Donnerstag, 18. Oktober 2018

Die Turboquerulantin und das freundliche Gericht

Eine hervorragende Gelegenheit, den Münchener Fans der Turboquerulantin eine kleine Kostprobe ihres Könnens verabreichen zu können, scheint derzeit ungenutzt verstreichen zu müssen. Denn wie bereits erwähnt ist das derzeitige Tourmanagement der Turboquerulantin wegen der zahlreichen Tourneedaten etwas unter Zeitdruck geraten und hat versäumt, rechtzeitig den großen Saal des Landgerichts München II zu buchen, um die Ausführungen des Amtsgerichts Dachau aus dem erstinstanzlichen Urteil vom 19.06.2018 zum Az.: 2 C 1091/17 mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in Grund und Boden zu stampfen.

Mit wohlwollendem Hinweis durch das Landgericht München II zum Az.: 8 S 2810/18 weist der Vorsitzende Richter deshalb darauf hin, dass man den großen Auftritt ganz einfach absagen könne, um die ohne ausdrückliche Stornierung des Münchener Auftritts anfallenden Kosten sparen zu können. Dieser freundliche Wink des Richters könnte dazu führen, das die in Bayern ersparten Aufwendungen einfach für das nächste Ordnungsgeld in Niedersachsen verwendet werden können, dass Gerüchten zufolge in der Beschwerdeinstanz bereits durch das Landgericht Verden abgesegnet wurde.

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Böses Erwachen mit WACHTTURM und Erwachet!

Ein bayerischer Schlauberger aus Germannsdorf bei Hauzenberg im Landkreis Passau hatte sich so sehr über das fromme Streben der Zeugen Jehovas an seiner Eingangspforte geärgert, dass er beschloss, seinen kurzen Unmut zu einem finanziellen Fehlschlag auszuweiten, indem er sich die Marken "Erwachet!" und "WACHTTURM" in den Klassen 41, 16, 35 und 45 als Marke zu den Aktenzeichen 3020172142460 und 3020172142401 beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen ließ.

Bekanntlich sind ja die Heftreihen "Erwachet!" und "Der WACHTTURM" (nicht Wachturm) von den Zeugen Jehovas vertriebene Druckschriften, mit denen sie für ihr religiöses Engagement werben. So lag es dann für den im Markenrecht nur mangelhaft bewanderten Bayern nahe, sich die beiden Marken für "Allgemeine Magazine; Druckereierzeugnisse; Gedruckte Broschüren; Periodisch erscheinende Magazine; Periodische Publikationen; Zeitschriften [Magazine], Beratung in Bezug auf Werbung; Entwicklung von Marken [Werbung und Verkaufsförderung]; Marketing, Verkaufsförderung und Werbung; Online-Werbung für Computernetze und Websites; Verbreitung von gedrucktem Werbematerial; Verbreitung von Werbematerial; Verbreitung von Werbung; Vermittlung von Werbung; Versand und Verteilung von Werbematerialien [Faltblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Verteilung von Broschüren zu Werbezwecken; Verteilung von Handzetteln, Broschüren, Drucksachen und Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Prospekten zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial [Faltblätter, Broschüren und Druckereierzeugnisse]; Werbung; Werbung für Dienstleistungen; Werbung für Unternehmen; Werbung und Marketing; Werbung und Öffentlichkeitsarbeit; Werbung, Marketing oder Verkaufsförderung; Werbung, Marketing und Verkaufsförderung, Herausgabe und Publikation von Druckereierzeugnissen; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen; Herausgabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form im Internet; Herausgabe von Druckereierzeugnissen und gedruckten Veröffentlichungen; Multimediale Publikation von Magazinen; Multimediale Publikation von Zeitschriften; Multimediale Publikation von Zeitungen; Publikation von Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen und Broschüren; Veröffentlichung von Broschüren; Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Almanachen und Zeitschriften; Veröffentlichung von Druckerzeugnissen; Veröffentlichung von elektronischen Büchern und Magazinen im Internet; Veröffentlichung von Magazinen; Veröffentlichung von Web-Magazinen, fachliche Beratung bezüglich der Lizenzierung von Urheberrechten; Lizenzierung eingetragener Muster; Lizenzierung von Druckereierzeugnissen [juristische Dienstleistungen]; Lizenzierung von gewerblichen Schutzrechten und Lizenzierungsdienste" eintragen zu lassen.

Im September 2018 sind beim Deutschen Patent- und Markenamt dann auch Löschanträge für beide Marken eingegangen, die sich auf § 50 Markengesetz stützen, wonach unter anderem solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind, die bösgläubig angemeldet wurden. Im gleichen Monat hat nun auch die Wachtturm Bibel- und Traktat - Gesellschaft der Zeugen Jehovas e.V. die Marken Erwachet! und WACHTTURM zu den Aktenzeichen 3020180218012 und 3020180218004 in den Klassen 16, 9 und 38 angemeldet. Das ganz große wirtschaftliche Desaster hat der bayerische Unternehmer mittlerweile dadurch ausgeschlossen, dass er die zunächst auf ihn persönlich registrierten Marken noch im Frühjahr 2018 auf die haftungsbeschränkte TRES Marketing Unternehmergesellschaft überschrieben hat und diese sich nun mit einem finanziell limitierten Risiko im Markenrecht tummeln darf.

Dass die eingetragenen Marken "Erwachet!" und "WACHTTURM" für den umtriebigen Bayern von vornherein wertlos waren, da ein Markenschutz nicht nur durch die formelle Eintragung einer Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt entstehen kann, sondern auch durch die Nutzung als Werktitel gem. § 5 MarkenG für den Namen von Druckschriften, dürfte ihm - wenn überhaupt - erst wesentlich später klar geworden sein. Weil im Markenrecht die Priorität von maßgeblicher Bedeutung ist, waren die Zeichenfolgen "Erwachet!" und "WACHTTURM" schon längst durch deren jahrzehntelange Benutzung als Titel der gleichnamigen Heftreihen durch das deutsche Markenrecht geschützt, so dass wegen dem Titelschutz zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit bestand, den Zeugen Jehovas die Nutzung ihrer Titel durch die wesentlich später eingetragenen Marken zu untersagen.

Montag, 15. Oktober 2018

Die Turboquerulantin erobert Bremen

Nach dem Siegeszug der Turboquerulantin in Bayern und Schleswig-Holstein war es nun für sie an der Zeit, auch dem Bundesland Bremen ihre Aufwartung zu machen. Wie gemeinhin üblich, hatte Niedersachsens prominenteste Journalistin wieder einmal unseriösen Quellen vertraut und in einem aufsehenerregenden Bericht schwerwiegende Diebstahlsvorwürfe geäußert und nicht belastbare Hintergrundinformationen zu einer versuchten Kindesentführung veröffentlicht.

Auch das Landgericht Bremen ließ sich nicht durch den Promi-Bonus der Turboquerulantin blenden und verurteilte sie antragsgemäß zur Unterlassung der angegriffenen Berichterstattung. In seinem Urteil vom 06.09.2018 zum Az.: 7 O 715/17 wies das Gericht darauf hin, dass ein Unterlassungsanspruch (anders als ein etwaiger Schadensersatzanspruch) kein Verschulden voraussetze und es nicht darauf ankomme, was die Klägerin der Turboquerulantin gegenüber geäußert habe. Entscheidend sei lediglich, ob die Beklagte beweisen könne, dass die Klägerin tatsächlich gestohlen habe und mit dem Verdacht der Kindesentführung aufgegriffen worden sei, wofür sie keinen Beweis angeboten habe.

Auch der Streitpunkt der Wiederholungsgefahr wurde vom Landgericht Bremen überzeugend dargestellt: "Für das Bestehen der Wiederholungsgefahr ist unerheblich, ob es die „Bianca xxxxxxx Mitteilungsgruppe“ bei Facebook noch gibt. Denn die Klägerin macht weder Beseitigung noch Widerruf geltend, sondern Unterlassung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Behauptungen im Internet. Da die Beklagte sich geweigert hat, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, besteht grundsätzlich Wiederholungsgefahr. Denn die Beklagte könnte die getätigten Äußerungen in anderen Mitteilungsplattformen bei Facebook wiederholen."

Trotz den überzeugenden Kritiken für ihre Darbietungen in Dachau und Pinneberg sowie dem gefeierten Debut in Bremen steht die Fortsetzung der "Deutschland ich komme-Tournee" der Turboquerulantin derzeit noch in den Sternen, denn nach Differenzen mit dem aktuellen Tourmanagement ist sogar der Wiederholungsauftritt in Bayern gefährdet, der nach der grandiosen Performance am Amtsgericht Dachau vor einem noch größeren Publikum beim Landgericht München fest gebucht war.

Freitag, 12. Oktober 2018

Todesstrafe für Handyblick

Gestern ist in Hannover ein Mann im Krankenhaus verstorben, der am Montag von einem Fahrradfahrer zusammengeschlagen wurde, nachdem letzterer dem auf´s Handy blickenden Fußgänger auf der Limmerstraße ausweichen musste. Der Sachverhalt ist sicherlich etwas komplexer und wird Gegenstand der Hauptverhandlung wegen eines Tötungsdelikts sein. Insbesondere der Umstand, dass eine erste Konfrontation ohne größere Folgen blieb und der anschließende tödliche Streit mit einem kurzen zeitlichen und räumlichen Abstand von dem nacheilenden Fahrradfahrer initiiert worden sein soll, dürfte im Strafprozess eine entscheidende Rolle spielen. Örtlichen Presseberichten zufolge soll der Täter zudem Kampfsporterfahrung haben.

Fest steht dagegen schon jetzt, dass diese Straftat eine Zäsur in dem auf der Website der Stadt Hannover als "quirligen Multikulti-Stadtteil Linden im nahen Westen der City" angepriesenen Ort bedeutet. Die für Autos gesperrte Limmerstraße ist eine Hauptader von Linden, denn, wie es die Landeshauptstadt beschreibt, lässt sich der Charakter des Stadtteils nirgendwo "besser erleben als auf und an der Limmerstraße, wo sich von jeher bei schönem Wetter die Lindener Nachbarschaft gern zum "Limmern" trifft – also zum Klönen, etwas Essen und Trinken, manchmal sogar gemeinsam musizieren und für eine Weile gesellig den Tag genießen." Auch als orthodoxer Fahrradfahrer und überzeugter Nichthandynutzer habe ich die Limmerstraße bisher immer als eine Zone besonderer Rücksichtnahme empfunden, in welcher niemand auf die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung pocht oder vermeintliche Rechte gar mit Gewalt durchsetzt. Diesen Charakter gilt es zu bewahren und ich hoffe, dass die Stadt Hannover jetzt nicht übereilt mit Maßnahmen reagiert, die das bisher jedenfalls vorhandene Gleichgewicht der Verkehrsteilnehmer ins Wanken bringt.

Freitag, 21. September 2018

Horst Seehofer, Chemnitz und die Meinungsfreiheit

Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, sagt: "Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 – das war von mir nicht so bestellt – Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war".

Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, sagt auch: "Ich bin froh, dass der mutmaßliche Leibwächter von bin Laden außer Landes ist. Und ich bin auch froh über jeden, der bei uns in Deutschland straftätig wird, straffällig, und aus dem Ausland stammt. Auch die müssen das Land verlassen."

Ein 35-jähriger Mann wird in Chemnitz mutmaßlich von einem Ausländer erstochen. Menschen demonstrieren in Chemnitz gegen Gewalt durch Ausländer, Ausländer werden geschlagen.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt: "Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun".

Der Staatssekretär und Regierungssprecher Steffen Seibert sagt: "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin".

Der Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer, sagt: "Klar ist, es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd und es gab keine Pogrome in dieser Stadt".

Der Vize-Ministerpräsident Sachsens, Martin Dulig, sagt, es seien "Geflüchtete durch die Stadt getrieben worden".

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sagt: "Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist. Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken."

Die Musikgruppe Feine Sahne Fischfilet scheibt auf Facebook zu den Vorfällen in Chemnitz: "Tausende Leute ziehen durch Chemnitz, instrumentalisieren einen erbärmlichen Mord und jagen wieder Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe".

Die Musikgruppe K.I.Z. singt auf dem #WIRSINDMEHR-Konzert in Chemnitz: „Ich ramm´ die Messerklinge in die Journalistenfresse". "Eva Herman sieht mich, denkt sich: Was‘n Deutscher! Und ich gebe ihr von hinten wie ein Staffelläufer. Ich fick sie grün und blau, wie mein kunterbuntes Haus. Nich alles was man oben reinsteckt, kommt unten wieder raus."

www.hiphop.de sagt: "Es ist natürlich vollkommen in Ordnung, Rapper für ihre Texte auch mal zu kritisieren - aber bitte vor dem Hintergrund der Kunstfreiheit."

Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, sagt: "Ich wäre, wenn ich nicht Minister wäre, als Staatsbürger auch auf die Straße gegangen – natürlich nicht gemeinsam mit Radikalen."

Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, sagt außerdem: "Wir haben erstmals eine Partei rechts der Union, die sich mittelfristig etablieren könnte, ein gespaltenes Land und einen mangelnden Rückhalt der Volksparteien in der Gesellschaft. Glauben Sie, das hat alles nichts mit der Migrationspolitik zu tun?" "Natürlich nicht alleine. Aber die Migrationsfrage ist die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land. Das sage ich seit drei Jahren."

Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittlerinnen und -vermittler sagen auf www.seehofermussgehen.de: "Seehofer beschädigt die Werte unserer Verfassung. Sein Verhalten ist provozierend, rückwärtsgewandt und würdelos gegenüber den Menschen. So verstellt er den Weg in eine zukunftsfähige deutsche Gesellschaft. Er einigt das Land nicht, er spaltet es. Horst Seehofer sollte – noch vor der Landtagswahl in Bayern – vom Amt des Bundesinnenministers zurücktreten."

Das Grundgesetz sagt: "Art. 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung."

Das Bundesverfassungsgericht sagt: "Gegenstand des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sind Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden. Dementsprechend fällt selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als radikale Infragestellung der geltenden Ordnung nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus. Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, da und soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können. Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet. Im Einzelfall ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile nur zulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte."

Ich sage: "Meinungsfreiheit ist einfach zu kompliziert für unser Land."

Sonntag, 16. September 2018

Facebook Sperrung und Löschung rechtswidrig

Mit zwei bemerkenswerten Entscheidungen haben das Landgericht Frankfurt und das Oberlandesgericht München der Ohnmacht der Facebook-Nutzer gegen die Löschung von Kommentaren und Sperrungen von Facebook-Profilen ein Ende gesetzt.

Beiden Entscheidungen ist gemein, dass sich Facebook-Nutzer erfolgreich gegen die Löschung von Kommentaren und die anschließende Sperrung ihrer Facebook-Profile durch Facebook gewehrt hatten. Die Gerichte hatten erkannt, dass jeder Nutzer mit Facebook einen Vertrag hat, in dessen Rahmen beide Seiten zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet sind, § 241 Abs. 2 BGB.

Im Rahmen dieses gegenseitigen Rücksichtnahmegebots habe Facebook dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Rechnung zu tragen und dürfe keine Kommentare löschen, die vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Das Landgericht Frankfurt hatte mit Beschluss vom 14.05.2018 zum Az.: 2-03 O 182/18 ausgeführt, dass ein Nutzer verlangen kann, dass Facebook die Löschung und Sperrung einer Äußerung unterlässt, wenn die Meinungsfreiheit eine Löschung und Sperrung aufgrund dieser Äußerung nicht rechtfertigt.

Das Oberlandesgericht München hatte mit Beschluss vom 24.08.2018 zum Aktenzeichen 18 W 1294/18 entschieden, dass eine im Streit stehende Äußerung offensichtlich nicht als „direkter Angriff auf Personen wegen ihrer Rasse, Ethnizität, nationalen Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten“ und damit als „Hassbotschaft“ im Sinne der Definition von Facebook in ihrem Regelwerk gewertet werden durfte, sondern Teil einer persönlichen Auseinandersetzung mit einer individuellen Kritikerin sei, die vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt ist. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränke sich nicht nur auf das Recht, sich zu aktuellen Ereignissen zu äußern, weshalb es rechtswidrig sei, die Löschung einer streitgegenständlichen Äußerung zu einer auf der Facebook-Seite von "Spiegel-Online" geführten Debatte zu Grenzkontrollen vorzunehmen und die Teilnehmerin auf diese Weise aus der konkreten politischen Debatte auszuschließen.

Beide Entscheidungen haben wegen der gewachsenen Bedeutung der Teilhabe jedes einzelnen Bürgers an an der politischen Diskussion im Internet einen hohen Stellenwert beim Schutz der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit, obwohl es sich bei beiden Entscheidungen jeweils nur um eine einstweilige Verfügung handelt. Mit der Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes hatte die Bundesregierung noch versucht, die im Internet mit harten Bandagen geführte Diskussion um aktuelle politische Inhalte zu knebeln, in dem sie Online-Netzwerke wie Facebook verpflichtete, "offenkundig strafbare Inhalte" unter Androhung von Ordnungsgeldern von bis zu 50 Millionen Euro binnen 24 Stunden nach einem Hinweis auf deren Rechtswidrigkeit zu löschen. Wie geplant wurden von Diensten wie Facebook natürlich nicht nur rechtsverletzende Beiträge gelöscht, sondern im Zweifel auch kritische aber nicht rechtsverletzende Beiträge der Zensur unterworfen, um drohende Geldbußen jedenfalls zu vermeiden.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war bislang ein recht erfolgreiches Werkzeug dafür, durch die Androhung hoher Bußgelder eine Überregulierung der Meinungsvielfalt durchzusetzen, die im Zweifelsfall auch Beiträge löscht, welche tatsächlich von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die Beschlüsse der Gerichte aus Frankfurt und München geben den Facebook-Nutzern damit nicht nur ein taugliches Werkzeug in die Hand, gegen ungerechtfertigte Löschungen und Sperrungen vorzugehen, sondern entziehen sozialen Netzwerken wie Facebook damit auch die Hoheit über die Ermittelung der Grenzen der Meinungsfreiheit und legen diese zurück in die Hände dafür ausgebildeter Volljuristen bei den Gerichten. Wer seine persönliche Meinung gegenüber Facebook und meinungsfressenden Denunzianten wirksam verteidigen möchte, hat dafür seit kurzem sogar obergerichtliche Rückendeckung.

Montag, 10. September 2018

Hetzjagd

Meine erste Begegnung mit dem Begriff "Hetzjagd" erfolgte bereits im Jahre 1968. Der Titel des Bessy-Hefts Nr. 101 lautet "Hetzjagd durch die Wüste". Ich hatte das allerdings anders verstanden, nämlich "Hetz jagt durch die Wüste". Nun tauchte dieser "Hetz" in dem Heft überhaupt nicht auf und erst später wurde mir klar, dass von einer "Hetzjagd" die Rede war.

50 Jahre später rückt der Begriff "Hetzjagd" erneut in mein Blickfeld und mittlerweile weiß ich natürlich, was er bedeutet. Manch anderer offenbar nicht. Die Beute wird einverständlich von mehreren Jägern ausdauernd so lange verfolgt, bis sie nicht mehr entkommen kann. Charakteristisch ist der organisierte Zusammenschluss mehrerer Jäger. Nach dem gewaltsamen Tod des 35-jährigen Daniel Hillig am 26.08.2018 soll es in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben haben, sagten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Regierungssprecher Steffen Seibert.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hatte dagegen gemeint, es lägen seinem Amt keine belastbaren Informationen darüber vor, dass Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, verneinte den Umstand, dass es in Chemnitz Hetzjagden gegeben hätte. Schließlich sagte auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer: "Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd und es gab keine Pogrome in dieser Stadt".

Die Aufklärung dieses sich um die Bedeutung des Wortes Hetzjagd rankenden Verwirrspiels dürfte relativ einfach sein. Es hat in Chemnitz nach dem 26. August 2018 mehrere Angriffe auf Ausländer gegeben, die aber nicht die Bezeichnung Hetzjagd verdienen, denn das spontane Hinterherlaufen Einzelner und auch zielgerichtete Schläge gegen ausländische Personen entsprechen nicht dem Schema einer organisierten und andauernden Jagd auf diese Personen. Strafbares Unrecht aber eben keine Hetzjagd. In einem derart ausländerfeindlichen Kontext die Qualität der strafbaren Übergriffe zu hinterfragen, ist natürlich ein gewagtes Unterfangen, insbesondere dann, wenn dies die Autorität der Bundesregierung untergräbt.

Der Einstieg in eine Diskussion über die Bewertung von Sachverhalten kann dem Einzelnen nicht gelingen, wenn die Masse der Rezipienten nicht in der Lage ist, Worte differenziert zu gebrauchen oder zu verstehen, wie es insbesondere Juristen gewohnt sind. So unterscheidet der Jurist zwischen Diebstahl (242 StGB), schwerem Diebstahl (§ 243 StGB)Bandendiebstahl (244 StGB) und schwerem Bandendiebstahl (244a StGB) sowie Raub (249 StGB) und schwerem Raub (250 StGB) und dringt in die Tiefe der Vermögensdelikte ein, wenn er definiert, wann ein räuberischer Diebstahl (252 StGB), eine räuberische Erpressung (255 StGB) oder nur eine schlichte Erpressung (253 StGB) vorliegen.

Für den Rest der Welt ist die Sache dagegen einfach nur geklaut. Auch Journalisten vermögen die Qualität von Straftaten nur selten zutreffend einzuordnen. Wenn dann sogar die Bundesregierung meint, in Chemnitz hätte es Hetzjagden auf Ausländer gegeben, weil die Massenmedien genau davon berichten, stehen Juristen und Ordnungshüter leicht auf verlorenem Posten. Denn wer sich dagegen wehrt, Angriffe auf Ausländer undifferenziert als Hetzjagden bezeichnen zu lassen, lässt sich schnell mit dem Vorwurf, ausländerfeindliche Straftaten kleinreden zu wollen, in die gewünschte Ecke drängen.

Mittwoch, 5. September 2018

beA - Das besondere elektronische Anwaltspostfach im Testbetrieb

Das besondere elektronische Anwaltspostfach wurde am 03.09.2018 durch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) wieder in Betrieb genommen. Seit diesem Zeitpunkt können alle Rechtsanwälte in Deutschland der seit dem 1. Januar 2018 bestehenden Pflicht nachkommen, in diesem geschlossenem Nutzersystem elektronische Nachrichten entgegen zu nehmen. Bis Anfang September war das System wegen Sicherheitsmängeln außer Betrieb.

Der höchstpersönliche Testbetrieb des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs hat folgende Hürden offenbart. Auch wer alle Komponenten inclusive des Lesegeräts korrekt installiert hat, kann nach dem Drücken des Anmeldebuttons unter der URL https://www.bea-brak.de/bea/index.xhtml mit der Meldung rechnen "Anmeldung wird durch geführt. Bitte warten." Manche Kollegen warten heute noch, ich habe die Seite nach einer halben Stunde neu geladen.


Eine weitere Hürde kann der Hinweis bedeuten "Für den Zugriff auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist eine lokale Softwarekomponente, die beA Client-Security, erforderlich." Auch diese Nachricht kann erfolgen, wenn auf Seiten des Nutzers alles richtig gemacht wurde. Bisweilen hilft auch hier nur ein Neustart des Computers.



Die nächste Bremsung mag durch die Nachricht "Kein geeigneter Sicherheits-Token gefunden" erfolgen. Die persönliche beA-Karte ist in das Lesegerät eingesteckt, das Lesegerät leuchtet grün aber der Sicherheits-Token wird nicht gefunden. Kann passieren, einfach nochmal alles ausstöpseln, evtl. einen nochmaligen Neustart arrangieren und die Sache könnte funktionieren.


Ist man als pflichtbewusster Anwalt endlich in seinem Postfach, wartet man freudig erregt auf die Anzeige der Nachricht eines Kollegen. Es heißt dann "Die ausgewählte Nachricht wird geladen und entschlüsselt. Bitte warten." Das kann ich. Vor dem Insbettgehen habe ich dann den Computer heruntergefahren und die Hoffnung aufgegeben, nach acht Stunden warten die Nachricht noch lesen zu können. Am nächsten Tag musste ich dagegen nur 15 Minuten warten und konnte die Nachricht dann tatsächlich lesen.



Nur ausloggen konnte ich mich dann nicht sofort, denn "Die Anfrage konnte nicht verarbeitet werden. Bitte versuchen  Sie es später erneut." Habe ich gemacht, ging dann auch. Fazit: Das besondere elektronische Anwaltspostfach funktioniert irgendwie, nicht immer sofort und verlangt jedenfalls Geduld und jede Menge Neustarts. Wer nicht bereit oder in der Lage ist, sich damit selbst zu beschäftigen, wird sich mit den Beschwerden der Mitarbeiter auseinandersetzen dürfen. Über die Sicherheit des Systems vermag ich nicht zu urteilen, besonders anwenderfreundlich ist das besondere elektronische Anwaltspostfach derzeit jedenfalls noch nicht.

Dienstag, 4. September 2018

Die Turboquerulantin erobert Schleswig-Holstein

Nach ihrem glanzvollen Auftritt in Bayern nutzte die Turboquerulantin Deutschlands Jahrhundertsommer nun auch zu einem kleinen Ausflug ins schöne Pinneberg in Schleswig-Holstein. Wie jeder Journalist unterliegt nämlich auch die Turboquerulantin bei ihren investigativen Recherchen bestimmten Sorgfaltspflichten, deren Einhaltung sie im vorliegenden Fall nicht ausreichend belegen konnte.

Im Mai 2018 hatte sie in einer ihrer bundesweit bekannten Publikationen einen Text veröffentlicht, in welchem sie darlegte, dass eine Person mit Vorsatz falsche Haftbefehle durch Täuschung an den Gerichten bewirken würde und damit mehrere Freiheitsberaubungen begangen habe. Sicherlich selbst für eine der profiliertesten Enthüllungsjournalistinnen Deutschlands eine spektakuläre Geschichte und deshalb auch ein besonderes Ärgernis für die von den Aufdeckungen betroffene Person.

Diese wehrte sich deshalb als Antragsteller durch eine einstweilige Verfügung gegen den wohl nicht mit letzter Sorgfalt recherchierten Artikel der Turboquerulantin und erwirkte von dem Amtsgericht Pinneberg einen Beschluss, mit welchem unserer standhaften Verfechterin der Wahrheit die Behauptung verboten wurde, der Antragsteller habe falsche Haftbefehle und mehrere Freiheitsberaubungen an Gerichten bewirkt. Nun ist die Recherche ein unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt und angesichts der bundesweiten Bedeutung der von der Turboquerulantin herausgegebenen Publikationen war ein Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung der einzig denkbare Weg, um vor Kolleginnen und Kollegen als auch ihrer treuen Leserschaft belegen zu können, dass die von ihr zur Veröffentlichung preisgegebenen Informationen über den Antragsteller mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft und wahrheitsgetreu wiedergegeben wurden.

Trotz umfangreicher Darlegungen und einer stichhaltigen Argumentation in der daraufhin anberaumten mündlichen Verhandlung gelang es der Turboquerulantin jedoch nicht, das Amtsgericht Pinneberg davon zu überzeugen, dass ihre Recherchen zutreffen und darüber hinaus auch ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an den über die Person des Antragstellers veröffentlichten Informationen besteht. Mit Urteil vom 01.08.2018 zum Az.: 73 C 84/18 trug sich deshalb auch das Amtsgericht Pinneberg in das Deutschland-Archiv der TQ-Rechtsprechung ein und konnte für das Bundesland Schleswig-Holstein den ersten Punkt noch vor der Konkurrenz aus Bremen verbuchen, deren erster Archivbeitrag im September 2018 erwartet wird.

Donnerstag, 30. August 2018

Haftbefehl Chemnitz

Deutschland befindet sich aktuell in einem angeregten Meinungsaustausch über Ereignisse, die ein Tötungsdelikt am 26.08.2018 in Chemnitz nach sich zog. Ein deutscher Staatsbürger verstarb in Folge mehrerer Messerstiche, für die ein irakischer und ein syrischer Staatsbürger verantwortlich sein sollen. So jedenfalls lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Chemnitz.

Details über diese Vorwürfe kann man dem ungeschwärzten Haftbefehl entnehmen, der mit Hilfe einschlägiger Suchbegriffe leicht über Google gefunden werden kann. Die Veröffentlichung des Haftbefehls ist derzeit jedenfalls strafbar und so bemühen sich die Strafverfolgungsbehörden aktuell darum, herauszufinden, wer für diese Veröffentlichung verantwortlich ist. Weil durch die Segnungen des Internets und die damit eröffneten Möglichkeiten der Teilhabe der einfachen Bürger an der öffentlichen politischen Diskussion die Meinungsfreiheit eine enorm gesteigerte Bedeutung erfahren hat, gilt es für den sich öffentlich Äußernden umso mehr, die Gesetze zu beachten, welche die Meinungsfreiheit entscheidend einschränken.

Während sich die Tatbestände der Beleidigung nach § 185 StGB und der Volksverhetzung gem. § 130 StGB zu omnipotenten Werkzeugen der Staatsanwaltschaften gemausert haben und dadurch längst ins geschärfte Blickfeld des Meinungskampfes gerückt sind, fristet der Tatbestand der verbotenen Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen nach § 353d StGB derzeit noch das Dasein eines Mauerblümchens. Das dürfte sich nun mit der Veröffentlichung des Chemnitzer Haftbefehls ein wenig geändert haben, denn mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. entgegen einem gesetzlichen Verbot über eine Gerichtsverhandlung, bei der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder über den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Dokuments öffentlich eine Mitteilung macht,

2. entgegen einer vom Gericht auf Grund eines Gesetzes auferlegten Schweigepflicht Tatsachen unbefugt offenbart, die durch eine nichtöffentliche Gerichtsverhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Dokument zu seiner Kenntnis gelangt sind, oder

3. die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.

Eine beachtliche Bürgerpflicht ist es daher zum Beispiel, seiner Empörung über die eigene Verfolgung seitens der Strafverfolgungsbehörden so lange nicht durch die Veröffentlichung einschlägiger Dokumente aus dem eigenen Strafverfahren Ausdruck zu verleihen, bis das Verfahren endgültig abgeschlossen ist.

Montag, 6. August 2018

Wer aufessen will hat keine Angst

Das Gewaltschutzgesetz wird immer beliebter, denn mit wenig Aufwand und geringem Kostenrisiko kann man versuchen, sich Personen vom Leib zu halten, von denen man sich bedrängt fühlt. Dass ein kleiner Gewaltschutztest nach § 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG) auch für Hobbyopfer nicht zu teuer wird, garantiert § 49 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG), wonach der Verfahrenswert regelmäßig 2.000 Euro beträgt und nach § 41 FamGKG sogar nur 1.000 Euro, wenn man versucht, im Eilverfahren eine einstweilige Anordnung zu bekommen.

Die Dringlichkeit ist in Gewaltschutzverfahren eigentlich der Regelfall, denn die Angriffe eines Täters sollen natürlich umgehend unterbunden werden. Grundsätzlich eine gute Idee des Gesetzgebers, die auch unter Facebook-Fans immer wieder empfohlen wird, spricht doch § 1 Absatz 1 GewSchG davon, dass ein Täter zur Unterlassung gezwungen werden kann, Verbindung zur verletzten Person unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen und nach § 1 Absatz 2 GewSchG kann sogar die Verfolgung des Opfers unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verboten werden.

Bisweilen nutzen scheinbare Opfer das Gewaltschutzgesetz allerdings dazu, anhand bloßer "Glaubhaftmachung" ohne Beweisaufnahme und Anhörung des angeblichen Täters einen Beschluss zu erwirken, um abseits einer tatsächlichen Gefährdungslage einen aussagekräftigen Beschluss in die Hand zu bekommen, mit dem man seinen Freunden gegenüber belegen kann, wie bösartig der angebliche Täter ist und schließlich hat man auch noch die Möglichkeit, den Antragsgegner mit dem Beschluss zu drangsalieren.

Ein solches Unterfangen gelingt allerdings nur dann, wenn die Räuberpistole nicht allzu durchschaubar ist und das Gericht mangelhaft neuronal vernetzt ist. Ein schönes Beispiel einer solch` gescheiterten Attacke mit Hilfe des Gewaltschutzgesetzes durfte ich kürzlich bis vor das Amtsgericht Gelsenkirchen begleiten. Das Scheinopfer interessierte sich schlicht zu intensiv für den Scheintäter und ließ sich durch seine Anwesenheit nicht einmal den Appetit verderben, wie das Amtsgericht Gelsenkirchen zutreffend in seinem abweisenden Beschluss zum Az.: 102 F 107/18 vom 27.06.2018 erkannte:

"Ferner verwundert, warum sie am 15.05.2018 wieder das Cafe del Sol besucht hat, obwohl sie vermutet hat, der Antragsgegner werde davon ausgehen, dass sie, wie in der Woche davor, wieder dieses Lokal aufsuchen wird. Auch erstaunt, dass sie, nachdem der Antragsgegner sich ihnen genähert hatte, nicht weggegangen ist, sondern sich ins Innere des Lokals begeben hat und dort insgesamt noch fast zwei Stunden geblieben ist, um zu essen, insbesondere auch noch aufessen wollte, obwohl sie der Antragsgegner angeblich eineinhalb Stunden "umkreiste" und sie schon die Polizei gerufen hatte. Dies tut wohl niemand, der Angst hat. Auch wenn das Recht dem Unrecht nicht weichen muss, stellt sich doch die Frage, wie die Antragstellerin mit ihrem eigenen Verhalten gegenüber der Anwesenheit des Antragsgegners begründen will, dass sie nicht mehr das Haus verlassen kann, ohne von der Angst gequält zu sein, dem Antragsgegner ausgesetzt zu sein."

Montag, 30. Juli 2018

Datenspass im Anwaltszimmer

Mit einem Kollegen habe ich mich kürzlich über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unterhalten. Wir waren uns einig, dass Datenschutz eine wichtige Sache ist und insbesondere im anwaltlichen Berufsalltag eine hohe Bedeutung zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mandanten hat.

Zu fortgeschrittener Stunde und nach einigen Weizenbieren hat mir der Kollege dann noch eine Geschichte* zum Datenschutz auf den Weg gegeben, welche das Bemühen um die Datensicherheit zur vertraulichen Kommunikation im Rechtsverkehr wie einen schlechten Witz erscheinen lässt. Die Geschichte handelte von einem Anwalt, der im Anwaltszimmer des Landgerichts regelmäßig und ungeniert ins Gerichtsfach einer vorwiegend im Familienrecht tätigen Kanzlei greift, um gerichtlichen Beschlüssen und Urteilen sowie Schriftsätzen die Namen, Adressen und andere Informationen von Personen zu entnehmen, die sich in Scheidungsverfahren befinden.

Dazu muss man wissen, dass sich die Gerichtsfächer der Rechtsanwälte im Anwaltszimmer des Landgerichts befinden und mit fortlaufenden Nummern und Namensschildern versehen sind. Jedes Gerichtsfach ist mit einer kleinen Klappe versehen, die es erlaubt, von außen zu sehen, ob sich Gerichtspost im Fach befindet. Die Klappen sind nicht verschlossen und jeder, der sich im Anwaltszimmer befindet, kann etwas einwerfen oder auch entnehmen. Diesen Umstand soll sich der Kollege zu nutze gemacht haben, um mit wenig Aufwand an Adressen zu gelangen, bei denen gezielte Werbung Erfolg verspricht. Ein Flyer "Kostenlose Erstberatung bei Scheidungsfällen" in jeden Briefkasten des Hauses eines Scheidungsopfers könnte selbst im Zeitalter von Google-Werbung erfolgversprechend sein.

Ich habe nicht näher nachgehakt, was der Kollege tatsächlich mit den Adressen gemacht hat, vielleicht hat er die Informationen ja auch nur zur Erstellung einer persönlichen Singlebörse verwendet. Ich weiß allerdings, dass prinzipiell jeder ins Anwaltszimmer latschen kann, um sich mit vertraulicher Post zu versorgen und ein Rechtsanwalt, der ein eigenes Fach hat, kann nahezu gefahrlos auf die Gerichtspost von Kollegen zugreifen. Wenn man an die Diskussion um die Sicherheit des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs oder die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung denkt, ist der eher sorglose Umgang mit der Datensicherheit bei den Gerichtsfächern im Anwaltszimmer des Landgerichts ein bestenfalls schrulliges Überbleibsel aus vergangenen Tagen.

*Die Personen und die Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Dienstag, 24. Juli 2018

Die Wahrheit über Mesut Özil

Der Heiligenschein der Scheinheiligen glänzt in diesen Tagen besonders hell, denn diese sind sich durchweg darüber einig, dass der nun zurückgetretene und daher ehemalige Fußballnationalspieler Mesut Özil die Fehler gemacht hat, sich im Mai 2018 mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan fotografieren zu lassen und auf die anschließende Hetzjagd erst spät zu antworten. Ausgehend von dieser Annahme wurde und wird Özil nun der Prozess gemacht.

Tatsächlich waren die Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten gar nicht falsch und das folgende wochenlange Schweigen sein gutes Recht. Als deutscher Nationalspieler mit türkischen Wurzeln durfte er sich jederzeit mit dem türkischen Staatspräsidenten oder dem deutschen Bundespräsidenten ablichten lassen, ohne sich aus irgendeiner Richtung den Vorwurf respektlosen Verhaltens gegenüber einem anerkannten politischen Amt machen lassen zu müssen. Keiner wird von einem talentierten Spieler mit türkischen Vorfahren mehr verlangen können, als von Altbundeskanzler Gerhard Schröder, der anläßlich seiner öffentlichen Gratulation zu Erdogans Vereidigung als Präsident Anfang des Monats im Auftrag der Bundesregierung eigens in die Türkei gereist ist.

Auch Kritik an gemeinsamen Auftritten von FIFA-Präsident Gianni Infantino und dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin während der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Rußland war kaum zu hören, obwohl Putin im öffentlichen Deutschland ebenfalls als böser Machtmensch verschrien ist. Der Öffentlichkeit die Beschäftigung mit der bundesweiten Entrüstung ob des skandalösen Fotos mit Erdogan zu überlassen, war nicht nur Teil der Freiheit Özils, sondern auch Raum für entlarvende Schauspielkunst, in welchem DFB-Präsident und CDU-Jurist Reinhard Grindel genau das Bild abgegeben hat, wie es Kritiker von ihm nicht schlechter hätten zeichnen können.

Das Verhalten von Grindel, welches Özil in seiner Rücktrittserklärung als Inkompetenz und Unfähigkeit definiert hat, ist angesichts der Karriere des DFB-Führers tatsächlich keine große Überraschung, auch wenn man nur flüchtig hinter die Kulissen blickt. Da ist mir die schlichte Art von Steuersünder Hoeneß lieber, der auf Özils Rücktritt polterte, Özil habe "seit Jahren einen Dreck gespielt". Ex-Knacki Uli meidet das moralische Glatteis, das Grindel aus der Spur gebracht hat und redet nur über Fußball. Mehr würde ihm auch keiner abnehmen. 

Mittwoch, 18. Juli 2018

Turboquerulantin erobert Bayern

In aller Stille mausert sich Niedersachsens prominenteste Enthüllungsjournalistin nun auch zum bundesweiten Justizstar. Nachdem ihre querulantische Premiumqualität in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mittlerweile unumstritten ist, hat die Turboquerulantin jüngst auch die bayerische Justiz von ihrer Durschschlagskraft überzeugen können. Das Amtsgericht Dachau bescheinigte der Turboquerulantin daher mit Urteil vom 19.06.2018 zum Az.: 2 C 1091/17, eine Abmahnung via facebook ignoriert und grundlos die Behauptung aufgestellt zu haben, die Klägerin sei eine Frau die Cybermobbing betreibt, lügt, krank ist und man ihr daraufhin ihr Kind wegnahm. Kenner wissen schon lange, dass es eine leichte Übung unserer Serienheldin ist, ihr unbekannte Dritte wegen unhaltbarer Gerüchte mit wenigen Facebook-Postings fachgerecht in die Pfanne zu hauen. Die nicht ganz neue Masche der Turboquerulantin, nicht mehr den unerbittlichen Kampf um Wahrheit zu proklamieren, sondern mit dem Kopf in der Schlinge von gehackten Facebook-Profilen zu schwafeln, hat das Amtsgericht Dachau schnell durchschaut. Ob die Justiz in Schleswig-Holstein das Cybermobbing aus Niedersachsen ebenfalls durch Urteil mit einem Qualitätssiegel versieht, werden wir in Kürze beantworten.

Donnerstag, 5. Juli 2018

40 Millionen Dollar für 20 Anwälte

Die Entscheidung des neuseeländischen "Court of Appeal", wonach die Auslieferung von Herrn Kim Schmitz alias "Kim Dotcom" an die USA erfolgen könne, weil er sich mit seinen Mitstreitern vorsätzlich und in massivem Umfang zu kommerziellen Zwecken zu Urheberrechtsverletzungen verschworen und diese Verletzungen begangen habe, ist ein arger Rückschlag in dessen über 6-jährigem Kampf darum, wegen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Datentauschbörse Megaupload von Neuseeland nicht an die USA ausgeliefert zu werden. Dass sich Schmitz überhaupt einen so langen Kampf leisten konnte, dürfte an seiner enormen Kriegskasse liegen, aus der er nach eigenen Angaben bereits 40.000.000 Dollar an Gebühren vor allem an seine Rechtsanwälte aus den USA, Canada, Neuseeeland, Hong Kong und Deutschland gezahlt hat. 20 hochqualifizierte Rechtsanwälte für ihren jahrelangen Einsatz zu bezahlen dürften sich nur wenige Angeklagte leisten können und ist ein weiterer Beleg dafür, dass die finanzielle Ausstattung eines Angeklagten oft darüber entscheidet, ob er sein weiteres Leben hinter Gittern verbringen muss oder eben nicht. Der nun folgende Gang zum neuseeländischen "Supreme Court" dürfte auch noch einmal mehrere Millionen Dollar verschlingen und in Neuseeland zumindest der letzte Akt dieser langwierigen juristischen Auseinandersetzung sein. 

Freitag, 22. Juni 2018

Haunebu

Bis vor kurzem wusste ich noch gar nicht wer oder was ein "Haunebu" ist. Nach einer konzertierten Werbekampagne durch nahezu sämtliche Medien im Zusammenhang mit einem Modellbausatz der Firma Revell und einer anschließenden Recherche im Internet weiß ich es nun. Es ist der Name von Flugobjekten, die der Legende nach in den 30er Jahren für die Nazis an einem Ort Namens "Hauneburg" entwickelt wurden.

Die Kurzbezeichnung dieser legendären Reichsflugscheiben lautet daher "Haunebu" und eine "Haunebu II" wurde ab Mai 2018 von der Firma Revell mit der Kartonaufschrift "1934 begannen die Arbeiten an den Rundflugzeugen. Ihr Antrieb und die Neutralisierung der Fliehkräfte im Innenraum erfolgten über Vril-Energiefelder. Flugfähige Exemplare der bis zu 6000 Km/h schnellen Haunebu II starteten Mitte 1943, kamen aber kriegsbedingt nicht über die Erprobungsphase hinaus." an Modellbaufreunde ausgeliefert.

Das Produkt "Flying Saucer Haunebu II" wurde nur wenige Wochen für 49,99 Euro vertrieben, denn auf die Kritik des Deutschen Kinderschutzbunds und Historikern, welche die Verbreitung rechtsextremer Legenden in bundesdeutschen Kinderzimmern anprangerten, ließ die Modellbaufirma zunächst mitteilen, die umstrittene Verpackungsinschrift abändern zu wollen um schließlich ganz auf den Verkauf des Nazi-Ufos zu verzichten. Durch die flächendeckende Berichterstattung in Zeitungen und sozialen Netzwerken hat sich die  Kunde über die geheimnisvolle Reichsflugscheibe allerdings in Windeseile verbreitet und bundesweit Neugierde geweckt.

Vor der Pressekampagne wusste keine Sau etwas von den nationalsozialistischen Untertassen für knapp 50,- Euro. Nach dem aufgenötigten Vertriebsstopp gehört die "Haunebu II" neuerdings zu den begehrtesten Modellspielzeugen in Deutschland, die nunmehr für ein vielfaches des Einstandspreises gehandelt werden. Wer nicht so tief in die Tasche greifen will, kann ja auf historisch belegte Modelle der deutschen Kriegsmaschinerie von Revell zurückgreifen, denen tatsächlich Tausende von Soldaten zum Opfer gefallen sind. Ein klassischer Sturzkampfbomber oder eine Me 109 sind eben keine ausgedachten Waffen und schon deshalb einer "Haunebu II" an der Kinderzimmerdecke vorzuziehen, oder?

Mittwoch, 20. Juni 2018

Wutrichter sieht Bremslichter

Es ist nun schon eine Weile her, dass ich über einen Wutrichter berichtet habe, der am Amtsgericht Hagen sein Unwesen auf Kosten unseres Mandanten trieb. Sein erster Schachzug bestand darin, schon nach der Stellung eines bloßen PKH-Antrags zu terminieren und in der mündlichen Verhandlung nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe ein abweisendes Urteil zu fällen. Der Hinweis darauf, dass die Klage lediglich unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wurde, schien ihn nicht nur nicht zu interessieren, sondern vielmehr Teil eines sorgfältig angelegten Diskriminationsplans zu sein. Denn um den Blödsinn eines Urteils ohne rechtshängige Klage endgültig in den Tiefen des Amtsgerichtskellers verschwinden zu lassen, bedurfte es eines Streitwerts von maximal EUR 600,-, um eine Berufung zu verhindern.

In der von uns angestrengten Streitwertbeschwerde gegen die unangemessen niedrige Festsetzung steigerte sich der amtsrichterliche Kobold dann noch durch die Ersetzung der formalen Parteistellung "Kläger" durch "nicht existent" und für uns verblieb nur die abwertende Bezeichnung "sogenannte Prozessbevollmächtigte der vorgenannten Nichtperson" im Rubrum seines Nichtabhilfebeschlusses. Der zweite Teil des Plans des böswilligen Spaßvogels in Robe scheiterte dann allerdings beim Landgericht Hagen, welches den Streitwert auf EUR 2.000,- festsetzte. Damit war klar, dass die Ergebnisse seiner Willkürfests immer erst über den Tisch des Landgerichts laufen mussten, um als endgültig erfolgreich abgesegnet zu werden.

Diese Perspektive schien des Wurtrichters Eifer derart zu bremsen, dass er die sofortige Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung liegen ließ und diese nach mangelnder Abhilfe erst über ein Jahr später ans Landgericht Hagen weiterreichte. Das Landgericht machte dem gehässigen Richter dann auch den zweiten Strich durch die Rechnung. Nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf die Kammer gem. § 568 S. 2 Ziff. 1 ZPO wurde unserem Mandanten mit Beschluss vom 07.05.2018 zum Az.: 1 T 23/18 die begehrte Prozesskostenhilfe bewilligt und dem ins rechtliche Abseits geglittenen Amtsrichter ohne allzu strenge Worte eine Brücke gebaut, damit er sich nach seiner Unrechtsorgie wieder auf die Pfade der Tugend begeben kann. Ich bin gespannt, ob er die Brücke überschreitet und der Beklagten die Kosten der zweiten Instanz erspart oder ob er sich weiter an seiner richterlichen Unabhängigkeit berauscht und erneut schmerzfrei und mit voller Wucht gegen die Mauern des Landgerichts rennt.

Montag, 18. Juni 2018

Bundesstinkefingerbeauftragter fordert: Özil soll Nationalhymne singen

Pünktlich zum Auftaktspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland 2018 meldet sich Stefan Effenberg in seiner Funktion als Bundesstinkefingerbeauftragter mit der schlichten Forderung "Wenn Özil so zu seinem Land steht, nämlich unser Land, Deutschland, dann soll er auch in Zukunft die Nationalhymne mitsingen."

Ausgerechnet Effenberg, der dem deutschen Publikum während der Weltmeisterschaft in den USA 1994 nach seiner Auswechselung im Spiel gegen Südkorea den Mittelfinger entgegenreckte und daraufhin von Bundestrainer Berti Vogts aus dem Kader geworfen wurde, punktete mit seinem Statement billigst auf Kosten von Mesut Özil.

Immerhin hatte Effenberg die seltene Chance erkannt, Beifall auf seinem Lebenskonto verbuchen zu können, was ihm nach seiner Karriere als Fußballspieler kaum gelang. In der Diskussion um das Mitsingen der Nationalhymne durch die deutschen Spieler vor den Spielen der Fußballnationalmannschaft ist längst alles gesagt. Keiner muss singen und wenn der Vater in der Türkei geboren ist, gibt es nicht mal ein deutsches Vaterland. Warum sollte Özil dann davon singen?

Donnerstag, 14. Juni 2018

Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings

Bereits der dritte bundesweite Aktionstag gegen Internethetze führte heute zu Wohnungsdurchsuchungen, Vernehmungen und weiteren Maßnahmen gegen insgesamt 29 Beschuldigte. Seit 06.00 Uhr morgens sind 20 Polizeidienststellen in Berlin, Bayern, Brandenburg, Hessen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Einsatz gegen strafbare Hasskommentare im Internet wie die öffentliche Aufforderung zu Straftaten, antisemitische Beschimpfungen oder fremdenfeindliche Volksverhetzungen. Der Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings soll unterstreichten, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und neben dem schnellen Löschen von Hasskommentaren aufgrund des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes dazu führen, dass die Verfolgung der Täter sichergestellt wird. "Verfolgen statt nur Löschen" heisst deshalb auch das nordrhein-westfälische Projekt der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime der Justiz in Nordrhein-Westfalen bei der Staatsanwaltschaft Köln (ZAC NRW) und dem LKA Nordrhein-Westfalen.

Nicht vergessen sollte man bei diesem öffentlichkeitswirksamen Aktionismus der Strafverfolgunsgsbehörden, dass dem normalen Durchschnittsbürger die Unterstützung der Staatsanwaltschaft bei gegen ihn selbst gerichteten Ehrschutzdelikten im Internet verwehrt bleibt, ganz im Gegenteil zu den gewählten Volksvertretern, die sich der Unterstützung der Justiz im Kampf gegen kritische Stimmen im Internet sicher sein können. Während die Allzweckwaffen "Beleidigung" und "Volksverhetzung" bundesweit derart erfolgreich eingesetzt werden, dass sich mittlerweile jeder biedere Bürger bei seinen Meinungsäußerungen über die herrschenden Verhältnisse leicht dem Vorwurf der strafbaren Hetze ausgesetzt sieht, kann genau der gleiche Bürger sicher sein, dass ihn bei der Bitte um staatliche Hilfe folgende Worte der Staatsanwaltschaft erreichen:     

"Ermittlungsverfahren gegen Müller wegen Beleidigung, üble Nachrede
Sehr geehrter Herr Meier,
in dem oben genannten Verfahren habe ich mit Verfügung vom 01.01.2018 folgende Entscheidung getroffen: Der Anzeige wird mangels öffentlichen Interesses keine Folge gegeben. Dem Antragsteller steht der Privatklageweg offen.
Gründe: Bei dem von dem Antragsteller geschilderten Sachverhalt kamen nur Privatklagedelikte in Betracht (§ 374 StPO). Die öffentliche Klage wird in diesem Fall von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öfffentlichen Interesse legt (§ 376 StPO). Da der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört ist und die Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit darstellt, ist eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft nicht geboten.
Mit freundlichen Grüßen Schmidt Staatsanwalt"

Mit der Stellschraube "öffentliches Interesse" werden einerseits Tausende von berechtigten Strafanzeigen abgewürgt, weil der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus angeblich nicht gestört und die Verfolgung der Tat keine gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist, während andererseits das konzertierte Ausrücken der Sturmtruppen der Justiz ein dringendes Bedürfnis des Volkes ist, welches sich den ungehobelten Kommentaren der lästigen Störenfriede unserer Demokratie in den sozialen Netzwerken ausgesetzt sieht. Sicher ist dabei nur, dass sich die Meiers und Müllers weiter ungestört untereinander kloppen dürfen, während die ähnlich unflätige Kritik an den Herrschern des Elfenbeinturms gerne mal mit einigen tausend Euro sanktioniert wird. Dann natürlich als gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit.

Dienstag, 12. Juni 2018

Messermädchen

Alle reden über Messermänner mit Migrationshintergrund und verlieren dabei völlig aus dem Augen, dass eine Messerfrau mit Migrationshintergrund sich bereits mit deutlichem Vorsprung vor ihren männlichen Mitstreitern in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Deutschlands verewigt hat.

Genauer gesagt ein Messermädchen aus Hannover, dessen Verurteilung der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Strafsachen mit der Verwerfung ihrer Rüge der Verletzung materiellen und prozessualen Rechts im Revisionsverfahren am 19. April 2018 zum Az.: 3 StR 286/17 bestätigt hat. Damit wurde das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 26.01.2017 zum Az.: 4 StE 1/16 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung rechtskräftig, mit welchem das gottesfürchtige Mädchen zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt wurde.

Nach den Feststellungen des Staatsschutzsenats des Oberlandesgerichts Celle stach die zum Tatzeitpunkt 15-jährige Muslima einem Polizeibeamten des Bundes, der im Hauptbahnhof Hannover Streife ging und nicht mit einem Angriff auf seine Person rechnete, am 26. Februar 2016 mit einem Messer in den Hals, um ihn zu töten. Sie sah in ihm einen Repräsentanten Deutschlands als Land der Ungläubigen und betrachtete deren Bürger als kuffar und damit Feinde des Islams. Ihr Messerangriff erfolgte im Auftrag von Mitgliedern des Islamischen Staates (IS), mit denen sie die konkrete Tatausführung in chats mit ihrem Mobiltelefon abgesprochen hatte.

Damit wurde erstmals eine Sympathisantin des Islamischen Staates wegen eines terroristischen Angriffs in Deutschland zu einer Haftstrafe verurteilt. Gegen die über zwei Staatsbürgerschaften verfügende Deutsch-Marokkanerin wurde wegen ihres jugendlichen Alters nach dem Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt, weshalb Details über die Hintergründe der Tat oder der Strafzumessung leider nicht bekannt sind.