Dienstag, 28. Februar 2017

Gegen die Verrichtung der männlichen Notdurft in Frauenmünder


möchte sich der "Frauenpolitischer Rat Land Brandenburg e.V." zwar nicht grundsätzlich wenden, allerdings sieht dieser Zusammenschluss von derzeit zwanzig Frauenverbänden, -organisationen, -vereinen sowie Frauengruppen der Gewerkschaften, Kirchen und Parteien im Land Brandenburg es nicht gerne, wenn die Pissoirs des Potsdamer Eventcenters Pirschheide in Form eines offenen Mundes mit knallroten Lippen gestaltet sind.

Das von der holländischen Designerin Meike van Schijndel gestaltete Pissoir "Kisses" gab schon des öfteren Anlaß für Widerstand von Frauenrechtlerinnen und so schlägt auch der Frauenpolitische Rat mit folgender Begründung vor, die anstößigen Urinale schnellstmöglich zu entfernen: "an einem öffentlichen Ort damit zu kokettieren, dass bereitwillig aufgesperrte Frauenmünder jederzeit für die Verrichtung der männlichen Notdurft bereitstehen ist bestenfalls gedankenlos, schlimmstenfalls frauenverachtend."

Nun ist es in aufgeklärten Gesellschaften kein weibliches Privileg Lippenstift zu benutzen oder Männerurin zu trinken und bei allem Verständnis für den Kampf um die Gleichberechtigung der Frau sollte dieser nicht mit einem geradezu homophoben Selbstverständnis ausgefochten werden. Denn tatsächlich handelt es sich bei dem Pissoir nicht um einen Frauenmund, sondern schlicht um einen Mund mit roten Lippen, dessen einengende Interpretation als weiblicher Mund bestenfalls gedankenlos ist und schlimmstenfalls einem chauvinistischen Weltbild entspringt, welches einem Verein unwürdig ist, der sich zum Ziel gemacht hat, die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung von Frauen und Männern auf allen Ebenen der Gesellschaft zu fordern und zu fördern.

Sonntag, 26. Februar 2017

Reichsbürger und Kettensäge

Das sind zwei Schlagworte, deren gemeinsame Nennung die Fantasie ungemein beflügelt und vor dem geistigen Auge des Lesers mag ein mit einer Kettensäge bewaffneter Reichsbürger die Treppen eines Amtsgerichts erstürmen. Die Realität sieht allerdings anders aus, denn am Donnerstag vergangener Woche wurden einem Reichsbürger, der sich selbst als König von Preußen und Angehöriger des Staates Germanitien sieht, mit einer Kettensäge fast beide Unterarme durchtrennt. Hintergrund des blutigen Geschehens soll die Weigerung des Reichsbürgers gewesen sein, seine bereits seit Dezember 2015 rechtskräftig versteigerte Immobilie zu verlassen und sie dem neuen Eigentümer zu übergeben. Der König selbst hatte wohl zur Verteidigung seines Besitzes anlässlich von Demontagearbeiten an einem Zaun zu einem Schlagwerkzeug gegriffen und ist dabei schwer verletzt worden.

Mit dieser spektakulären Eskalation ist der Reichsbürger als solches nun auch in der trash-affinen Mitte der Gesellschaft angekommen, die von der an Behörden und Justiz gerichteten Publikation "Reichsbürger - Ein Handbuch" und der dort behandelten Ideologie bislang noch nicht all zuviel mitbekommen haben dürfte. Denn ein Bedürfnis zur Erläuterung von Grundregeln für den richtigen Umgang mit Reichsbürgern hatte sich bislang nur bei Gerichten und Ämtern entwickelt, die sich mit den Argumenten der staatsverdrossenen Zeitgenossen schon länger herumschlagen müssen. Auch die Reichsbürgerbewegung selbst dürfte durch den Aufsehen erregenden Zwischenfall neuen Zulauf erfahren.

Donnerstag, 23. Februar 2017

Facebook: Landgericht Hamburg stoppt erneut Pariser Hassgruppenführer

Wieder einmal musste das Landgericht Hamburg dem in Frankreich lebenden Anführer einer deutschsprachigen Hassgruppe verbieten, einen in Deutschland lebenden Hauschef einer französischen Familie mit adliger Herkunft auf Facebook mit Hasstiraden zu beleidigen. Mit dem Urteil vom 12.01.2017 zum Az.: 324 O 713/16 bestätigte das Landgericht Hamburg auch seine Rechtsprechung im Hinblick auf die Zuständigkeit für aus dem Ausland begangene Rechtsverletzungen auf Facebook, die sich an ein deutsches Publikum wenden.

Schon mit Beschluss vom 03.01.2013 zum Az.: 324 O 701/12 wurde die aus Frankreich heraus organisierte Hetze durch das Landgericht Hamburg unterbunden, als ein in Deutschland lebender Bundesbürger, der dem ehemaligen deutschen Adel zuzurechnen ist, auf Facebook mit dem vergleichsweise harmlosen Schimpfwort "Vollidiot" belegt wurde. Als ein Sammelbecken unterbeschäftigter Zeitgenossen fungiert dabei die aus Frankreich heraus gesteuerte Hassgruppe "Fakebook of False Nobility and other Fantasy People and Organizations" als virtuelle Zuflucht einer Scheinelite, die der tristen Einöde ihres Alltagslebens zu entfliehen versucht, indem sie digital auf Andersdenkende einschlägt.

Doch nicht nur Facebook ist ein beliebter Tummelplatz für Ewiggestrige und ihre Leibeigenen, wie sich der weitgehend unbekannten Website fake-gotha.eu entnehmen lässt. Die rechtswidrige Diffamierung und Herabsetzung Dritter in solch virtuellen Gruppen dient dabei regelmäßig nur der eigenen Aufwertung, um aktiv gegen eine Bedeutungslosigkeit anzukämpfen, die man aus eigener Sicht nicht verdient hat. Der verhallende Ruf nach gesellschaftlicher Anerkennung reicht schlicht nicht mehr aus, so dass mit der Abwertung von Dritten, denen man sich überlegen glaubt, wenigstens teilweise die Kompensation schmerzlich gefühlter Nichtbeachtung erreicht werden soll.

Allein die zeitintensive Beschäftigung mit der selbst gebastelten Wahnwelt zeigt, dass dieser Glaube gerade nicht aus der selbst gewählten Sackgasse zu höheren Weihen führt, sondern das Verharren in der Vergangenheit lediglich zementiert. Wie bei Querulanten üblich, werden unbequeme Gerichtsurteile natürlich nicht akzeptiert sondern stets als rechtswidrig deklariert. Ehrensache, dass die angeblich überlegene Position vor Gericht gar nicht erst verteidigt wird, weil man sich insgeheim längst eingestanden hat, auf verlorenem Posten mit dem Säbel zu rasseln.

Mittwoch, 22. Februar 2017

18 Monate Haft für Totschlag

Ein Militärgericht in Tel Aviv hatte gestern diese Strafmaß für den im Januar verurteilten Soldaten Elor Asaria bekannt gegeben. Er hatte als Militärsanitäter am 24. März 2016 einen kampfunfähigen Attentäter mit einem gezielten Kopfschuss getötet. Der zunächst nur angeschossene Palästinenser Abdel Fattah al-Sharif hatte zuvor einen anderen Soldaten mit einem Messer angegriffen und dabei leicht verletzt. Ausführliche Kommentare zu dem ausgeurteilten Strafmaß finden sich in der deutschen Presselandschaft nicht. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung verzichtet auf eine Wertung, die Süddeutsche Zeitung titelt "Mildes Strafmaß" und auch der SPIEGEL spricht nur davon, dass der Staat "mildes Recht" gesprochen habe.

Die Höchststrafe für das Verbrechen soll in Israel bei 20 Jahren Haft liegen und selbst die Militärstaatsanwaltschaft hatte drei bis fünf Jahre Haft gefordert. Angesichts der Tatumstände, die sich zum großen Teil dem Video entnehmen lassen, scheinen 18 Monate Gefängnis äußerst wenig. Wenn man die am Geschehen Beteiligten beobachtet, die unmittelbar vor, während und nach dem Kopfschuss überhaupt nicht reagieren, wird man den Verdacht nicht los, dass die Hinrichtung des Palästinensers am Tatort für keinen der Anwesenden etwas besonderes gewesen sei. Dadurch drängt sich die Spekulation auf, dass es ohne die Erstellung und Veröffentlichung des Videos durch die israelische Nichtregierungsorganisation B'Tselem gar keinen Prozess gegeben hätte.

Donnerstag, 16. Februar 2017

gewalttätiger Reichsbürger

Der ausgestellte Haftbefehl an die Polizei zur Durchsetzung einer Erzwingungshaft mangels Zahlung einer Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit trägt den fettgedruckten Warnhinweis "gewalttätiger Reichsbürger". Ich muss gestehen, dass ich einen solchen oder ähnlichen Warnhinweis noch nie auf einem Haftbefehl gesehen habe. Das wäre ja durchaus auch für andere der Staatsanwaltschaft und der Polizei besonders suspekte Personengruppen denkbar. Also etwa "aggressiver Rocker", "hemmungsloser Alkoholiker", "labiler Sportschütze" oder "heißblütiger Migrant". Ob die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) derartige Warnhinweise abdecken, ist unklar.

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei gebietet es zwar, dass jede Stelle bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auch die Belange der übrigen sich aus dem Lebenssachverhalt stellenden Aufgaben berücksichtigt, aber die Erstellung von Warnhinweisen auf Grund eigener Einschätzung durch die Staatsanwaltschaft scheint ein Novum zu sein, dessen Bedürfnis sich letztlich aus dem Tod eines Polizisten nach der Schießerei mit einem "Reichsbürger" ergeben haben könnte. Nach welchen Kriterien ein solcher Warnhinweis erstellt wird und ob auch vor friedlichen Reichsbürgern gewarnt wird, kann ich derzeit noch nicht sagen.

Dienstag, 14. Februar 2017

parlamentarisch verordneter Zombie-Vorbereitungs-Monat

Während sich die Länderparlamente in Deutschland noch mit der aktuellen Flüchtlingskrise rumplagen, beugt das Repräsentantenhaus des us-amerikanischen Bundesstaates Illinois längerfristig vor und hat deshalb kürzlich beschlossen, den Oktober 2017 zum "Zombie-Vorbereitungs-Monat" zu erklären. Zwar sei eine Zombie-Apokalypse recht unwahrscheinlich, aber die Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine breite Attacke von Zombies dienten grundsätzlich der Schulung des Verhaltens der Bürger von Illinois bei Naturkatastrophen wie der Bevorratung von Nahrung, Wasser und anderen Hilfsgütern. Für derartige andragogische Maßnahmen fehlt in Deutschland jedem Parlamentarier nicht nur die Fantasie, auch die nahe liegende Analogie der Vorbereitung der Abwehr eines Ansturms feindlich gesinnter Hungernder verbietet schon den Ansatz des Gedankens an ein ähnliches Konzept.        

Montag, 13. Februar 2017

Parteisoldaten

Die Bundesrepublik Deutschland hat nichts anders an ihrer Spitze verdient, als einen funktionierenden Volljuristen mit Parteikarriere. Alles andere wäre eine ebensolche Augenwischerei, wie die Alibiveranstaltung von gestern, die sogenannte Wahl des Bundespräsidenten, die natürlich auch gesetzlich geregelt ist:

Grundgesetz Art. 54
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.
(2) - (6)
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung § 9 
(1) - (2) ...
(3) Gewählt wird mit verdeckten amtlichen Stimmzetteln. Stimmzettel, die auf andere als in den zugelassenen Wahlvorschlägen benannte Personen lauten, sind ungültig.
(4) - (5)

Was soll´s. Man muss einfach nur für sich selbst die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Gina-Lisa ist Justizpopstar

Am Ende muss ich nun doch Gina-Lisa gratulieren, die mit ihrer Gerichtsshow die Berliner Justiz an der Nase herumgeführt und mit deren Hilfe, dem "Team Gina-Lisa" aber auch Justizminister Heiko Maas und Familienministerin Manuela Schwesig das Ticket in die C-Promi-Liga gelöst hat. Als einzige sind bislang ihre beiden Sexpartner aus dem "Hör-auf-Video" finanziell etwas zu kurz gekommen, aber das wird sich durch die folgenden Zivilprozesse angemessen regeln lassen.

Immerhin gab es ja im Anschluss an den ersten Schuldspruch vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten einige Fernsehauftritte von Gina-Lisa, von denen sich mindestens das RTL-Dschungelcamp in Form einer angeblichen 180.000,- Euro-Gage gelohnt haben sollte. Der C-Promi-Kuchen muss nach dem Scheitern der Revision vor dem Berliner Kammergericht, nach der nur die Höhe der Tagessätze neu festzulegen sind, halbwegs fair aufgeteilt werden.

Ein schönes Stück dürfte sich Rechtsanwalt Burkhard Benecken durch die Verteidigung in zwei Instanzen schon abgeschnitten haben. Da sollte auch der Hinweis des Gerichts an Lohfink nach einem kurzen Schluckauf verdaulich sein. "Sollten Ihre Anwälte Sie hinter Ihrem Rücken den Haien zum Fraß vorgeworfen haben, sollten Sie klagen. Ich empfehle Ihnen, sich einen Anwalt zu suchen, dem Ihre Interessen näher stehen als er sich selbst." zitiert die Süddeutsche Zeitung den Vorsitzenden Richter Ralf Fischer.

Mund abputzen und schon weitergemacht haben. Die Mahnung kapiert die zukünftige Klientel entweder gar nicht erst oder vergisst es spätestens nach der nächsten Schönheitsoperation. Nur leicht befleckt bleibt Justizminister Heiko Maas zurück, der sich im zeitlichem Zusammenhang mit der Berichterstattung zum Prozess gegen Gina-Lisa für ein härteres Sexualstrafrecht ausgesprochen hatte. Am Ende blieb ungeklärt, ob er sich nur ganz allgemein oder bezogen auf den Fall Lohfink äußerte. Diese Ehre hatte sich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig nicht nehmen lassen und via Twitter durch einen Hinweis auf das Team Gina-Lisa ihre Solidarität mit der Straftäterin kundgetan. Schwamm drüber, die Diäten fließen auch ohne Durchblick.
Die Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katja Dörner, hatte gegenüber SPIEGEL ONLINE gar vor der ersten Verurteilung Recht gesprochen: "Der Umgang mit Gina-Lisa Lohfink ist erschreckend. Ein Opfer wird zur Täterin gemacht, öffentlich bloßgestellt, es wird ihr nicht geglaubt. Das nimmt anderen Frauen den Mut, eine Vergewaltigung anzuzeigen". Und jetzt? Letztlich ein schönes Fällchen, das keine Verlierer kennt. Die Beteiligten scheffeln Kohle, die Justiz hat ihre Unabhängigkeit bewahrt, das Volk hatte seinen Spaß und Berufspolitiker können schon prinzipiell nicht wirklich verlieren.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe nimmt Gegenanwalt auf die Schippe

Ein böser Text, ein freches Bild, auf Facebook ist das nicht so wild. Und auch Durchlauchtens Advokat hat Lästereien schnell parat. Es feixt vor Glück die Facebook-Meute, denkt nicht an morgen, nur an heute. Doch Bildnisrechte sind geschützt, trotzdem das zunächst gar nichts nützt. Erst bei Gericht wird dann belehrt, mein lieber Fürst, das war verkehrt. Das Urteil Mobbern dann erhellt, solch´ schlechte Scherze kosten Geld.

Den Hintergrund für dieses kleine Gedicht bildet der Umstand, dass es kein Privileg von Unterschichten ist, über andere Leute auf Facebook herzuziehen, sondern Cybermobbing auch in Kreisen verbreitet ist, die sich elitär und nebenher betont freiheitlich und rechtstreu geben, solange sie sich im Fokus der Öffentlichkeit bewegen.

Ein Paradebeispiel für den grundsätzlich gelungenen Versuch, auf Facebook mit moralischer Güte und politischer Korrektheit zu glänzen, ist das Profil von Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe, der es mit seiner öffentlichen Reputation zumindest geschafft hat, als prominentes Mitglied der 16. Bundesversammlung am 12. Februar 2017 den neuen Bundespräsidenten wählen zu dürfen. Auf seinem Facebookprofil ist dem niedersächsischen Unternehmer allerdings auch der entlarvende Fauxpas unterlaufen, eine Kampagne durch die Verbreitung eines den Gegenanwalt im Gericht zeigenden Fotos zu starten, was erst durch das Landgericht Hannover zum Aktenzeichen 6 O 400/15 Ende 2016 rechtskräftig unterbunden wurde.

Herr Prinz zu Schaumburg-Lippe wurde wegen des Verstoßes gegen das Recht am eigenen Bild verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00 oder Ordnungshaft zu unterlassen, im Internet, insbesondere bei Facebook im Bereich der Bundesrepublik Deutschland das besagte Foto des Gegenanwalts zu veröffentlichen und diesen von vorgerichtlichen Abmahnkosten durch entsprechende Zahlung freizustellen. Dass sich auch der Anwalt des Bückeburger Schlossherrn an der herabsetzenden Facebook-Kampagne beteiligt hatte, ist nur eine Nuance des unrühmlichen Gerichtsverfahrens. Der Rechtsanwalt hatte nämlich auch das Foto geliefert und war sich sicher, dass das Kollegen-Bashing via Facebook dem Opfer nicht zur Kenntnis gelangen würde. Eine klassische Fehleinschätzung.

Mittwoch, 8. Februar 2017

Prangerblog?

Die Berichterstattung in meinem Blog ist so manchem Richter oder auch Kollegen ein Dorn im Auge. Das liegt wohl daran, dass ich meistens nicht über juristische Alltäglichkeiten berichte, die parallel in zehn weiteren Blogs und zwanzig anderen Quellen dargestellt werden, sondern über Begebenheiten, die mir bei meiner Arbeit begegnen und über die ich blogge, weil ich sie juristisch interessant finde oder den mir begegnenden Schwachsinn nicht anders kompensieren kann, als mein persönliches Leid vor der Leserschaft auszubreiten. Viele Themen findet man entweder hier oder nirgends. Die Artikel über diese Fälle erscheinen in der Regel anonymisiert, sind aber natürlich für die Lager meiner Mandanten und deren Gegner identifizierbar. Eine spezielle Spielwiese meiner anwaltlichen Arbeit und daher auch der Blogberichterstattung ist die Unterbindung rechtswidriger Auswüchse in dem sozialen Netzwerk Facebook und wie sich mittlerweile auch in juristischen Fachkreisen herumgesprochen hat, ist Zuckerbergs Werberegal nicht unbedingt ein Tummelplatz für Hochbegabte.

Nun gehört es zu den Grundpflichten eines Rechtsanwalts, sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich zu verhalten. Insbesondere muss ein Rechtsanwalt die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen unterlassen, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben. Um diesbezügliche Rechtsverletzungen zu vermeiden, gehe ich bei meinen Berichten sehr sorgfältig vor und unterlasse neben der Namensnennung auch die Erwähnung von Orten, Gerichten und anderen Details, die einen Rückschluss auf die beteiligten Parteien zulassen könnten. Denn auch die Übermittlung von Teilinformationen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt, muss vermieden werden. Dass sich Leser untereinander informieren oder die Parteien selbst Hinweise darauf geben, um wen es in einem Artikel geht, kann ich natürlich nicht verhindern. Ebenso wenig lassen sich in Echtzeit die einfältigen Kommentare der Leser meines Blogs verhindern, denen die mehrstündige Zeitverschwendung auf Facebook nicht ausreicht und die ihr Tagwerk deshalb auf meine Website ausgedehnt haben.  

Erst kürzlich echauffierte sich daher der Anwalt einer von mir mehrfach in Anspruch genommenen Rechtsbrecherin über meine journalistische Tätigkeit und drohte am Ende seiner gegen Inhalte auf meinem Blog gerichteten Abmahnung gar damit, ein förmliches Verfahren gegen mich bei der Rechtsanwaltskammer einzuleiten: "Im Übrigen möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie als Rechtsanwalt Organ der Rechtspflege sind. Ihr organisiertes Unterlassen, durch welches Sie Ihrer Mandantschaft eine Plattform bieten, über die jeweiligen Gegner des Verfahrens - so auch über unsere Mandantin - diffamierend und verleumderisch herzufallen, ist aus meiner Sicht ein eklatanter Verstoß gegen das berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot." Derartige Drohungen sind in der Regel ein Markenzeichen für kontrollierte Rückzugsgefechte von Kollegen, die ihren unter Druck geratenen Mandanten wenigstens das Gefühl geben wollen, für ihre getätigten wirtschaftlichen Aufwendungen nicht ganz auf verlorenem Posten zu stehen.

Und die Taktik denjenigen, der ein Fehlverhalten aufzeigt, anzuprangern, um von demjenigen abzulenken, der dieses Fehlverhalten begeht, ist in Deutschland ein bereits von Tucholsky beschriebenes Muster: "Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht." Ich kann daher nur ganz allgemein versprechen, auch in Zukunft über Schmutzfinken und schräge Vögel zu berichten und dabei gleichzeitig jede mir bekannt werdende Rechtsverletzung auf meinem Blog zu eliminieren. Insofern bitte ich die werte Leserschaft schon jetzt ganz eindringlich darum, mir etwas Arbeit zu ersparen und diesen Artikel einmal nicht zum Anlass zu nehmen, seiner vermeintlichen Gegner- oder Gefolgschaft die eigene Armseligkeit in Form von überflüssigen und nicht zuletzt Rückschlüsse auf den eigenen Gemütszustand erlaubenden Kommentaren zu präsentieren.

Montag, 6. Februar 2017

Taschenspielertrick am Landgericht Dresden?

Durch einen Beschluss des Präsidiums des Landgerichts Dresden vom 30.01.2017 wurde Richter Jens Maier aus Verfahren des Presserechts und des Ehrschutzes abgezogen. Das Landgericht hat dazu einfach eine neue Kammer eingerichtet und das Presserecht und den Ehrschutz auf die neue - bis auf Maier personenidentische - Kammer übertragen. Als Begründung gibt das Landgericht Dresden an, dass durch die Verlagerung der Zuständigkeit jeder Zweifel an einer Unbefangenheit des Gerichts vermieden werden solle, da in der Vergangenheit von Beteiligten Zweifel geäußert worden seien, dass AfD-Kandidat Maier in Verfahren unbefangen richten könne, in denen es um stark politisch geprägte Fragen gehe.

Eine sehr sensible Entscheidung des Präsidiums, auf den öffentlichen Druck durch den Kunstgriff einer Kammergründung zu reagieren und den AfD-Richter Jens Maier auf diese Art, selbstredend einvernehmlich, "abzuschießen". Angesichts der ehrlichen Begründung für dieses Organisationskunststück kommt mir natürlich gleich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) in den Sinn, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Dies bedeutet, dass jeder Rechtsuchende Anspruch auf eine im Voraus überprüfbare Festlegung hat, welcher Richter für ein Verfahren zuständig ist. Um dieses Justizgrundrecht zu sichern und zu verhindern, dass durch Manipulationen an richterlichen Zuständigkeiten Einfluss auf Gerichtsverfahren genommen wird, finden sich klare Regeln im Gerichtsverfassungsgesetz. Die §§ 21e und 21g GVG legen fest, dass richterliche Zuständigkeiten stets vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer festgelegt werden. Dabei dürfen derartige Festlegungen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird.

Die Vermeidung von Zweifeln an einer Unbefangenheit des Gerichts gehört jedenfalls nicht zu den Gründen, mit denen die vor dem Beginn des Geschäftsjahres festgelegten richterlichen Zuständigkeiten geändert werden dürfen, daran ändert auch die Zustimmung des betroffenen Richters nichts. Das Verbot einer verkappten Disziplinargewalt des Präsidiums eines Gerichts ist ein Grundsatz von Verfassungsrang. Gab es vorliegend etwa einen Fall der Manipulation des Geschäftsverteilungsplans am Landgericht Dresden wegen der unüberhörbaren öffentlichen Kritik an Richter und AfD-Frontmann Jens Maier?