Freitag, 19. Februar 2016

Zentrales Gewerberegister zur Erfassung und Registrierung USt-IdNr.

Sie lieben es, amtlich wirkende Formulare auszufüllen, Ihre Firmendaten an überflüssige Internetbuden zu übermitteln und die deutsche Bürokratie hat Ihnen als Kleinunternehmer sämtliche Abwehrkräfte geraubt, so dass Sie bereit sind, jeden Blödsinn mitzumachen, nur um sich der Illusion hinzugeben, irgendwann einmal Ordnung auf dem mit lästigem Papier überhäuften Schreibtisch schaffen zu können? Dann sind Sie der Kandidat für ein Zentrales Gewerberegister zur Erfassung und Registrierung inkl. Umsatzsteueridentifikationsnummern, das von der DR Verwaltung AG, Siemensstraße 36, 53121 Bonn auf einem mit Liebe gestaltetem Formular auch Zentrales Gewerberegister zur Erfassung inkl. USt-IdNr. genannt wird und das durch den auf dem Eintragungsformular verwendeten Doppeladler signalisiert, Albanien näher zu sein als Deutschland.

Wahrscheinlich haben die Jungs der DR Verwaltung AG das Grundsatzurteil des BGH vom 26. 7. 2012 zum Az.: VII ZR 262/11 auch gelesen, in welchem ausgesprochen wurde, dass wenn eine Leistung (Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten wird, eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil ist und bei der Formulargestaltung versucht, sich nicht an den Kriterien des BGH messen lassen zu müssen.

Daher wird, wenn auch kleindgedruckt, im Formular der DR Verwaltung AG darauf hingewiesen, dass die Erfassung der Unternehmensdaten unter www.ustid-nr.de eine nicht amtliche, kostenpflichtige Eintragung ist, die von der DR Verwaltung AG angeboten wird und bislang keinerlei Geschäftsbeziehung bestünde. Wer überlicherweise nur das Eingangsblabla seines Steuerbescheids liest und es gewohnt ist, seine Augen sofort zum wesentlichen Teil eines behördlichen Formulars schweifen zu lassen, könnte nach dem Ausfüllen und Übermitteln des Formulars der DR Verwaltung AG in Zukunft mehr Arbeit haben, als erhofft, wenn er endlich merkt, dass - wie schon im Formular am Ende aufgeführt - der Veröffentlichungsbetrag für das Spaßregister jährlich 398,88 Euro zzgl. MwSt. beträgt und durch die Veröffentlichung der eingetragenen Firmendaten über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren verbindlich bestellt wurde.

Mittwoch, 17. Februar 2016

Der geschwätzige Kollege

Mit Versäumnisurteil vom 14.07.2015 hat das Landgericht Rostock zum Az.: 3 O 423/15 einem mitteilsamen Kollegen, der beständig das Verbot der Umgehung des Gegenanwalts gem. § 12 BORA ignoriert hatte und sein standeswidriges Verhalten schließlich mit dem unzweideutigen Hinweis „Übrigens kann man Mandate auch kündigen.“ gekrönt hatte, im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, seine kostbare Arbeitszeit weiterhin mit der Belästigung fremder Mandanten zu verschwenden:

"I.) Dem Beklagten wird untersagt, als Rechtsanwalt Hinweise wie „Übrigens kann man Mandate auch kündigen.“ und „Wenn Sie die Klage nicht ins Netz gestellt haben, dann kann das nur Ihr Anwalt gewesen sein, der sich damit nach § 203 StGB schwer strafbar gemacht hat. Und so einem Anwalt vertrauen Sie?“ wie per E-Mail vom 24.04.2015 an die Mandantin des Antragstellers geschehen, an Mandanten des Antragstellers zu versenden.

II.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu Euro 200.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

III.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte

IV.) Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt."

Damit hat sich das Landgericht Rostock im Ergebnis der rechtlichen Wertung des Verfügungsklägers angeschlossen:

"In dem Verhalten des Antragsgegners liegt ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß gemäß § 4 Nr. 7, Nr. 8, Nr. 10 und Nr. 11 UWG. Es liegt eine wettbewerbswidrige Herabsetzung des Antragstellers als Mitbewerber gemäß § 4 Nr. 7 UWG vor. Die Herabsetzung eines Mitbewerbers ist zu bejahen, wenn die Handlung geeignet ist, die Wertschätzung des betroffenen Mitbewerbers in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise zu verringern.Der Antragsgegner hat damit nicht nur eine unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt, welche geeignet ist, den Antragsteller zu schädigen (§ 4 Nr. 8 UWG), sondern auch gezielt einen Mitbewerber behindert (§ 4 Nr. 10 UWG), indem er durch Herabsetzung des Antragstellers auf eine Kündigung des Mandats hinwirken wollte. Dieses Verhalten ist geeignet, die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Antragstellers zu beeinträchtigen. Diese Behinderung erfolgte auch gezielt, denn bei objektiver Würdigung aller Umstände ist die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung gerichtet, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers durch Mandatsentzug.

Der Antragsgegner hat außerdem gegen § 4 Nr. 11 UWG verstoßen, indem er entgegen § 12 BORA handelte. Gemäß § 12 BORA – Umgehung des Gegenanwalts – darf ein Rechtsanwalt nicht ohne ausdrückliche Einwilligung des Rechtsanwalts eines anderen Beteiligten mit diesem unmittelbar Verbindung aufnehmen oder verhandeln. Dies gilt auch dann, wenn die gegnerische Partei Kontakt mit dem (gegnerischen) Rechtsanwalt unter Umgehung seines eigenen Rechtsanwalts aufnimmt; solche Ansprachen hat der Rechtsanwalt abzulehnen oder er muss sich vergewissern, dass kein Mandatsverhältnis mehr besteht (AnwG Karlsruhe BRAK-Mitt. 2004, 181). Gleiches gilt, wenn erst im Laufe eines spontanen (ggfls. privaten) Gespräches der Gesprächsinhalt auf ein laufendes Verfahren umschwenkt (AnwG Karlsruhe BRAK-Mitt. 2006, 39).

§ 12 BORA ist auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, durch die ein Unternehmer auf die Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Der Normzweck des § 12 BORA, der Schutz des gegnerischen Mandanten vor Abgabe benachteiligender Erklärungen, wird von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG erfasst. Das Umgehungsverbot regelt das Marktverhalten der Rechtsanwälte, welches im Interesse der Mandanten als Verbraucher ist. Folglich stellt ein Verstoß gegen § 12 BORA ein unlauteres Verhalten nach § 4 Nr. 11 UWG dar."

Seit der Entscheidung des Landgerichts Rostock ist - bis auf einen kleinen Ausrutscher - Ruhe auf den Nebenkriegsschauplätzen und der das anwaltliche Berufsrecht des öfteren vernachlässigende Kollege kümmert sich als berufener unabhängiger Berater und Vertreter seines Mandanten wieder intensiv und mit gewohnter fachlicher Kompetenz um dessen Rechtsangelegenheiten.

Montag, 15. Februar 2016

Landgericht Bückeburg: Wie unfair, Herr Kollege!

"In oben genannter Sache werden ergänzend die das erkennende Gericht betreffenden Blog-Artikel des Antragsgegners zur Kenntnis gebracht:". Mit diesem Schachzug hatte der mit allen Wassern gewaschene Kollege seinen letzten Schriftsatz begonnen und auch beendet. Damit war das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Bückeburg, in welchem ich mich für einen angeblich rechtswidrigen Blog-Artikel verantworten musste, natürlich endgültig verloren.

Allzu viel Hoffnung hatte ich in dieser Sache ohnehin nicht, denn bereits die Weigerung des Gerichts, das Rubrum nach Vorlage der aktuellen Auskunft des Standesamts Bückeburg auf den korrekten Namen des Klägers zu berichtigen und ihm stattdessen den geliebten Fürstentitel im Rubrum zu belassen, deuteten von Anfang an auf ein abgekartetes Spiel hin. Dass sich meine Karten im Auswärtsspiel gegen einen mächtigen Endgegner durch einen Befangenheitsantrag, eine Dienstaufsichtsbeschwerde und eine Strafanzeige gegen den Vorsitzenden Richter der Kammer nicht unbedingt verbessern würden, war auch klar. Aber dass mir der Kollege durch die kommentarlose Übermittelung der einschlägigen B.L.O.G.-Artikel über das erkennende Gericht hinterrücks den Garaus macht, nehme ich ihm dann doch ein wenig übel.

Denn mit dieser Zusatzinformation ausgestattet kannte der richterliche Abscheu gegen mich als verzweifelt argumentierenden Blogger keine Grenzen mehr. Dass die Dringlichkeitsfrist im OLG-Bezirk Celle bei Antragstellung bereits um einen Monat überschritten war, spielte dann ebensowenig eine Rolle wie die Tatsache, dass nur eine beglaubigte Abschrift einer Abschrift (statt einer Ausfertigung) des Verfügungsbeschlusses zugestellt wurde. Ganz zu schweigen von dem Umstand, dass der streitgegenständliche Blog-Artikel vollständig anonymisiert erschienen war.

Einzig die Heraufsetzung des Streitwerts von den in der einstweiligen Verfügung zunächst genannten EUR 80.000,- auf EUR 220.000,- im abschließenden Verfügungsurteil kann ich nachvollziehen. Tatsächlich ist die bürgerlich-rechtliche Respektlosigkeit in einem Blog-Artikel über einen richtig echten Fürsten, der allein durch sein Adelsprädikat im Namen und seine wirtschaftliche Stellung massive Unterwerfungsreflexe bei einem deutschen Landgericht auslöst und der in der Lage ist, durch seinen feudalen Einfluss in Bückeburg einen Kammervorsitzenden vom willfährigen Büttel in ein willenloses Rachewerkzeug zu verwandeln, mit EUR 220.000,- selbst im Verfügungsverfahren noch äußerst moderat bewertet.

Dienstag, 9. Februar 2016

Empfehlungsanwalt

Sind Sie ein Empfehlungsanwalt oder suchen Sie einen Empfehlungsanwalt? Für mich ist der Begriff Empfehlungsanwalt etwas neues und ich habe heute herausgefunden, dass ich jedenfalls kein Empfehlungsanwalt bin. Nicht einmal für IT-Recht. Trotzdem hat mich eine Mandantin den unter der Domain "empfehlungsanwalt.de" gelisteten Rechtsanwälten vorgezogen, was daran liegen könnte, dass meine Qualifikation als Fachanwalt für Informationstechnologierecht ausschlaggebend war.

Denn unter den gelisteten Empfehlungsanwälten war kein einziger Fachanwalt für IT-Recht. Zugegeben, das Schreiben der DEURAG hatte die Mandantin erst erreicht, nachdem sie bei mir angefragt hatte, ob ich den Fall eines fehlgeschlagenen ebay-Kaufs im Ausland mit Hilfe ihrer Rechtsschutzversicherung übernehmen können.

Da ich nicht mit Rechtsschutzversicherungen zusammenarbeite und keine Deckungszusagen einhole, hatte sie das selbst übernommen und die Zusage einer Erstberatung mit dem Hinweis bekommen: "In obiger Angelegenheit bestätigen wir gerne den Versicherungsschutz für eine Erstberatung. Gerne können Sie unsere Anwaltssuche nutzen: http://deurag.empfehlungsanwalt.de/" Nun, sie hat die Anwaltssuche nicht genutzt aber ich habe mir die Anwaltssuche der DEURAG aus Neugier einmal angesehen.

"Hier finden Sie von uns empfohlene Rechtsanwälte und Kanzleien. Alle hier aufgeführten Rechtsanwälte sind Kanzleien die gleichfalls von den Rechtsschutzversicherungen Allrecht, DEURAG und Ideal Versicherungen empfohlen werden. Wir übernehmen keine Haftung für die konkrete rechtliche oder formelle Mandatsführung der Rechtsanwälte." Ich habe mir nur die Mühe gemacht, in Hannover nach dem Stichwort "Informationstechnologierecht" zu suchen, habe aber den Verdacht, dass es auch außerhalb von Hannover keinen Fachanwalt gibt, der auch Empfehlungsanwalt ist. Die DEURAG scheint ihren Versicherungsnehmern Anwälte jedenfalls nicht nach deren spezieller fachlicher Qualifikation zu empfehlen.

Dienstag, 2. Februar 2016

Die Turboquerulantin - 1.600,- Euro Nachschlag

Das zweite Spiel im neuen Jahr endet mit einer Niederlage der Turboquerulantin. Nachdem die Durchsuchung ihrer Wohnung nach § 102 StPO offenbar fehlgeschlagen war, gelang es nun der Ziviljustiz aus Hamburg, die Scharte der niedersächsischen Strafverfolger auszuwetzen. Denn das Amtsgericht Hamburg beschloss am 25.01.2016 der Turboquerulantin wegen Zuwiderhandlung gegen die ihr per einstweiliger Verfügung auferlegten Verpflichtung, nämlich die Unterlassung der Veröffentlichung einer persönlich an die Antragsgegnerin gerichteten Mitteilung des Antragstellers, ein weiteres Ordnungsgeld von 1.600,00 EUR zu verhängen und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 200,00 EUR einen Tag Ordnungshaft zu festzusetzen.

Auch die Äußerungsfrist für den zweiten Ordnungsgeldantrag war ereignislos verstrichen und so war die Begründung des Amtsgerichts Hamburg keine Überraschung:

"Der Antragsteller hat substaniiert dargelegt, dass die streitgegenständlichen Äußerungen am 04.12.2015 und damit nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 15.10.2015 und dem ersten Ordnungsgeldbeschluss am 30.11.2015 auf der von der Antragsgegnerin verantworteten Facebook-Seite abrufbar waren und auch weiterhin sind. Das Gericht hat das beantragte Ordnungsgeld auf 1.600,00 EUR festgesetzt. Es hat hierbei sowohl die Schwere der fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schuldnerin durch ein empfindliches Übel zur Einhaltung des gerichtlichen Verbots angehalten wird."
TQ vs Justiz, 1:1.

Mittwoch, 20. Januar 2016

Die Turboquerulantin stellt eine Falle

Die Dokumentation der Spur der Rechtsverletzungen der Turboquerulantin auf Facebook erfolgt in der Regel durch die Anfertigung von Screenshots. Bei der Ablichtung des Bildschirminhalts bei Ansicht ihres Facebook-Profils werden auch Porträtaufnahmen oder andere von der Turboquerulantin gefertigte Bilder erfasst, die dann als Teil der Screenshots im Anhang von Schriftsätzen dem jeweiligen Gericht übermittelt werden. Ein folgenschwerer Fehler, wenn man den Ausführungen des streitbaren Justizopfers folgen möchte. Denn in ihren Facebook-Notizen hat sie folgenden Passus gleichsam als Nutzungsbedingung eingestellt:  

"Bilder und Namen u.s.w. Ich möchte bitte ,dass man sich daran hält meine pers. Bilder nicht zu kopieren . Das kostet bei unerlaubten kopieren 25.000 € Schadensersatz !"

Mit dem Lächeln einer Todesdrohne kommentiert sie deshalb in einem gnadenlosen Monolog den verhängnisvollen Fehler des gegnerischen Prozessbevollmächtigten:

"Turboquerulantin: ja das wird nun einigen zum Verhängnis werden „grin“-Emoticon

Turboquerulantin: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe !!!! „wink“-Emoticon

Turboquerulantin: Tja ...RA ANONYM ....das wird teuer für sie „grin“-Emoticon lach !!! Fangen sie schon mal an zu sparen ...nicht dass sie hinterher noch zur Arge gehen müssen .lol....gerade sie als Rechtsanwalt müssen das wissen „grin“-Emoticon „grin“-Emoticon „grin“-Emoticon

Turboquerulantin: und glaube sie Ra Anonym , sie sind nicht der erste RA , der aus seinen Fehlern lernen muss ...lach „wink“-Emoticon

Turboquerulantin: tja und da sie RA Anonym ja so schlau gehandelt haben und meine Bilder ohne meine Erlaubnis kopiert und dem Gericht zugängig gemacht haben ..tja , das wird teuer !!! „grin“-Emoticon

Turboquerulantin: „wink“-Emoticon ..ja man sollte sich nie mit Leute wie mit mir anlegen ...der SCHUSS geht dann nach hinten los „grin“-Emoticon"

Ob sich der unvorsichtige Anwalt aus den Klauen der gewieften Taktikerin befreien kann, die verbotswidrig angefertigten Screenshots vor Gericht verwendet werden dürfen und tatsächlich ein horrender Schadensersatz gezahlt werden muss, lesen Sie hier in Kürze auf diesem Blog!

Donnerstag, 14. Januar 2016

Examensbetrug in Niedersachsen: Klausuren dürfen wiederholt werden

Das Niedersächsische Landesjustizprüfungsamt in Celle hat nun allen Kandidatinnen und Kandidaten, deren Klausuren im zweiten juristischen Staatsexamen von einem Prüfer korrigiert wurden, der im selben Klausurendurchgang auch Klausuren korrigiert hat, bei denen sich ein Prüfling die Klausurlösung vorab durch einen damaligen Referatsleiter im Landesjustizprüfungsamt verschafft hatte, erlaubt, diese Klausuren zu wiederholen.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg und das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatten im Eilverfahren entschieden und für die maßgeblichen Klausurendurchgänge einen prüfungsrechtlich relevanten Fehler bejaht. Um den betroffenen Juristen das Abwarten bis zur Klärung der maßgeblichen Frage im Hauptsacheverfahren zu ersparen, hat das Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen nach zwei verlorenen Eilentscheidungen nun die Verantwortung für die denkbaren prüfungsrechtlichen Auswirkungen des Korruptionsfalles auf die Prüfungsergebnisse anderer Prüflinge übernommen. Prüfungsbetrügereien gelten unter Juristen als verbreitet, werden jedoch selten bekannt.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte auf Antrag einer ehemaligen Referendarin entschieden, dass zwei von ihr im Rahmen der zweiten juristischen Staatsprüfung angefertigten Klausuren vorläufig wiederholt werden können, denn es sei nicht auszuschließen, dass der Beurteilungsmaßstab verfälscht wurde, weil die Korrektoren, die zwei Klausuren der Kandidatin korrigiert hatten, im gleichen Durchgang auch Klausuren korrigiert hatten, bei denen sich ein Prüfling die Klausurlösung vorab durch den gierigen Referatsleiter im Landesjustizprüfungsamt verschafft hatte. Auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht war im Eilverfahren der Ansicht, dass eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit nicht ausgeschlossen werden könne. Das Hauptsacheverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

Betroffen sind etwa 500 Prüflinge, die ca. 2600 Klausuren aus dem Zeitraum Oktober 2011 bis Januar 2014 wiederholen können. Es können nur die betroffenen Klausuren wiederholt werden, nicht aber die gesamte Prüfung. Eine Wiederholung habe nach Angaben des Prüfungsamtes zur Folge, dass ausschließlich das nach der Neuanfertigung erzielte Ergebnis zählt, auch wenn dies schlechter als das ursprüngliche Resultat ausfallen sollte. Der Grundsatz, dass Neubewertungen von Prüfungsleistungen bei Meidung des beanstandeten Bewertungsfehlers nicht zu einem schlechteren Ergebnis führen können, gelte nicht, soweit die Prüfungsleistung erneut zu erbringen sei. Zur Begründung verwies das Amt auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2001 - 6 C 14.01.

Der ehemalige Richter und Referatsleiter im niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt hatte nach Anklageerhebung gestanden, dass er Prüflingen Klausurenlösungen für das zweite juristische Staatsexamen verkauft hatte. Er wurde im Februar 2015 vom Landgericht Lüneburg zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Freitag, 8. Januar 2016

Ich will fucken

Nach den angeblichen Angriffen auf Frauen in der Silvesternacht hat die Kölner Polizei am Donnerstagabend Festnahmen mehrerer Männer mit Migrationshintergrund bestätigt und dabei einen Zettel gefunden, der entgegen anderslautenden Behauptungen die Integrationswilligkeit junger Zuwanderer bestätigt. Es ist keineswegs so, wie viele Rechtspopulisten behaupten, dass es den jungen Männern aus dem arabischen Raum am Willen mangelt, sich im deutschen Kulturkreis zu integrieren, Sitten und Bräuche zu akzeptieren und die deutsche Sprache zu erlernen. Denn auf dem von der Polizei gefundenen Zettel waren Übersetzungen der wichtigsten deutschen Redewendungen aufgelistet, die junge Zuwanderer im Alltagsleben nun einmal brauchen wie: „Ich will fucken“, „Ich will Dich küssen“ oder auch „große Brüste“.

Damit dürfte klar sein, dass insbesondere der den Asylsuchenden angebotene Sprachunterricht in Deutschland nicht auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten ist. Denn wer sich nach einer langen Zeit der Entbehrungen um Liebe und Zuwendung kümmern möchte, dem ist nicht damit geholfen, wenn er zuerst „wie spät ist es“ oder „ich möchte eine Fahrkarte kaufen“ lernen muss. Insofern kann die Schuld für die Vorfälle in der Silvesternacht auch nicht bei den jungen Männern gesucht werden, die in Köln mangels ausreichender Sprachkenntnisse versucht haben, sich durch unbeholfene Gesten gegenüber den anwesenden Frauen zu verständigen, sondern bei einer gescheiterten Integrationspolitik, die nicht einmal in der Lage ist, den in unserem Land Schutz suchenden Menschen elementare Sprachkenntnisse zur Anbahnung eines friedlichen Miteinanders zu vermitteln.

Mittwoch, 6. Januar 2016

Handbuch Reichsbürger

Mit dem Handbuch „Reichsbürger“ wurde einer Bürgerbewegung jetzt auch in der breiten Öffentlichkeit die Aufmerksamkeit zuteil, die sie zwangsläufig bislang nur bei Behörden und Gerichten bekommen hat. Die Druckschrift führt sogar aus, dass spätestens mit den sogenannten Montagsdemonstrationen sowie dem Auftreten des Popmusikers Xavier Naidoo „Reichsbürger“ in der nationalen Presse große Resonanz gefunden hätten.

„Reichsbürger“  Ein Handbuch, herausgegeben von
Demos – Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung in Trägerschaft von „Demokratie und Integration Brandenburg e.V.“ aus Potsdam und gefördert durch den
Landespräventionsrat Sicherheitsoffensive Brandenburg und den Landespräventionsrat Sachsen ist ein Handbuch, in dem sich Hinweise zu konkreten Möglichkeiten der Landes- und Bundesverwaltungen finden, mit dem Phänomen „Reichsbürger“ im behördlichen Alltag umzugehen. Das Buch wird als das Resultat einer langjährigen Zusammenarbeit des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, des Landkreistages Brandenburg, des Verfassungsschutzes Brandenburg, des Landeskriminalamtes Brandenburg, des Mobilen Beratungsteams im Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung, der Polizeifachhochschule Brandenburg, der Brandenburgischen Kommunalakademie und der Mitarbeiter der brandenburgischen Landes- und Kommunalverwaltungen angepriesen.

Maßgeblich für die nunmehr allgemeine Beachtung der Bewegung scheint der Umstand zu sein, dass diese an den Grundfesten unserer Republik rüttelt: "Der von „Reichsbürgern“ geschürte Zweifel an der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, die Behauptung einer nicht existierenden Staatlichkeit und der Glaube an die alleinige Fortexistenz des Deutschen Reiches sollen die verfassungsmäßige Ordnung des demokratischen Rechtsstaates delegitimieren. „Reichsbürger“ sind daher ein Beobachtungsgegenstand des Verfassungsschutzes, wie die nachfolgende Analyse zeigen wird." Das Handbuch „Reichsbürger“ steht online zum download zur Verfügung.

Die Turboquerulantin - Hausdurchsuchung

Das neue Jahr beginnt aufregend für die Turboquerulantin. Eine Durchsuchung ihrer Wohnung nach § 102 StPO stand auf dem Programm, weil sie diesmal gar als mögliche Täterin einer Straftat verdächtig ist. Einer leibhaftigen Widerstandskämpferin gegen die Justiz würdig erfolgt der Statusbericht an die Gemeinde auf Facebook allerdings schon eine Stunde nach der Durchsuchung:

"Erneuter Überfall auf meine Person mit Tür öffnen und Durchsuchungsbefehl" lautet die Botschaft. Unter der Anhängerschaft macht sich Bestürzung breit: "Das darf ja wohl nicht wahr sein....", "Was macht nur mit dir kann ja wohl nicht wahr sein" und "Unglaublich, tut mir leid was die alle mit dir machen". Doch die Turboquerulantin ist mit allen Wassern gewaschen: "Ich bin mit dem Auto weggefahren und hatte es vorher verriegelt ... der Polizist wollte die Autotür aufmachen, konnte er aber nicht ...aber die haben blöd geschaut und standen wie angewurzelt auf dem Hof als ich weggefahren bin."

Sie verrät auch, worum es den zu spät kommenden Polizisten eigentlich ging: "Die Beschuldigte ist verdächtig, seit dem 22.10.2015 in HXXXX und anderenorts unter dem Twitter-Account XXXX öffentlich wahrnehmbar den Anzeigeerstatter wahrheitswidrig des Parteiverrats zu bezichtigen. Diese Handlung ist mit Strafe bedroht gemäß § 164 StGB. Der Tatverdacht beruht auf den bisherigen Ermittlungen. Eine vorherige Anhörung der Beschuldigen unterbleibt, da sie den Ermittlungszweck gefährden würde, § 33 Abs. 4 S.1 StPO."

Das Ergebnis der Durchsuchung scheint mager gewesen zu sein. Der Computer der Delinquentin konnte offensichtlich nicht beschlagnahmt werden: "Die haben fremdes Eigentum mitgenommen" denn "auch in dieser Situation war mein Schutzengel bei mir und wies mir den richtigen Weg".

Ein durchaus beachtlicher Erfolg der Turboquerulantin, der auf Facebook gebührend gefeiert wird: "wenn ich an diese beiden Gesichter denke, wie die dumm aus der Uniform geschaut haben ... könnte ich lachen vor weinen, als ich mit dem Auto weg fuhr .. diese Polizisten soll wohl noch gerufen haben ...stehen bleiben ....tja aber ich konnte das nicht im Auto hören da sie Scheiben zu waren ...und dann hatten sie versucht eine Großfahndung zu machen ....auch das ist misslungen."

Das erste Spiel in der neuen Saison ist damit beendet: TQ vs Justiz, 1:0.

Montag, 21. Dezember 2015

Anwalt und Notarverzeichnis

Wie ja sicherlich alle Leser wissen, wurden im Jahre 1919, also nach Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919, die Privilegien des Adels abgeschafft und nach Artikel 109 Abs. 3 Satz 2 Weimarer Reichsverfassung, der gemäß Artikel 123 Abs. 1 GG als einfaches Bundesrecht fortgilt, sind Adelsprädikate Bestandteil des Nachnamens geworden.

Diese Rechtslage scheint ausgerechnet im von der Anwalt-Suchservice Verlag Dr. Otto Schmidt GmbH aus Köln herausgegebenen Anwalt- und Notarverzeichnis mit ca. 135.000 eingetragenen Berufsträgern und damit dem größten deutschen Verzeichnis seiner Art, verkannt worden zu sein, denn in der Datenverwaltung des Verzeichnisses findet sich eine gesonderte Rubrik "Adel*:" mit folgenden Auswahlmöglichkeiten:

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Wenn nun Artikel 109 Absatz 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung als deutsches Bundesrecht fortgilt, wonach Adelsbezeichnungen nur als Teil des Namens gelten, sollte in einem Verzeichnis für Rechtsdienstleister keine gesonderte Rubrik "Adel" geführt werden. Denn ihren Nachnamen dürften auch Kollegen mit mehreren Namensbestandteilen durchaus noch selber schreiben können.

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Die Turboquerulantin - 1.000,- Euro verqueruliert

Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts wurde ignoriert, der daraufhin ergangene Beschluss über ein Ordnungsgeld via Facebook mit den Worten "ich lasse mich nicht vom Gericht einschüchtern nur weil ich die Wahrheit sage !!!" vom Tisch gewischt. Die Äußerungsfrist für den zweiten Ordnungsgeldantrag läuft und das Landgericht bestätigte mittlerweile auf die sofortige Beschwerde des Anwalts der Turboquerulantin hin die Rechtmäßigkeit des ersten Ordnungsgeldbeschlusses:

"Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ist zulässig. Sie bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ein Ordnungsgeld verhängt. Der Beschwerdegegner hat substantiiert dargelegt, dass die streitgegenständlichen Äußerungen auch noch nach Zustellung der einstweiligen Verfügung auf der von der Beschwerdeführerin verantworteten Facebook-Seite unverändert abrufbar waren. Dieses stellt einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung dar.

Der Verstoß erfolgte auch schuldhaft, da die Beschwerdeführerin trotz Erhalt der einstweiligen Verfügung die streitgegenständlichen Äußerungen nicht entfernte. Auch die Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes ist noch angemessen. Es handelt sich zwar um den ersten Verstoß. Allerdings handelte die Beschwerdeführerin vorsätzlich, da sie das Posting bewusst nicht entfernte und das gerichtliche Verbot ignorierte. Mit Rücksicht hierauf erscheint das festgesetzte Ordnungsgeld der Höhe nach jedenfalls ausreichend, aber auch erforderlich, um der Bedeutung des Verstoßes gerecht zu werden und die Beschwerdeführerin zur künftigen Beachtung des Verbotes anzuhalten."

Von hier aus besten Dank für die fehlende Begründung der sofortigen Beschwerde. Der mangelnde Begründungszwang bei diesem Rechtsmittel, bei dem durchaus auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden können, erleichtert die Arbeit bisweilen ungemein.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Rechtsanwalt fotografiert Gegenanwalt vor Gerichtssaal - Mandant nutzt Foto zum Mobbing auf Facebook

Wer glaubt, er würde alle Facetten des unkollegialen Umgangs unter Anwälten kennen, dürfte sich getäuscht haben und auch ich bin überrascht, welche Dimensionen die Sucht nach Facebook-Beifall bei im Offline-Modus Zu-kurz-gekommenen erreichen kann. Denn den Olymp des anwaltlichen Cybermobbings erklommen jüngst Rechtsanwalt und Mandant gemeinsam vor einem deutschen Provinzgericht, als sie den Bevollmächtigten der Gegenpartei arbeitsteilig bloßstellten.

Das vor dem Gerichtssaal vom Anwalt erstellte Foto, auf dem der Gegenanwalt erkennbar war, übermittelte der Fotograf an seinen Mandanten und dieser stellte das Bild nebst Namensnennung und Verweis auf die Kanzleiseite des ahnungslosen Kollegen auf Facebook ein, um gemeinsam mit seinem Bevollmächtigten und der auf Hetze getrimmten Facebook-Gefolgschaft ein munteres Cybermobbingfest zu feiern. Bei einer Anzahl von mehreren tausend Claqueuren erwies sich der Glaube des Mobberpärchens an ein intimes Anwaltsbashing leider schnell als falsch.

Claqueur: "Weiss er von seinem Glück?"
Mobber: "Nö."
Claqueur: "Sollte er von diesem Foto erfahren werdet Ihr Euch vor Gericht sicher wiedersehen."
Mobberanwalt: "wird nicht passieren. Grund darf ich nicht nennen."

Weil auch unter den Lesern des nur begrenzt sichtbaren Lästerbeitrags der gefeierte Sittenverfall nicht auf uneingeschränkte Zustimmung traf, wird sich das Mobberpärchen nun wegen seiner naiven Fehleinschätzung vor der deutschen Justiz verantworten müssen und vielleicht auch ein kleines bisschen Rechtsgeschichte gemeinsam schreiben.  

Montag, 7. Dezember 2015

Die Turboquerulantin

Ein besonders beratungsresistentes Wesen hat sich vor kurzem in mein juristisches Fadenkreuz gedrängelt und fühlt sich dort offensichtlich pudelwohl. Die zarte einstweilige Verfügung eines Amtsgerichts kann natürlich eine in Justizwillkürgruppen auf Facebook heimische Propagandistin nicht erschrecken und schon gar nicht vom Verbot der Veröffentlichung persönlicher Nachrichten im weltweit beliebstesten sozialen Netzwerk überzeugen. Und wer eine ganz grosse Nummer im Reigen der deutschen Justizopferszene sein möchte, muss selbstverständlich auch gegen die Wirkung eines Beschlusses über ein Ordnungsgeld immun sein und nach dessen Zustellung der Gemeinde auf Facebook stolz die eigene Standhaftigkeit verkünden:

"ich lasse mich nicht vom Gericht einschüchtern nur weil ich die Wahrheit sage !!!", "ich tue es aber weiterhin ...und lasse mir den Mund nicht verbieten !!!", "auch nicht von einer Richterin od einem Richter !!!"

Ich bin richtig gespannt, wo die Reise mit der doch beeindruckend wehrhaften Turboquerulantin hingeht und ob das Gericht am Ende die weiße Flagge hisst oder ob die Amazone mit den drei Ausrufezeichen im Köcher am Ende von der allmächtigen aber durchaus gütigen bundesdeutschen Justiz wieder zurück auf den Pfad der Tugend geführt wird.

Mittwoch, 18. November 2015

Der anwaltlich vertretene Schaumschläger

Relativ selten muss ich mich mit anwaltlich vertretenen Schaumschlägern befassen, die es wohl deshalb recht selten gibt, weil sie wenigstens ihrem eigenen Anwalt ein Mindestmaß an Vertrauen entgegenbringen und deswegen in der Regel Alleingänge unterlassen.

Ähnlich wie der nicht anwaltlich vertretene Schaumschläger ist dieser juristische Tiefflieger meist wirtschaftlich unterbelichtet, dafür aber oftmals von dem Gefühl beflügelt, Anwälten und Richtern tendenziell überlegen zu sein und jedenfalls für eine eventuelle Fehleinschätzung seiner Lage nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können, weil er es gewohnt ist, sein auf Fehleinschätzungen basierendes Leben ohnehin durch die Masse derjenigen finanziert zu bekommen, die nicht an einer verzerrten Lebensperspektive leiden.

Vielfach verfügt der von juristischem Halbwissen geplagte Zeitgenosse über ein Konto auf Facebook, über welches er sich mit ähnlich Minderbemittelten austauscht, die sich wie er von Recht und Gesetz verraten fühlen und ihren Verfolgungswahn auf virtuelle Weise zum Lebensmittelpunkt empor heben. Seine juristischen Alleingänge sind häufig von der Annahme geprägt, die am Prozess beteiligten Volljuristen nach eigenem Dafürhalten in den allenfalls gefühlten Erkenntnisprozess einbeziehen zu können. Grundprinzipien der Juristerei kann der anwaltlich vertretene Schaumschläger höchstens dann ansatzweise nachvollziehen, wenn ihm diese zu Gute kommen würden.

Ein seltenes Exemplar dieser Gattung habe ich jüngst vor einem Amtsgericht zur Rechenschaft gezogen, welches mir in Abschrift eine artgerechte Verfügung an den Bevollmächtigten des Entrückten zukommen ließ. Offenbar wollte der anwaltlich vertretene Schaumschläger dem Gericht hinter dem Rücken seines Rechtsanwalts und dem des Klägers "wertvolle" Hinweise zukommen lassen:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, Das Gericht hat am 29.10.2015 ein Fax des Beklagten mit dem Hinweis erhalten, dass die Unterlagen nur für das Gericht seien. Das Gericht kann abgesehen von § 133 I S. 2 ZPO nur solchen Sachvortrag der Entscheidung zugrunde legen, zu denen die Gegenseite auch Stellung nehmen konnte. Insofern bittet das Gericht um Stellungnahme, ob und wenn ja, welche Unterlagen der Gegenseite zur Stellungnahme zugesendet werden können (diese Unterlagen benötigen wir dann auch noch in Abschrift von Ihnen). Auf Anordnung des Richters vom 12.11.2015."

Obwohl ich den verzweifelten Wunsch des Beklagten verstehen kann, den Prozess in aussichtsloser Lage noch mit dem Versuch der Umgehung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör drehen zu wollen, war die Idee auf diese Weise zum Erfolg zu kommen natürlich von vornherein zum Scheitern verurteilt und zwar nicht deshalb, weil sich die gesamte Justiz gegen den bedauernswerten Mitmenschen verschworen hätte.

Montag, 16. November 2015

Fachanwalt für Verzögerungsrecht - Teil 4

Diesmal war es ein Dienstag und nicht in Hamburg, sondern in Rostock. Wieder ging ein Versäumnisurteil voraus, weil der Kollege beim ersten Termin nicht erschienen war und natürlich hat der Kollege wieder Einspruch eingelegt und diesen wieder nicht begründet. Ein Kla.ssi.ker. Natürlich war ich nicht davon überzeugt, dass der Termin in Rostock halten würde, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Deshalb schrieb ich sechs Tage vorher einen Bettelbrief an das Landgericht Rostock:  

"In Sachen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird darum gebeten, einem erwarteten Terminsverlegungsantrag des Gegners nicht zu entsprechen. Begründung: 1. Der Unterzeichner hat bereits um Verlegung eines kollidierenden Termins gebeten, um den in dieser Sache anberaumten Termin wahrnehmen zu können. 2. Der Prozessgegner hat bisher in allen Prozessen die Termine stets mehrfach und kurzfristig verlegen lassen. so auch bereits in dieser Sache. 3. Die mangelhafte Kanzleiorganisation der Gegenseite kann nicht stets zu Lasten derjenigen gehen, die sich um eine geordnete Rechtspflege bemühen und widerspricht im Ergebnis auch einer Prozessförderungspflicht."  

Am Tag vor dem Termin keimte dann sogar etwas wie Hoffnung bei mir auf, als der erwartete Verlegunsantrag gestellt wurde:

"In oben genannter Sache wird Terminsverlegungsatttrag gestellt. Aufgrund des Streiks bei der UFO sind die Flüge von München nach Rostock gestrichen worden. Eine anderweitige Anreise ist aufgrund der Entfernung nicht zumutbar und auch deswegen nicht möglich, weil der Unterfertigte am nächsten Tag in der Früh einen Gerichtstermin beim AG Starnberg wahrnehmen muss."

Denn die Antwort des Gerichts war eindeutig:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, der Terminsverlegungsantrag wird abgelehnt. Der geltend gemachte Verlegungsgrund erscheint nicht überzeugend, denn nach Auskunft des Flughafens Rostock-Laage finden weder am Montag noch am Dienstag Flüge von München nach Rostock statt. Der Termin findet erst um 12.00 Uhr statt. Eine Anreise mit anderen Verkehrsmitteln ist möglich und zumutbar. Ein wie hier gegebenes Verfahren der einstweiligen Verfügung hat als Eilverfahren Vorrang. Deshalb mag eine Verlegung des Termins vor dem AG Starnberg beantragt werden. Mit freundlichen Grüßen Vorsitzender Richter am Landgericht"

Die Spannung stieg, wie würde der Fachanwalt für Verzögerungsrecht diesmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen? Wie er es am Ende gemacht hat, weiss ich bis heute nicht, denn es erreichte uns kurz darauf nur ein knapper Anruf und später folgende Nachricht:

"Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte, der Termin vom 10.11.2015, 12.00 Uhr, wurde aufgehoben. Sie brauchen daher zu diesem Termin nicht zu erscheinen. Mit freundlichen Grüßen Auf Anordnung Justizhauptsekretärin"

Was soll ich sagen? Auf seinem Gebiet ist er einfach der Größte, die Richter tanzen trotz Vorwarnung nach seiner Pfeiffe und von Fristen oder Terminen läßt sich der Kollege schon lange nicht mehr beeindrucken. Wir haben noch einiges zusammen vor und ich bin mir sicher, dass ihm jedenfalls im Verzögerungsrecht noch so manches Husarenstück gelingen wird.

Donnerstag, 12. November 2015

Der böse Wolfgang hat "Lawine" gesagt

Ein neues Mosaiksteinchen im sich abzeichnenden Meinungsäußerungsdiktat ist der gegenüber dem Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble geäußerte Vorwurf, er hätte die Flüchtlingskrise (ist Krise zu drastisch?) oder sagen wir besser die Flüchtlingswelle (ist eine Welle gefährlich?) nicht mit einer Lawine vergleichen dürfen. Denn: "Menschen in Not sind keine Naturkatastrophe" und "Niemand sollte Schwierigkeiten verschweigen oder schönreden, aber genauso sollte auch niemand mit seinen Worten Öl ins Feuer gießen", so Bundesjustizminister Heiko Maas.

Damit hat der böse Heiko im Zusammenhang mit der Flüchtlingskatastrophe (ist Katastrophe übertrieben?) das Wort "Feuer" genutzt. Eine verbale Auseinandersetzung über Menschen in Not ist aber kein Feuer. Hat auch Bundesjustizminister Heiko Maas mit der Verwendung der Metapher "Öl ins Feuer gießen" Öl ins Feuer gegossen? Es sind schwierige Zeiten für Meinungsäußerungen und da sollte man seine Meinung entweder gar nicht erst äußern oder aber ganz ganz vorsichtig sein. Denn eine falsche Meinung zu haben kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

"Ob wir schon in dem Stadium sind, wo die Lawine im Tal unten angekommen ist, oder ob wir in dem Stadium im oberen Ende des Hanges sind, weiß ich nicht", hatte Wolfgang Schäuble gesagt und dazu erläutert, dass Lawinen ausgelöst werden können, "wenn irgendein etwas unvorsichtiger Skifahrer ein bisschen Schnee in Bewegung setzt". Was für eine unsägliche Hetze aus dem Munde eines deutschen Politikers.

Der Ressortleiter Politik im Hause des Meinungskontrollinstituts SPIEGEL ONLINE ordnet die schwere Verfehlung Schäubles dann auch folgerichtig als "Entgleisung" ein: "Wer schon einmal in den Alpen eine Lawine gesehen hat, weiß um deren zerstörerische Kraft. Lawinen wälzen alles nieder, Bäume, Häuser. Sie begraben Menschen unter sich, sie töten." Wer nun glaubt, der Journalist übertreibe in seiner Analyse und habe bei seiner Empörung ein Rad ab, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Fahrzeuge mit fehlenden Rädern nicht zu kontrollieren sind und Menschen töten können. Das ist ein falsches, ein gefährliches Bild, denn eine derart vernichtende Kraft kann dem Journalisten sicher nicht unterstellt werden.

Dienstag, 10. November 2015

Fachanwalt für IT-Recht zeigt Facebook-Manager an

Für eine tolle Werbekampagne konnte der Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Chan-jo Jun aus Würzburg die Staatsanwaltschaft Hamburg und SPIEGEL ONLINE gewinnen. Nach den Strafanzeigen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen drei andere Manager des Facebook-Konzerns steht nun auch der "Managing Director Northern, Central and Eastern Europe" aus Hamburg im Focus der Ermittlungsbehörden, weil der Kanzleiinhaber mit Migrationshintergrund durch seine Strafanzeigen die Gegenwehr zu Gewalt und Hass bewerben will.

Es geht um die Verantwortung für die Verbreitung strafrechtlich relevanter Kommentare, die gegen das deutsche Recht verstoßen, aber trotz erfolgter Hinweise nicht von Facebook entfernt wurden. Eine begrüßenswerte Idee, die auch die Anwaltschaft nach zahllosen Negativschlagzeilen über unseriöse Abmahnanwälte aufatmen lässt. Denn der Kollege aus Würzburg hat nicht den eigenen Umsatz im Visier, sondern die Gerechtigkeit als Ganzes und wird ohne Auftrag tätig:

"Wir haben keinen Auftraggeber. Wir haben gesehen, dass trotz eindeutiger Rechtslage noch niemand eine fundierte Anzeige eingereicht hat. Als Anwälte haben wir einmal geschworen, das Grundgesetz zu verteidigen. Jetzt war es an der Zeit, das Versprechen einzulösen. Die Akte Facebook läuft pro bono. Wir verdienen daran nichts und nehmen auch keine neuen Mandate an. Wir haben in den letzten Jahren von unseren hohen Stundensätzen etwas Geld für schlechte Zeiten beiseite gelegt. Es gibt in diesen Tagen aber überall freiwillige Helfer, die noch viel mehr Zeit aufbringen. Wir schaffen das schon."

Eine noble Geste und einen merkelschen Optimismus, dessen Widerhall in der deutschen Rechtsanwaltschaft Beifall verdient. Nicht immer nur an die eigene Tasche denken, sondern auch ohne eigenen wirtschaftlichen Vorteil die Einhaltung gemeinschaftlicher Werte und Rechte einfordern. Eine Haltung, die man bei einem deutschen Anwalt nur gar zu selten findet!  

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Wutbürger gegen Willkürjustiz

Sie erinnern sich an Meral Keskin, die erfundene Nebenklägerin aus dem NSU-Prozess? Ein Rechtsanwalt hatte die nicht existierende Nebenklägerin zweieinhalb Jahre im NSU-Prozess vertreten. Unter dieser Prämisse bekommt das großartige Wutbürgerkino auf youtube unter dem Titel "Die machtlose Richterin - Reichsbürger setzt sich durch" eine etwas andere Perspektive.

Ist es nicht grundsätzlich denkbar, dass sich eine erfahrene Schreibkraft bei Krankheit der Richterin kurzentschlossen die Robe überwirft und die Verhandlung leitet? Vielleicht kommt eine Referendarin auf die wahnwitzige Idee, ihre im Stau stehende Ausbilderin bis auf weiteres zu ersetzen? Unwahrscheinlich - aber dass ein Anwalt zweieinhalb Jahre lang für ein Phantom vor Gericht erscheint, ist nach meinem Dafürhalten noch abwegiger.

Seit Deutschlands berühmtester Prozessbeobachter mit seiner Berichterstattung für wahrnehmbare Risse in der Fassade richterlicher Erhabenheit gesorgt hat, werden Widerworte häufiger. Wer auf youtube nach oben genanntem Titel sucht, wird schnell den - mutmaßlich von einem Prozessbeobachter zu verantwortenden - unter Verstoß gegen § 169 GVG entstandenen Film finden, der genau aus diesem Grund vom höchstrechtstreuen Blogbetreiber nicht verlinkt wird. Dort wird eine Verhandlung am Amtsgericht Bielefeld für den zarten Robenhasen zum Debakel: "Sind Sie Richterin?" "Können Sie mir das bestätigen?" "Nein, ich unterschreibe Ihnen gar nichts" "Also können Sie sich nicht legitimieren?" "Doch ich kann mich legitimieren" "Warum tun Sie es dann nicht?" "Ich hab´ zwei Staatsexamen". "Ich bin Richterin, ich unterschreibe Ihnen nichts" und am Ende des etwa 13 Minuten langen Dramas dann die weiße Flagge des Gerichts: "Zum jetzigen Zeitpunkt werde ich die Verhandlung unterbrechen, das hat so keinen Sinn". Ein kleiner Sieg für den standhaften Bürger und seinen Prozessbeobachter.

Aus meiner Sicht sollte das Verlangen nach der Vorlage eines Ausweises auch bei Richtern nicht als Sakrileg behandelt werden, selbst wenn es keine offensichtlichen Zweifel an der Amtsinhaberschaft eines Robenträgers gibt. Denn allein das Gewicht des Justizgrundrechts auf den gesetzlichen Richter spricht dafür, sich davon vor der Verhandlung wenigstens ansatzweise überzeugen zu dürfen.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

BILD gegen die Meinungsfreiheit

Während SPIEGEL-online seinen Lesern lediglich gezielt die Möglichkeit zur Meinungsäußerung in Sachen "Flüchtlinge" einschränkt, macht BILD-online gezielt Jagd auf solche Nutzer von Facebook, die es wagen, ihre abseits der Linie der Partei oder jenseits des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden liegende Meinung öffentlich zu äußern.

Ist das auf die Prinzipien einer freiheitlich demokratischen Grundordnung hereingefallene Opfer erst einmal in den Hinterhalt der BILD-Agenten geraten, wird es an den online-Pranger gestellt, mit der Unverfrorenheit der Veröffentlichung einer eigenen Überzeugung konfrontiert und über die Hintergründe des Meinungsverrats unerbittlich verhört.

Viele durch BILD-Verhöre Geläuterte schwören ihrer Meinung reuig ab und geloben feierlich, sich in Zukunft nur noch gemäß der Doktrin des Politbüros zu äußern oder sich nur noch zu Kochrezepten und Fußballspielen mitteilen zu wollen. Grundlage der Verfolgung durch den BILD-Sicherheitsdienst ist der jüngst vom Parlament verabschiedete § 126a StGB, welcher der Wiedererlangung der zentralen Publizitätsmacht dienen soll: „Wer sich an einer Gruppe beteiligt, die aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung oder der Regeln des deutschen Gemeinschaftslebens Gewalttätigkeiten, Drohungen oder grobe Belästigungen gegenüber Personen oder böswillige Beschädigungen von Sachen oder Einrichtungen begeht, wird mit öffentlichem Pranger, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Haftstrafe bestraft.“

Die vom Sekretariat des BILD-Komitees sanktionierten Volksmeinungen werden zukünftig in einem bundesweit einsehbaren Meinungsstrafregister veröffentlicht, dessen Strafrahmen einmal im Monat vom nationalen Meinungsrat überprüft und aktualisiert wird. Der Katalog der über das bisher geltende Strafrecht hinausgehenden verbotenen Äußerungen liest sich mit Stand vom 21.10.2015 wie folgt:
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