"Ich habe Sie gar nicht erkannt", sagte der Amtsrichter zu Beginn der mündlichen Verhandlung. Ich hätte ja keine Robe an. Es ging wohl weniger ums Erkennen, sondern um den Mangel des Auftretens ohne Robe vor Gericht. Derartiges ist mir schon so lange nicht mehr passiert, dass ich nicht umgehend mit dem genauen Paragraphen glänzen konnte, der da regelt, dass das Tragen der Robe in Zivilsachen vor dem Amtsgericht keine Pflicht ist.
Nach Meinung des Amtsrichters könne nur er selbst mich vom Tragen der Robe befreien. Die Diskussion wurde nicht vertieft, die Verhandlung ging ohne Aufregung weiter und endete mit dem gewünschten Ergebnis. Ich habe natürlich im Büro gleich nachgesehen und § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwälte wiedergefunden: "Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht." Die Bedeutung dieser Vorschrift scheint vielen Amtsrichtern nicht präsent und ist durch den Verweis auf die Üblichkeit auch nicht ganz eindeutig.
Noch im Jahre 2014 verweigerte das Amtsgericht Augsburg daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einem Anwalt ohne Robe und sah sich durch das Landgericht Augsburg bestätigt, weil das Tragen der Robe jedenfalls vor dem Amtsgericht Augsburg lang anhaltendes Gewohnheitsrecht sei. Erst das Oberlandesgericht München kam zu dem Schluss, dass Anwälte in Zivilsachen vor dem Amtsgericht keine Robe tragen müssen, weil das Gewohnheitsrecht durch die vom Gesetzgeber an die Berufsvertretung der Rechtsanwälte übertragene Möglichkeit zur Regelung eigener Belange, die unter anderem durch die Regelung des § 20 BORA erfolgt ist, überholt sei. Jedenfalls in Zivilprozessen vor einem Amtsgericht kann die Robe deshalb im Büro hängen bleiben.
Sonntag, 28. Juli 2019
Donnerstag, 25. Juli 2019
Verhaftung durch Gerichtsvollzieher
Ich muss gestehen, dass Vollstreckungsrecht nicht meine Stärke ist und ich mich noch nie darum gekümmert habe, wie die Eintreibung ausstehender Schulden und Verhaftungen im Zivilrecht konkret organisiert werden. In letzter Zeit hatte ich allerdings mehrfach die Gelegenheit, mich mit Gerichtsvollziehern und Polizisten zu unterhalten, die mir ein wenig in Erinnerung gebracht haben, wie deren Zusammenarbeit geregelt ist und welche Gesetze sie zu beachten haben. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch bei Verhaftungen zu beachten: "Der Gerichtsvollzieher vermeidet bei der Verhaftung unnötiges Aufsehen und jede durch den Zweck der Vollstreckung nicht gebotene Härte." Das klingt erst einmal ganz beruhigend, allerdings können die Damen und Herren auch anders:
"Bei Widerstand wendet der Gerichtsvollzieher Gewalt an und beachtet dabei die §§ 758 und 759 ZPO. Er befragt den Verhafteten, ob er jemanden von seiner Verhaftung zu benachrichtigen wünsche, und gibt ihm Gelegenheit zur Benachrichtigung seiner Angehörigen und anderer nach Lage des Falles in Betracht kommender Personen, soweit es erforderlich ist und ohne Gefährdung der Inhaftnahme geschehen kann. Der Gerichtsvollzieher, der den Schuldner verhaftet hat, liefert ihn in die nächste zur Aufnahme von Zivilhäftlingen bestimmte Justizvollzugsanstalt ein." Immerhin wird dem Verhafteten ermöglicht, noch einen letzten Hilferuf abzusetzen, bevor er hinter schwedischen Gardinen verschwindet.
Nun waren die Gerichtsvollzieher keine kräftigen Kerle und als ich das Wort "Gewalt" hinterfragt habe, war die Antwort recht einfach und ich erinnerte mich dunkel an Kenntnisse aus meiner Studienzeit. Das Stichwort heißt "Vollzugshilfe" und ist ein Unterfall der Amtshilfe. Die Vollzugshilfe ist in den jeweiligen Polizeigesetzen der Bundesländer geregelt und lautet in Niedersachsen gemäß § 51 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) wie folgt: "Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen. Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend. Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt."
Wenn sich Schwierigkeiten bei Vollstreckungen abzeichnen und der Termin für eine erfolgversprechende Vollstreckung klar ist, fordern die Gerichtsvollzieher rechtzeitig Hilfe bei der örtlichen Polizeibehörde an und überlassen den geschulten Polizisten die Ausübung körperlicher Gewalt, soweit nötig. Weil die Gerichtsvollzieher zum Schutz des Schuldners unnötiges Aufsehen vermeiden sollen, werden Verhaftungen möglichst abseits des Wohnortes vollzogen. Vielfach werden Schuldner daher im Gericht oder bei Behörden verhaftet, wenn sie einer Terminsladung Folge leisten. Wenn dies mehrfach misslingt, verschärft sich allerdings die Gangart der Justiz, wie § 145 Absatz 4 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) deutlich macht:
"Nach wiederholtem fruchtlosen Verhaftungsversuch binnen drei Monaten nach Auftragseingang in einer Wohnung, der mindestens einmal unmittelbar vor Beginn oder nach Beendigung der Nachtzeit erfolgt sein muss, hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger anheimzugeben, einen Beschluss des zuständigen Richters bei dem Amtsgericht darüber herbeizuführen, dass die Verhaftung auch an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen sowie zur Nachtzeit in den bezeichneten Wohnungen erfolgen kann." Wenn man sich überlegt, wie viele Straftäter durch milde Urteile mit Geld- oder Bewährungsstrafen einem Gefängnisaufenthalt entgehen, sind die Befugnisse der Gerichtsvollzieher und Polizisten gegenüber Schuldnern, die lediglich Geldforderungen auszugleichen haben, doch sehr beachtlich. Seine Schulden zu begleichen ist also nicht immer eine schlechte Idee.
"Bei Widerstand wendet der Gerichtsvollzieher Gewalt an und beachtet dabei die §§ 758 und 759 ZPO. Er befragt den Verhafteten, ob er jemanden von seiner Verhaftung zu benachrichtigen wünsche, und gibt ihm Gelegenheit zur Benachrichtigung seiner Angehörigen und anderer nach Lage des Falles in Betracht kommender Personen, soweit es erforderlich ist und ohne Gefährdung der Inhaftnahme geschehen kann. Der Gerichtsvollzieher, der den Schuldner verhaftet hat, liefert ihn in die nächste zur Aufnahme von Zivilhäftlingen bestimmte Justizvollzugsanstalt ein." Immerhin wird dem Verhafteten ermöglicht, noch einen letzten Hilferuf abzusetzen, bevor er hinter schwedischen Gardinen verschwindet.
Nun waren die Gerichtsvollzieher keine kräftigen Kerle und als ich das Wort "Gewalt" hinterfragt habe, war die Antwort recht einfach und ich erinnerte mich dunkel an Kenntnisse aus meiner Studienzeit. Das Stichwort heißt "Vollzugshilfe" und ist ein Unterfall der Amtshilfe. Die Vollzugshilfe ist in den jeweiligen Polizeigesetzen der Bundesländer geregelt und lautet in Niedersachsen gemäß § 51 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) wie folgt: "Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen. Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend. Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt."
Wenn sich Schwierigkeiten bei Vollstreckungen abzeichnen und der Termin für eine erfolgversprechende Vollstreckung klar ist, fordern die Gerichtsvollzieher rechtzeitig Hilfe bei der örtlichen Polizeibehörde an und überlassen den geschulten Polizisten die Ausübung körperlicher Gewalt, soweit nötig. Weil die Gerichtsvollzieher zum Schutz des Schuldners unnötiges Aufsehen vermeiden sollen, werden Verhaftungen möglichst abseits des Wohnortes vollzogen. Vielfach werden Schuldner daher im Gericht oder bei Behörden verhaftet, wenn sie einer Terminsladung Folge leisten. Wenn dies mehrfach misslingt, verschärft sich allerdings die Gangart der Justiz, wie § 145 Absatz 4 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) deutlich macht:
"Nach wiederholtem fruchtlosen Verhaftungsversuch binnen drei Monaten nach Auftragseingang in einer Wohnung, der mindestens einmal unmittelbar vor Beginn oder nach Beendigung der Nachtzeit erfolgt sein muss, hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger anheimzugeben, einen Beschluss des zuständigen Richters bei dem Amtsgericht darüber herbeizuführen, dass die Verhaftung auch an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen sowie zur Nachtzeit in den bezeichneten Wohnungen erfolgen kann." Wenn man sich überlegt, wie viele Straftäter durch milde Urteile mit Geld- oder Bewährungsstrafen einem Gefängnisaufenthalt entgehen, sind die Befugnisse der Gerichtsvollzieher und Polizisten gegenüber Schuldnern, die lediglich Geldforderungen auszugleichen haben, doch sehr beachtlich. Seine Schulden zu begleichen ist also nicht immer eine schlechte Idee.
Dienstag, 23. Juli 2019
Turboquerulantin - Das Massaker-Endspiel in Duisburg - Teil II
Mit langen Gesichtern quittierten Prozessbeobachter, Gerichtsvollzieher und Polizeibeamte die mündliche Verhandlung am 05.07.2019 im Amtsgericht Duisburg-Ruhrort. Denn ob die dort beklagte Journalistin für die Facebook-Seite "Turboquerulantin" verantwortlich ist und wer dort den Kommentar "Am 29.06.2016 wird aufgeräumt unter der ganzen Lügnerbande - Die Turboquerulantin wird alle zur Rechenschaft ziehen, die je über sie hergezogen sind. Es wird ein Massaker im Amtsgericht Nienburg geben !" geschrieben hatte, wurde wegen der Abwesenheit der unter Eingeweihten als Turboquerulantin bekannten Redakteurin nicht geklärt.
Auch die verbeamteten Herren mit den sportlichen Uniformjacken blieben beschäftigungslos. Die 15-minütige Wartezeit vor Erlass des Versäumnisurteils wurde aber zur wechselseitigen Verständigung unter den Anwesenden genutzt und es wurde klar, dass die abwesende Enthüllungsjournalistin aus Niedersachsen zwischenzeitlich derart hohe Schulden bei den Gerichtskassen in Bayern, Bremen und Nordrhein-Westfalen angehäuft hat, dass nunmehr besondere Anstrengungen von der Justiz unternommen werden, um sie als Schuldnerin endlich einer intensiven Vermögensvorsorge zuzuführen.
Es wurde auch in den Erinnerungen an einen denkwürdigen Termin am 21.12.2017 vor dem Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße geschwelgt, wo unsere Hauptdarstellerin schon einmal in robuster Gebrauchskleidung mit rustikalem Armschmuck als Zeugin aufgetreten war und man verabredete sich deshalb zu einem Heimspiel vor dem Amtsgericht Nienburg am 24.07.2019, um sich das Schauspiel einer besonderen Ehrerbietung durch uniformierte Würdenträger bei der Anwendung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung nicht entgehen zu lassen. Ein schnuckeliges Bettchen in einer heimeligen Herberge im beschaulichen Vechta soll auch schon reserviert worden sein, um dem Türbchen endlich den verdienten Erholungsurlaub anbieten zu können.
Auch die verbeamteten Herren mit den sportlichen Uniformjacken blieben beschäftigungslos. Die 15-minütige Wartezeit vor Erlass des Versäumnisurteils wurde aber zur wechselseitigen Verständigung unter den Anwesenden genutzt und es wurde klar, dass die abwesende Enthüllungsjournalistin aus Niedersachsen zwischenzeitlich derart hohe Schulden bei den Gerichtskassen in Bayern, Bremen und Nordrhein-Westfalen angehäuft hat, dass nunmehr besondere Anstrengungen von der Justiz unternommen werden, um sie als Schuldnerin endlich einer intensiven Vermögensvorsorge zuzuführen.
Es wurde auch in den Erinnerungen an einen denkwürdigen Termin am 21.12.2017 vor dem Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße geschwelgt, wo unsere Hauptdarstellerin schon einmal in robuster Gebrauchskleidung mit rustikalem Armschmuck als Zeugin aufgetreten war und man verabredete sich deshalb zu einem Heimspiel vor dem Amtsgericht Nienburg am 24.07.2019, um sich das Schauspiel einer besonderen Ehrerbietung durch uniformierte Würdenträger bei der Anwendung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung nicht entgehen zu lassen. Ein schnuckeliges Bettchen in einer heimeligen Herberge im beschaulichen Vechta soll auch schon reserviert worden sein, um dem Türbchen endlich den verdienten Erholungsurlaub anbieten zu können.
Donnerstag, 18. Juli 2019
"Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein"
Noch vor Beginn der neuen Saison, welche die für die Lizenzspielerabteilung verantwortliche Hannover 96 GmbH & Co. KGaA bekanntlich in der 2. Fußball-Bundesliga absolvieren muß, geraten Hannover-96-Fans und die Geschäftsführung der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG und Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG aneinander. In den letztgenannten Gesellschaften, die sich im Wesentlichen durch die Inhaberschaft an den Markenrechten des 96-Logos und die Spieltagsorganisation in der HDI-Arena kennzeichnen, führen Martin Kind und Björn Bremer die Geschäfte. Etwas unscharf berichtet die örtliche Presse, dass einer Fangruppe nach Anfrage bei "Hannover 96" erlaubt wurde, eine Stadionwand auf eigene Kosten anzumalen und diese Bemalung von "96 selbst" mangels Einhaltung einer Absprache wieder übermalt wurde. Erlaubt worden sei nur die Bemalung mit einem 96-Logo und nicht die mit dem Spruch "Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein".
Eine solche Erlaubnis kann nämlich weder der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. erteilt haben, noch die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA. Weil die Bewirtschaftung des Stadions der Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG obliegt und die Rechte am 96-Logo die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG inne hat, bedurfte es der Zustimmung dieser beiden von Martin Kind und Björn Bremer geleiteten Gesellschaften. Während die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG vorrangig an der Werbung mit ihrem Logo interessiert ist und die Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG natürlich nicht ihren Werbepartner und Namensgeber HDI Versicherung AG vergraulen will, steht die Botschaft "Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein" im Gegensatz zu allem, was den beiden verantwortlichen Gesellschaften und ihren Geschäftsführern im Fußball-Business vorschwebt.
Allerdings wird auch bei der vollkommenen Kommerzialisierung des Fußballs übersehen, dass es für die Identifikation mit einem Verein oder dessen Lizenzspielerabteilung auch im geschäftlichen Sinne von Bedeutung ist, welchen Raum den Fußball-Fans bei der Unterstützung der Spieler im Ligabetrieb gegeben wird. Dazu gehören natürlich Fahnen und Choreographien aber eben auch jene aufwändige Wandbemalung am Stadion, die kurz nach ihrer mühsamen Erstellung "mangels Einhaltung einer Absprache" mit grauer Farbe wieder übertüncht wurde. Mit dem Motto "Fresse halten, Trikot kaufen und Eintritt bezahlen" ist auf Dauer natürlich keine Bindung an das in Hannover angebotene Fußballprodukt zu erzielen und darunter leidet letztendlich auch der Umsatz der mit der Vermarktung dieses Produkts betrauten Gesellschaften.
Statt den Fans daher den gewünschten Raum für eigene Kreativität zu gewähren, wird sogar über den Straftatbestand der Sachbeschädigung durch die Feierabendmaler nachgedacht, weil das Erscheinungsbild der Stadionwand unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde. Dabei dürfte die Strafbarkeit der Sachbeschädigung nach § 303 Absatz 2 StGB hier schon deshalb ausscheiden, weil die Veränderung des Erscheinungsbildes der Wand einverständlich erfolgte und die Wahl eines unliebsamen Motivs gerade nicht die erteilte Befugnis beührt, das Erscheinungsbild der Wand grundsätzlich zu verändern. Die Befugnis zur Veränderung der Wand mit Farbe ist im strafrechtlichen Sinne nämlich von der Wahl eines möglicherweise absprachewidrig gewählten Motivs zu trennen.
Eine solche Erlaubnis kann nämlich weder der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. erteilt haben, noch die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA. Weil die Bewirtschaftung des Stadions der Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG obliegt und die Rechte am 96-Logo die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG inne hat, bedurfte es der Zustimmung dieser beiden von Martin Kind und Björn Bremer geleiteten Gesellschaften. Während die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG vorrangig an der Werbung mit ihrem Logo interessiert ist und die Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG natürlich nicht ihren Werbepartner und Namensgeber HDI Versicherung AG vergraulen will, steht die Botschaft "Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein" im Gegensatz zu allem, was den beiden verantwortlichen Gesellschaften und ihren Geschäftsführern im Fußball-Business vorschwebt.
Allerdings wird auch bei der vollkommenen Kommerzialisierung des Fußballs übersehen, dass es für die Identifikation mit einem Verein oder dessen Lizenzspielerabteilung auch im geschäftlichen Sinne von Bedeutung ist, welchen Raum den Fußball-Fans bei der Unterstützung der Spieler im Ligabetrieb gegeben wird. Dazu gehören natürlich Fahnen und Choreographien aber eben auch jene aufwändige Wandbemalung am Stadion, die kurz nach ihrer mühsamen Erstellung "mangels Einhaltung einer Absprache" mit grauer Farbe wieder übertüncht wurde. Mit dem Motto "Fresse halten, Trikot kaufen und Eintritt bezahlen" ist auf Dauer natürlich keine Bindung an das in Hannover angebotene Fußballprodukt zu erzielen und darunter leidet letztendlich auch der Umsatz der mit der Vermarktung dieses Produkts betrauten Gesellschaften.
Statt den Fans daher den gewünschten Raum für eigene Kreativität zu gewähren, wird sogar über den Straftatbestand der Sachbeschädigung durch die Feierabendmaler nachgedacht, weil das Erscheinungsbild der Stadionwand unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde. Dabei dürfte die Strafbarkeit der Sachbeschädigung nach § 303 Absatz 2 StGB hier schon deshalb ausscheiden, weil die Veränderung des Erscheinungsbildes der Wand einverständlich erfolgte und die Wahl eines unliebsamen Motivs gerade nicht die erteilte Befugnis beührt, das Erscheinungsbild der Wand grundsätzlich zu verändern. Die Befugnis zur Veränderung der Wand mit Farbe ist im strafrechtlichen Sinne nämlich von der Wahl eines möglicherweise absprachewidrig gewählten Motivs zu trennen.
Freitag, 12. Juli 2019
"Du Arschloch"
Ohne Zweifel ist die Äußerung eines Mitarbeiters in einem Ankerzentrum "Du Arschloch" gegenüber einem Asylbwerber eine Beleidigung, die an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen. Dabei kann der Mitarbeiterin nicht zu Gute gehalten werden, dass das Opfer im vorliegenden Fall die im Innern des Gebäudes ausgesprochene Beleidigung nicht hören konnte, weil eine verbale Herabsetzung einer Person unabhängig von der Kenntnisnahme des Beleidigten strafbar ist. Eine Beleidigung nach § 185 StGB kann nämlich auch in Abwesenheit des Betroffenen gegenüber Dritten erfolgen.
Bei der notwendigen Einzelfallbetrachtung im Rahmen einer Kündigung kommt es allerdings sowohl auf den Vorlauf des Konflikts, der zu der Äußerung führte, als auch auf das weitere Geschehen an. Fraglich ist daher, ob die Beleidigung einen wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB darstellt. Nach § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Beleidigungen gegenüber Asylbwerbern in einem Ankerzentrum kommen als wichtiger Grund durchaus in Betracht.
Die Prüfung des Vorliegens eines "wichtigen Grundes" erfolgt grundsätzlich in zwei Schritten. Zunächst ist festzustellen, ob ein Verhalten vorliegt, das "an sich", also ohne Rücksicht auf die Gegebenheiten des Einzelfalles, geeignet ist, einen wichtigen Grund zur Kündigung darzustellen. Ist dies wie hier der Fall, muss in einem zweiten gedanklichen Schritt geprüft werden, ob es dem Arbeitgeber anlässlich des Vorfalles und aller seiner relevanten Einzelheiten sowie unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen tatsächlich unzumutbar ist, an dem Arbeitsverhältnis weiter festzuhalten.
Nach diesem Maßstab bestehen vorliegend Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung der Mitarbeiterin des Ankerzentrums vorliegen. Zwar ist die Äußerung "Du Arschloch" an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 BGB zu rechtfertigen, denn mit dieser Äußerung wurde der nigerianische Asylbewerber beleidigt. Die Verwendung des "A-Wortes" ist grundsätzlich beleidigend, weil sie den Betroffenen herabwürdigt. Das gilt hier selbst dann, wenn man zu Gunsten der Mitarbeiterin unterstellt, dass dieses Wort zum üblichen Wortschatz der Angestellten im Ankerzentrum gehört und dort immer wieder verwendet wird.
In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird regelmäßig betont, dass aus dem Kreis der denkbaren Beleidigungen nur die groben Beleidigungen eine Kündigung rechtfertigen können. Grob ist eine Beleidigung, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen darstellt. Auch dies dürfte hier zu bejahen sein. Im Rahmen der abschließenden Interessenabwägung wird vorliegend jedoch entscheidend sein, dass der Beleidigte objektiv im Begriff war, eine fortgesetzte Sachbeschädigung zu begehen und sich die Angestellte angesichts des wahrgenommenen Geschehens bei ihrer grundsätzlich strafbaren Beleidigung in einem Ausnahmezustand befand, auch weil die beschädigten Autos den Angestellten des Ankerzentrums gehörten.
Da die Kündigung aber die schwerwiegendste arbeitsrechtliche Maßnahme ist, kommt sie nur in Betracht, wenn ein milderes Mittel nicht zumutbar erscheint. Bei Vertragspflichtverletzungen, die ihren Ursprung im Verhalten des Arbeitnehmers haben, ist daher zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten ändern und sich in Zukunft vertragsgemäß auch gegenüber Dritten verhalten kann. Deshalb dürfte in vorliegendem Fall der im Ankerzentrum Beschäftigten erst einmal die Chance zu geben sein, ihr Verhalten zukünftig zu ändern und an Stelle einer Kündigung zuerst eine Abmahnung ihr gegenüber auszusprechen.
Weil zur strafrechtlichen Verfolgung der Beleidigung als Antragsdelikt nach § 194 StGB der Antrag des betroffenen Asylbewerbers erforderlich wäre, der die Beleidigung im vorliegenden Fall nicht gehört haben wird, dürfte die Angestellte des Ankerzentrums voraussichtlich noch einmal mit einem "blauen Auge" davon kommen und sollte sich zukünftig davor hüten, an ihrem Arbeitsplatz Beleidigungen gegenüber Menschen auszusprechen, welche die Dienste ihrer Behörde in Anspruch nehmen möchten.
Dienstag, 9. Juli 2019
Amtsgericht Nienburg lehnt Befangenheitsantrag ab
Vor dem Amtsgericht Nienburg äußern Parteien immer wieder die Besorgnis, das Gericht würde ihnen nicht unbefangen gegenüber stehen. In einem aktuellen Fall hielt die Beklagte den Richter für befangen, weil sie ihm im Internet die Frage gestellt habe, warum er dem Kläger Recht gebe, außerdem unterstütze er die Verwendung falscher Identitäten und der Richter könne nicht mehr unbefangen urteilen, weil er sich wegen eines Nacktbildes der Beklagten im Jahre 2016 in einem Prozess von der Gegenpartei habe einwickeln lassen.
Nun kann gemäß § 42 Abs. 2 ZPO ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Die Befangenheit eines Richters ist gleichbedeutend mit dessen Parteilichkeit und Voreingenommenheit. Befangenheit bedeutet eine unsachliche innere Einstellung des Richters zu den Beteiligten, die dann anzunehmen ist, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen.
Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Es müssen objektive Gründe vorliegen wie die Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei, die einem ruhig und vernünftig denkenden Beteiligtem Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
Mit überzeugender Begründung hat das Amtsgericht Nienburg per Beschluss vom 29.05.2019 zum Az.: 6 C 409/16 den aus oben genannten Gründen gestellten Befangenheitsantrag abgelehnt. Natürlich kann eine von der Partei über Facebook im Internet an den erkennenden Richter formulierte Frage keinen Befangenheitsgrund darstellen, da anerkannt ist, dass das eigene Verhalten der ablehnenden Partei keinen Ablehnungsgrund begründet. Andernfalls hätte die Partei es selbst in der Hand, einen ihr unangenehmen Richter auf einfache Weise auszuschalten.
Auch die Behauptung der Beklagten, der Richter unterstütze durch sein Verhalten die Verwendung falscher Identitäten, musste nicht vertieft behandelt werden, da der Streit um die Frage falscher Identitäten rechtliche Fragen des Verfahrens berührt, deren Beantwortung zum Rechtsstreit gehört und damit ureigenste Aufgabe des Gerichts ist. Die Erfüllung dieser Aufgabe kann daher nicht als objektiver Grund zur Annahme einer Voreingenommenheit des Richters gelten.
Auf den Vorwurf, dass sich der von der Beklagten für befangen gehaltene Richter wegen eines Nacktbildes der Beklagten habe einwickeln lassen, geht das Amtsgericht Nienburg im Beschluss zu Recht überhaupt nicht ein. Denn wenn die Besorgnis der Befangenheit an eine Vorbefassung des abgelehnten Richter anknüpfen soll, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten. Warum das dem Richter aus dem Vorprozess des Jahres 2016 bekannte Nacktbild heute noch von Belang sein soll, hatte die Beklagte mit keiner Silbe erläutert.
Nun kann gemäß § 42 Abs. 2 ZPO ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Die Befangenheit eines Richters ist gleichbedeutend mit dessen Parteilichkeit und Voreingenommenheit. Befangenheit bedeutet eine unsachliche innere Einstellung des Richters zu den Beteiligten, die dann anzunehmen ist, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen.
Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Es müssen objektive Gründe vorliegen wie die Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei, die einem ruhig und vernünftig denkenden Beteiligtem Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
Mit überzeugender Begründung hat das Amtsgericht Nienburg per Beschluss vom 29.05.2019 zum Az.: 6 C 409/16 den aus oben genannten Gründen gestellten Befangenheitsantrag abgelehnt. Natürlich kann eine von der Partei über Facebook im Internet an den erkennenden Richter formulierte Frage keinen Befangenheitsgrund darstellen, da anerkannt ist, dass das eigene Verhalten der ablehnenden Partei keinen Ablehnungsgrund begründet. Andernfalls hätte die Partei es selbst in der Hand, einen ihr unangenehmen Richter auf einfache Weise auszuschalten.
Auch die Behauptung der Beklagten, der Richter unterstütze durch sein Verhalten die Verwendung falscher Identitäten, musste nicht vertieft behandelt werden, da der Streit um die Frage falscher Identitäten rechtliche Fragen des Verfahrens berührt, deren Beantwortung zum Rechtsstreit gehört und damit ureigenste Aufgabe des Gerichts ist. Die Erfüllung dieser Aufgabe kann daher nicht als objektiver Grund zur Annahme einer Voreingenommenheit des Richters gelten.
Auf den Vorwurf, dass sich der von der Beklagten für befangen gehaltene Richter wegen eines Nacktbildes der Beklagten habe einwickeln lassen, geht das Amtsgericht Nienburg im Beschluss zu Recht überhaupt nicht ein. Denn wenn die Besorgnis der Befangenheit an eine Vorbefassung des abgelehnten Richter anknüpfen soll, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten. Warum das dem Richter aus dem Vorprozess des Jahres 2016 bekannte Nacktbild heute noch von Belang sein soll, hatte die Beklagte mit keiner Silbe erläutert.
Samstag, 6. Juli 2019
Walter Lübcke und die Meinungsfreiheit
Der Mord an Walter Lübcke am 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses im hessischen Wolfhagen-Istha findet in der deutschen Politik besondere Beachtung, weil Walter Lübcke zum Zeitpunkt seines Todes Regierungspräsident im Regierungsbezirk Kassel und damit ein vom Mininsterpräsidenten des Landes Hessen ernannter politischer Beamter war. Lübckes Ermordung wird im Zusammenhang mit seiner Rede am 14. Oktober 2015 auf einer von über 800 Menschen besuchten Bürgerversammlung in Lohfelden gesehen, bei der über eine dort geplante Erstaufnahmeunterkunft für Flüchtlinge des Landes Hessen im ehemaligen Hornbach-Gartenmarkt informiert wurde. Geplant war die Umsiedelung von etwa 380 männlichen Flüchtlingen, die bis dahin im aufgelösten Zeltlager Schwarzenborn untergebracht waren.
Die von vielen Zuhörern und Kommentatoren kritisierte Passage der Rede von Walter Lübcke wird vielfach verkürzt oder verfälscht wiedergegeben. Sie lautete wie folgt: "Ich bin stolz drauf, dass wir als Regierungspräsidium mit der Mannschaft, mit den Ehrenamtlichen hier dazu beitragen, da danke ich aber auch den Schülern, was ich in der Zeitung gesehen habe und den Lehrern. Ich hab mich hier mal für die Schule mal eingesetzt, dass hier auch in der Schule das weitergeben, das trägt auch Früchte davon, dass wir eine tolle Schule haben, dass wir mit Kirchen hier eine Wertevermittlung haben, wo wir sagen, es lohnt sich in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen."
Am 16. Oktober 2015 reagierte Lübcke auf die bis dahin an seiner Rede auf der Bürgerversammlung geäußerte Kritik und erläuterte seinen Standpunkt gegenüber der Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) wie folgt:
"Unser Zusammenleben beruht auf christlichen Werten. Damit eng verbunden sind die Sorge, die Verantwortung und die Hilfe für Menschen in Not. An diese christlichen Kernbegriffe hatte ich erinnert, als ich immer wieder durch Zwischenrufe wie "Scheiß Staat!" und durch hämische Bemerkungen unterbrochen wurde. Ich wollte diese Zwischenrufer darauf hinweisen, dass in diesem Land für jeden und für jede, die diese Werte und die Konsequenzen aus unseren Werten so sehr ablehnen und verachten, die Freiheit besteht, es zu verlassen; im Gegensatz zu solchen Ländern, aus denen Mensch nach Deutschland fliehen, weil sie diese Freiheit dort nicht haben."
Im Zentrum des Mordfalls Lübcke steht neben der Tat an sich das gesprochene oder geschriebene Wort. Dies gilt für die Worte Lübckes selbst, die allem Anschein nach ursächlich für dessen Ermordung waren, für die Zwischenrufe während seiner Rede und erst recht für die der Rede folgenden Worte, die sich auch nach Lübckes Tod aus allen Richtungen und in alle Richtungen insbesondere über das Internet weiter verbreiten. Die Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet eröffnen der breiten Masse nicht nur die Rezeption umfassender Informationen über den Fall Lübcke, sondern auch die Chance, sich über den Mord und die Person Lübckes in den Weiten des Internets rund um die Uhr weltweit wahrnehmbar auszutauschen. Die Zeit der Gnade des Abdrucks von Leserbriefen ist vorbei und der Umgang mit dem ungefilterten Strom von Meinungen erscheint schwierig.
Die Deutungshoheit über politische Ereignisse beanspruchen nach wie vor Medienkonzerne und Volksvertreter, deren Betrachtung dieses Falls sich oft nur auf die Worte des politischen Gegners fokussiert: "Wir haben es mit einer fatalen Verrohung der politischen Sprache und der Umgangsformen zu tun. Und dort, wo Sprache verroht, verrohen Umgangsformen. Und dort, wo Umgangsformen verrohen, geschehen politische Anschläge" resümiert Friedrich März von der CDU. "Nicht nur die politische Gewalt und Gewaltbereitschaft von rechts nimmt zu. Auch das politische Klima dieser Republik hat sich verändert. Die AfD im Deutschen Bundestag und in den Länderparlamenten leistet dazu einen Beitrag. Sie hat mit der Entgrenzung der Sprache den Weg bereitet für die Entgrenzung der Gewalt. Erika Steinbach, einst eine Dame mit Bildung und Stil, demonstriert diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter. Sie ist ebenso wie die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes." behauptet Peter Tauber (CDU).
Einer näheren Betrachtung der Rede Lübckes selbst widmet sich derzeit kaum jemand, obwohl doch gerade dessen Worte eine große Bedeutung in diesem bewegenden Kriminalfall haben und abseits zahlreicher Spekulationen allgemein nachvollziehbar und bewertbar sind. Wenn in der Politik spekulative Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit als angemessene Reaktion auf einen politischen Mord gelten, muss auch die Frage erlaubt sein, welche Bedeutung der Hinweis eines politischen Spitzenbeamten während einer Bürgerversammlung anlässlich einer Umsiedelung von Flüchtlingen hat, dass jeder Deutsche, der mit der Anwendung christlicher Werte in der Einwanderungspolitik nicht einverstanden sei, Deutschland jederzeit verlassen könne.
Richtig an diesen Worten ist zweifelsohne die Garantie, dass jeder Deutsche das Privileg der Freizügigkeit genießt, wie es Artikel 6 der hessischen Verfassung bestimmt (Jedermann ist frei, sich aufzuhalten und niederzulassen, wo er will) und Artikel 11 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet) festlegt. Ein derartiges Freiheitsrecht in einem Moment zu zitieren, wo es nicht zur Debatte steht, kommt allerdings der volkstümlichen Aufforderung gleich, dorthin zu gehen, "wo der Pfeffer wächst", wenn einem die gewählten Maßstäbe des Äußernden nicht gefallen. Angesichts des staatsbürgerlichen Rechts als Teil der zitierten Freizügigkeit natürlich auch dort bleiben zu dürfen, wo es einem gefällt obwohl man mit den Werten der Politik nicht einverstanden ist, sind die an die Bürgerversammlung gerichteten Worte Lübckes eine Anmaßung gewesen, die von den betroffenen Bürgern auch als solche verstanden wurde.
Über diesen Umstand hinaus verdient die Behauptung Lübckes, dass man in Deutschland für christliche Werte eintreten müsse und christliche Kernbegriffe den Umfang des Schutzes von Menschen in Not bestimmen, einen Abgleich mit der Rechtslage. Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland legt fest, dass die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 Bestandteil des Grundgesetzes sind und Artikel 137 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sagt unmissverständlich: "Es besteht keine Staatskirche." Noch deutlicher widerlegt Artikel 50 der hessischen Verfassung die Ansicht Lübckes, wenn es dort heißt: "1. Es ist Aufgabe von Gesetz oder Vereinbarung, die staatlichen und kirchlichen Bereiche klar gegeneinander abzugrenzen. 2. Die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben sich, wie der Staat, jeder Einmischung in die Angelegenheiten des anderen Teiles zu enthalten."
Tatsächlich bestimmt das deutsche Recht und nicht christliche Tradition über den Umfang der Verantwortung und die Hilfe für Menschen in Not. Allenfalls mittelbar ist das geltende Recht von christlichen Werten geprägt. Artikel 16 a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bestimmt in Absatz 1 "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" und in Absatz 2 "Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt."
Mit dieser Norm soll in einem europäischen Staatenbund ohne Binnengrenzen, der auf einheitlichen Prinzipien über den Schutz von Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention beruht, eine unkontrollierte Weiterwanderung von Flüchtlingen vermieden werden. Wer über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland einreist, hat - ohne Beachtung christlicher Prinzipien - von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf Asyl. Für welche Werte ein Beamter eintreten muss, regelt zuerst das Bundesbeamtengesetz und nicht die Bibel, denn der Diensteid des § 64 Abs. 1 BBG kann auf Wunsch auch ohne Religionsformel geleistet werden: "Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."
Weil Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes bestimmt, dass die Gesetzgebung nur an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung lediglich an Recht und Gesetz gebunden ist, lag Walter Lübcke als politischer Beamter nicht nur mit seiner Wortwahl, sondern auch mit der These des Bestehens einer Pflicht zum Eintreten für christliche Werte falsch. Vielleicht orientierte sich Lübcke bei seiner Rede auch an den Prinzipien seiner Parteikollegin und Bundeskanzlerin Andrea Merkel, die durch ihr Wort im September 2015 in Abkehr von den Bestimmungen des Grundgesetzes die Öffnung der bundesdeutschen Grenzen unter Missachtung geltenden Asylrechts und der Dublin-Verordnung III ohne ausreichende Rechtsgrundlage veranlasst hatte.
Welchen Anteil welche Worte bei den Motiven des Täters gespielt haben, wird die zu erwartende Hauptverhandlung zeigen. Fest steht, dass die Schuld ausschließlich bei dem Täter für seine nicht zu rechtfertigende Tat zu suchen ist und die bereits stattfindende Instrumentalisierung des Mordes an Walter Lübcke nicht dazu führen darf, die Meinungsfreiheit derjenigen einzuschränken, die sich von den verfehlten Worten Lübckes bis heute angesprochen fühlen und ihren Ärger darüber im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit durch Kommentare in der Öffentlichkeit, insbesondere in den sozialen Medien, Luft machen. Denn wer die Berichterstattung über den Lübcke-Mord verfolgt, wird feststellen, dass zahlreiche Zitate, die im Zusammenhang mit dieser Straftat gefallen sind, in den Medien als "unerträglich", "widerlich" oder "obszön" eingeordnet werden und vielfach der Eindruck entsteht, dass eine "widerliche" Meinungsäußerung nicht dem Schutz des Grundgesetzes unterfällt.
Dies wird jedoch selten der Fall sein, weil jede Äußerung stets in ihrem Kontext betrachtet werden muss und das Bundesverfassungsgericht den Rahmen für eine unzulässige Schmähkritik als Sonderfall äußerst eng gezogen hat. "Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt. Die Annahme einer Schmähung hat wegen des mit ihr typischerweise verbundenen Unterbleibens einer Abwägung gerade in Bezug auf Äußerungen, die als Beleidigung und damit als strafwürdig beurteilt werden, ein eng zu handhabender Sonderfall zu bleiben."
Auch die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen die Vorschriften der §§ 185, 189, 193 StGB gehören. Nur für solche Äußerungen, die ohne Zweifel als Formalbeleidigung oder Schmähung eingeordnet werden können, ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Kritisierten notwendig, weil die Meinungsfreiheit dann regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurücktreten muss. Zu beachten ist hierbei, dass die Meinungsfreiheit nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung oder abfällige Bewertung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist, sondern erst dort, wo es nur um die Schmähung einer Person ohne nachvollziehbaren Anlass geht.
Leider verkennen Fachgerichte vielfach die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit und sind gerade bei ausfälligen Kommentaren in öffentlichkeitswirksamen Zusammenhängen bereit, die Messlatte zu tief zu hängen, um nicht selbst ins Zentrum der Kritik zu geraten. Es ist daher zu befürchten, dass Forderungen von Politikern und Journalisten, die im Wettstreit um Beifall und Beachtung natürlich nicht an den Freiheitsrechten des Grundgesetzes gemessen werden, auf fruchtbaren Boden auch bei Staatsanwälten und Richtern fallen und öffentliche Kommentare zum Mord an Walter Lübcke zu strafrechtlichen Verurteilungen führen, die sich nicht an den immer wieder vom Bundesverfassungsgericht gesteckten verfassungsrechtlichen Grenzen orientieren, sondern an willkürlich dehnbaren Begriffen wie Anstand und Moral, die gerne ins Feld geführt werden, wenn es darum geht, die Äußerungsrechte Andersdenkender aus politischem Kalkül heraus zu beschneiden.
Die von vielen Zuhörern und Kommentatoren kritisierte Passage der Rede von Walter Lübcke wird vielfach verkürzt oder verfälscht wiedergegeben. Sie lautete wie folgt: "Ich bin stolz drauf, dass wir als Regierungspräsidium mit der Mannschaft, mit den Ehrenamtlichen hier dazu beitragen, da danke ich aber auch den Schülern, was ich in der Zeitung gesehen habe und den Lehrern. Ich hab mich hier mal für die Schule mal eingesetzt, dass hier auch in der Schule das weitergeben, das trägt auch Früchte davon, dass wir eine tolle Schule haben, dass wir mit Kirchen hier eine Wertevermittlung haben, wo wir sagen, es lohnt sich in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen."
Am 16. Oktober 2015 reagierte Lübcke auf die bis dahin an seiner Rede auf der Bürgerversammlung geäußerte Kritik und erläuterte seinen Standpunkt gegenüber der Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) wie folgt:
"Unser Zusammenleben beruht auf christlichen Werten. Damit eng verbunden sind die Sorge, die Verantwortung und die Hilfe für Menschen in Not. An diese christlichen Kernbegriffe hatte ich erinnert, als ich immer wieder durch Zwischenrufe wie "Scheiß Staat!" und durch hämische Bemerkungen unterbrochen wurde. Ich wollte diese Zwischenrufer darauf hinweisen, dass in diesem Land für jeden und für jede, die diese Werte und die Konsequenzen aus unseren Werten so sehr ablehnen und verachten, die Freiheit besteht, es zu verlassen; im Gegensatz zu solchen Ländern, aus denen Mensch nach Deutschland fliehen, weil sie diese Freiheit dort nicht haben."
Im Zentrum des Mordfalls Lübcke steht neben der Tat an sich das gesprochene oder geschriebene Wort. Dies gilt für die Worte Lübckes selbst, die allem Anschein nach ursächlich für dessen Ermordung waren, für die Zwischenrufe während seiner Rede und erst recht für die der Rede folgenden Worte, die sich auch nach Lübckes Tod aus allen Richtungen und in alle Richtungen insbesondere über das Internet weiter verbreiten. Die Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet eröffnen der breiten Masse nicht nur die Rezeption umfassender Informationen über den Fall Lübcke, sondern auch die Chance, sich über den Mord und die Person Lübckes in den Weiten des Internets rund um die Uhr weltweit wahrnehmbar auszutauschen. Die Zeit der Gnade des Abdrucks von Leserbriefen ist vorbei und der Umgang mit dem ungefilterten Strom von Meinungen erscheint schwierig.
Die Deutungshoheit über politische Ereignisse beanspruchen nach wie vor Medienkonzerne und Volksvertreter, deren Betrachtung dieses Falls sich oft nur auf die Worte des politischen Gegners fokussiert: "Wir haben es mit einer fatalen Verrohung der politischen Sprache und der Umgangsformen zu tun. Und dort, wo Sprache verroht, verrohen Umgangsformen. Und dort, wo Umgangsformen verrohen, geschehen politische Anschläge" resümiert Friedrich März von der CDU. "Nicht nur die politische Gewalt und Gewaltbereitschaft von rechts nimmt zu. Auch das politische Klima dieser Republik hat sich verändert. Die AfD im Deutschen Bundestag und in den Länderparlamenten leistet dazu einen Beitrag. Sie hat mit der Entgrenzung der Sprache den Weg bereitet für die Entgrenzung der Gewalt. Erika Steinbach, einst eine Dame mit Bildung und Stil, demonstriert diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter. Sie ist ebenso wie die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes." behauptet Peter Tauber (CDU).
Einer näheren Betrachtung der Rede Lübckes selbst widmet sich derzeit kaum jemand, obwohl doch gerade dessen Worte eine große Bedeutung in diesem bewegenden Kriminalfall haben und abseits zahlreicher Spekulationen allgemein nachvollziehbar und bewertbar sind. Wenn in der Politik spekulative Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit als angemessene Reaktion auf einen politischen Mord gelten, muss auch die Frage erlaubt sein, welche Bedeutung der Hinweis eines politischen Spitzenbeamten während einer Bürgerversammlung anlässlich einer Umsiedelung von Flüchtlingen hat, dass jeder Deutsche, der mit der Anwendung christlicher Werte in der Einwanderungspolitik nicht einverstanden sei, Deutschland jederzeit verlassen könne.
Richtig an diesen Worten ist zweifelsohne die Garantie, dass jeder Deutsche das Privileg der Freizügigkeit genießt, wie es Artikel 6 der hessischen Verfassung bestimmt (Jedermann ist frei, sich aufzuhalten und niederzulassen, wo er will) und Artikel 11 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet) festlegt. Ein derartiges Freiheitsrecht in einem Moment zu zitieren, wo es nicht zur Debatte steht, kommt allerdings der volkstümlichen Aufforderung gleich, dorthin zu gehen, "wo der Pfeffer wächst", wenn einem die gewählten Maßstäbe des Äußernden nicht gefallen. Angesichts des staatsbürgerlichen Rechts als Teil der zitierten Freizügigkeit natürlich auch dort bleiben zu dürfen, wo es einem gefällt obwohl man mit den Werten der Politik nicht einverstanden ist, sind die an die Bürgerversammlung gerichteten Worte Lübckes eine Anmaßung gewesen, die von den betroffenen Bürgern auch als solche verstanden wurde.
Über diesen Umstand hinaus verdient die Behauptung Lübckes, dass man in Deutschland für christliche Werte eintreten müsse und christliche Kernbegriffe den Umfang des Schutzes von Menschen in Not bestimmen, einen Abgleich mit der Rechtslage. Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland legt fest, dass die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 Bestandteil des Grundgesetzes sind und Artikel 137 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sagt unmissverständlich: "Es besteht keine Staatskirche." Noch deutlicher widerlegt Artikel 50 der hessischen Verfassung die Ansicht Lübckes, wenn es dort heißt: "1. Es ist Aufgabe von Gesetz oder Vereinbarung, die staatlichen und kirchlichen Bereiche klar gegeneinander abzugrenzen. 2. Die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben sich, wie der Staat, jeder Einmischung in die Angelegenheiten des anderen Teiles zu enthalten."
Tatsächlich bestimmt das deutsche Recht und nicht christliche Tradition über den Umfang der Verantwortung und die Hilfe für Menschen in Not. Allenfalls mittelbar ist das geltende Recht von christlichen Werten geprägt. Artikel 16 a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bestimmt in Absatz 1 "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" und in Absatz 2 "Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt."
Mit dieser Norm soll in einem europäischen Staatenbund ohne Binnengrenzen, der auf einheitlichen Prinzipien über den Schutz von Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention beruht, eine unkontrollierte Weiterwanderung von Flüchtlingen vermieden werden. Wer über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland einreist, hat - ohne Beachtung christlicher Prinzipien - von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf Asyl. Für welche Werte ein Beamter eintreten muss, regelt zuerst das Bundesbeamtengesetz und nicht die Bibel, denn der Diensteid des § 64 Abs. 1 BBG kann auf Wunsch auch ohne Religionsformel geleistet werden: "Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."
Weil Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes bestimmt, dass die Gesetzgebung nur an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung lediglich an Recht und Gesetz gebunden ist, lag Walter Lübcke als politischer Beamter nicht nur mit seiner Wortwahl, sondern auch mit der These des Bestehens einer Pflicht zum Eintreten für christliche Werte falsch. Vielleicht orientierte sich Lübcke bei seiner Rede auch an den Prinzipien seiner Parteikollegin und Bundeskanzlerin Andrea Merkel, die durch ihr Wort im September 2015 in Abkehr von den Bestimmungen des Grundgesetzes die Öffnung der bundesdeutschen Grenzen unter Missachtung geltenden Asylrechts und der Dublin-Verordnung III ohne ausreichende Rechtsgrundlage veranlasst hatte.
Welchen Anteil welche Worte bei den Motiven des Täters gespielt haben, wird die zu erwartende Hauptverhandlung zeigen. Fest steht, dass die Schuld ausschließlich bei dem Täter für seine nicht zu rechtfertigende Tat zu suchen ist und die bereits stattfindende Instrumentalisierung des Mordes an Walter Lübcke nicht dazu führen darf, die Meinungsfreiheit derjenigen einzuschränken, die sich von den verfehlten Worten Lübckes bis heute angesprochen fühlen und ihren Ärger darüber im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit durch Kommentare in der Öffentlichkeit, insbesondere in den sozialen Medien, Luft machen. Denn wer die Berichterstattung über den Lübcke-Mord verfolgt, wird feststellen, dass zahlreiche Zitate, die im Zusammenhang mit dieser Straftat gefallen sind, in den Medien als "unerträglich", "widerlich" oder "obszön" eingeordnet werden und vielfach der Eindruck entsteht, dass eine "widerliche" Meinungsäußerung nicht dem Schutz des Grundgesetzes unterfällt.
Dies wird jedoch selten der Fall sein, weil jede Äußerung stets in ihrem Kontext betrachtet werden muss und das Bundesverfassungsgericht den Rahmen für eine unzulässige Schmähkritik als Sonderfall äußerst eng gezogen hat. "Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt. Die Annahme einer Schmähung hat wegen des mit ihr typischerweise verbundenen Unterbleibens einer Abwägung gerade in Bezug auf Äußerungen, die als Beleidigung und damit als strafwürdig beurteilt werden, ein eng zu handhabender Sonderfall zu bleiben."
Auch die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen die Vorschriften der §§ 185, 189, 193 StGB gehören. Nur für solche Äußerungen, die ohne Zweifel als Formalbeleidigung oder Schmähung eingeordnet werden können, ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Kritisierten notwendig, weil die Meinungsfreiheit dann regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurücktreten muss. Zu beachten ist hierbei, dass die Meinungsfreiheit nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung oder abfällige Bewertung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist, sondern erst dort, wo es nur um die Schmähung einer Person ohne nachvollziehbaren Anlass geht.
Leider verkennen Fachgerichte vielfach die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit und sind gerade bei ausfälligen Kommentaren in öffentlichkeitswirksamen Zusammenhängen bereit, die Messlatte zu tief zu hängen, um nicht selbst ins Zentrum der Kritik zu geraten. Es ist daher zu befürchten, dass Forderungen von Politikern und Journalisten, die im Wettstreit um Beifall und Beachtung natürlich nicht an den Freiheitsrechten des Grundgesetzes gemessen werden, auf fruchtbaren Boden auch bei Staatsanwälten und Richtern fallen und öffentliche Kommentare zum Mord an Walter Lübcke zu strafrechtlichen Verurteilungen führen, die sich nicht an den immer wieder vom Bundesverfassungsgericht gesteckten verfassungsrechtlichen Grenzen orientieren, sondern an willkürlich dehnbaren Begriffen wie Anstand und Moral, die gerne ins Feld geführt werden, wenn es darum geht, die Äußerungsrechte Andersdenkender aus politischem Kalkül heraus zu beschneiden.
Mittwoch, 3. Juli 2019
Fridays for Querulanten
Nun aber sind nicht nur in Niedersachsen Ferien und besorgte Bürger fragen sich, ob die Ferien der Anfang vom Ende der idealistischen Bewegung sind. Insbesondere die neu gegründete Bewegung "Fridays for Querulanten" (FFQ) verunsichert den rechtstreuen Teil der Gesellschaft und weckt die Befürchtung, dass dunkle Kräfte in das von den Schülern und Studenten zurückgelassene Vakuum der Ferien stoßen, um den gesellschaftlichen Umbruch in Deutschland für eigene Zwecke zu nutzen. Schon am kommenden Freitag treffen sich die justizfeindlichen Kräfte der FFQ zu einer Kundgebung in Hagen, weil die Initiatoren der Bewegung in Hagen nach gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rockermilieu und der Auflösung der dortigen Bandidos auf zahlreiche neue Mitglieder hoffen. Die Polizei ist alarmiert und wird am kommenden Freitag im Bahnhofsbereich und Gerichtsviertel rund um die Uhr besonders starke Präsenz zeigen.
Montag, 1. Juli 2019
Wenn der Bundespräsident das Recht vom Tisch wischt
Mittlerweile bin ich mir sicher, dass das geltende Recht die öffentliche Hand immer weniger interessiert. Vergleichsweise harmlos gestalten sich die vorsätzlichen Verirrungen, die ich an Gerichten immer wieder erlebe, denn diese sind in ihrer Wirkung recht beschränkt. Schwerwiegender sind dagegen die unüberhörbaren Signale gegen geltendes Recht in der deutschen Politik, deren Echo die Selbstherrlichkeit von Entscheidungsträgern auf unteren Ebenen sicherlich befeuern wird.
Angesichts des aktuellen Falls der Kapitänin des Rettungsschiffs "Sea-Watch 3", Carola Rackete, die mit 40 vor Libyen geretteten Migranten an Bord unerlaubt in den Hafen von Lampedusa eingefahren ist und damit widerrechtlich italienische Hoheitsgewässer befahren hat, schrieb der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, auf Twitter: "Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden". Grundsätzlich ein nachvollziehbares Statement, das allerdings am zitierten Fall vorbeigeht, denn die Seenotrettung vor Libyen selbst durch die "Sea-Watch 3" stand gar nicht zur Debatte.
Mit der typischen Arroganz deutscher Politiker gegenüber europäischen Partnern schwang sich dagegen der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Frank-Walter Steinmeier, zum obersten Dienstherrn der italienischen Justiz auf, als er in einem ZDF-Interview darüber sinnierte, dass es natürlich Rechtsvorschriften gebe, unter welchen Voraussetzungen ein Schiff einen italienischen Hafen anlaufen dürfe und dass Verstöße gegen diese Vorschriften entweder als Ordnungswidrigkeiten oder auch als Straftaten zu ahnden seien.
Im vollen Bewusstsein der Existenz des von ihm selbst zitierten italienischen Seerechts forderte das deutsche Staatsoberhaupt mit einer unaufgeregten Selbstverständlichkeit in einer verstörenden Erwartungshaltung den offenen Rechtsbruch von einem souveränen Land, dessen demokratisch legitimiertes Parlament zu beachtende Gesetze erlassen hat: "Italien ist nicht irgendein Staat. Italien ist inmitten der Europäischen Union, ist Gründerstaat der Europäischen Union. Und deshalb dürfen wir von einem Land wie Italien erwarten, dass man mit einem solchen Fall anders umgeht." Anders als auf der Grundlage italienischer Gesetze?
Wer angesichts solcher Signale auch in Zukunft darauf vertraut, dass vor Gerichten oder Behörden geltendes Recht als Ausfluss eines demokratischen Gemeinwesens mit entsprechendem Respekt behandelt wird, sollte sich nicht allzu überrascht zeigen, wenn mit dem eigenen Fall von der öffentlichen Hand anders umgegangen wird, als es der Gesetzgeber bei Erlass entsprechender Gesetze ursprünglich geplant hat. Denn von einem Beamten oder Richter, der wie unser Präsident gern seine eigenen Ideen von Gerechtigkeit verfolgt, muss man dann wohl auch erwarten, dass er mit dem ein oder anderen Fall etwas anders umgeht, als es das geltende Recht eigentlich vorsieht.
Angesichts des aktuellen Falls der Kapitänin des Rettungsschiffs "Sea-Watch 3", Carola Rackete, die mit 40 vor Libyen geretteten Migranten an Bord unerlaubt in den Hafen von Lampedusa eingefahren ist und damit widerrechtlich italienische Hoheitsgewässer befahren hat, schrieb der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, auf Twitter: "Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden". Grundsätzlich ein nachvollziehbares Statement, das allerdings am zitierten Fall vorbeigeht, denn die Seenotrettung vor Libyen selbst durch die "Sea-Watch 3" stand gar nicht zur Debatte.
Mit der typischen Arroganz deutscher Politiker gegenüber europäischen Partnern schwang sich dagegen der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Frank-Walter Steinmeier, zum obersten Dienstherrn der italienischen Justiz auf, als er in einem ZDF-Interview darüber sinnierte, dass es natürlich Rechtsvorschriften gebe, unter welchen Voraussetzungen ein Schiff einen italienischen Hafen anlaufen dürfe und dass Verstöße gegen diese Vorschriften entweder als Ordnungswidrigkeiten oder auch als Straftaten zu ahnden seien.
Im vollen Bewusstsein der Existenz des von ihm selbst zitierten italienischen Seerechts forderte das deutsche Staatsoberhaupt mit einer unaufgeregten Selbstverständlichkeit in einer verstörenden Erwartungshaltung den offenen Rechtsbruch von einem souveränen Land, dessen demokratisch legitimiertes Parlament zu beachtende Gesetze erlassen hat: "Italien ist nicht irgendein Staat. Italien ist inmitten der Europäischen Union, ist Gründerstaat der Europäischen Union. Und deshalb dürfen wir von einem Land wie Italien erwarten, dass man mit einem solchen Fall anders umgeht." Anders als auf der Grundlage italienischer Gesetze?
Wer angesichts solcher Signale auch in Zukunft darauf vertraut, dass vor Gerichten oder Behörden geltendes Recht als Ausfluss eines demokratischen Gemeinwesens mit entsprechendem Respekt behandelt wird, sollte sich nicht allzu überrascht zeigen, wenn mit dem eigenen Fall von der öffentlichen Hand anders umgegangen wird, als es der Gesetzgeber bei Erlass entsprechender Gesetze ursprünglich geplant hat. Denn von einem Beamten oder Richter, der wie unser Präsident gern seine eigenen Ideen von Gerechtigkeit verfolgt, muss man dann wohl auch erwarten, dass er mit dem ein oder anderen Fall etwas anders umgeht, als es das geltende Recht eigentlich vorsieht.
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Samstag, 29. Juni 2019
Turboquerulantin - Das Massaker-Endspiel in Duisburg
Mit Spannung fiebern justizkritische Journalisten in ganz Deutschland dem Termin am 05.07.2019 im Amtsgericht Duisburg-Ruhrort entgegen, in welchem es auch um die Aufdeckung der Verantwortlichkeit für die bekannte Facebook-Seite "Turboquerulantin" geht, dessen Inhaber gedroht hatte: "Am 29.06.2016 wird aufgeräumt unter der ganzen Lügnerbande - Die Turboquerulantin wird alle zur Rechenschaft ziehen, die je über sie hergezogen sind. Es wird ein Massaker im Amtsgericht Nienburg geben !". Eine prominente niedersächsische Journalistin war anschließend durch eine einstweilige Verfügung verurteilt worden, es zu unterlassen, zu behaupten, dass ein Vertreter des französischen Adelshauses Montfort-l'Amaury das Massaker im Gericht angedroht hatte und damit verantwortlich für die Facebook-Seite "Turboquerulantin" sei.
Im Eilverfahren konnte die freie Journalistin keine stichhaltigen Beweise für ihre Behauptung vorlegen und war mit Urteil vom 10.04.2017 durch das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort dem Antrag unseres Mandanten entsprechend verurteilt worden. Auch im Berufungsverfahren konnte sich die justizkritische Online-Redakteurin nicht mit ihrer Version des Geschehens um den streitbaren Grafen durchsetzen und die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort wurde nach freundlichem Hinweis durch das Landgericht Duisburg vom 16.10.2017 schließlich per Beschluss vom 28.11.2017 zurückgewiesen. Der Verfasser des streitgegenständlichen Kommentars konnte auch von den Ermittlungsbehörden nicht identifiziert werden.
Im Termin am 05.07.2019 handelt es sich nun um das Hauptsacheverfahren im Streit über die Massaker-Drohung, in welchem nun auch zahlreiche weitere Themen auf der Tagesordnung stehen, wie der Vorwurf des Prozessbetrugs durch die gräflichen Anwälte und das damit zusammenhängende Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe sowie ein hoher Schadensersatzanspruch der aufrechten Journalistin, den sie bisher unzulässiger Weise nur im Vorverfahren gestellt hatte. Bisher liegt der auf EUR 10.000,- bezifferte Gegenantrag dem Gericht nicht im Klageverfahren vor. Das Haus Montfort-l'Amaury ist deshalb auch nicht zu einer Stellungnahme zu bewegen, ob man bereit sei, auf finanzielle Forderungen der Gegenseite einzugehen, um eine riskante Widerklage zu vermeiden.
Gerüchte aus anderen Verfahren besagen dagegen, dass die prozesserfahrene Journalistin Zeugen gegenüber schon vor Jahren zugegeben habe, die Facebook-Seite "Turboquerulantin" selbst zu betreiben, was dem Duisburger Verfahren deswegen besondere Brisanz verleiht, weil sie ihre streitgegenständliche Behauptung zu Lasten des Adelsvertreters dann sogar wider besseren Wissens erhoben hätte. Kenner der Szene rechnen allerdings mit einem Versäumnisurteil, weil die streitbare Journalistin gesundheitlich zu angeschlagen sei, um sich dem schwerwiegenden Vorwurf, selbst hinter der berühmt-berüchtigten Seite auf Facebook zu stecken, in Duisburg zu stellen. Eine Variante, die dem Kläger sicherlich entgegen käme, um der drohenden Schadensersatzforderung seiner Widersacherin zu entgehen.
Im Eilverfahren konnte die freie Journalistin keine stichhaltigen Beweise für ihre Behauptung vorlegen und war mit Urteil vom 10.04.2017 durch das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort dem Antrag unseres Mandanten entsprechend verurteilt worden. Auch im Berufungsverfahren konnte sich die justizkritische Online-Redakteurin nicht mit ihrer Version des Geschehens um den streitbaren Grafen durchsetzen und die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort wurde nach freundlichem Hinweis durch das Landgericht Duisburg vom 16.10.2017 schließlich per Beschluss vom 28.11.2017 zurückgewiesen. Der Verfasser des streitgegenständlichen Kommentars konnte auch von den Ermittlungsbehörden nicht identifiziert werden.
Im Termin am 05.07.2019 handelt es sich nun um das Hauptsacheverfahren im Streit über die Massaker-Drohung, in welchem nun auch zahlreiche weitere Themen auf der Tagesordnung stehen, wie der Vorwurf des Prozessbetrugs durch die gräflichen Anwälte und das damit zusammenhängende Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe sowie ein hoher Schadensersatzanspruch der aufrechten Journalistin, den sie bisher unzulässiger Weise nur im Vorverfahren gestellt hatte. Bisher liegt der auf EUR 10.000,- bezifferte Gegenantrag dem Gericht nicht im Klageverfahren vor. Das Haus Montfort-l'Amaury ist deshalb auch nicht zu einer Stellungnahme zu bewegen, ob man bereit sei, auf finanzielle Forderungen der Gegenseite einzugehen, um eine riskante Widerklage zu vermeiden.
Gerüchte aus anderen Verfahren besagen dagegen, dass die prozesserfahrene Journalistin Zeugen gegenüber schon vor Jahren zugegeben habe, die Facebook-Seite "Turboquerulantin" selbst zu betreiben, was dem Duisburger Verfahren deswegen besondere Brisanz verleiht, weil sie ihre streitgegenständliche Behauptung zu Lasten des Adelsvertreters dann sogar wider besseren Wissens erhoben hätte. Kenner der Szene rechnen allerdings mit einem Versäumnisurteil, weil die streitbare Journalistin gesundheitlich zu angeschlagen sei, um sich dem schwerwiegenden Vorwurf, selbst hinter der berühmt-berüchtigten Seite auf Facebook zu stecken, in Duisburg zu stellen. Eine Variante, die dem Kläger sicherlich entgegen käme, um der drohenden Schadensersatzforderung seiner Widersacherin zu entgehen.
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Donnerstag, 6. Juni 2019
Mastermind
Mittlerweile scheint der Streichelwahn und das Bedürfnis nach Sanktionierung von Menschen mit unterdurchschnittlich ausgeprägtem Harmoniebedürfnis auch unter Rechtsanwälten zuzunehmen, wenngleich doch der Anwaltsberuf an sich schon die Fähigkeit erfordern sollte, Konflikte mit Worten ausfechten zu können und im „Kampf um das Recht“ auch starke, eindringliche Ausdrücke benutzen zu dürfen und ertragen zu können, die die jeweilige Rechtsposition unterstreichen, jedenfalls wenn es sich um Äußerungen handelt, die lediglich gegenüber Verfahrensbeteiligten abgegeben werden, ohne dass sie Außenstehenden zur Kenntnis gelangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kritik auch anders hätte formuliert werden können, denn auch die Form der Meinungsäußerung unterliegt grundsätzlich der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung. Dieser Auffassung ist zumindest das Bundesverfassungsgericht, auch wenn dessen Ansicht offenbar nicht sämtlichen Organen der Rechtspflege bekannt ist.
Daher richtet die fleißige Kollegin nicht nur mahnende Worte an mich, sondern fordert auch das erkennende Gericht auf, meinen Äußerungsdrang zu bremsen: "Abschließend fordere ich den Prozessbevollmächtigten der Beklagten dringend auf, von Bezeichnungen des Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx als sogenanntes Mastermind Abstand zu nehmen. Derartige Bezeichnungen haben beleidigenden, mindestens jedoch abwertenden Charakter und tragen in keiner Weise zum Fortkommen in der hiesigen Angelegenheit bei. Ich bitte das hiesige Gericht insofern, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten anzuweisen, von derartigen Äußerungen insbesondere gegenüber dem Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx Abstand zu nehmen, um den Verfahrensfortgang nicht noch weiter unnötig zu erschweren."
Nun, die Anweisung des Gerichts blieb bisher aus und ich wüsste abseits einer mangelnden Möglichkeit des Gerichts, meinen Redefluss zu gängeln, auch nicht, weshalb dazu ein Anlass bestehen sollte, denn meine schriftsätzlich dargelegte Umschreibung war ausgesprochen harmlos: "Vorliegend handelt es sich augenscheinlich um einen attraktiven Deal zwischen der Beklagten, gesteuert durch den angeblichen Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx und den Handwerkern über ein für alle Seiten lukratives Joint Venture mit dem Gegenstand der vollständigen Modernisierung des Hauses zu Lasten der Beklagten. Dass Mastermind Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx irgendetwas vorteilhaftes zu Gunsten der Beklagten äußern wird, wie die am 07.03.2007 von den Beklagten übergebenen und bezahlten Kostenrechnungen der Firma xxxxx xxxxx, xxxxxxxx über Euro 13.000,-, ist natürlich ausgeschlossen und wird das Gericht zu bewerten haben."
Das Wort Mastermind als englische Bezeichnung für ein Genie oder einen Vordenker und als treibende Kraft einer kreativen Personengruppe, auch nur in die Nähe einer Beleidigung zu rücken, dürfte schlicht ein emotionsgesteuerter Irrtum sein. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Kollegin genauso wie ich an jenes wunderschöne Cover des gleichnamigen Denkspiels aus den 70er Jahren erinnert, das die Bezeichnung Mastermind recht treffend illustriert: Der männliche Denker im Chefsessel mit überlegen distanzierter Gestik und an seiner Seite, natürlich stehend und im Hintergrund, ein devotes weibliches Geschöpf mit asiatischen Zügen, immer willens, seinem Mastermind zu folgen. Vielleicht sollte die Kollegin einfach noch einmal Rücksprache mit ihrem Mandanten halten, um zu erfahren, ob er die Bezeichnung tatsächlich nicht doch als Lob empfindet und nicht zuerst an sich selbst denken.
Daher richtet die fleißige Kollegin nicht nur mahnende Worte an mich, sondern fordert auch das erkennende Gericht auf, meinen Äußerungsdrang zu bremsen: "Abschließend fordere ich den Prozessbevollmächtigten der Beklagten dringend auf, von Bezeichnungen des Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx als sogenanntes Mastermind Abstand zu nehmen. Derartige Bezeichnungen haben beleidigenden, mindestens jedoch abwertenden Charakter und tragen in keiner Weise zum Fortkommen in der hiesigen Angelegenheit bei. Ich bitte das hiesige Gericht insofern, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten anzuweisen, von derartigen Äußerungen insbesondere gegenüber dem Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx Abstand zu nehmen, um den Verfahrensfortgang nicht noch weiter unnötig zu erschweren."
Nun, die Anweisung des Gerichts blieb bisher aus und ich wüsste abseits einer mangelnden Möglichkeit des Gerichts, meinen Redefluss zu gängeln, auch nicht, weshalb dazu ein Anlass bestehen sollte, denn meine schriftsätzlich dargelegte Umschreibung war ausgesprochen harmlos: "Vorliegend handelt es sich augenscheinlich um einen attraktiven Deal zwischen der Beklagten, gesteuert durch den angeblichen Zeugen Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx und den Handwerkern über ein für alle Seiten lukratives Joint Venture mit dem Gegenstand der vollständigen Modernisierung des Hauses zu Lasten der Beklagten. Dass Mastermind Dr. med. xxxx-xxxxx xxxxxx irgendetwas vorteilhaftes zu Gunsten der Beklagten äußern wird, wie die am 07.03.2007 von den Beklagten übergebenen und bezahlten Kostenrechnungen der Firma xxxxx xxxxx, xxxxxxxx über Euro 13.000,-, ist natürlich ausgeschlossen und wird das Gericht zu bewerten haben."
Das Wort Mastermind als englische Bezeichnung für ein Genie oder einen Vordenker und als treibende Kraft einer kreativen Personengruppe, auch nur in die Nähe einer Beleidigung zu rücken, dürfte schlicht ein emotionsgesteuerter Irrtum sein. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Kollegin genauso wie ich an jenes wunderschöne Cover des gleichnamigen Denkspiels aus den 70er Jahren erinnert, das die Bezeichnung Mastermind recht treffend illustriert: Der männliche Denker im Chefsessel mit überlegen distanzierter Gestik und an seiner Seite, natürlich stehend und im Hintergrund, ein devotes weibliches Geschöpf mit asiatischen Zügen, immer willens, seinem Mastermind zu folgen. Vielleicht sollte die Kollegin einfach noch einmal Rücksprache mit ihrem Mandanten halten, um zu erfahren, ob er die Bezeichnung tatsächlich nicht doch als Lob empfindet und nicht zuerst an sich selbst denken.
Dienstag, 4. Juni 2019
Amtsgericht Hannover lässt Google-Bewertung löschen
Die grundsätzlich verbraucherfreundliche Idee von Google, aus den im Internet frei verfügbaren Informationen Unternehmensprofile anzulegen, mittels denen die jeweiligen Unternehmen bewertet werden können, erweist sich vielfach als Ärgernis für die bewerteten Firmen. Denn grundsätzlich kann dort jeder Bewertungen abgeben, auch wenn er nicht Kunde war. Der Konkurrenz mit einer anonymen 1-Sterne-Bewertung ein faules Ei ins Nest zu legen, ist ein Klassiker unter Geschäftsleuten, der sich auch nicht ganz einfach entfernen lässt. Denn die Bewertungsfunktion des Firmenprofils kann man nicht deaktivieren und das von Google angelegte Unternehmensprofil mit Bewertungsfunktion lässt sich nicht löschen.
Weil der Bundesgerichtshof das Recht von Google auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK durch Erstellung der Unternehmensprofile höher bewertet, als das Recht einer Firma auf informationelle Selbstbestimmung, welches beinhaltet, grundsätzlich selbst darüber bestimmen zu können, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen eigene Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden, muss sich die Unternehmenslandschaft in Deutschland mit dem Bewertungsportal von Google abfinden. Selbst der Umstand, dass Bewertungen abgesehen von der Angabe einer E-Mail-Adresse anonym abgegeben werden können, führt nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht dazu, dass das Interesse eines Unternehmens an der Löschung der Daten dasjenige von Google an der Speicherung überwiegt, weil die bewerteten Unternehmen nicht schutzlos gestellt sind, vgl. BGH Urteil v. 23. September 2014 Az.: VI ZR 358/13.
Über Google My Business besteht nämlich die Möglichkeit, entweder den Verfasser einer Bewertung direkt zu kontaktieren oder die Bewertung bei Google My Business zu beanstanden. Leider erhält man von Google häufig nur unbefriedigende Standard-E-Mails und ob oder innerhalb welcher Fristen einer Beanstandung nachgegangen wird, bleibt unklar. Weil sich Firmen nicht immer mit dem mangelhaften Feedback von Google abspeisen lassen und statt dessen einen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragen, gibt es mittlerweile auch Gerichtsentscheidungen, die Google oder den Kommentar-Schreiber selbst zur Löschung verpflichten.
So hat das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12. Januar 2018 zum Aktenzeichen 324 O 63/17 Google zur Löschung eines Kommentars verpflichtet, weil die beanstandete Bewertung eine unzulässige Meinungsäußerung gewesen sei, da ein irgendwie gearteter Kundenkontakt nicht stattgefunden habe. Ähnlich bewertete das Landgericht Lübeck im Urteil vom 13. Juni 2018 zum Az.: 9 O 59/17 die Löschungspflicht von Google bei einer Bewertung ohne identifizierbaren Verfasser, weil eine schlechte Bewertung bei Fehlen einer wie auch immer gearteten Tatsachengrundlage immer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstelle. Das Amtsgericht Hannover verurteilte dagegen den Verfasser eines unzutreffenden Kommentars zur Löschung seiner Bewertung mit Urteil vom 26.10.2018 zum Az.: 507 C 9184/18, weil sich der Schreiber nach Abgabe seiner schlechten und unzutreffenden Bewertung gar nicht erst vor Gericht verteidigen mochte und deshalb zweimal nicht zum anberaumten Termin erschien. Wenn man sich also dafür entscheidet, unter seinem Namen eine kritische Unternehmensbewertung vorzunehmen, sollte man dies sachlich tun und keine Kommentare abgeben, die offensichtlich unzutreffend sind.
Weil der Bundesgerichtshof das Recht von Google auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK durch Erstellung der Unternehmensprofile höher bewertet, als das Recht einer Firma auf informationelle Selbstbestimmung, welches beinhaltet, grundsätzlich selbst darüber bestimmen zu können, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen eigene Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden, muss sich die Unternehmenslandschaft in Deutschland mit dem Bewertungsportal von Google abfinden. Selbst der Umstand, dass Bewertungen abgesehen von der Angabe einer E-Mail-Adresse anonym abgegeben werden können, führt nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht dazu, dass das Interesse eines Unternehmens an der Löschung der Daten dasjenige von Google an der Speicherung überwiegt, weil die bewerteten Unternehmen nicht schutzlos gestellt sind, vgl. BGH Urteil v. 23. September 2014 Az.: VI ZR 358/13.
Über Google My Business besteht nämlich die Möglichkeit, entweder den Verfasser einer Bewertung direkt zu kontaktieren oder die Bewertung bei Google My Business zu beanstanden. Leider erhält man von Google häufig nur unbefriedigende Standard-E-Mails und ob oder innerhalb welcher Fristen einer Beanstandung nachgegangen wird, bleibt unklar. Weil sich Firmen nicht immer mit dem mangelhaften Feedback von Google abspeisen lassen und statt dessen einen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragen, gibt es mittlerweile auch Gerichtsentscheidungen, die Google oder den Kommentar-Schreiber selbst zur Löschung verpflichten.
So hat das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12. Januar 2018 zum Aktenzeichen 324 O 63/17 Google zur Löschung eines Kommentars verpflichtet, weil die beanstandete Bewertung eine unzulässige Meinungsäußerung gewesen sei, da ein irgendwie gearteter Kundenkontakt nicht stattgefunden habe. Ähnlich bewertete das Landgericht Lübeck im Urteil vom 13. Juni 2018 zum Az.: 9 O 59/17 die Löschungspflicht von Google bei einer Bewertung ohne identifizierbaren Verfasser, weil eine schlechte Bewertung bei Fehlen einer wie auch immer gearteten Tatsachengrundlage immer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstelle. Das Amtsgericht Hannover verurteilte dagegen den Verfasser eines unzutreffenden Kommentars zur Löschung seiner Bewertung mit Urteil vom 26.10.2018 zum Az.: 507 C 9184/18, weil sich der Schreiber nach Abgabe seiner schlechten und unzutreffenden Bewertung gar nicht erst vor Gericht verteidigen mochte und deshalb zweimal nicht zum anberaumten Termin erschien. Wenn man sich also dafür entscheidet, unter seinem Namen eine kritische Unternehmensbewertung vorzunehmen, sollte man dies sachlich tun und keine Kommentare abgeben, die offensichtlich unzutreffend sind.
Donnerstag, 16. Mai 2019
Turboquerulantin - Ordnungsgeld Nummer 9
Nicht, dass Sie die Überschrift falsch verstehen, liebe Leser. Es geht natürlich nicht um das neunte Ordnungsgeld der Turboquerulantin überhaupt, es geht um das neunte Ordnungsgeld der Turboquerulantin vor dem Amtsgericht Nienburg im Verfahren 6 C 409/16. Nur gegen dieses Urteil vom 04.01.2017 hat unser rechtsbrechender Wirbelwind bereits neunmal verstoßen. Die Ordnungsgelder in anderen Sachen habe ich noch nicht gezählt. Kaum hatte das Landgericht Verden die Beschwerde der TQ gegen das achte Ordnungsgeld mit Beschluss vom 10.04.2019 zum Aktenzeichen 6 T 22/19 zurückgewiesen, gab es Ordnungsgeld-Nachschlag vom Amtsgericht Nienburg mit Beschluss vom 17.04.2019.
Wer das muntere Treiben des Türbchens aufmerksam verfolgt und wenigstens im "Königsverfahren" einigermaßen auf dem Laufenden ist, wird die oben angezeigte Grafik (alle Grafiken anklicken zum Vergrößern) verstehen und sich dann fragen, wie es kommt, dass das neunte Ordnungsgeld vom 17.04.2019 mit EUR 300,- noch niedriger ausfällt, als das über EUR 500,- lautende erste Ordnungsgeld vom 17.03.2017. Die Frage ist insbesondere deshalb berechtigt, weil die ausgeworfenen Ordnungsgelder für die fortwährenden Verstöße bis hin zu einer Summe von EUR 1.500,- stetig anstiegen, dann aber drastisch auf EUR 500,- abfielen und nun bei EUR 300,- gar unter dem Einstandskurs liegen. Geändert hatte sich nichts, auf beiden Seiten.
Nun, die Lösung des Rätsels ist erschreckend simpel. Der böse Antragsteller benutzt fortwährend einen Namen, der schlimmer ist, als jede Missachtung eines rechtskräftigen Titels und seit dem siebten Ordnungsgeld behauptet das Amtsgericht Nienburg einfach, dass unsere Rekordhalterin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht oder weitgehend verborgen habe. Wer den Beschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 05.11.2018 nicht ganz lesen möchte, mag sich mit folgendem Auszug begnügen:
Wer nun glaubt, dass sich das Amtsgericht Nienburg durch die Begründung des achten Ordnungsmittelantrags vom Gegenteil überzeugen ließ, der irrt. Auch das niedrige achte Ordnungsgeld wegen des identischen Eintrags wurde im Beschluss vom 14.01.2019 gleichlautend damit begründet, dass die Turboquerulantin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht habe. Was mir persönlich an der absurden Erklärung gefällt, ist der Umstand, dass das Gericht sich nicht hinter juristischen Verklausulierungen versteckt, sondern ganz offen den identischen Wortlaut der bereits vorher schon unzutreffenden Begründung wiederholt um den prominenten Richterschreck weiter zum Rechtsbruch zu streicheln. Die richterliche Unabhängigkeit von der Wahrheit liest sich wie folgt:
Wenn es nicht das Amtsgericht in Nienburg höchstselbst wäre, würde man es für grotesk halten, derartig falsche Begründungen in Serie abzuliefern. Da aber genau dort über den neunten Ordnungsmittelantrag wegen des erneut identischen Eintrags der TQ entschieden wurde, habe ich nun anhand der Begründung des Beschlusses vom 17.04.2019 die Ehre, auch den letzten Leser davon überzeugen zu können, dass am Amtsgericht Nienburg irgendetwas faul ist. Denn das neunte Ordnungsgeld ist mit EUR 300,- noch niedriger ausgefallen und zwar wieder einmal deshalb, weil die Turboquerulantin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht habe. Das ist einfach großartig. Drei schnuckelige Ordnungsgelder hintereinander mit der jeweils gleich falschen Begründung, der Eintrag sei gelöscht oder weitgehend unsichtbar. Hier der Beweis:
Aber es kommt noch besser. Ganz im Sinne des Tucholsky-Zitats "Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.", wurde dem Antragsteller für den neunten Ordnungsgeldantrag per Beschluss sogar noch die Beiordnung eines Rechtsanwalts verwehrt. Die Begründung erscheint wie gewohnt souverän. Es sei ja schon der neunte Ordnungsgeldantrag bei gleichbleibendem Verstoß, da könne der Antragsteller die Anträge ja wohl endlich mal selbst schreiben. Geniale Taktik. Ordnungsgelder gegen "0" abschmieren lassen, anwaltliche Hilfe verweigern und die ganze Sache so weit es geht abwürgen, weil sich das Türbchen einfach nicht unterkriegen lässt. Tatsächlich eine beschämende Bankrotterklärung der Justiz.
Vorläufiges Ergebnis dieser Methode: Unsere Beschwerde gegen die versagte Beiordnung läuft, die Turboquerulantin legt Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss Nummer 9 ein, stellt noch vor der Abhilfeentscheidung einen Befangenheitsantrag gegen den erkennenden Richter und wir deshalb einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag, da der Befangenheitsantrag als neuer tatsächlicher Umstand bei der negativen Beiordnungsentscheidung für das neunte Ordnungsgeld noch nicht berücksichtigt werden konnte. Und Ordnungsmittelantrag Nummer 10 ist natürlich auch schon beim Gericht.
Wer das muntere Treiben des Türbchens aufmerksam verfolgt und wenigstens im "Königsverfahren" einigermaßen auf dem Laufenden ist, wird die oben angezeigte Grafik (alle Grafiken anklicken zum Vergrößern) verstehen und sich dann fragen, wie es kommt, dass das neunte Ordnungsgeld vom 17.04.2019 mit EUR 300,- noch niedriger ausfällt, als das über EUR 500,- lautende erste Ordnungsgeld vom 17.03.2017. Die Frage ist insbesondere deshalb berechtigt, weil die ausgeworfenen Ordnungsgelder für die fortwährenden Verstöße bis hin zu einer Summe von EUR 1.500,- stetig anstiegen, dann aber drastisch auf EUR 500,- abfielen und nun bei EUR 300,- gar unter dem Einstandskurs liegen. Geändert hatte sich nichts, auf beiden Seiten.
Nun, die Lösung des Rätsels ist erschreckend simpel. Der böse Antragsteller benutzt fortwährend einen Namen, der schlimmer ist, als jede Missachtung eines rechtskräftigen Titels und seit dem siebten Ordnungsgeld behauptet das Amtsgericht Nienburg einfach, dass unsere Rekordhalterin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht oder weitgehend verborgen habe. Wer den Beschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 05.11.2018 nicht ganz lesen möchte, mag sich mit folgendem Auszug begnügen:
Wer nun glaubt, dass sich das Amtsgericht Nienburg durch die Begründung des achten Ordnungsmittelantrags vom Gegenteil überzeugen ließ, der irrt. Auch das niedrige achte Ordnungsgeld wegen des identischen Eintrags wurde im Beschluss vom 14.01.2019 gleichlautend damit begründet, dass die Turboquerulantin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht habe. Was mir persönlich an der absurden Erklärung gefällt, ist der Umstand, dass das Gericht sich nicht hinter juristischen Verklausulierungen versteckt, sondern ganz offen den identischen Wortlaut der bereits vorher schon unzutreffenden Begründung wiederholt um den prominenten Richterschreck weiter zum Rechtsbruch zu streicheln. Die richterliche Unabhängigkeit von der Wahrheit liest sich wie folgt:
Wenn es nicht das Amtsgericht in Nienburg höchstselbst wäre, würde man es für grotesk halten, derartig falsche Begründungen in Serie abzuliefern. Da aber genau dort über den neunten Ordnungsmittelantrag wegen des erneut identischen Eintrags der TQ entschieden wurde, habe ich nun anhand der Begründung des Beschlusses vom 17.04.2019 die Ehre, auch den letzten Leser davon überzeugen zu können, dass am Amtsgericht Nienburg irgendetwas faul ist. Denn das neunte Ordnungsgeld ist mit EUR 300,- noch niedriger ausgefallen und zwar wieder einmal deshalb, weil die Turboquerulantin ihre rechtsfeindliche Gesinnung offenkundig aufgegeben und den streitgegenständlichen Eintrag gelöscht habe. Das ist einfach großartig. Drei schnuckelige Ordnungsgelder hintereinander mit der jeweils gleich falschen Begründung, der Eintrag sei gelöscht oder weitgehend unsichtbar. Hier der Beweis:
Aber es kommt noch besser. Ganz im Sinne des Tucholsky-Zitats "Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.", wurde dem Antragsteller für den neunten Ordnungsgeldantrag per Beschluss sogar noch die Beiordnung eines Rechtsanwalts verwehrt. Die Begründung erscheint wie gewohnt souverän. Es sei ja schon der neunte Ordnungsgeldantrag bei gleichbleibendem Verstoß, da könne der Antragsteller die Anträge ja wohl endlich mal selbst schreiben. Geniale Taktik. Ordnungsgelder gegen "0" abschmieren lassen, anwaltliche Hilfe verweigern und die ganze Sache so weit es geht abwürgen, weil sich das Türbchen einfach nicht unterkriegen lässt. Tatsächlich eine beschämende Bankrotterklärung der Justiz.
Vorläufiges Ergebnis dieser Methode: Unsere Beschwerde gegen die versagte Beiordnung läuft, die Turboquerulantin legt Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss Nummer 9 ein, stellt noch vor der Abhilfeentscheidung einen Befangenheitsantrag gegen den erkennenden Richter und wir deshalb einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag, da der Befangenheitsantrag als neuer tatsächlicher Umstand bei der negativen Beiordnungsentscheidung für das neunte Ordnungsgeld noch nicht berücksichtigt werden konnte. Und Ordnungsmittelantrag Nummer 10 ist natürlich auch schon beim Gericht.
Dienstag, 7. Mai 2019
"seine Läden liefen damals alle auf seine Schwester"
Hört sich nicht so schlimm an? Wer im Geschäftsverkehr auf einen tadellosen Ruf angewiesen ist, könnte das anders sehen. Denn die Behauptung einer sogenannten Strohmann-Lösung in der Vergangenheit wirft zumindest für die Vergangenheit das Licht mangelnder Seriösität auf den Geschäftsmann und ist durchaus auch geeignet, Zweifel an seiner heutigen Kompetenz zu wecken.
Da die in der Überschrift zitierte Behauptung über Facebook verbreitet wurde und dem Geschäftsmann missfiel, weil sie nachweislich falsch war, untersagte das Amtsgericht Hamburg durch Beschluss vom 14.09.2018 zum Az.: 36a C 207/18 deren Verbreitung über das Internet. Denn grundsätzlich tritt die Meinungsfreiheit bei unwahren Tatsachenbehauptungen hinter das Persönlichkeitsrecht zurück.
Der Ausgleich zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsschutz wird dadurch erreicht, dass demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Sorgfaltspflichten auferlegt werden, deren Umfang sich nach dem Einzelfall richtet. Da die Ermittlung der Wahrheit von Tatsachenbehauptungen oft schwierig ist, trifft denjenigen, der sich nachteilig über einen Dritten äußert, im Rechtsstreit eine erweiterte Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er Belegtatsachen für seine Behauptung vorweisen kann, vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2007, Az. VI ZR 144/07. Da niemals auch nur irgendein Geschäft auf die Schwester des Antragstellers lief, erließ das Amtsgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, die mittlerweile durch Abgabe der Abschlusserklärung auch rechtskräftig geworden ist.
Da die in der Überschrift zitierte Behauptung über Facebook verbreitet wurde und dem Geschäftsmann missfiel, weil sie nachweislich falsch war, untersagte das Amtsgericht Hamburg durch Beschluss vom 14.09.2018 zum Az.: 36a C 207/18 deren Verbreitung über das Internet. Denn grundsätzlich tritt die Meinungsfreiheit bei unwahren Tatsachenbehauptungen hinter das Persönlichkeitsrecht zurück.
Der Ausgleich zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsschutz wird dadurch erreicht, dass demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Sorgfaltspflichten auferlegt werden, deren Umfang sich nach dem Einzelfall richtet. Da die Ermittlung der Wahrheit von Tatsachenbehauptungen oft schwierig ist, trifft denjenigen, der sich nachteilig über einen Dritten äußert, im Rechtsstreit eine erweiterte Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er Belegtatsachen für seine Behauptung vorweisen kann, vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2007, Az. VI ZR 144/07. Da niemals auch nur irgendein Geschäft auf die Schwester des Antragstellers lief, erließ das Amtsgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, die mittlerweile durch Abgabe der Abschlusserklärung auch rechtskräftig geworden ist.
Freitag, 3. Mai 2019
Prozessbetrug, strafbare Beihilfe oder nur berufstypisches Verhalten
Die kompromisslose Unterstützung der Mandanten ist für den Rechtsanwalt einerseits berufliche Pflicht, denn ein Anwalt hat die Ansprüche seines Mandanten in jeder Phase des Mandats zu sichern. Andererseits dürfen prozessuale Pflichten der Partei eines Rechtsstreits, wonach deren Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben sind, nicht dadurch umgangen werden, dass der Anwalt - und nicht der Mandant - dem Gericht falsche Tatsachen mitteilt. Entscheidend für eine Strafbarkeit des Prozessbevollmächtigten ist daher, ob der Rechtsanwalt über die Wahrheit informiert ist oder nicht. Fraglich ist möglicherweise auch, ob der Anwalt die Wahrheit erkennen musste, wenn sie ihm nicht positiv mitgeteilt wurde. Ein Rechtsanwalt kann sich daher, wenn er die subjektiven Voraussetzungen seines Mandanten nicht erfüllt, immer noch der strafbaren Beihilfe schuldig machen. Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen. Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. Gehilfenvorsatz wird angenommen, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Einzelheiten der Haupttat muss er nicht zu kennen. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Rechtsanwalt dies weiß.
Die Mitwirkungshandlung eines Rechtsanwalts in einem Zivilprozess, etwa durch Einreichung von Schriftsätzen oder Unterlagen, könnte daher schnell zu einer Beihilfestrafbarkeit führen, wenn die eingereichten Dokumente im weitesten Sinne falsch sind und der Rechtsanwalt dies wusste oder aber erkennen musste. Allerdings korrigiert die Rechtsprechung eine ausufernde Beihilfestrafbarkeit von Anwälten durch die Frage nach der objektiven Zurechnung von Hilfeleistungen zur Tatbestandsverwirklichung des Haupttäters. Teilweise wird vertreten, dass eine Beihilfestrafbarkeit dann ausscheide, wenn es sich bei den Handlungen des Rechtsanwalts um "neutrales" oder "berufstypisches" Verhalten handele oder sich der Handelnde noch im Rahmen seiner "professionellen Adäquanz" bewege. Danach soll der Anwalt bereits objektiv keinen Straftatbestand erfüllen, der sich an die für seine Tätigkeit geltenden Normen und Regeln halte. Der strafrechtlich relevante Bereich werde erst dann erreicht, wenn die für Anwälte geltenden Regeln verletzt würden, um rechtswidrige Ziele zu erreichen. Solange sich für das Handeln des Rechtsanwalts nicht nur deliktische, sondern neutrale Gründe finden ließen, liege ein strafloses berufsübliches Verhalten des Rechtsanwalts vor.
Eine andere Ansicht lehnt zwar das Abstellen auf "professionelle Adäquanz" ab, weil es zu einer Privilegierung der Rechtsanwälte oder Steuerberater führe, nimmt aber dennoch bei "berufstypischen" Handlungen nur dann eine Strafbarkeit an, wenn der Anwalt seine Berufsausübung den deliktischen Plänen des Mandanten anpasse. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn er seine beruflichen Handlungen im Hinblick auf die Straftat eines Mandanten modifiziere, z. B. durch Bereitstellung einer Infrastruktur, die ohne deliktischen Sinnbezug nicht mehr erklärt werden könne. Ein sozialtypisches Verhalten solle dann nicht mehr vorliegen, wenn der deliktische Wille des Mandanten offensichtlich sei. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Ansicht, die eine Strafbarkeit von Rechtsanwälten nur bei Vorliegen einer "besonderen Sachlage" annimmt. Davon abweichend geht eine weitere Ansicht davon aus, dass die Handlung eines Rechtsanwalts nur dann tatbestandsmässig eine strafrechtlich relevante Beihilfehandlung sein könne, wenn sie unmittelbar den tatbestandlichen Erfolg herbeiführe, weil der Anwalt keine Garantenstellung für die Einhaltung der rechtlichen Verpflichtungen des Mandanten habe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen schließlich die folgenden Grundsätze maßgeblich: Ist das Handeln eines Mandanten ausschließlich darauf ausgerichtet, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Rechtsanwalt, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Handeln stets den beruflichen Alltagscharakter, ist als „Solidarisierung“ mit dem Mandanten zu werten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat einzuordnen. Weiß der Anwalt dagegen nicht, wie sich von ihm eingereichte Schriftsätze oder Urkunden im Zivilprozess auswirken werden und zu welchem verborgenen Zweck sie der Mandant eingereicht sehen möchte und hält er es lediglich für denkbar, dass sein Beitrag als Rechtsdienstleister zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist das anwaltliche Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Mit diesen Kriterien scheint der Bundesgerichtshof das strafrechtliche Risiko von Anwälten im Berufsalltag ausreichend minimiert zu haben und es ist zu hoffen, dass auch die Staatsanwaltschaften die Kriterien des Bundesgerichtshofs verinnerlichen.
Die Mitwirkungshandlung eines Rechtsanwalts in einem Zivilprozess, etwa durch Einreichung von Schriftsätzen oder Unterlagen, könnte daher schnell zu einer Beihilfestrafbarkeit führen, wenn die eingereichten Dokumente im weitesten Sinne falsch sind und der Rechtsanwalt dies wusste oder aber erkennen musste. Allerdings korrigiert die Rechtsprechung eine ausufernde Beihilfestrafbarkeit von Anwälten durch die Frage nach der objektiven Zurechnung von Hilfeleistungen zur Tatbestandsverwirklichung des Haupttäters. Teilweise wird vertreten, dass eine Beihilfestrafbarkeit dann ausscheide, wenn es sich bei den Handlungen des Rechtsanwalts um "neutrales" oder "berufstypisches" Verhalten handele oder sich der Handelnde noch im Rahmen seiner "professionellen Adäquanz" bewege. Danach soll der Anwalt bereits objektiv keinen Straftatbestand erfüllen, der sich an die für seine Tätigkeit geltenden Normen und Regeln halte. Der strafrechtlich relevante Bereich werde erst dann erreicht, wenn die für Anwälte geltenden Regeln verletzt würden, um rechtswidrige Ziele zu erreichen. Solange sich für das Handeln des Rechtsanwalts nicht nur deliktische, sondern neutrale Gründe finden ließen, liege ein strafloses berufsübliches Verhalten des Rechtsanwalts vor.
Eine andere Ansicht lehnt zwar das Abstellen auf "professionelle Adäquanz" ab, weil es zu einer Privilegierung der Rechtsanwälte oder Steuerberater führe, nimmt aber dennoch bei "berufstypischen" Handlungen nur dann eine Strafbarkeit an, wenn der Anwalt seine Berufsausübung den deliktischen Plänen des Mandanten anpasse. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn er seine beruflichen Handlungen im Hinblick auf die Straftat eines Mandanten modifiziere, z. B. durch Bereitstellung einer Infrastruktur, die ohne deliktischen Sinnbezug nicht mehr erklärt werden könne. Ein sozialtypisches Verhalten solle dann nicht mehr vorliegen, wenn der deliktische Wille des Mandanten offensichtlich sei. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Ansicht, die eine Strafbarkeit von Rechtsanwälten nur bei Vorliegen einer "besonderen Sachlage" annimmt. Davon abweichend geht eine weitere Ansicht davon aus, dass die Handlung eines Rechtsanwalts nur dann tatbestandsmässig eine strafrechtlich relevante Beihilfehandlung sein könne, wenn sie unmittelbar den tatbestandlichen Erfolg herbeiführe, weil der Anwalt keine Garantenstellung für die Einhaltung der rechtlichen Verpflichtungen des Mandanten habe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen schließlich die folgenden Grundsätze maßgeblich: Ist das Handeln eines Mandanten ausschließlich darauf ausgerichtet, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Rechtsanwalt, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Handeln stets den beruflichen Alltagscharakter, ist als „Solidarisierung“ mit dem Mandanten zu werten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat einzuordnen. Weiß der Anwalt dagegen nicht, wie sich von ihm eingereichte Schriftsätze oder Urkunden im Zivilprozess auswirken werden und zu welchem verborgenen Zweck sie der Mandant eingereicht sehen möchte und hält er es lediglich für denkbar, dass sein Beitrag als Rechtsdienstleister zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist das anwaltliche Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Mit diesen Kriterien scheint der Bundesgerichtshof das strafrechtliche Risiko von Anwälten im Berufsalltag ausreichend minimiert zu haben und es ist zu hoffen, dass auch die Staatsanwaltschaften die Kriterien des Bundesgerichtshofs verinnerlichen.
Donnerstag, 2. Mai 2019
Hannovers Oberbürgermeister vor Gericht II
In meiner Studienzeit war der Begriff "Sozpäd" unter Juristen fast so etwas wie ein Schimpfwort. Sozialpädagogen wurden für ihr Studium belächelt. Es war wohl nicht hart genug. Immerhin konnte Stefan Schostok als Sozialpädagoge Oberbürgermeister von Hannover werden, denn er hatte sich bei der Stichwahl um das Amt des hannoverschen Verwaltungsoberhaupts am 6. Oktober 2013 mit 66,3 % der abgegebenen Stimmen gegen den in Hannover durchaus bekannten Anwalt Matthias Waldraff durchgesetzt und damit einen Juristen abgehängt. "Sozpäd" 1 - "Jura" 0.
Nun ist Schostok vom Amt des Oberbürgermeisters zurückgetreten, weil ihm andere Juristen, nämlich die der Staatsanwaltschaft Hannover, Untreue in einem besonders schweren Fall wegen von ihm zu verantwortender überhöhter Mitarbeiterzahlungen vorwerfen. Er selbst glaubt, unschuldig zu sein, aber schon der Vorwurf allein wiegt zu schwer, als dass sich Schostok in Hannover an der Macht halten konnte. "Sozpäd" 1 - "Jura" 1.
Schostok macht auf unwissend. Im Studium hätten ihm die Juristen das sofort abgenommen. Heute nicht mehr, denn sein ehemaliger Personaldezernent ließ im Mai 2017 ein Rechtsgutachten anfertigen, nach welchem es "keine gesetzliche Grundlage" für die überhöhten Zahlungen gegeben hätte. Schostok hatte das zweiseitige Gutachten bei sich zu Hause mit dem Handy abfotografiert und dann per WhatsApp weitergeleitet. Er behauptet trotzdem, den Inhalt nicht gekannt zu haben, weil er ihn nur überflogen habe. Wer fotografiert schon unbekannte Mitteilungen ab, um sie an Mitarbeiter weiterzuschicken? "Sozpäd" 1 - "Jura" 2.
In der jetzt von ihm beantragten Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand hätte Schostok allerdings sofort Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegehalt von knapp EUR 4.000,- pro Monat, weil er länger als fünf Jahre das Amt des Oberbürgermeisters inne gehabt hat. "Sozpäd" 2 - "Jura" 2. Da bleibt für die Juristen noch die Strafverhandlung vor dem Landgericht Hannover und das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren, um das Blatt noch zu wenden. Immerhin droht vor Gericht eine Bewährungsstrafe und anschließend die Kürzung oder gar Aberkennung des Ruhegehalts. Mein Tipp: Einsicht und Reue zeigen, Bewährungsstrafe akzeptieren, mit dem verbleibenden Ruhegehalt knapp 10 Jahre vor Erreichen des durchschnittlichen Rentenalters auf Weltreise gehen und die Partie damit doch noch als Sieger beenden.
Nun ist Schostok vom Amt des Oberbürgermeisters zurückgetreten, weil ihm andere Juristen, nämlich die der Staatsanwaltschaft Hannover, Untreue in einem besonders schweren Fall wegen von ihm zu verantwortender überhöhter Mitarbeiterzahlungen vorwerfen. Er selbst glaubt, unschuldig zu sein, aber schon der Vorwurf allein wiegt zu schwer, als dass sich Schostok in Hannover an der Macht halten konnte. "Sozpäd" 1 - "Jura" 1.
Schostok macht auf unwissend. Im Studium hätten ihm die Juristen das sofort abgenommen. Heute nicht mehr, denn sein ehemaliger Personaldezernent ließ im Mai 2017 ein Rechtsgutachten anfertigen, nach welchem es "keine gesetzliche Grundlage" für die überhöhten Zahlungen gegeben hätte. Schostok hatte das zweiseitige Gutachten bei sich zu Hause mit dem Handy abfotografiert und dann per WhatsApp weitergeleitet. Er behauptet trotzdem, den Inhalt nicht gekannt zu haben, weil er ihn nur überflogen habe. Wer fotografiert schon unbekannte Mitteilungen ab, um sie an Mitarbeiter weiterzuschicken? "Sozpäd" 1 - "Jura" 2.
In der jetzt von ihm beantragten Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand hätte Schostok allerdings sofort Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegehalt von knapp EUR 4.000,- pro Monat, weil er länger als fünf Jahre das Amt des Oberbürgermeisters inne gehabt hat. "Sozpäd" 2 - "Jura" 2. Da bleibt für die Juristen noch die Strafverhandlung vor dem Landgericht Hannover und das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren, um das Blatt noch zu wenden. Immerhin droht vor Gericht eine Bewährungsstrafe und anschließend die Kürzung oder gar Aberkennung des Ruhegehalts. Mein Tipp: Einsicht und Reue zeigen, Bewährungsstrafe akzeptieren, mit dem verbleibenden Ruhegehalt knapp 10 Jahre vor Erreichen des durchschnittlichen Rentenalters auf Weltreise gehen und die Partie damit doch noch als Sieger beenden.
Dienstag, 30. April 2019
beA - Fehlermeldungen als Standard
In der vergangenen Woche hat mich das besondere elektronische Anwaltspostfach mit der Meldung "Aufgrund von technischen Störungen oder Wartungsarbeiten steht die Anwendung derzeit nicht zur Verfügung. Wir arbeiten daran, Ihnen den Service schnellstmöglich wieder zur Verfügung zu stellen." begrüßt. Ärgerlich, aber noch erträglich.
Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, vor der Nutzung des beA den Computer stets neu zu starten, damit das Lesegerät brav dauerhaft grün leuchtet, meine beA-Karte als Sicherheits-Token erkannt wird und die Anmeldung über die Adresse www.bea-brak.de schließlich funktioniert.
In der letzten Woche wurde mein Vertrauen in die insoweit beschränkte aber noch zufriedenstellende Funktionsfähigkeit erheblich erschüttert, erhielt ich doch schon nach der ersten Eingabe des Sicherheitscodes mehrfach die Meldung "Fehler Der Server ist nicht erreichbar":
Als geduldiger Nutzer ist man ja nicht gleich bei der ersten Fehlfunktion enttäuscht und vermutet den Fehler mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch bei sich selbst. Aber auch zehn geduldige Anmeldungen halfen nicht weiter. Manchmal kam ich sogar bis zur Eingabe des zweiten Sicherheitscodes, bevor der Server sich als nicht erreichbar outete. Die Dauer der Anfertigung eines weiteren Schriftsatzes später hatte sich das Problem noch nicht erledigt. Vielmehr wurden die Fehlermeldungen abwechslungsreicher. Die Grafik behauptete nach meinen stereotypen Anmeldeversuchen neuerdings auch mal "PIN-Eingabe abgebrochen".
Stimmte zwar nicht, aber erschüttern konnte mich auch die falsche Tatsachenbehauptung nicht. Der nächste Schriftsatz wurde bearbeitet und es ging weiter mit den Anmeldeversuchen. Etwas überrascht war ich dann, als sogar noch eine dritte Fehlermeldung angezeigt wurde, die da lautete: "Falscher Schlüssel ausgewählt. Bitte versuchen Sie es erneut.":
Habe ich dann auch gemacht, aber erst viel später. Warten, neu starten und wieder voller Hoffnung auf den Bildschirm starren. Am Ende hat es dann geklappt, doch der effiziente Versand von elektronischen Nachrichten sieht sicher anders aus. Das war letzte Woche. Jetzt schreibe ich über meine Erlebnisse einen kleinen Artikel, denn ich bin auch heute morgen nach einem zweiten Neustart der wiederkehrenden Behauptung ausgesetzt: "Fehler Der Server ist nicht erreichbar". Allerdings bin ich zahlendes Mitglied der Rechtsanwaltskammer und gehe davon aus, dass die Kammer immer ein wachendes Auge auf die Funktionsfähigkeit des beA hat und bald wieder alles wie gewohnt mit nur einem Neustart funktioniert.
Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, vor der Nutzung des beA den Computer stets neu zu starten, damit das Lesegerät brav dauerhaft grün leuchtet, meine beA-Karte als Sicherheits-Token erkannt wird und die Anmeldung über die Adresse www.bea-brak.de schließlich funktioniert.
In der letzten Woche wurde mein Vertrauen in die insoweit beschränkte aber noch zufriedenstellende Funktionsfähigkeit erheblich erschüttert, erhielt ich doch schon nach der ersten Eingabe des Sicherheitscodes mehrfach die Meldung "Fehler Der Server ist nicht erreichbar":
Als geduldiger Nutzer ist man ja nicht gleich bei der ersten Fehlfunktion enttäuscht und vermutet den Fehler mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch bei sich selbst. Aber auch zehn geduldige Anmeldungen halfen nicht weiter. Manchmal kam ich sogar bis zur Eingabe des zweiten Sicherheitscodes, bevor der Server sich als nicht erreichbar outete. Die Dauer der Anfertigung eines weiteren Schriftsatzes später hatte sich das Problem noch nicht erledigt. Vielmehr wurden die Fehlermeldungen abwechslungsreicher. Die Grafik behauptete nach meinen stereotypen Anmeldeversuchen neuerdings auch mal "PIN-Eingabe abgebrochen".
Stimmte zwar nicht, aber erschüttern konnte mich auch die falsche Tatsachenbehauptung nicht. Der nächste Schriftsatz wurde bearbeitet und es ging weiter mit den Anmeldeversuchen. Etwas überrascht war ich dann, als sogar noch eine dritte Fehlermeldung angezeigt wurde, die da lautete: "Falscher Schlüssel ausgewählt. Bitte versuchen Sie es erneut.":
Habe ich dann auch gemacht, aber erst viel später. Warten, neu starten und wieder voller Hoffnung auf den Bildschirm starren. Am Ende hat es dann geklappt, doch der effiziente Versand von elektronischen Nachrichten sieht sicher anders aus. Das war letzte Woche. Jetzt schreibe ich über meine Erlebnisse einen kleinen Artikel, denn ich bin auch heute morgen nach einem zweiten Neustart der wiederkehrenden Behauptung ausgesetzt: "Fehler Der Server ist nicht erreichbar". Allerdings bin ich zahlendes Mitglied der Rechtsanwaltskammer und gehe davon aus, dass die Kammer immer ein wachendes Auge auf die Funktionsfähigkeit des beA hat und bald wieder alles wie gewohnt mit nur einem Neustart funktioniert.
Freitag, 26. April 2019
Lehrer sind Feinde
Ein böses Gerücht, dass unter Schülern schon lange kursiert aber derart pauschal sicher keine Berechtigung hat. Vereinzelt wird es Lehrer geben, die sich Schülern gegenüber feindlich verhalten. Ich denke da an ein Zitat aus "Für heute reicht´s" von Ines Geipel, in dem ein wenig Wahrheit mitschwingen dürfte: "Die Behaglichkeit eines unkündbaren Arbeitsplatzes und die Gewissheit, mit wirksamen Machtinstrumenten ausgestattet, Konflikte des Arbeitsalltags nur mit Kindern durchstehen zu müssen, prägt eine Lehrerschaft, die gern einmal einem Widerspenstigen seinen Weg zur Hochschulreife versperrt."
Über das spannungsgeladene Verhältnis von Schülern und Lehrern hinaus wird die Überprüfung dieses Gerüchts interessant, wenn es um die Feindschaft von Lehrern gegenüber der Rechtsordnung geht, weil die Landesschulbehörde der Ansicht ist, der Lehrer habe seine Dienstpflicht mit Füßen getreten und sei für den öffentlichen Dienst untragbar. Dies ist im Falle einer Studienrätin passiert, der die Schulferien nicht ausreichten und die auf ihren behördlicherseits abgelehnten Sonderurlaubsantrag mit einer Krankmeldung reagierte, um ihre Tochter während der ihr attestierten Depression zu Dreharbeiten in Australien begleiten zu können.
Weil die Lehrerin fern der Heimat mehrere Fernsehinterviews mit einem deutschen Fernsehsender gegeben hatte, konnte sich die Dienstbehörde von den eher euphorisch geprägten Interviews der abwesenden Beamtin überzeugen und es folgte nach einer Versetzung gar die Suspendierung vom Schuldienst zu halben Bezügen. Weil der Gebrauch eines unrichtigen Zeugnisses über den Gesundheitszustand eines Menschen gegenüber einer Behörde zur Täuschung über den Gesundheitszustand nach § 279 StGB strafbar ist, wurde die Lehrerin später auch in zweiter Instanz vor dem Landgericht Lüneburg rechtskräftig wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisse zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.
Das an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebundene Verwaltungsgericht Lüneburg bestätigte schließlich die mittlerweile vom Dienstherrn verfügte Aberkennung des Beamtenstatus mit Urteil vom 17.04.2019 zum Az.: 10 A 6/17, da das nachgewiesene Dienstvergehen nach Ansicht des Gerichts den Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegenüber der Lehrerin rechtfertige. Weil sie aufgrund ihres Verhaltens das Vertrauen ihres Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe, sei die Entfernung der Studienrätin aus dem Dienst auch verhältnismäßig und man wird in diesem Fall das Eingangs erwähnte Gerücht jedenfalls in Bezug auf eine Feindschaft der Lehrerin zur Rechtsordnung bestätigt sehen.
Über das spannungsgeladene Verhältnis von Schülern und Lehrern hinaus wird die Überprüfung dieses Gerüchts interessant, wenn es um die Feindschaft von Lehrern gegenüber der Rechtsordnung geht, weil die Landesschulbehörde der Ansicht ist, der Lehrer habe seine Dienstpflicht mit Füßen getreten und sei für den öffentlichen Dienst untragbar. Dies ist im Falle einer Studienrätin passiert, der die Schulferien nicht ausreichten und die auf ihren behördlicherseits abgelehnten Sonderurlaubsantrag mit einer Krankmeldung reagierte, um ihre Tochter während der ihr attestierten Depression zu Dreharbeiten in Australien begleiten zu können.
Weil die Lehrerin fern der Heimat mehrere Fernsehinterviews mit einem deutschen Fernsehsender gegeben hatte, konnte sich die Dienstbehörde von den eher euphorisch geprägten Interviews der abwesenden Beamtin überzeugen und es folgte nach einer Versetzung gar die Suspendierung vom Schuldienst zu halben Bezügen. Weil der Gebrauch eines unrichtigen Zeugnisses über den Gesundheitszustand eines Menschen gegenüber einer Behörde zur Täuschung über den Gesundheitszustand nach § 279 StGB strafbar ist, wurde die Lehrerin später auch in zweiter Instanz vor dem Landgericht Lüneburg rechtskräftig wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisse zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.
Das an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebundene Verwaltungsgericht Lüneburg bestätigte schließlich die mittlerweile vom Dienstherrn verfügte Aberkennung des Beamtenstatus mit Urteil vom 17.04.2019 zum Az.: 10 A 6/17, da das nachgewiesene Dienstvergehen nach Ansicht des Gerichts den Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegenüber der Lehrerin rechtfertige. Weil sie aufgrund ihres Verhaltens das Vertrauen ihres Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe, sei die Entfernung der Studienrätin aus dem Dienst auch verhältnismäßig und man wird in diesem Fall das Eingangs erwähnte Gerücht jedenfalls in Bezug auf eine Feindschaft der Lehrerin zur Rechtsordnung bestätigt sehen.
Mittwoch, 24. April 2019
Hannovers Oberbürgermeister vor Gericht
Der sozialdemokratische Oberbürgermeister der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover, Stefan Schostok, wird von der Staatsanwaltschaft Hannover wegen Untreue im besonders schweren Fall angeklagt.
Der Untreue macht sich strafbar, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt.
Ein besonders schwerer Fall der Untreue kommt bei Oberbürgermeister Stefan Schostok deswegen in Betracht, weil er seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht haben könnte. Dafür droht ihm nicht wie bei der einfachen Untreue nur eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, sondern eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren.
Nicht erschrecken. Natürlich täte es bei Herrn Schostok auch eine Freiheitsstrafe zur Bewährung, denn weil er dann als ehemaliger Oberbürgermeister mit Sicherheit nicht noch einmal den gleichen Blödsinn machen könnte, wird das Gericht darauf vertrauen, dass er in Zukunft überhaupt keine Straftat mehr begehen wird und insoweit Milde walten lassen.
Die Verantwortung des hannoverschen Oberbürgermeisters ist natürlich groß, denn dieser leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang der Verwaltung und steht "mit einem Bein im Knast", wenn es seine Führungsriege im Rathaus mit ihrer Vetternwirtschaft derart übertreibt, dass die Kungeleien auch einem blinzelnden Oberbürgermeister nicht verborgen bleiben können. In der hannoverschen Verwaltung lief es wohl so, dass der ehemalige Personaldezernent dem früheren Bürochef des Oberbürgermeisters eine ungesetzliche Zulage in fünfstelliger Höhe zubilligte, die einfach als pauschale Mehrarbeitsvergütung deklariert wurde. Auch der damalige Leiter der Städtischen Feuerwehr soll mit einem nicht gerechtfertigten Zuschlag in Höhe von EUR 14.600,- bedacht worden sein und als der ehemalige Personaldezernent seiner Freundin dann noch eine schöne Stelle bei der Stadt Hannover besorgen wollte, war es mit der Zurückhaltung der Genossen vorbei und es wurde gepetzt.
Als Diplomsozialpädagoge der Evangelischen Fachhochschule Hannover besitzt Schostok zwar eine Aura christlicher Güte, die die gesetzliche Unschuldsvermutung gar überstrahlt, aber es scheint, als ob die strengen Juristen der hannoverschen Staatsanwaltschaft bislang keine Notiz davon genommen haben und fest daran glauben, dass Schostok das irreguläre Treiben unter seiner Aufsicht mindestens geduldet hat. Das Landgericht Hannover wird deshalb darüber entscheiden müssen, ob und inwieweit sich Schostok als Oberbürgermeister von Hannover im Rathaus strafbar gemacht hat.
Der Untreue macht sich strafbar, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt.
Ein besonders schwerer Fall der Untreue kommt bei Oberbürgermeister Stefan Schostok deswegen in Betracht, weil er seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht haben könnte. Dafür droht ihm nicht wie bei der einfachen Untreue nur eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, sondern eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren.
Nicht erschrecken. Natürlich täte es bei Herrn Schostok auch eine Freiheitsstrafe zur Bewährung, denn weil er dann als ehemaliger Oberbürgermeister mit Sicherheit nicht noch einmal den gleichen Blödsinn machen könnte, wird das Gericht darauf vertrauen, dass er in Zukunft überhaupt keine Straftat mehr begehen wird und insoweit Milde walten lassen.
Die Verantwortung des hannoverschen Oberbürgermeisters ist natürlich groß, denn dieser leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang der Verwaltung und steht "mit einem Bein im Knast", wenn es seine Führungsriege im Rathaus mit ihrer Vetternwirtschaft derart übertreibt, dass die Kungeleien auch einem blinzelnden Oberbürgermeister nicht verborgen bleiben können. In der hannoverschen Verwaltung lief es wohl so, dass der ehemalige Personaldezernent dem früheren Bürochef des Oberbürgermeisters eine ungesetzliche Zulage in fünfstelliger Höhe zubilligte, die einfach als pauschale Mehrarbeitsvergütung deklariert wurde. Auch der damalige Leiter der Städtischen Feuerwehr soll mit einem nicht gerechtfertigten Zuschlag in Höhe von EUR 14.600,- bedacht worden sein und als der ehemalige Personaldezernent seiner Freundin dann noch eine schöne Stelle bei der Stadt Hannover besorgen wollte, war es mit der Zurückhaltung der Genossen vorbei und es wurde gepetzt.
Als Diplomsozialpädagoge der Evangelischen Fachhochschule Hannover besitzt Schostok zwar eine Aura christlicher Güte, die die gesetzliche Unschuldsvermutung gar überstrahlt, aber es scheint, als ob die strengen Juristen der hannoverschen Staatsanwaltschaft bislang keine Notiz davon genommen haben und fest daran glauben, dass Schostok das irreguläre Treiben unter seiner Aufsicht mindestens geduldet hat. Das Landgericht Hannover wird deshalb darüber entscheiden müssen, ob und inwieweit sich Schostok als Oberbürgermeister von Hannover im Rathaus strafbar gemacht hat.
Sonntag, 31. März 2019
Bruchlandung eines Strebers
Wir alle kennen diese Typen, die schon in der gymnasialen Oberstufe mit Jackett und Aktenkoffer unterwegs sind, weil sie es gar nicht abwarten können, endlich wichtig und erfolgreich zu sein. Im Studium darf es dann Jura, Wirtschaftswissenschaften oder - Facebook und Google sei Dank - neuerdings auch Wirtschaftsinformatik sein.
Bei all dem Gehechel um einen Platz an der Sonne bleibt bisweilen die soziale Kompetenz auf der Strecke und damit fehlt manch eifrigem Streber am Ende ein entscheidendes Element um schließlich vorne mitspielen zu dürfen. Wenn einem derart übereifrigen Gesellen dann die rote Karte gezeigt wird, liegt der Fehler natürlich nicht bei ihm selbst und es folgt der unausweichliche Gang zum Advokaten.
Ein vorlautes Briefchen vom Anwalt und die Katastrophe bahnt sich ihren Weg, wenn die Mitspieler von gestern nicht die erwartet devote Haltung einnehmen und sich unvermittelt zur Wehr setzen. Dem vom Landgericht Hannover am 25.02.2019 verkündetem Urteil zum Az.: 1 O 188/17 lag die Konstellation zu Grunde, dass ein ehemaliges Mitglied eines akademisch geprägten Start-Up-Teams seinen Ausschluss nicht akzeptieren konnte und versuchen wollte, sich mit anwaltlicher Hilfe ein großes Stück des aus drei ambitionierten Projekten bestehenden Kuchens herauszuschneiden.
Mit der anwaltlichen Aufforderung, die schriftliche Erklärung abzugeben, dass der Ausgeschlossene nach wie vor Mitgesellschafter an der gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sei und ihm sämtliche gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten zuteil würden, sollte der Weg zu einer hohen Abfindung geebnet werden. Grundsätzlich keine schlechte Idee, sich an Erfindungen, die bereits bei großen Industriebetrieben auf Interesse gestoßen sind, zu bereichern. Allerdings setzte die gegen die unbeherrschte Gier eingereichte negative Feststellungsklage den Abfindungsträumen des Start-Up-Piraten ein jähes Ende.
Denn das Landgericht Hannover stellte verbindlich fest, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht besteht, der erfolgshungrige Streber jedenfalls nicht Mitgesellschafter der erfolgreichen Erfindertruppe ist und er deshalb keinerlei Rechte an der vielversprechenden Unternehmung geltend machen kann. Ein lesenswertes Urteil, dass sich mit den Voraussetzungen einer GbR-Gründung auseinandersetzt und eine erfreuliche Entscheidung für das verbleibende Quartett, das sich nun ohne lästige Zwischenrufe der erfolgreichen Vermarktung seiner Projekte widmen kann.
Bei all dem Gehechel um einen Platz an der Sonne bleibt bisweilen die soziale Kompetenz auf der Strecke und damit fehlt manch eifrigem Streber am Ende ein entscheidendes Element um schließlich vorne mitspielen zu dürfen. Wenn einem derart übereifrigen Gesellen dann die rote Karte gezeigt wird, liegt der Fehler natürlich nicht bei ihm selbst und es folgt der unausweichliche Gang zum Advokaten.
Ein vorlautes Briefchen vom Anwalt und die Katastrophe bahnt sich ihren Weg, wenn die Mitspieler von gestern nicht die erwartet devote Haltung einnehmen und sich unvermittelt zur Wehr setzen. Dem vom Landgericht Hannover am 25.02.2019 verkündetem Urteil zum Az.: 1 O 188/17 lag die Konstellation zu Grunde, dass ein ehemaliges Mitglied eines akademisch geprägten Start-Up-Teams seinen Ausschluss nicht akzeptieren konnte und versuchen wollte, sich mit anwaltlicher Hilfe ein großes Stück des aus drei ambitionierten Projekten bestehenden Kuchens herauszuschneiden.
Mit der anwaltlichen Aufforderung, die schriftliche Erklärung abzugeben, dass der Ausgeschlossene nach wie vor Mitgesellschafter an der gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sei und ihm sämtliche gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten zuteil würden, sollte der Weg zu einer hohen Abfindung geebnet werden. Grundsätzlich keine schlechte Idee, sich an Erfindungen, die bereits bei großen Industriebetrieben auf Interesse gestoßen sind, zu bereichern. Allerdings setzte die gegen die unbeherrschte Gier eingereichte negative Feststellungsklage den Abfindungsträumen des Start-Up-Piraten ein jähes Ende.
Denn das Landgericht Hannover stellte verbindlich fest, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht besteht, der erfolgshungrige Streber jedenfalls nicht Mitgesellschafter der erfolgreichen Erfindertruppe ist und er deshalb keinerlei Rechte an der vielversprechenden Unternehmung geltend machen kann. Ein lesenswertes Urteil, dass sich mit den Voraussetzungen einer GbR-Gründung auseinandersetzt und eine erfreuliche Entscheidung für das verbleibende Quartett, das sich nun ohne lästige Zwischenrufe der erfolgreichen Vermarktung seiner Projekte widmen kann.
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