. Wäre dies anders, hätte der wissenschaftlich vorgebildete Sänger im Hinblick auf die gewünschte Ausdruckskraft sicherlich das Thema verfehlt - ein fachlich vernichtendes Urteil für einen angehenden Lehrer.
Als Musiker das Thema verfehlt zu haben war allerdings nicht der Vorwurf gegenüber Gurrath. Vielmehr führte die Angst vor drohendem lehrerseitig verordneten Sittenverfall an deutschen Schulen seitens der Schulbehörde dazu, dem Leadsänger von Debauchery mit Erfolg das Ende seiner bürgerlichen Karriere als Lehrer nahe zu legen.
Barbara Graf, Schuldirektorin am Hegel-Gymnasium in Rohr: "Die Texte und Videos, die Folterszenen und Pornografisches zeigen, sind ein Aufruf zur Gewalt. Menschenrechte werden mit Füßen getreten."
Eine kühne These, deren Wahrheitsgehalt sich angesichts der massenhaften Missbrauchsfälle an kirchlichen Schulen in Deutschland zu bestätigen scheint. Denn eine Umfrage bei allen 27 deutschen Bistümern hat ergeben, dass schon dort seit 1995 mindestens 94 Kleriker und Laien unter Missbrauchsverdacht geraten sind. Dreissig Lehrende wurden juristisch belangt und verurteilt. Eine hohe Dunkelzifer ist zu vermuten.
Der These der vorausschauenden Direktorin folgend, könnten die in kirchlichen Schulen weitverbreiteten Kreuze - als Symbol für die qualvolle Hinrichtung Jesu Christi und eng mit dem Thema Schuld und Sühne verbunden - von den Lehrenden als Aufruf zur Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen verstanden worden sein. Sexueller Missbrauch als lebenslange Kreuzigung. Das Kreuz als Mordwerkzeug strahlt eben ab.
Angesichts der Tatsache, dass Herr Gurrath jedoch nie kunstblutverschmiert und mit Kettensäge im Unterricht erschienen ist, bleibt allerdings die Frage offen, welche juristische Überlegung der Schulbehörde dazu diente, das künstlerische Privatleben des Death-Metal-Anhängers zur Grundlage seines beruflichen Ausscheidens zu machen.
Dem von ihm musikalisch bearbeiteten Stil entsprechend sind natürlich auch Texte, Musikvideos und begleitende Fotos zum künstlerischen Gesamtwerk thematisch einschlägig. Sie handeln von Tod, Gewalt und Sex. Wäre dies anders, hätte der wissenschaftlich vorgebildete Sänger im Hinblick auf die gewünschte Ausdruckskraft sicherlich das Thema verfehlt - ein fachlich vernichtendes Urteil für einen angehenden Lehrer.
Als Musiker das Thema verfehlt zu haben war allerdings nicht der Vorwurf gegenüber Gurrath. Vielmehr führte die Angst vor drohendem lehrerseitig verordneten Sittenverfall an deutschen Schulen seitens der Schulbehörde dazu, dem Leadsänger von Debauchery mit Erfolg das Ende seiner bürgerlichen Karriere als Lehrer nahe zu legen.
Barbara Graf, Schuldirektorin am Hegel-Gymnasium in Rohr: "Die Texte und Videos, die Folterszenen und Pornografisches zeigen, sind ein Aufruf zur Gewalt. Menschenrechte werden mit Füßen getreten."
Eine kühne These, deren Wahrheitsgehalt sich angesichts der massenhaften Missbrauchsfälle an kirchlichen Schulen in Deutschland zu bestätigen scheint. Denn eine Umfrage bei allen 27 deutschen Bistümern hat ergeben, dass schon dort seit 1995 mindestens 94 Kleriker und Laien unter Missbrauchsverdacht geraten sind. Dreissig Lehrende wurden juristisch belangt und verurteilt. Eine hohe Dunkelzifer ist zu vermuten.
Der These der vorausschauenden Direktorin folgend, könnten die in kirchlichen Schulen weitverbreiteten Kreuze - als Symbol für die qualvolle Hinrichtung Jesu Christi und eng mit dem Thema Schuld und Sühne verbunden - von den Lehrenden als Aufruf zur Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen verstanden worden sein. Sexueller Missbrauch als lebenslange Kreuzigung. Das Kreuz als Mordwerkzeug strahlt eben ab.
Angesichts der Tatsache, dass Herr Gurrath jedoch nie kunstblutverschmiert und mit Kettensäge im Unterricht erschienen ist, bleibt allerdings die Frage offen, welche juristische Überlegung der Schulbehörde dazu diente, das künstlerische Privatleben des Death-Metal-Anhängers zur Grundlage seines beruflichen Ausscheidens zu machen.
Dienstag, 4. Mai 2010
berlinapotheke.com - Markenrecht auf Abwegen
Wirklich lachen kann natürlich keiner, wenn er verklagt wird. Ab und an kann ich jedoch wenigstens ein hoffnungsfrohes Lächeln über die Telefonleitung spüren, wenn ich einem Mandanten versichere, dass er trotz einer Klage keinen Grund hätte, sich das Wochenende verderben zu lassen. Über einen solchen Fall im Markenrecht möchte ich hier kurz berichten.
Unter Domainliebhabern und Markenfreunden ist hinlänglich bekannt, dass man mit einer Domain, die einem Gattungsbegriff entspricht, viel Freude haben kann - weil Angriffe von Kennzeicheninhabern in der Regel gar nicht erst erfolgen - und dass aus Gattungsbegriffen gebildete Marken in der Regel beim Deutschen Patent- und Markenamt "DPMA" schwerlich angemeldet werden können; jedenfalls dann, wenn die Marke den angestrebten Waren- und/oder Dienstleistungsbereich beschreibt.
Unter Domainliebhabern und Markenfreunden ist hinlänglich bekannt, dass man mit einer Domain, die einem Gattungsbegriff entspricht, viel Freude haben kann - weil Angriffe von Kennzeicheninhabern in der Regel gar nicht erst erfolgen - und dass aus Gattungsbegriffen gebildete Marken in der Regel beim Deutschen Patent- und Markenamt "DPMA" schwerlich angemeldet werden können; jedenfalls dann, wenn die Marke den angestrebten Waren- und/oder Dienstleistungsbereich beschreibt.
Ich war daher erstaunt und natürlich auch erfreut, als mir ein Mandant eine Abmahnung wegen seiner Domain berlinapotheke.com präsentierte. Da war es doch einem Markenfreund gelungen, die unten abgebildete deutsche Wort-Bildmarke "Berlin Apotheke" für die Dienstleistungen eines Apothekers, pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheits-pflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide und Herbizide eintragen zu lassen.
Noch besser war allerdings die Idee, beim Amt der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern die Gemeinschaftsmarke "Berlin Apotheke" wie folgt
Noch besser war allerdings die Idee, beim Amt der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern die Gemeinschaftsmarke "Berlin Apotheke" wie folgt
für die Dienstleistungen eines Apothekers, Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen, Gesundheitsberatung, Beratungen in der Pharmazie, Dienstleistungen eines medizinischen Labors, Dienstleistungen eines chemischen Labors, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, Arzneimittel für tierärztliche Zwecke, Arzneimittel für zahnärztliche Zwecke, chemische Präparate für medizinische Zwecke, chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke, chemische Präparate für veterinärmedizinische Zwecke, chemische Reagenzien für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke, chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Kapseln für medizinische Zwecke; Tinkturen für medizinische Zwecke; Arzneimittel als Teile eines Sets, pharmazeutische Präparate, pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmittel, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide, Behälter zur Verabreichung von Arzneimitteln und Analysegeräte für medizinische Zwecke zu registrieren.
Daher kann ich dem Markeninhaber auch nicht verübeln, in einer Art markenrechtlichem Größenwahn auch noch zu versuchen, die Domain berlinapotheke.com mittels Löschungsantrag vor Gericht zu erobern. Ich habe jedoch das Gefühl, dass das Landgericht Berlin in der kommenden mündlichen Verhandlung dem Machtanspruch des Berliner Apothekers ganz entschieden entgegentreten wird und ihm das mit gerichtlicher Hilfe angestrebte Husarenstück der virtuellen Weltherrschaft über die Berliner Apotheken nicht gelingen wird.
Daher kann ich dem Markeninhaber auch nicht verübeln, in einer Art markenrechtlichem Größenwahn auch noch zu versuchen, die Domain berlinapotheke.com mittels Löschungsantrag vor Gericht zu erobern. Ich habe jedoch das Gefühl, dass das Landgericht Berlin in der kommenden mündlichen Verhandlung dem Machtanspruch des Berliner Apothekers ganz entschieden entgegentreten wird und ihm das mit gerichtlicher Hilfe angestrebte Husarenstück der virtuellen Weltherrschaft über die Berliner Apotheken nicht gelingen wird.
Mittwoch, 28. April 2010
myfab.com vs myfab.de - Möbelversand verliert Prozess und muss auch Kosten wegen unberechtigter Abmahnung übernehmen
Braunschweig, 28.04.2010. Das Start-up MyFab provozierte mit einer Abmahnung gegen einen Webdesigner auf Löschung der Domains myfab.de und my-fab.de erfolgreichen Widerstand. Es behauptete auch in der folgenden Klage, Opfer eines Domain-Grabbers geworden zu sein, der die Domains lediglich zu Sperrzwecken und in der Absicht registriert habe, sie sich von MyFab abkaufen zu lassen.
Das Konzept von MyFab.com ist einfach. Designmöbel werden zu Niedrigpreisen angeboten. Ein Ledersofa im Bauhausstil mit der "unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers" von 5.000 Euro, wird für 999 Euro angeboten. Möglich ist dies, weil keine Margen für Großhändler und Möbelhäuser anfallen und der Kunde seine Waren im Internet bestellt und per Containerschiff aus China nach Hause geliefert bekommt.
Im Zuge des Versuchs, die Domains myfab.de und my-fab.de unmittelbar nach Gründung der MyFab Deutschland GmbH zu registrieren, musste das Start-up feststellen, dass beide Domains schon registriert waren.
In seiner Klage behauptete MyFab dann, der verklagte Webdesigner habe sich die Domains im Januar 2009, ein 3/4 Jahr nachdem die MyFab-Unternehmensgruppe ihre Tätigkeit aufgenommen habe, registriert, um MyFab gezielt zu behindern. Es sei "schlicht undenkbar", dass er sich die Phantasiebezeichnung "myfab" zufällig selbst ausgedacht hätte. Vorgerichtlich wurde sogar angedroht, den Webdesigner als Domaininhaber für sämtliche Umsatzausfälle, die MyFab aufgrund der "Blockade" entstünden, haftbar zu machen, wenn er die Domains nicht freiwillig aufgeben würde.
Allerdings konnte der angebliche Domain-Grabber schon mit der Klageerwiderung durch Vorlage einer DENIC-Auskunft zweifelsfrei nachweisen, dass er die Domains bereits im Mai 2007 für sich reserviert hatte und damit sogar noch Monate vor Gründung der französischen Muttergesellschaft tätig geworden ist.
Der Beklagte ist als freier Mitarbeiter zweier Werbeagenturen in Hannover für den Bereich Webdesign, Domainregistrierung, Markendesign, und Datenbankerstellung verantwortlich und betreibt zusammen mit seinen Arbeitgebern unter myfab.de ein Informationsportal zur digitalen Heimfabrikation.
Das Konzept der Heimfabrikation durch „Personal Fabricator“, kurz „Fabber“ genannt, hatte den Webdesigner begeistert und zur Registrierung der Domains myfab.de und my-fab.de wegen der Planung eines Portals geführt, welches wegen seines Studienabschlusses zum Zeitpunkt der Abmahnung aber noch nicht fertig war.
"Ich war von der Idee der Fabber fasziniert, weil derartige 3D-Drucker im Gegensatz zu Standard-Papierdruckern reale und benutzbare Gegenstände ausdrucken können. Aus meiner Sicht eine kleine Revolution, die wir unter einem Portal darstellen möchten. Die Registrierung einer schlagkräftigen Domain wie myfab.de lag insoweit natürlich nah", erläuterte der verklagte Webdesigner aus Laatzen bei Hannover.
Wegen der offensichtlich falschen Abmahnung durch MyFab verlangte er dann im Wege der Widerklage seinerseits Schadensersatz für die ihm bei seinem Rechtsanwalt entstandenen Kosten. Hierzu äußert sich der Vertreter des angeblichen Domain-Grabbers, Fachanwalt für IT-Recht Ralf Möbius: "Eine bloße Unterstellung einer Namens- oder Markenrechtsverletzung ohne fachgerechte Prüfung der Priorität einer Domainregistrierung ist geradezu vorsätzlich rechtsverletzend und muss zum Ersatz der durch dieses Verhalten bei dem Beklagten entstandenen Kosten führen".
Ein Vertrauensmoment zugunsten von MyFab hatte nicht vorgelegen, da die Domains myfab.de und my-fab.de erkennbar bereits vor Gründung der französischen Muttergesellschaft von MyFab durch den beklagten Webdesigner registriert wurden und der Bundesgerichtshof einen solchen Umstand schon vor Abfassung der Abmahnung als regelmäßig beachtlich eingestuft hatte.
Denn spätestens seit der Entscheidung des BGH mit Urteil vom 24.04.2008, Az. I ZR 159/05 - "afilias.de“, verletzt ein Nichtberechtigter, für den ein Zeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain ".de" registriert ist, das Namens- oder Kennzeichenrecht desjenigen, der an einem identischen Zeichen ein Namens- oder Kennzeichenrecht hat, grundsätzlich nicht, wenn das Namens- oder Kennzeichenrecht des Berechtigten erst nach der Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten entstanden ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 09.09.2004 – I ZR 65/02, GRUR 2005, 430 = WRP 2005, 488 – „mho.de“).
Schliesslich wurde diese Rechtsprechung vom BGH, Urteil vom 19.02.2009 - I ZR 135/06 - "ahd.de", noch einmal bestätigt. Eine Rechtsverletzung durch Domainregistrierung liegt nämlich nicht vor, wenn ein der Domain entsprechendes Unternehmenskennzeichen erst nach der Registrierung der Domain in Gebrauch genommen wird und für den Domaininhaber zum Registrierungszeitpunkt kein besonderes Interesse eines bestimmten Unternehmens erkennbar war, gerade jene dieser Geschäftsbezeichnung entsprechende Domain zu verwenden.
Diesen Umstand hatte MyFab weder zum Zeitpunkt der Abfassung der Abmahnung noch zum Zeitpunkt der Klagerhebung beachtet, da MyFab von einem ganz anderen Datum der Registrierung der streitgegenständlichen Domains ausging, obwohl es ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, neben der Stellung von einem Dispute-Eintrag bei der DENIC auch eine History bezüglich der streitbefangenen Domains bei der DENIC anzufordern.
Folgerichtig wurde die Klage des Möbel-Start-up-Unternehmens MyFab gegen den Webdesigner auf Löschung der Domains myfab.de und my-fab.de nicht nur abgewiesen, sondern der Chinamöbel-Versand wegen der unberechtigten Abmahnung sogar zur Übernahme der dem Webdesigner im Rahmen der vorgerichtlichen Korrespondenz durch seinen Anwalt entstandenen Kosten verurteilt.
Das Urteil des Landgerichts Braunschweig zum Az. 9 O 2367/09 liegt noch nicht mit Begründung vor. *Update* jetzt hier verfügbar: myfab
Dienstag, 20. April 2010
Beim Bund ist alles doof
Unter der Überschrift "Linken-Abgeordnete verhöhnt unsere Soldaten" resümiert die BILD-Zeitung am 20.04.2010 zu dem obenstehend abgebildeten Plakat der Linksjugend folgendes:
"Besonders vor dem Hintergrund der Opfer, die auf deutscher Seite in diesen Tagen zu beklagen sind, kann die Kampagne der Linken gegen die Bundeswehr nur als widerwärtig bezeichnet werden.“
Wie die BILD-Zeitung berichtet, soll der Kollege Rechtsanwalt Marco Buschmann, FDP-Bundestagsabgeordneter und nach Angaben der "BILD" auch Rechtsexperte, die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Yvonne Ploetz, aufgefordert haben, das an der Tür ihres Abgeordnetenbüros aufgehängte Plakat sofort zu entfernen. „Es ist unerhört, dieses geschmacklose Plakat in den Räumen des Bundestages aufzuhängen“, soll der Kollege Buschmann zu "BILD" gesagt haben.
Wenn man unterstellt, dass die Bundestagabgeordnete Yvonne Ploetz das Plakat aufgehängt hat, um ihre Meinung "Beim Bund ist alles doof" kundzutun, so dürfte dies ohne Zweifel auch und gerade für Bundestagsabgeordnete eine zulässige Form der Meinungsäußerung sein.
Wenn man weiter annimmt, dass mindestens die Textteile "Wüste doof" und "gesprengt werden doof" einen konkreten Anhaltspunkt für die Meinung darstellen, die "Bundeswehr in Afghanistan ist doof" - etwa weil neben vielen zivilen und anderen militärischen Opfern in Afghanistan auch schon über 50 Bundeswehrsoldaten ums Leben gekommen sind -, so verdeutlicht auch dieser Ansatz doch wohl nur die Diskussionswürdigkeit der These "Beim Bund ist alles doof", als die eher einfältige Annahme, das Aufhängen eines solchen Plakates stelle eine "unerträgliche Verhöhnung der ISAF-Soldaten" (so laut BILD der saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Funk) dar.
Gerade als Anwalt und sogenannter Rechtsexperte sollte man doch in der Lage sein, sich differenzierter mit der Meinung anderer Abgeordneter auseinanderzusetzen, als die unter Parlamentariern tatsächlich "unerträgliche" Forderung zu erheben, die Kundgabe einer freien Meinung sofort zu unterlassen.
Alles in allem eine schöne Gelegenheit, Artikel 38 Abs. 1 unseres Grundgesetzes für all diejenigen Experten zu zitieren, die mit dem Begriff Meinungsfreiheit wenig und dem sogenannten Grundsatz eines freien Mandats von Bundestagsabgeordneten noch weniger anfangen können:
"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."
"Besonders vor dem Hintergrund der Opfer, die auf deutscher Seite in diesen Tagen zu beklagen sind, kann die Kampagne der Linken gegen die Bundeswehr nur als widerwärtig bezeichnet werden.“
Wie die BILD-Zeitung berichtet, soll der Kollege Rechtsanwalt Marco Buschmann, FDP-Bundestagsabgeordneter und nach Angaben der "BILD" auch Rechtsexperte, die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Yvonne Ploetz, aufgefordert haben, das an der Tür ihres Abgeordnetenbüros aufgehängte Plakat sofort zu entfernen. „Es ist unerhört, dieses geschmacklose Plakat in den Räumen des Bundestages aufzuhängen“, soll der Kollege Buschmann zu "BILD" gesagt haben.
Wenn man unterstellt, dass die Bundestagabgeordnete Yvonne Ploetz das Plakat aufgehängt hat, um ihre Meinung "Beim Bund ist alles doof" kundzutun, so dürfte dies ohne Zweifel auch und gerade für Bundestagsabgeordnete eine zulässige Form der Meinungsäußerung sein.
Wenn man weiter annimmt, dass mindestens die Textteile "Wüste doof" und "gesprengt werden doof" einen konkreten Anhaltspunkt für die Meinung darstellen, die "Bundeswehr in Afghanistan ist doof" - etwa weil neben vielen zivilen und anderen militärischen Opfern in Afghanistan auch schon über 50 Bundeswehrsoldaten ums Leben gekommen sind -, so verdeutlicht auch dieser Ansatz doch wohl nur die Diskussionswürdigkeit der These "Beim Bund ist alles doof", als die eher einfältige Annahme, das Aufhängen eines solchen Plakates stelle eine "unerträgliche Verhöhnung der ISAF-Soldaten" (so laut BILD der saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Funk) dar.
Gerade als Anwalt und sogenannter Rechtsexperte sollte man doch in der Lage sein, sich differenzierter mit der Meinung anderer Abgeordneter auseinanderzusetzen, als die unter Parlamentariern tatsächlich "unerträgliche" Forderung zu erheben, die Kundgabe einer freien Meinung sofort zu unterlassen.
Alles in allem eine schöne Gelegenheit, Artikel 38 Abs. 1 unseres Grundgesetzes für all diejenigen Experten zu zitieren, die mit dem Begriff Meinungsfreiheit wenig und dem sogenannten Grundsatz eines freien Mandats von Bundestagsabgeordneten noch weniger anfangen können:
"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."
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