Freitag, 20. Juni 2014

Lynchjustiz

Ein aktueller Fall von Selbstjustiz schafft es in Deutschland spielend auf die Titelseiten der Medien und löst eine breite Resonanz aus. Nach einer Vergewaltigung wurde der mit Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Täter von vier dem Opfer nahe stehenden Männern gestellt und tödlich verletzt.

In Deutschland ist das Vertrauen in die Justiz grundsätzlich noch intakt, so dass ein solcher Fall die Ausnahme ist und daher von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt wird. Im Verhältnis zur Anzahl der Delikte ist Selbstjustiz in Deutschland ein sehr seltenes Phänomen.

In Ländern in denen der Justizapparat als nachlässig und ineffizient gilt, ist Lynchjustiz ein nicht ungewöhnliches Geschehen, das in der Bevölkerung auf wenig Aufmerksamkeit einerseits und durchaus auf Akzeptanz andererseits stößt, wovon man sich mittels fortgeschrittener Kommunikationstechnik leicht überzeugen kann.

Um das staatliche Gewaltmonopol hierzulande zu sichern, bedarf es daher nicht nur einer stringenten Aufarbeitung jedes Falls, in welchem der Justiz die Bestrafung mutmaßlicher Täter aus den Händen genommen wurde, sondern auch einer Organisation der Strafverfolgungsbehörden, die Rechtssicherheit und Effizenz verspricht. Weshalb der mutmaßliche Vergewaltiger trotz eines Haftbefehls nicht in staatliches Gewahrsam genommen werden konnte, sondern in die Hände der Täter fiel, wird daher noch genau untersucht werden müssen.      

Mittwoch, 18. Juni 2014

Vorblogperlen: Gelegenheitsprostituierte mit verhaltensgestörtem Sohn


In einer Auseinandersetzung vor dem Amtsgericht Fulda zwischen Vermieter und Mieterin gab es einen erbitterten Streit, mit dem sich am Ende sogar die Rechtsanwaltskammer Celle beschäftigen musste. Die Mieterin beschwerte sich darüber, dass sie als Gelegenheitsprostituierte mit verhaltensgestörtem Sohn dargestellt wurde. Angeblich gab es vielfältige Schikanen des Vermieters und daraus resultierende Gesundheitsbeeinträchtigungen für sie und ihren Sohn. Derartigen Vorwürfen musste natürlich entgegengetreten werden, was widerum zu einer Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer führte. Aus meiner Sicht war der folgende Vortrag notwendig und durchaus sachlich:

"Sofern Depressionen, Angstzustände, Unruhezustände und Schlafstörungen bei der Klägerin und ihrem Sohn vorliegen - was bestritten wird - mag dies daran liegen, daß der sittenwidrige Lebenswandel der Klägerin sie selbst und vor allem die Entwicklung ihres Sohnes in den letzten Jahren massiv beeinträchtigt hat. Die Klägerin hat sich in den vergangenen Jahren durch ihre auffälligen Verhaltensweisen dem dringenden Verdacht der Prostitution ausgesetzt. Bereits vor dem Kauf des Hauses durch den Beklagten im Jahre 1998 war der ehemaligen Eigentümerin und dem Nachbarn offensichtlich, daß die Klägerin regen und regelmäßigen Männerbesuch empfing und nach Ankunft der Besucher der damals gerade schulpflichtige Sohn auf die Straße geschickt wurde und die Rollläden heruntergelassen wurden.

Dieser Verdacht der Aufbesserung der Haushaltskasse seiner alleinerziehenden Mutter durch den entgeltlichen und regelmäßigen Beischlaf mit fremden Männern hat eine massive Entwicklungsstörung beim ohne Vater aufwachsenden Zeugen ausgelöst, die sich in Depressionen, Angstzuständen, Unruhezuständen und Schlafstörungen manifestiert haben mag, auch weil das nachweisbare Fehlverhalten seiner Mutter - der Klägerin - über Jahre fortgesetzt wurde. Dass sich die Klägerin hinter ihrer biederen Fassade tatsächlich der Prostitution in ihrer Wohnung im Hause des Beklagten hingegeben hat, läßt sich durch zwei Freier leicht belegen, welche die Dienste der Klägerin in der bürgerlichen Behaglichkeit ihrer scheinbar heilen Welt besonders genossen haben."

Die Rechtsanwaltskammer schloss sich meiner Auffassung an, da ich die Informationen von meinem Mandanten erhalten hatte. Insoweit hätte ich keine eigene Bewertung abgegeben, sondern nur einen mir übermittelten Sachverhalt wiedergegeben. Auch weil dessen Wahrheitsgehalt nicht von der Rechtsanwaltskammer durch Vernehmung der angebotenen Zeugen überprüft werden konnte, wurden in dem gegen mich gerichteten Verfahren keine berufsrechtlichen Maßnahmen ergriffen. Sähe man sich als Rechtsanwalt in derartigen Fällen berufsrechtlichen Sanktionen ausgesetzt, wäre eine effektive Vertretung der Mandanteninteressen auch nicht möglich.

Freitag, 13. Juni 2014

Alles ist Jura: Elfmeter für Brasilien


Der Jurist weiss es immer und überall besser. Daher von dieser Seite aus aktuellem Anlass eine kleine Regelkunde:

Regel 12 – Fouls und unsportliches Betragen

Direkter Freistoss

Ein Spieler verursacht einen direkten Freistoss für das gegnerische Team, wenn er eines der nachfolgend aufgeführten sieben Vergehen nach Einschätzung des Schiedsrichters fahrlässig, rücksichtslos oder mit übermässiger Härte begeht:
  • einen Gegner tritt oder versucht, ihn zu treten,
  • einem Gegner das Bein stellt oder es versucht,
  • einen Gegner anspringt,
  • einen Gegner rempelt,
  • einen Gegner schlägt oder versucht, ihn zu schlagen,
  • einen Gegner stösst,
  • einen Gegner angreift.

    Dem gegnerischen Team wird ebenfalls ein direkter Freistoss zugesprochen, wenn ein Spieler eines der nachfolgenden drei Vergehen begeht:
  • einen Gegner hält,
  • einen Gegner anspuckt,
  • den Ball absichtlich mit der Hand spielt (gilt nicht für den Torwart im eigenen Strafraum).

    Der direkte Freistoss wird an der Stelle ausgeführt, an der sich das Vergehen ereignete (siehe Regel 13 – Ort der Freistossausführung).
Strafstoss

Begeht ein Spieler eines der genannten zehn Vergehen im eigenen Strafraum, ist dies durch einen Strafstoss zu ahnden, vorausgesetzt, der Ball ist im Spiel. Dabei ist unerheblich, wo sich der Ball zum Zeitpunkt des Vergehens befindet.

Die massgeblichen Regeln habe ich unterstrichen, die der Schiedsrichterentscheidung zu Grunde liegende Tatsache kann man dem obigen Video entnehmen.

Nur weil Halten oftmals nicht gepfiffen wird, läßt sich daraus kein Anspruch ableiten, dass Halten nie zu ahnden ist. Daher: klarer Elfmeter!

Dienstag, 10. Juni 2014

Liebesschlossterror

Wer sich dem digitalen Exhibitionismus auf Facebook aussetzt, hat selbst Schuld. Niemand wird gezwungen, sich dem sozialen Netzwerk anzuschliessen, um von den banalen Ereignissen seiner virtuellen Freunde bedrängt zu werden und deren Beziehungsstatus zur Kenntnis zu nehmen. Leider hat der digitale Exhibitionismus ein physisches Vorbild in der Unsitte, der Welt die persönliche Liebesbeziehung mittels eines sogenannten Liebesschlosses aufzudrängen. Keiner will es wissen, aber alle müssen es sehen. Zugegeben, nicht alle, aber all´ diejenigen, die ahnungslos eine Brücke passieren oder an einem Geländer vorbeigehen und sich damit einhergehend dem optischen Terror der Liebenden ausgesetzt sehen, die ihre Gefühle nicht für sich behalten können und glauben, jeden Passanten mit einem Liebesschloss belästigen zu dürfen, auf dem ihre Namen eingraviert sind. Insbesondere historische Perspektiven werden von Liebesschlössern versaubeutelt und die unter den Brücken liegenden Gewässer von den Schlüsseln der metallischen Datenträger verschmutzt.

Mittlerweile müssen sich auch angehende Juristen mit dem Liebesschloss herumplagen, da sich das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10.08.2012, Az. 526 Ds 395/12, offensichtlich zu Ausbildungszwwecken nutzen läßt. Ein vorbestrafter Drogenkonsument kam auf die Idee, die Welt von der Last der Schlösser mittels eines Bolzenschneiders zu befreien. Allerdings verpasste der Delinquent die einmalige Möglichkeit, als Held der Belästigten in die Geschichte einzugehen, weil er nur auf Eigennutz bedacht das leichter durchzuschneidende Brückengeländer beschädigte und die auf diese Weise entfernten Liebesschlösser zum Altmetallhändler brachte.

Wer darauf hofft, die Welt von der Last der Liebesschlösser ohne strafrechtliche Verurteilung befreien zu können, sollte tunlichst die Schlösser selbst durchkneifen und in der Hoffnung auf spätere Vollendung der Befreiung durch unbeteiligte Dritte hängen lassen. Damit sollte der Diebstahlsvorwurf mangels Zueignungsabsicht entfallen und auf den Mangel des für die Verfolgung einer Sachbeschädigung notwendigen Strafantrags darf gehofft werden, denn nur der durch die Tat Verletzte kann den Antrag stellen. Da deutsche Strafverfolgungsbehörden allerdings chronisch unausgelastet sind, droht auch dem vorsichtigsten mit Bolzenschneider bewehrten Liebesschlossgegner durch die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen. Dass der am vergangenen Wochenende unter der Last der Liebesschlösser erfolgte Zusammenbruch des Geländers des Pont des Arts in Paris ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bei der Entfernung von Liebesschlössern in Deutschland entfallen läßt, dürfte nur eine trügerische Hoffnung sein.

       

Dienstag, 3. Juni 2014

Examensbetrug mit System - ein alter Hut

Gastbeitrag von 'the knight'    Worüber regt Ihr Euch eigentlich so auf? Schon in den 90er Jahren zu meinen Studienzeiten war dieses System gang und gäbe. Wer wissen wollte, wie es lief, erfuhr dies binnen weniger Tage. Dann ging man zu einer bekannten Person, die Examenshausarbeit lieferte man als Kopie ab und bekam binnen 3-4 Tagen die Lösungsskizze. Das kostete 4.000 DM und für jeden Punkt über 4 Punkte 1.000 DM extra.

Einige unserer Bonzenkinder spachen ganz offen: "Ja, ich bin reich und wäre dumm, diesen Vorteil nicht zu nutzen." Absolut skrupellos. Da man äußerst vornotenorientiert ist, reichte eine zweistellige Hausarbeit zumindest zum Bestehen. Meist mit "befriedigend". Vielfach läuft das doch so: Die Person hat die und die Note, an der kann man nicht vorbei. Außerdem werden die Noten und Punkte nach der Gaußschen Normalverteilung vergeben. Dabei liegt der Zenit der Kurve bei 5 Punkten. Wer also durch Betrug 7, 11 oder 14 Punkte in der Hausarbeit macht, verschiebt andere nach links.

Und von Prüfern weiß ich, dass sie dann, wenn die Hausarbeit ein Ausreißer nach oben war und die Klausuren so lala, haben die der Person ein wenig auf den Zahn gefühlt und merken lassen: "Wir wissen Bescheid"; das war´s dann aber auch. Oder Sie merkten: Der kennt einen Teil der Fragen, dann konnten sie die Note "vollbefriedigend" eventuell verhindern, ein oberes "befriedigend" hatte die Person aber dennoch - und einige nach links verschoben. Für den öffentlichen Sektor, Versicherung etc. reicht das allemal. "Man" weiß seit den 80er Jahren, was da läuft, praktiziert jedoch eine erfolgreiche Vogel-Strauß-Taktik: Kopf in den Sand, nix hören, nix sehen, nix sagen. Oder waren das etwa andere Tierchen? Meiner Meinung nach kann man Herrn Richter am Amtsgericht L. nicht genug danken. Er hat nachhaltig aufgeräumt mit dem blinden Zutrauen in die Noten. Das ist für immer vorbei. Keine Personalabteilung wird mehr nur nach Note einstellen. Never ever. Und das ist auch gut und richtig so.

Dass Herr L. ein Geständnis machen wird, erwarte ich sicher. Die Personen, die im Examen betrogen haben, werden keine Ruhe mehr finden. Wer mit uns in den Räumen der Justiz oder angemieteten Sälen und an all´ den anderen Orten geschrieben hatte und wie wir diesen grausamen Stress ausgehalten hat, auch die vielen, vielen, die zusammengebrochen sind (Erbrechen, Nervenzusammenbruch, Nasenbluten, wortlos gegangen, Wutanfall, Weinkrämpfe, Ohnmacht), der wird mit denen, deren Selbstbewußtsein durch gekaufte Examensbestandteile olympische Höhen ereicht hatte, keinerlei Mitleid empfinden können, wenn diese fallen. Sportliche Fairness ist hier absolut verfehlt. Dass die "bekannte Person" auch in den Klausuren "ihre Leute" gecoacht hatte, habe ich mit eigenen Augen gesehen. Bessere als ich fielen in den Klausuren durch. Ich hatte einfach stählerne Nerven. Und Glück und sehr, sehr viel gelernt!

Mittwoch, 28. Mai 2014

Telefónica beweist Humor - das Urteil

Der Beklagte wusste von nichts, Telefónica hatte keinerlei Zweifel daran, dass die bei Vertragsschluss angegebenen persönlichen Kundendaten sowie die Unterschrift auf dem Vertragsformular nicht die des Beklagten waren und auch das Amtsgericht Leverkusen war sich sicher, dass zwischen den Parteien kein Telekommunikationsdienstleistungsvertrag geschlossen wurde. Denn das Gericht stellte im Urteil fest, dass die im Ausweis und Vertragsformular angegebenen Geburtsdaten stark voneinander abwichen und auch Vornamen, Wohnort und Unterschriften verschieden waren. Die Sache kann eigentlich nur ein Scherz gewesen sein.

Montag, 26. Mai 2014

"vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr"

Das Landgericht Koblenz hatte den ehemaligen Geliebten der Klägerin verurteilt, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern auf denen die Klägerin

- in unbekleidetem Zustand,
- in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,
- lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet oder
- vor/während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr abgebildet ist,

vollständig zu löschen.

Die Prägung des landgerichtlichen Urteils läßt sich schon an dessen Tenor erkennen. Allein die Auferlegung der Pflicht, Fotos der Klägerin löschen zu müssen, die diese vor/ während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen, hat sich derart weit vom Prinzip des Bestimmtheitsgebots entfernt, dass der über die Aufgabe ein sachliches Urteil abzufassen hinausgehende Wille des Gerichts, die Klägerin jedenfalls vor der drohenden Verbreitung ihrer Fotos zu schützen, erkennbar wird.

Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte am 20.05.2014 zum Az. 3 U 1288/13 das erstinstanzliche Urteil und vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits jetzt leicht ergraute Herrschaften bei der Überprüfung der Durchsetzung des Urteils darüber grübeln, ob streitgegenständliche Fotos die Klägerin vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen. Dabei wird es nicht um die Bewertung von Nacktfotos gehen, diese müssen nach dem Urteil ohnehin gelöscht werden.

Schwierig wird zu entscheiden sein, ob die verschwitzte Rückenpartie der Klägerin etwa beim Unkrautjäten oder beim Geschlechtsakt zu sehen ist. Läßt sich die Rötung der Klägerin im Schulter- und Gesichtsbereich auf ihre gerade beendete Erregungsphase zurückführen und damit als sogenannte Sexualröte identifizieren oder hat sie sich schlicht auf dem Trimmrad verausgabt? Im Zweifel bleibt den Entscheidungsträgern immer noch die Einordnung eines Fotos als ein solches vor dem Geschlechtsverkehr getreu des sportlichen Mottos „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.

Die lästige BGH-Rechtsprechung, wonach eine Verurteilung nicht derart undeutlich gefasst sein darf, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist, wischte das OLG jedenfalls in Bezug auf Fotos nach dem Geschlechtsakt vom Tisch: "Gemeint sind Aufnahmen, die einen objektiven Bezug zum Geschlechtsverkehr erkennen lassen und damit erkennbar noch in einem Zusammenhang mit dem zuvor durchgeführten Geschlechtsverkehr stehen."

Vielleicht sollte man dem Tenor eine Art Gebrauchsanweisung für Vollstreckungsorgane oder die Telefonnummer des Senatsvorsitzenden beifügen. Wie bei Aufnahmen ein Zusammenhang mit einem später durchzuführenden Geschlechtsverkehr hergestellt werden soll, wurde vom OLG vorsorglich ganz offen gelassen. Vielleicht genügt ein lasziver Blick oder der frivole Biss in eine Banane.

Auch die zentrale Aussage des OLG Koblenz überzeugt nicht: "Ist die Beziehung zwischen den Parteien beendet, ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse der Klägerin an der Löschung der Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des Beklagten an der Existenz der Aufnahmen, die nach seinen eigenen Bekundungen nur ideellen Wert haben kann, da eine Zurschaustellung der Bilder oder eine Veröffentlichung dieser von ihm nach eigenem Bekunden nicht beabsichtigt ist."

Das OLG ist der Ansicht, dass die Bindungswirkung an eine einmal erteilte Einwilligung zur Anfertigung eines Fotos in Widerspruch zu den von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Belangen der Abgebildeten stehen kann, so dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass die Klägerin der Anfertigung der Lichtbilder vorher zugestimmt hat.

Weil aber eine zur Anfertigung eines Fotos erteilte Einwilligung nur bis zu dessen tatsächlicher Anfertigung widerrufen werden kann, muss ein Löschungsanspruch an einem rechtmäßig angefertigtem Foto schon auf Grund des entstandenen Urheberrechts und dem Grundrecht der Kunstfreiheit scheitern. Kein Urheber kann zur Vernichtung seines mit Recht erschaffenen Werkes gezwungen werden.

Angesichts der Tatsache, dass sich heutzutage Hunderte von Fotos auf einem winzigen USB-Stick speichern lassen und verschlüsselte Speicherdienste wie mega.co.nz 50 Gigabyte kostenlosen Speicherplatz anbieten, dürfte das Urteil allenfalls akademischen Wert haben. Schließlich scheint angesichts des verhältnismäßig niedrigen Streitwerts von EUR 3.000,- die Durchführung der ausdrücklich zugelassenen Revision erschwinglich und nicht aussichtslos.              

Montag, 19. Mai 2014

Neues vom Mieter mit Migrationshintergrund

Das Amtsgericht war sehr nachsichtig und gab dem Mieter mit Migrationshintergrund jede erdenkliche Hilfestellung. Den letzten Schritt zur Rechtsberatung wollte die fürsorgliche Amtsrichterin dann aber doch nicht gehen und rang sich ein Urteil ab. Sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen möchte der Dipl. Ing. mit den türkischen Wurzeln unter allen Umständen vermeiden und schreibt an das Gericht:

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann mit dem Urteil nichts anfangen, weil ich nicht weiß was ich zahlen muss. Es wird wieder irgend was fehlen (1 Cent usw.) dann müssen Sie nochmal schreiben. Dieser Möbius ist ein sonderbarer Mensch! Bitte nennen Sie mir den Betrag mit den Zahlen. Damit ich mich retten kann. Ich bitte um Ihr Verständnis."

Mittwoch, 14. Mai 2014

Böhse Onkelz Tickets - das Urteil im Volltext

Die Reunion der Deutschrock-Band "Böhse Onkelz" startete mit einem gerichtlichen Verbot, Tickets für Konzerte der Musikgruppe "Böhse Onkelz" zu verkaufen oder Handel mit solchen Eintrittskarten zu betreiben, sofern diese unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht vom autorisierten Handel erworben wurden.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2014 vor dem Landgericht Hamburg konnte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Tickethändler die Richter überzeugen, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos waren. Jetzt liegt die Begründung für das Urteil aus Hamburg zum Az.: 312 O 34/14, das zunächst erlassene Verbot aufzuheben, in vollem Wortlaut vor.

Nachdem der Tickethändler zum ersten Mal vor Gericht die Chance hatte, sich inhaltlich zu äußern, erwies sich die einstweilige Verfügung des Gerichts vom 07.02.2014 nicht mehr als rechtmäßig. Dass eine Gefahr dahingehen besteht, dass der Händler im Internet Karten für Konzerte der Musikgruppe „Böhse Onkelz“ anbietet, die er zuvor als gewerblicher Wiederverkäufer von autorisierter Stelle unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht erworben hatte, konnte nicht belegt werden.

Weil der Händler ausschließlich Karten von Dritten erworben hatte, kam nach Ansicht des Hamburger Gerichts ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht. Das Gericht war der Meinung, dass auch ein gewerblicher Wiederverkäufer, welcher seine Bereitschaft bekundet, Eintrittskarten zu Veranstaltungen aufzukaufen, damit in der Regel nicht zum Vertragsbruch verleitet, auch wenn er weiß, dass potentiellen Verkäufern der Weiterverkauf der Karten nach den Geschäftsbedingungen des Veranstalters untersagt ist. In einem derartigen Fall liege eine unlautere Ausnutzung fremden Vertragsbruchs selbst dann nicht vor, wenn mit Hilfe des Weiterveräußerungsverbotes legitime Interessen wie die Gewährleistung der Sicherheit oder eines sozial verträglichen Preisgefüges verfolgt werden.

Unter Berücksichtigung der Maßstäbe, die bereits der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.09.2008 zum Az.: I ZR 74/06 angelegt hatte, entpuppt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung als medienwirksame Augenwischerei, um den Fans vorzuspiegeln, dass der Weiterverkauf von Tickets zu höheren Preisen verboten sei und dieses Verbot mit Entschlossenheit verteidigt würde.

Denn schon der Bundesgerichtshof hatte bestimmt, dass das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, grundsätzlich nur dann unlauter ist, wenn besondere Umstände hinzutreten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner im Allgemeinen Dritten gegenüber keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag. Ebenso wenig ist der Ticketverkauf unlauter, weil das Ziel, einen "Schwarzhandel" mit Tickets zu unterbinden, unterlaufen werde. Ein Schwarzhandel im eigentlichen Sinne, das heißt ein Warenverkauf unter Umgehung polizeilicher oder gesetzlicher Vorschriften zu überhöhten Preisen, gibt es nämlich nicht. Es gibt insbesondere kein Gesetz, das den Verkauf von Tickets besonderen Preisauflagen unterwirft. Es entspricht wettbewerbskonformem Verhalten, Tickets zu dem Zweck zu erwerben, sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen.

Damit fährt nicht nur der Geschäftsdampfer der "Böhse Onkelz" mit voller Kraft voraus, auch die Segel im Fahrwasser der Onkelz stehen weiterhin gut im Wind.

Dienstag, 6. Mai 2014

Rechtsmittel wegen 0,5 cent

Gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss Rechtsmittel einzulegen kann sinnvoll sein, um dem Gegner kurzfristig keinen Titel in die Hand zu geben, aus dem er die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Dies macht jedenfalls dann Sinn, wenn man glaubt, dass sich die Kostengrundentscheidung mittelfristig noch ändern läßt. Denn der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses setzt weder die Rechtskraft der Kostengrundentscheidung voraus, noch ist es erforderlich, dass die Voraussetzungen für die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Titels erfüllt sind.

In dieser Situation konnte ich die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss wie folgt begründen: "Das Gericht hat entschieden, dass die Kosten des Verfahrens den Parteien jeweils hälftig zur Last fallen. Nach Berechnung des Gerichts betragen die außergerichtlichen Kosten insgesamt EUR 981,85. Zur Erstattung durch den Beklagten festgesetzt wurde vom Gericht aber ein Betrag von EUR 490,93. Damit soll der Beklagte mehr tragen, als er nach der Kostengrundentscheidung tragen müsste. Er muss nämlich über die Hälfte der Kosten tragen. Der Beschluss ist damit fehlerhaft."

Vom Gericht wird leider keine Stellungnahme mehr erfolgen, weil die Kostengrundentscheidung mittlerweile zu Lasten des Gegners abgeändert wurde und der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss damit hinfällig ist.

Montag, 5. Mai 2014

Europakrise: Französischer Herzog pfändet deutschen Fürsten

Die juristische Auseinandersetzung zwischen dem französischen Adelsgeschlecht Montfort-l’Amaury und dem deutschen Fürstenhaus Schaumburg-Lippe eskaliert. Anstatt seine kampferprobten Reitertruppen zu schicken, entsandte Alfred Bocker Comte de Montfort-l’Amaury Duc de Bretagne nunmehr lediglich einen Gerichtsvollzieher mit der Aufgabe, die Schulden des Hauses Schaumburg-Lippe im Wege der Zwangsvollstreckung einzutreiben*.

Mit Bedauern betrachtet das Oberhaupt des Hauses Montfort-l’Amaury, dass die Spannungen in einem krisengeschüttelten Europa nun auch auf das deutsch-französische Verhältnis übergegriffen haben: "Ich hatte mir wirklich gewünscht, dass Fürst Alexander seine Schulden mir gegenüber ohne großes Aufheben begleicht, aber der Werteverfall der bürgerlichen Zivilgesellschaft scheint nun auch den deutschen Adel** erfasst zu haben."

Wie hoch die Verbindlichkeiten des Hauses Schaumburg-Lippe gegenüber dem französischen Adelshaus sind, wollte der Herzog der Bretagne nicht verraten, aber er versicherte, dass durch die Pfändung die Feierlichkeiten zur Landpartie Schloss Bückeburg im kommenden Monat nicht gefährdet seien. Das deutsche Außenministerium war für eine Stellungnahme zum deutsch-französischen Adelskonflikt leider nicht erreichbar

* Nachtrag: Am 17.09.2014 wurden die restlichen Schulden des Hauses Schaumburg-Lippe dem Chef des Hauses Montfort-l`Amaury durch den zuständigen Gerichtsvollzieher überwiesen.  

** Der geneigte Leser möge mir den boulevardesken und im Ergebnis bedenklichen Stil des Artikels verzeihen und sich kurz über die tatsächlichen Hintergründe in Sachen Adel hier und dort informieren.

Dienstag, 29. April 2014

Böhse Onkelz, blöde Neffen?

Der Zorn gegen Tickethändler, die am Zweitmarkt der beiden Konzerte der "Böhse Onkelz" auf dem Hockenheimring im Juni verdienen wollen, ist gross. Eben dieser Zorn und gefährliches Halbwissen trieben einen Fan dazu, 20 Tickets zum Preis von je EUR 249,- über ebay zu bestellen, um das Angebot auf diese Weise aus dem Netz zu schiessen. Mit der kurz nach Vertragsschluss an den Verkäufer versandten Nachricht, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, wollte der seiner Auffassung nach für Gerechtigkeit streitende Fan seinen Plan beenden und teilte dem Tickethändler folgendes mit:

"Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass Du von mir Geld bekommst und noch weniger, dass Du 20 Tickets liefern kannst. Weißt Du eigentlich, wie sehr sich Zehntausende Onkelz Fans gewünscht haben, wenigstens 1 Ticket regulär zu ergattern? Diese 20 Tickets sind ja nicht die einzigen, die Du angeboten hast. Deine Auktionen laufen ja schon seit Wochen. Du weißt selber, dass nur registrierte User max. 4 Tickets bestellen konnten und dass ein gewerblicher Weiterverkauf verboten ist. Auf Anhieb konnte ich 100 verkaufte Onkelz Tickets bei Dir finden. Wie gesagt, mein Anwalt wird die Sache weiterleiten. Viel Spaß mit ihm!!!"

Der brave Fan hatte schlicht den in den AGB des Tickethändlers enthaltenen Hinweis, wonach ein Widerrufsrecht nicht besteht, ignoriert. Dieser Passus findet seine Bestätigung in §312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB, wonach bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, die Vorschriften über Fernabsatzverträge keine Geltung haben.

Einen ähnlichen Fall hatte bereits das Amtsgericht München am 02. Dezember 2005 zum Aktenzeichen 182 C 26144/05 entschieden, so dass der rechtliche Hintergrund auch für Laien nachvollziehbar war. Dass ein generelles gewerbliches Weiterverkaufsverbot nicht bestand, war sogar dem Text der später aufgehobenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg zu entnehmen.

Angesichts des durchaus beachtlichen Vertragsvolumens von knapp EUR 5.000,- kostete die anwaltliche Anmahnung der Vertragserfüllung noch einmal etwa EUR 500,-, die genau wie der Gesamtverkaufspreis vom belehrbaren Onkelz-Fan bezahlt wurden. Ob die gelieferten Karten vom bekehrten Neffen zum Originalpreis von EUR 66,50, zum Einkaufspreis über ebay oder gar mit Gewinn weiterverkauft wurden, ist leider nicht bekannt.

Sonntag, 27. April 2014

Darf man einen Nazi "Heino" nennen?

Das kommt darauf an. In jedem Fall ist die Bezeichnung eines Nazis als "Heino" dann unbedenklich, wenn der Nazi "Heino" heisst. Selbst wenn sich der Betroffene durch die Annahme eines anderslautenden Spitznamens von seinem Vornamen abgewandt hat und auch von seinen Kameraden entsprechend - beispielsweise "Horst" - gerufen wird, scheidet ein Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Anrede "Heino" aus. Die Verwendung eines amtlichen Namens kann die Persönlichkeitsrechte nicht verletzen, denn es wird nicht der Spitzname in Abrede gestellt, sondern nur darauf verwiesen, dass es einen weiteren Namen gibt.

Anders könnte die Rechtslage jedoch aussehen, wenn der Nazi tatsächlich "Horst" heisst, man ihn aber  - womöglich ständig - als "Heino" bezeichnet. § 12 BGB sanktioniert nämlich die sogenannte Namensleugnung. Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen. Eine Namensleugnung nach § 12 Satz 1 Alt. 1 BGB liegt daher immer dann vor, wenn dem tatsächlichen Namensinhaber das Recht abgesprochen wird, so zu heissen, wie er wirklich heisst. Wer also den Nazi namens "Horst" ständig mit "Heino" anspricht, leugnet dessen wahren Namen und begeht damit einen Rechtsbruch, dem auch ein Nazi mit einer Unterlassungsklage begegnen kann. Einen Nazi trotz anders lautendem Namen hartnäckig "Heino" nennen darf man also nicht.

Freitag, 25. April 2014

Prüfungsthemen gegen Sex?

Ein anonymes Schreiben an Fraktionschefs im niedersächsischen Landtag behauptet, dass der zum Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen abgeordnete Richter, der über Jahre hinweg Rechtsreferendaren Lösungen für Prüfungsaufgaben im Staatsexamen angeboten hatte, dieses auch im Tausch gegen Liebesdienste getan haben soll. Insider halten dies für unwahrscheinlich, weil ein derartiger Tausch für den in Italien mit einer jungen rumänischen Prostituierten und EUR 30.000,- in bar festgesetzten Richter kaum attraktiv gewesen sein dürfte.

Kein Gerücht dagegen ist die Aufstockung des niedersächsischen Antikorruptionsteams von 12 auf 36 kampferprobte Richter und Staatsanwälte, die in drei taktische Einheiten aufgeteilt versuchen sollen, Examensbetrüger zu entlarven. Eine Einheit wird sich mit von der Staatsanwaltschaft übermittelten Verdachtsfällen befassen, eine andere die etwa 200 für den korrupten Richter als besonders attraktiv geltenden Examenswiederholer durchleuchten und ein drittes Team wird auffällige Notensprünge untersuchen.

Wenn die Untersuchungen zu lange dauern, sollen weitere Korruptionsbekämpfungsteams gestellt werden. Über die Auswahlkriterien der Antikorruptionskämpfer im Dienste der niedersächsischen Justiz herrscht weiterhin Unklarheit. Insbesondere ist nicht bekannt, wie eine persönliche Nähe der Sonderprüfer zu den etwa 2000 zu überprüfenden Volljuristen ausgeschlossen werden konnte.

Donnerstag, 24. April 2014

Telefónica Germany GmbH & Co. OHG im Reich der Satire

Der Beklagte weiss von nichts, trotzdem soll er für angeblich abgeschlossene Mobilfunkverträge zahlen. Nachdem sämtliche Positionen aus der Klageschrift - insbesondere der Vertragsabschluss - bestritten wurden und die Verfügungen des Gerichts auf eine gewisse Ungehaltenheit schliessen lassen, überrascht die Telefónica Germany GmbH & Co. OHG mit einem materiellen Masochismus, den ich in dieser Form für satirische Kleinkunst halte.

Denn Telefonica teilt mit, dass es "leider nicht mehr möglich ist, die Originalverträge zur Akte zu reichen. Die Klägerin betreibt eine papierlose Aktenführung, bei der alle Originaldokumente eingescannt und sodann vernichtet werden. Des Weiteren wird mitgeteilt, dass keinerlei Zweifel darin vorliegen, dass die bei Vertragsschluss angegebenen persönlichen Kundendaten sowie die Unterschrift auf dem Vertragsformular nicht die des Beklagten selbst sind."

Ich habe den letzten Satz auch mehrmals gelesen.

Dienstag, 22. April 2014

Abmahnkanzlei vertritt Beklagten "versehentlich"

Eine überregional bekannte Abmahnkanzlei, deren innovative Geschäftsideen schon die Bundesregierung beschäftigt haben, beweist wieder einmal Kreativität. Im Schriftsatz vom 10.03.2014 wird noch unmissverständlich Stellung bezogen:

"In dem Rechtsstreit ... zeigen wir an, dass wir die Beklagten zu 1. und 2. vertreten. Die Beklagten zu 1. und 2. werden sich gegen die Klage verteidigen. Bereits jetzt wird kostenpflichtige Klageabweisung beantragt." 

Das klingt souverän und entschlossen. Mit Schreiben vom 02.04.2014 wird dann jedoch eine 180-Grad-Wendung vollzogen:

"Mit Schriftsatz vom 10.03.2014 haben wir versehentlich auch die Vertretung des Beklagten zu 2) angezeigt. Dieser hat uns jedoch noch nicht mandatiert. In der Anlage geben wir die uns zugestellte Klage für den Beklagten zu 2) zurück."

Jedenfalls ein schöner Einstieg in einen Schadensersatzprozess wegen der allzu sorglosen Versendung einer offensichtlich unbegründeten Abmahnung.

Donnerstag, 17. April 2014

Böhse Onkelz - einstweilige Verfügung aufgehoben

Ab sofort gibt es kein gerichtliches Verbot mehr, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf ebay.de, Tickets für Konzerte der Musikgruppe "Böhse Onkelz" zu verkaufen oder Handel mit solchen Eintrittskarten zu betreiben, sofern diese unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht vom autorisierten Handel erworben wurden.

Der von der einstweiligen Verfügung betroffene Tickethändler konnte die Richter in der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2014 vor dem Landgericht Hamburg zum Az.: 312 O 34/14 überzeugen, dass die Vorwürfe gegen ihn jeglicher Grundlage entbehrten. Das Verkaufsverbot wurde daraufhin vom Gericht aufgehoben. Im Prozess musste sich die Band um Sänger Kevin Russell vorwerfen lassen, lediglich Teil eines marktwirtschaftlichen Konzepts zu sein, von dem sie vor Beginn ihres wohlverdienten Altersruhestands mit Slogans wie „Working Class und so… Ihr wisst, für was die Onkelz stehen“, noch einmal kräftig profitieren möchten.

Viele Fans stören sich an der als ungerecht empfundenen Ticketvergabe und sind vom „BÖHSE ONKELZ Lounge Ticket“ mit Begrüßungsdrink, exquisitem Catering mit Kaffeesnack, Fingerfood-Buffet, Mitternachtsüberraschung, großer Getränkeauswahl und VIP Betreuung für EUR 350,-irritiert. Die 200.000 normalen Tickets für die beiden Konzerte am 20. und 21. Juni 2014 hatten EUR 66,50 gekostet, waren aber jeweils in weniger als einer Stunde vergriffen. Einige Besucher der offiziellen Facebook-Seite der "Böhse Onkelz" machen ihrem Ärger daher auch unmißverständlich Luft: "Wie lächerlich die Onkelz geworden sind wissen halt nur die alten Fans, auf die auch geschissen wurde mit der Aktion!!! Von wegen nicht als Rockopa sterben wollen usw.".

In den Auseinandersetzungen um die Kartenverkäufe scheint die beantragte einstweilige Verfügung nur wie eine publikumswirksame Maßnahme, die es erlauben sollte, den wirtschaftlichen Erfolg der Band unter dem Deckmantel der Glaubwürdigkeit noch einige Male zu wiederholen und dabei auf Bemühungen verweisen zu können, für das treue Publikum gegen ungeliebte Tickethändler vorzugehen. Die Urteilsbegründung des Landgerichts Hamburg liegt noch nicht vor.

Dienstag, 15. April 2014

Politiker für Polizistinnen mit Silikonbrüsten

Von Knöllchenempfängern ersehnt und von Politikern ausdrücklich erwünscht, wird eine zwanzigjährige Frau, die im September 2013 mit ihren Brustimplantaten aus Silikon wegen erhöhter Verletzungsgefahr noch für untauglich für den Polizeidienst in Baden-Württemberg befunden worden war, in Kürze Ihre Ausbildung bei der Polizei antreten können. Eine Eingabe an den Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags hatte nun Erfolg.

Trotz einer Polizeiverordnung, die besagt, dass Frauen mit Implantaten in der Brust wegen erhöhter Verletzungsgefahr bei gewaltsamen polizeilichen Aktionen nicht für den Dienst geeignet sind, wird der Bewerberin mit Hilfe des Petitionsausschusses in Kürze die Ausbildung zur Polizistin ermöglicht werden. Schon das Verwaltungsgericht Berlin hatte entschieden, dass Brustimplantate kein Grund dafür sind, einer Frau die Einstellung in den Polizeidienst zu verweigern. Dort hatte eine Frau erfolgreich geklagt, die mit gleicher Begründung abgelehnt worden war.

Hintergrund des für die Bewerberin positiven Urteils war eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der dienstfähigen Bewerbern die gesundheitliche Eignung nur noch dann abgesprochen werden darf, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass es zu einer Frühpensionierung oder zu regelmäßigen und langen Erkrankungen kommen werde. Dies scheint bei Silikonbrüsten wohl nicht der Fall zu sein.

Montag, 14. April 2014

"Egal was man diesen Anwalt fragt, er sagt immer das falsche."

Mal wieder ein Nichtmandant. Aber nicht einer von der lästigen Umsonstsorte, sodern einer aus der Serie "Ich habe schon EUR 500,- Vorschuss an meinen Anwalt gezahlt, aber der macht einfach nichts." Das gibt´s auch ab und an. Der Anrufer ist unglücklich und sieht sich an einer Mandatierung gehindert, weil er schon an einen Kollegen gezahlt hat und nicht noch mehr Geld zum Fenster rauswerfen will - oder kann. Die Kraft, ihn davon überzeugen zu wollen, dass sich das lohnen könnte, bringe ich nicht auf.

Er hat auch ein Kommunikationsproblem mit seinem Rechtsanwalt und der Titel dieses Posts ist wohl weniger der Dauerbeschallung mit falscher Beratung geschuldet, als der Tatsache, dass es dem Kollegen schlicht an Einfühlungsvermögen mangelt. Diesem Nichtmandanten habe ich einfach mal zugehört, denn er hatte einen interessanten Akzent und betrachtete das Verhältnis zu seinem Anwalt mit einer ungewohnten Mischung aus Verzweiflung und Humor. Seine Erfahrungen mit einer Hamburger Kanzlei fasste er am Ende auch recht prägnant zusammen: "Was interessiert mich ein Büro auf der Elbschaussee, wenn die Arbeit nicht gemacht wird."

Donnerstag, 10. April 2014

Im Bett mit dem Prüfer


Die Beschäftigung mit Existenzvernichter Jörg L., der als Richter in Niedersachsen jahrelang juristische Prüfungslösungen an Examenskandidaten verkauft hatte, liess mich auf einen vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 03.02.2012 zum Aktenzeichen: 10 A 11083/11 entschiedenen Fall stossen.

Einer Volljuristin wurde die Aufhebung der Bewertung ihrer mündlichen Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen sowie die Anordnung, diese Prüfung zu wiederholen, beschieden. Dagegen wehrte sie sich zunächst vor dem Verwaltungsgericht und schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht mit Erfolg.

Hintergrund der Anordnung war die Tatsache, dass ihr Aktenvortrag, der mit 16 Punkten bewertet wurde, Prüfungsgegenstand einer weiteren Prüfung am gleichen Tage war, in welcher ihr Lebensgefährte als beisitzender Prüfer im Steuerrecht tätig war. Das Verwaltungsgericht war der Ansicht, dass trotz ihres Profils als Dünnbrettbohrerin im Viererbereich nicht bewiesen sei, dass sie als Freundin des parallel prüfenden Professors über diesen vor ihrer mündlichen Prüfung Kenntnis vom Inhalt des dem Aktenvortrag zugrunde liegenden Aktenstücks und der Lösungsskizze erlangt hatte.

Auch das Oberverwaltungsgericht fand, dass eine Übereinstimmung des Aktenvortrags mit der Lösungsskizze in einem Ausmass, das sich bei verständiger Würdigung nur bei Kenntnis der Lösungsskizze erreichen lässt, nicht festgestellt werden konnte. Ferner sei auch eine schwache Kandidatin bisweilen in der Lage, sehr gute Einzelleistungen zu erbringen. Ausserdem hätte der Lebensgefährte der Klägerin als Rechtsprofessor Kenntnis über aktuelle steuerrechtliche Probleme gehabt und seinen Schatz deshalb bestens auf die mündliche Prüfung vorbereiten können. Zwar sei eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Täuschungshandlung nicht zu verkennen, als Beweis reichten die festgestellten Umstände aber nicht aus.

Irgendwann wird auch das niedersächsische Landesjustizprüfungsamt damit beginnen, existenzgefährdende Bescheide an Volljuristen zu verschicken, bei denen Täuschungshandlungen als nachgewiesen angesehen werden. Ohne die Mitwirkung eines umfassend geständigen Jörg L. dürfte es allerdings kaum gelingen, sämtliche Betrüger zur Strecke zu bringen. Man darf also gespannt sein, welchen Strafrabatt der ehemalige Referatsleiter im Landesjustizprüfungsamt Celle für ein umfassendes Geständnis heraushandeln kann.