Mittwoch, 11. November 2020

Eintracht Braunschweig: Stadionkriminalität

Glücklicherweise sind Staatsanwaltschaften und Gerichte in Niedersachsen mit Messermorden, Clan-Kriminalität und Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz noch nicht derart ausgelastet, als dass sich die Niedersächsische Justiz nicht auch noch um die sich gerade in Corona-Zeiten bedrohlich entwickelnde Stadion-Kriminalität kümmern könnte. Die übervollen Ränge in den Fan-Kurven des Eintracht-Stadions haben das Amtsgericht Braunschweig nun dazu veranlasst, mittels folgendem Strafbefehl dem Schreckgespenst längst vergangener Zeiten endgültig den Garaus zu machen:     

"Amtsgericht Braunschweig

Strafbefehl

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig beschuldigt Sie,

in Braunschweig
am 29.02 2020 gegen 13:55 Uhr

vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat, nämlich rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt zu haben, Hilfe geleistet zu haben.

Ihnen wird zur Last gelegt:

Sie breiteten mit weiteren Beteiligten im Braunschweiger Eintracht Stadion Block 9 eine Blockfahne über den Block 9 aus. Dies nutzten zwei unbekannte Beteiligte aus und vermummten sich unter der Fahne. Eine Identifizierung dieser Unbekannten war nicht möglich. Die Unbekannten klebten anschließend mit Hilfe der zuvor zu diesem Zweck hergestellten Fahnenstangen, an deren Ende ein mit mehreren Lagen Panzerband ausgelegter Markierungsteller angebracht war, die Linse der Videokamera im Block 9 mit dem Markierungsteller zu. Dadurch beseitigten Sie die bestimmungsgemäße Funktion der Kamera und verhinderten so die Überwachung des Blocks 9. Sie wirkten wissentlich und willentlich an der Platzierung der Blockfahne über die Block 9 mit und trugen wiederum wissentlich dazu bei, dass die unbekannten Beteiligten diese Gelegenheit nuteten und sich unter der Fahne vermummten. Durch die Vermummung wiederum waren die Unbekannten ermutigt, die Kamera funktionsunfähig zu machen. Dies nahmen Sie zumindest billigend in Kauf. Vergehen, strafbar gemäß §§ 303 Abs. 1, 303c, 27 Strafgesetzbuch."

Wer die einschlägige Rechtsprechung zur Sachbeschädigung kennt und weiß, dass schon die Beeinträchtigung der Brauchbarkeit eines Autos oder eines Fahrrades durch das Ablassen der Luft aus einem Fahrrad- oder Autoreifen grundsätzlich den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt, kann sich ausmalen, dass die bitterbösen Fahnenkriminellen vom unserem Rechtsstaat keine Gnade erwarten dürfen. Weiter so!

Montag, 9. November 2020

Der besondere Messermord

Irgendwann Anfang Oktober 2020 habe ich einen Artikel in der BILD-Zeitung gelesen, in dem über einen Messer-Angriff in Dresden berichtet wurde. Zwei Touristen Mitte Fünfzig aus Krefeld und Köln seien in Dresden von einem Mann mit einem Messer angegriffen worden, einer hätte den Angriff nicht überlebt. Nun sind ja Messer-Morde durch Männer in Deutschland keine Seltenheit mehr, genauer gesagt, lese ich darüber seit einigen Jahren fast jeden Tag. Tatsächlich habe ich das durch die regelmäßige Online-Berichterstattung erzeugte Gefühl, dass Messer-Angriffe durch Männer heutzutage etwas alltägliches sind. Angeregt durch eine Vorschrift des Pressekodex (Richtlinie 12.1), wonach in der Berichterstattung über Straftaten die Zugehörigkeit eines Täters zu ethnischen oder religiösen Minderheiten nicht erwähnt werden soll, suche ich nach einer solchen Zugehörigkeit des Täters, wenn wieder von einem "Mann" die Rede ist. Mittlerweile ist das Wort "Mann" in der Presselandschaft ein ähnliches Synonym wie "Großfamilie", wirklich spannend ist die Suche nicht mehr.

Ungewöhnlich am erwähnten Artikel fand ich allerdings den Umstand, dass nun auch Touristen in Deutschland zur falschen Zeit am falschen Ort zu Messer-Opfern werden können, selbst wenn es sich nicht um eine Großveranstaltung wie ein Weihnachtsmarkt oder ein Musikfestival handelt. Schließlich bin ich auch ab und zu als Tourist unterwegs und dazu noch im Alter der beiden Opfer. Der Artikel und der Touristen-Mord sind bei mir allerdings in Vergessenheit geraten, denn es gab wieder neue Messerangriffe in Deutschland, die meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Auch waren die jüngsten Enthauptungen in Frankreich und der Anschlag in Österreich wesentlich spektakulärer. Umso überraschter war ich dann, als ich heute zufällig auf die via Facebook publizierte Traueranzeige bezüglich des in Dresden ermordeten Touristen aus Krefeld stieß, die mir den Blick auf das Motiv des Dresdner Messer-Mörders eröffnete. Tatsächlich war der sogenannte Touristen-Mord nämlich ein Schwulen-Mord. Schon Ende Oktober hat unter anderem die Rheinische-Post (RP) über das homosexuellenfeindliche Motiv von Abdullah Al Haj Hasan berichtet. 

Damit dürfte der sogenannte "Touristen-Mord" der "erste Mordanschlag auf Homosexuelle in Deutschland durch einen islamistischen Gewalttäter" sein. Nun kann ich mein lückenhaftes Wissen um diesen Fall nicht verallgemeinern, allerdings glaube ich, dass mir aufgefallen wäre, wenn anlässlich der Dresdner Messer-Attacke über das Hissen der Regenbogenflagge auf öffentlichen Gebäuden oder über eine Geste der öffentlichen Solidarität mit homosexuellen Menschen durch unsere Kanzlerin berichtet worden wäre. Auf den Umstand, dass die FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas Sattelberger, Christian Lindner und Jens Brandenburg einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben hatten, wonach der Lebenspartner des Ermordeten und seinen Angehörigen nicht das Schweigen aus dem Bundeskanzleramt, sondern die volle Solidarität unserer freiheitlichen Gesellschaft und die höchste staatliche Anteilnahme verdienen, war in diesem Zusammenhang vom LGBTI-Onlinemedium queer.de hingewiesen worden. Dass diesem besonderen Mord in der Öffentlichkeit keine entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist ist ein schweres Versäumnis, dass es auszugleichen gilt, denn noch leben wir nicht in dem besten Deutschland, das es jemals gegeben hat.

Mittwoch, 28. Oktober 2020

Das fachärztlich psychiatrische Gutachten im Zivilprozess

Wenn ein Gericht ein fachärztlich psychiatrisches Gutachten anordnet, obwohl der Inhalt der Prozessakten dafür spricht, dass die zu begutachtende Partei im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist, kann diese Anordnung einen rechtswidrigen Grundrechtseingriff darstellen. Über den Umstand, dass allein die Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung grundsätzlich einen Eingriff in die Grundrechte der Partei darstellt, besteht seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.11.2005, Az.: 1 BvR 1542/05, kein Zweifel mehr, denn das Bundesverfassungsgericht hatte ausgeführt, dass schon eine solche Anordnung den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzen kann.

Ein universitäres Projekt der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bielefeld war im Rahmen einer Anmerkung zu einem einschlägigen Gerichtsbeschluss der nachvollziehbaren Ansicht, dass eine psychiatrische Begutachtung trotz des Umstands, dass ein Gericht zwar nicht auf die in §§ 355 ff. ZPO vorgesehenen Beweismittel beschränkt ist, sondern sich aller verfügbaren Erkenntnisquellen bedienen kann, nur dann angeordnet werden darf, wenn ernsthafte Zweifel an der Prozessfähigkeit der in Rede stehenden Partei bestehen. Wegen des zivilrechtlichen Beibringungsgrundsatzes dürfe ein Gericht aber nie von sich aus Beweis durch eine sachverständige Begutachtung erheben und dafür schon gar nicht einen bestimmten Gutachter benennen.

Die Begründung des Forschungsprojekts "Watch the Court" für diese Auffassung leuchtet ein: "Wenn ein Gericht die psychiatrische Begutachtung einer Person anordnet, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist, ist allein schon diese Anordnung für jene Person in hohem Maße belastend: Allein schon die Äußerung des Verdachts einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit bedeutet für die betroffene Person eine schwere Demütigung." Im Falle einer willkürlichen Anordnung der Untersuchung der Prozessfähigkeit einer Partei sieht das Projekt um Professor Dr. Martin Schwab daher auch die Möglichkeit eines Antrags auf Befangenheit gegen die Richter, weil bei vernünftiger Betrachtung das Vorgehen des Gerichts die Befürchtung beim Betroffenen erwecken dürfte, die Richter stünden der betroffenen Partei nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

Freitag, 16. Oktober 2020

Turboquerulantin: 1.500,- Euro Ordnungsgeld

Wir hatten es ja schon geahnt, dass unsere Turboquerulantin ein läppisches Ordnungsgeld in Höhe von nur EUR 500,- wegen des Verstoßes gegen die ihr auferlegte Unterlassungspflicht aus dem Beschluss des Landgerichts Hagen vom 19.02.2020 eher als Missachtung ihres unermüdlichen Strebens im Kampf gegen die Rechtsordnung betrachtet, denn als mahnenden Hinweis, endlich die Rechte unserer Mandanten zu achten.   

Deshalb folgte auf den ersten Ordnungsgeldbeschluss vom 20.04.2020 am 03.08.2020 ein zweiter Ordnungsgeldbeschluss, nunmehr mit einem Ordnungsgeld in Höhe von EUR 1.500,-, der die Verdienste der Turboquerulantin auf Twitter in der bundesdeutschen Querulantenszene  in deutlich angemessenerer Form berücksichtigt.

Das Landgericht Hagen erkennt nun auch ausdrücklich an, dass der niedersächsische Richterschreck besonders nachhaltig gegen geltendes Recht verstößt, weil er sich auch schriftsätzlich dahingehend äußerte, in den Entscheidungen des Gerichts Beihilfe bzw. Mittäterschaft zu den vermeintlichen Straftaten unseres Mandanten zu sehen. Eine Entscheidung des Landgerichts Hagen, die bei uns und unseren Mandanten uneingeschränkten Beifall findet.

Mittwoch, 14. Oktober 2020

praktizierender Moslem unerwünscht

Aktuell geistert der Fall einer Straßenbaufirma aus Brandenburg durch die Presselandschaft, der von den Medien fast einheitlich auf folgenden Nenner gebracht wird: "Ein Unternehmer lehnt einen Azubi ab, weil der Moslem ist." Wie bei fast allen Fällen mit rechtlichem Hintergrund, neigen Journalisten häufig dazu, ihr verkürztes Verständnis des Geschehens zur Grundlage weiterer Wertungen zu machen, ohne die Details einer möglichen juristischen Auseinandersetzung hinreichend genau zu betrachten.

Wenn es denn so wäre, wie unter anderem die Märkische Allgemeine Zeitung ausführt, würde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ohne Zweifel zur Anwendung kommen, denn das Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Dementsprechend wäre nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG die Benachteiligung eines Moslems wegen seiner Religionszugehörigkeit in Bezug auf den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsausbildung unzulässig.

Um den Fall besser beurteilen zu können, ist es allerdings wichtig, zumindest das ablehnende Schreiben der Straßenbaufirma aus dem Landkreis Spree-Neiße im Wortlaut zu lesen und zu verstehen: 

Sehr geehrter Herr XYZ,

vielen Dank für ihre Bewerbung und das gestern geführte Gespräch in unserem Hause.

Leider muß ich Ihnen jedoch mitteilen, daß wir Ihnen hier kein Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen werden.

Dies möchte ich Ihnen aber gern noch begründen:

- Wir haben bisher 7 Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz als Tief-/Straßenbauer. Wir vergeben jedoch nur maximal 2 Ausbildungsplätze. Unter den sieben Bewerbungen sind andere, besser geeignete Kanditaten vorhanden.

- Desweiteren ist die Mitarbeit in unserem Unternehmen als praktizierender Moslem unerwünscht. Der Islam ist in meinen Augen nicht mit der Verfassung der BRD in Einklang zu bringen. Nach meinen Erfahrungen ist dies eine für mich und meine Umgebung nicht wünschenswerte Gesellschaftsform und ich lehne die Auffassungen des Islam gegenüber Frauen und anders denkenden Menschen als zu tiefst diskrimminierend ab.

Ich wünsche Ihnen dennnoch für die Zukunft Alles Gute und hoffe, daß Sie den Weg in ihre Heimat finden und dort nach ihren Grundsätzen leben können, ..."

Damit dürfte zwar klar sein, dass die Mitarbeit praktizierender Moslems in dieser Firma grundsätzlich unerwünscht ist, in vorliegendem Fall für die Absage jedoch der Umstand entscheidend war, dass die beiden Ausbildungsplätze an besser geeignete Kandidaten vergeben wurden. Dass sich die schlechtere Eignung des muslimischen Bewerbers aus seiner Religionszugehörigkeit ergab, ist reine Spekulation und lässt sich dem Ablehnungsschreiben nicht entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall, denn die gewählte Formulierung "Desweiteren" deutet darauf hin, dass über die schlechtere Eignung des Kandidaten hinaus und davon unabhängig schon im Allgemeinen die Mitarbeit von praktizierenden Moslems unerwünscht ist. Im Übrigen wurde auch die denkbare Formulierung "Desweiteren ist Ihre Mitarbeit in unserem Unternehmen ..." gerade nicht gewählt.

Auf die Religionszugehörigkeit stützt sich die Ablehnung damit ausdrücklich nicht, auch wenn man vermuten kann, dass dem abgelehnten Bewerber selbst bei bester Qualifikation der Ausbildungsplatz nicht gewährt worden wäre. Ob deshalb das Bedürfnis des Geschäftsführers des Unternehmens, seine Meinung über den Islam in das Ablehnungsschreiben zusätzlich einfließen zu lassen, vor Gericht noch zum Verhängnis werden wird, bleibt daher abzuwarten.

Samstag, 3. Oktober 2020

Tag der Deutschen Einheit

Um ein Haar hätten die Festlichkeiten zur Deutschen Einheit im Jahre 2020 ausfallen müssen, wenn nicht drei tapfere Polizisten in Berlin einen "unerträglichen Angriff auf das Herz unserer Demokratie"¹ abgewehrt hätten. Wir erinnern uns. Vor genau fünf Wochen wollte eine "ersichtlich rechtsradikale Minderheit den Sitz der Volksvertretung stürmen"². Die bis an die Zähne unbewaffneten Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger, die an "unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung insgesamt Zweifel hegen und sie angreifen wollen"³, versuchten mit dem Sturm auf den Reichstag die Regierungsgeschäfte zu übernehmen und das demokratisch gewählte Parlament aus dem Amt zu jagen.

Nachdem ein erster schwarz-weiß-rote Reichsfahnen schwenkender Stoßtrupp ohne Spezialwerkzeuge einsetzen zu müssen die vor dem Reichstag sorgfältig aufgestellten Absperrgitter überwinden konnte, sahen sich deren Anführer kurz vor dem Eindringen in das Reichstagsgebäude unvermittelt drei hochgerüsteten Elitepolizisten gegenüber, die keine Sekunde zögerten und ihr Leben in die Waagschale warfen, um unsere Republik zu retten. Mit hartgummierten Spezialknüppeln hatten die skrupellosen Demokratiefeinde nicht gerechnet und so dauerte es nicht lange, bis der zu Hilfe eilende Nachschub von zu allem entschlossenen Spezialkräften das Blatt zu Gunsten unser Demokratie wenden konnte.

Wenn man Pressemeldungen glauben schenken mag, verbreiteten Aktivisten im Vorfeld des Treppensturms über soziale Netzwerke gar die Nachricht, es seien amerikanische und russische Soldaten auf dem Weg nach Berlin, die einen politischen Übergang absichern würden und eine optimistische Aktivistin vertrat vor dem Reichstag die Ansicht, man schreibe heute Weltgeschichte. Die Polizei sei bereits übergelaufen und Präsident Trump in Berlin. Sie rief "Wir haben gewonnen" und "Wir gehen da drauf und holen uns heute, hier und jetzt unser Haus zurück." Wie gesagt, es war knapp. Drei nicht übergelaufene Polizisten retteten Deutschland, die ausländischen Soldaten tauchten rechtzeitig unter und Trump ist jetzt mit Corona im Krankenhaus. Die Einheit kann gefeiert werden.

¹Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
²Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble 
³Innensenator Berlin Andreas Geisel  

Mittwoch, 30. September 2020

Amtsgericht Hannover: Turboquerulantin darf Turboquerulantin genannt werden

Irgendwann war es selbst mir als seriösem und stets sachlichen Vertreter meines Berufsstands zu viel. Ich konnte den monotonen Singsang der Turboquerulantin in ihren selbstgebastelten Schriftsätzen, ich dürfe sie nicht Turboquerulantin nennen und müsse diesbezüglich alle Artikel in meinem Blog löschen, nicht mehr ertragen. Als dann sogar per E-Mail die Forderung von ihr an mich herangetragen wurde, ich müsse das Betiteln als Turboquerulantin unterlassen und sämtliche Bilder und Karikaturen von meinen Seiten https://fachanwalt-fuer-it-recht-blogspot.com und https://www.facebook.com/garage.hannover unverzüglich löschen, war selbst meine nahezu unerschöpfliche Geduld am Ende.

Der entschlossene Hilferuf ans Amtsgericht Hannover in Form einer negativen Feststellungsklage wurde erhört und nun durfte auch das Amtsgericht Hannover endlich einmal vom hauchzarten Hirnschmalz der niedersächsischen Weltrekordlerin naschen. Die Feststellungen des hannoverschen Gerichts im Urteil vom 15.07.2020 zum Az.: 537 C 1796/20 sind eindeutig und auch für den juristischen Laien unmissverständlich klar formuliert. "Den satirischen Berichten und den Karikaturen des Klägers liegt der erforderliche Tatsachenkern zu Grunde, da es sich um Erfahrungen mit der Beklagten aus seiner anwaltlichen Tätigkeit handelt. Seine Bewertung der Beklagten als Turboquerulantin, seine satirischen Berichte und Illustrationen stehen mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten in Einklang."

Um unserem Türbchen auch den Zahn zu ziehen, dass deren Bezeichnung als Turboquerulantin "Cybermobbing, Hetze und Beleidigung" sei, wurde das Amtsgericht Hannover überdeutlich: "Die Bezeichnung der Beklagten durch den Kläger als Turboquerulantin sowie dessen Berichte und Illustrationen erfüllen weder Straftatbestände noch verletzen sie das Persönlichkeitsrecht der Beklagten. In dem Verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits kann in den Berichten, Illustrationen und der Bezeichnung als Turboquerulantin seitens des Klägers keine Ehrverletzung der Beklagten gesehen werden." Kann man die Rechtslage zutreffender wiedergeben, als es das Amtsgericht Hannover getan hat?

Die Antwort lautet natürlich "Nein", denn das Gericht führt überdies in höchst überzeugender Weise aus, weshalb die Turboquerulantin eine Turboquerulantin ist: "Jegliche gedankliche Auseinandersetzung, dass die satirischen Berichte, die Karikaturen und der Begriff "Turboquerulantin" ihre Ursache in dem eigenen Verhalten der Beklagten haben, findet nicht statt. Der Umstand, dass die Beklagte den Kläger sogar für ihre eigenen gesundheitlichen Probleme verantwortlich macht und von einer "organisierten Bande" spricht, spiegelt das Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigung der Beklagten wieder. Zudem sind Querulanten für die betroffenen Personen - hier dem Kläger - nicht nur anstrengend, sondern auch zeitraubend."

Damit hat nun das Amtsgericht Hannover als erstes Gericht in Deutschland mit unerschütterlicher Deutlichkeit und zudem unumstößlicher Rechtskraft amtlich festgestellt, dass es sich bei der dauermobbenden Gesetzesbrecherin aus Niedersachsen tatsächlich um eine Querulantin handelt, die angesichts des Ausmaßes ihres rechtswidrigen Handelns und ihrer grenzenlosen Uneinsichtigkeit eine Person ist, die den Titel "Turboquerulantin" ohne Wenn und Aber verdient und von mir deshalb auch genau so bezeichnet werden darf.

Montag, 28. September 2020

Drogentests für hannoversche Ratsmitglieder

Mit einem bemerkenswerten Dringlichkeitsantrag hat der parteilose Ratsherr Tobias Braune den Rat der Stadt Hannover in Bedrängnis gebracht. Er hatte als Antrag Nr. 2198/2020 die Ratssitzung aufgefordert, ab Oktober 2020 einen monatlichen Drogentest für alle Ratsherren und Ratsdamen anzubieten und ab 2021 einen Pflichttest pro Quartal für hannoversche Politiker einzuführen. Zur Begründung führte er aus, dass der Rat der Landeshauptstadt Hannover allein 2020 ein Budget von ca. 2.200.000.000,- Euro und einem Nachtragskredit von ca. 800.000.000,- Euro zur Verfügung habe und damit eine hohe Verantwortung trage.

Um sicherzustellen, dass die Bürgervertreter stets bei klarem Verstand Entscheidungen für eine zukunftsfähige Stadt träfen, sei ein obligatorischer Test auf die besinnungseinschränkenden Drogen Alkohol, THC, Opiate und Cristal Meth hilfreich. Auch ein Busfahrer müsse alle 2 Jahre zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und Leistungssportler würden mehrfach im Jahr auf illegale Substanzen geprüft, ohne auch nur annähernd eine ähnlich hohe Verantwortung zu tragen, wie die hannoverschen Ratspolitiker.

Wer sich daran erinnert, dass schon im Jahre 2000 von SAT.1-Reportern in 22 Toiletten des Reichstags und des Berliner Abgeordnetenhauses Spuren von Kokain gefunden worden waren, die anschließend in Nürnberg vom Institut für biomedizinische und pharmazeutische Forschung verlässlich untersucht worden sind, wird sicherlich auch in Erinnerung haben, dass diese Entdeckung keinerlei Konsequenzen hatte. Auch der Fund von Crystal Meth beim ehemaligen Bundestagsabgeordneten Volker Beck im Jahre 2016 führte lediglich zu einer Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 7.000,- Euro.

Selbstverständlich hat auch der Dringlichkeitsantrag von Tobias Braune keinerlei Aussicht auf Erfolg, denn insbesondere in der Politik verhält sich die Neigung zur Selbstkontrolle reziprok zu den Missbrauchsmöglichkeiten, welche die Privilegierung als politscher Abgeordneter mit sich bringt. Immerhin erfreulich, von einem Mandatsträger zu hören, der sich entsprechend seiner Verpflichtung, als Ratsherr seine Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen unparteiisch zu erfüllen, noch traut, bei seinen Mitparlamentariern unbeliebte Forderungen zu erheben.

Donnerstag, 24. September 2020

schwule Sau

Bei einem Wahlkampftermin in Bergisch Gladbach am 29. August 2020 soll ein unzufriedener Mitbürger den homosexuellen Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn, deutlich hörbar als "schwule Sau" bezeichnet haben. Nachdem der Bundesgesundheitsminister rechtzeitig den zur strafrechtlichen Verfolgung einer Beleidigung notwendigen Strafantrag gestellt hatte, hat die Kölner Staatsanwaltschaft nun ein Ermittlungsverfahren gegen den zum fraglichen Zeitpunkt von der Polizei identifizierten mutmaßlichen Täter eingeleitet.

Anders als das gewöhnliche Fußvolk müssen sich Politiker nicht mit der Standardfloskel der Staatsanwaltschaften begnügen, welche die Verfahren bei Beleidigungen regelmäßig mit dem Hinweis, dass kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehe und der Privatklageweg offen stehe, einstellen. Rechtlich dürfte der mutmaßliche Täter kaum etwas gegen eine tatbestandsmäßige Beleidigung vorzubringen haben, denn schon das Landgericht Köln hatten in seinem Urteil vom 05.06.2002 zum Az.: 28 O 12/02 zur Bezeichnung "schwule Sau" deutliche Worte gefunden:

"Vorliegend kann dahinstehen, ob mit der zweifachen Betitelung des Klägers mit dem Wort "schwul", das mit der vorgenommenen Einspielung Prominenten in den Munde gelegt wurde, eine ehrkränkende Herabsetzung des Klägers verbunden ist. Jedenfalls das von ... stammende und durch den Zusammenschnitt der Szenen offensichtlich auf den Kläger bezogene Zitat "schwule Sau" ist seiner Natur nach offensichtlich geeignet, den Kläger herabzusetzen. Die Kundgabe der Nicht- bzw. Missachtung liegt hierbei nach Auffassung der Kammer weniger in der Frage der angeblichen sexuellen Orientierung des Klägers (also auf Tatsachenebene), sondern vielmehr auf der Wertungsebene, durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "Sau". Hiermit ist der Tatbestand der Beleidigung grundsätzlich erfüllt."

Als denkbarer Ausweg erscheint für den Täter zunächst der Vortrag, er habe den Gesundheitsminister mit den Worten "schwule Sau" möglichst prägnant und in aller Kürze auf die Wiedereröffnung des hannoverschen Szeneclubs "Schwule Sau" hinweisen wollen, der am 10.10.2020 nach rund 7 Monaten wieder seinen Betrieb aufnehmen wird. Diese Ausrede dürfte allerdings schon daran scheitern, dass die Wiedereröffnung des Clubs am Tag der Tat noch gar nicht bekannt war.

Mittwoch, 23. September 2020

Spitzenjurist

Wer mit dem Begriff "Prädikatsanwalt" wirbt, sollte auch ein Spitzenjurist sein. Dies erläuterte der dritte Senat des Oberlandesgerichts Nürnberg in seinem Urteil vom 13.07.2009 zum Az. 3 U 525/09 mit der Auffassung, dass der Referenzverbraucher unter "Prädikatsanwalt" einen Anwalt verstehe, der nicht nur ein Examen mit dem in Bayern gebräuchlichen "kleinen Prädikat" erworben habe, sondern zu einer kleinen Gruppe von auch prüfungsmäßigen Spitzenjuristen zähle. Schon das Landgericht Regensburg hatte im Urteil vom 20.02.2009 zum Az. 2HK O 2062/08 geäußert, dass auch bei einer Quote von 47 % der Examenskandidaten, die in Bayern 2007 das 2. Staatsexamen bestanden haben und damit zumindest das "kleine Prädikat" erworben haben, welches bereits bei 6,5 von 18 möglichen Punkten verliehen werde, solche mit dem Begriff "Prädikatsanwalt" versehenen Rechtsanwälte nicht notwendig zu einer kleinen Gruppe von Spitzenjuristen zählen, die ihr Examen mit einer sehr guten Note bestanden haben. Zu sehr weiche die Vorstellung "Spitzenjurist" von der bei einer nennenswerten Zahl von "Prädikatsanwälten" tatsächlich vorhandenen Befähigung ab.

Damit stellten die Richter klar, dass die Werbung mit der Bezeichnung "Prädikatsanwalt" für einen Rechtsanwalt wegen der zumindest in Bayern äußerst verwässerten Bedingungen bei der Erreichung eines Prädikatsexamens beim Verbraucher die falsche Vorstellung auslöse, es tatsächlich auch mit einem Spitzenjuristen zu tun zu haben. Nach den Kriterien des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 16.11.2017 zum Az.  ZR 160/16 setzt eine zulässige Spitzenwerbung voraus, dass die Werbebehauptung wahr ist, der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet. Im Zusammenhang mit dem Umstand, dass ich im vergangenen Sommer den höchsten Berggipfel Deutschlands vom österreichischen Ehrwald aus zu Fuß erreicht habe, darf auch ich mich als Spitzenjurist bezeichnen. Ob die Verwendung dieser Bezeichnung für mein berufliches Wirken außerhalb der Zugspitzbesteigung zulässig wäre, lasse ich an dieser Stelle einfach mal offen.

Montag, 21. September 2020

Querulanten-Gebühr



In der ersten Bundesratssitzung nach der Sommerpause am 18.09.2020 wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer besonderen Verfahrensgebühr für Vielkläger im sozialgerichtlichen Verfahren eingebracht. Ziel der Gesetzesinitiative des Bundeslands Hessen ist eine Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit durch die Einführung einer besonderen Verfahrensgebühr für Querulanten. Diese Gebühr soll für diejenigen anfallen, die innerhalb der letzten zehn Jahre zehn oder mehr Verfahren in einem Bundesland angestrengt haben. Die Höhe der Verfahrensgebühr soll EUR 30,- betragen. Erst wenn die Gebühr entrichtet ist, kann das Verfahren weiter betrieben werden. Um die gewünschte Wirkung der Querulantengebühr zu erreichen, soll die Gebühr nicht vom Anspruch auf Prozesskostenhilfe umfasst sein. Die Gebührenhöhe soll sehr niedrig sein, damit sie auch aus Existenzsicherungsleistungen erbracht werden kann. Gewinnt der Querulant, wird die Q-Gebühr erstattet.

In der Bundesrats-Drucksache 495/20 wird im Einzelnen erläutert, dass die Verfahren dieser Querulanten einen erheblichen Anteil der Ressourcen der Justiz beanspruchen. Die richterliche Erfahrung und die hohe Zahl der erfolglosen Verfahren der Querulanten zeige, dass in einer Vielzahl dieser Verfahren tatsächlich keine Rechtsverletzungen festgestellt werden können und dass diese Verfahren von den Klägerinnen und Klägern nur geführt werden, weil diese kostenfrei sind und Querulanten eine Plattform bieten, ihre oft schon mehrfach geprüften Anliegen immer und immer wieder vorzubringen. Querulanten vertreten sich typischerweise selbst oder sie werden von Familienmitgliedern vertreten. Auch Rechtsanwälte werden in den seltensten Fällen eingeschaltet.

Die Präsidentin des Sozialverbands Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands (VdK) Deutschland e. V. sieht das Querulantentum kritisch: "Der Schritt ist überfällig. Zu viele Querulanten tummeln sich in Sozialrechtsverfahren, weil keine Gerichtskosten anfallen. Wir brauchen ein Preisschild für offensichtlich mutwillig erhobene Klagen. Sonst legen ein paar Streitsüchtige die Gerichte lahm. Klägerinnen und Kläger mit echten existenziellen Sorgen hängen in der Warteschleife bei Gericht. Sie kommen nur verzögert zu ihrem Recht, weil ein paar Freizeitjuristen gerne ihre Aufsätze an die Sozialgerichte schicken. Unsolidarisches Verhalten darf in einem Rechtsstaat in diesem Fall gerne etwas kosten."

Auch die stellvertretende Leiterin des Ressorts Politik der Bild am Sonntag (BamS), Angelika Hellemann, ist empört: "Diese Zahlen machen sauer! Acht notorische Nörgler klagen in zehn Jahren 2614-mal vorm Sozialgericht. Damit beschäftigte jeder dieser Querköpfe im Schnitt 32-mal pro Jahr einen Richter! Unser Sozialstaat muss gegen Leute, die ihn ausnutzen wollen, wehrhaft sein. Wer Richter mit Klagen zumüllt und Gerichte lahmlegt, den muss der Staat ausbremsen. Deshalb ist die Querulanten-Gebühr gut!" Ich bin der Meinung, dass sich der gewöhnliche Querulant von der geplanten Gebühr in Höhe von EUR 30,- nicht abhalten lassen wird, sein Steckenpferd vor den Sozialgerichten weiter zu reiten. Wenn sich die Turboquerulantin (ohne Berücksichtigung der Kosten des gesamten zivilrechtlichen Verfahrens) nicht einmal von zehn Ordnungsgeldern in einer Gesamthöhe von EUR 8.700,- in einem einzigen Zivilprozess bremsen lässt, dürften EUR 30,- für den einfachen Querulanten im Zuge eines Verfahrens auch keine entscheidende Hürde sein.

Mittwoch, 16. September 2020

Turboquerulantin - Schurkentag

Das Datum hat sich tief in die Geschichte unserer Welt eingebrannt. Am 20. April ist auch in Deutschland traditionell Schurkentag und in manch schimmeliger Mietwohnung rotten sich zwielichtige Gestalten zusammen, um den Tag zu feiern, an dem eine der finstersten Gestalten das Licht der Welt erblickt hatte, die je auf deutschem Boden ihr Unwesen trieb. So war es auch kein Wunder, dass sich die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hagen just am 20. April 2020 zusammensetzte, um die Turboquerulantin mit einer kleinen Überraschung für ihre Führungsrolle in der deutschen Querulantenszene zu belohnen.

Ein didaktisch wertvoll aufbereiteter Beschluss mit dem harmonisch eingefügten Wappen Nordrhein-Westfalens würdigte an diesem besonderen Tag das Wirken der Turboquerulantin auf der Internetplattform Twitter, auf welcher sie mit gewohnt sicherer Hand gegen die ihr auferlegte Unterlassungspflicht aus dem vorangegangenen Beschluss vom 19.02.2020 mittels fortgesetzter Veröffentlichung der Unterschrift des ihr unliebsamen Comte de Montfort verstieß. Wie üblich warf unser kleinkrimineller Sausewind zur Garnierung des wirren Treibens in seiner gerichtlichen Stellungnahme mit den ihm vertrauten Begriffen "Prozessbetrug", "Betrugsdelikte", "Strafanträge" und "Bandenkriminalität" um sich. 

Das Ordnungsgeld in Höhe von EUR 500,- ist natürlich nur ein äußerst gering bemessener Anerkennungsbetrag für einen vorsätzlichen Verstoß, der auch in der Querulantenszene mehr Beachtung verdient hätte. Innovativ war sicherlich der Vorwurf der Turboquerulantin, dass das Landgericht Hagen im Beschluss vom 19.02.2020 nicht nach Recht und Ordnung gehandelt habe und sich der Mittäterschaft bei den schweren Straftaten ihres blaublütigen Gegners schuldig gemacht hätte. Natürlich darf auch der Vorwurf der Rechtsbeugung gegen das erkennende Gericht nicht fehlen und es ist daher zu erwarten, dass unser Türbchen auch in dieser Sache noch lange nicht klein beigeben wird.

Montag, 14. September 2020

Warum Anwälte eine Robe tragen



Immer wieder trifft man im Internet auf die angebliche Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. vom 15.12.1726, auf welche die aktuelle Berufstracht von Rechtsanwälten zurückzuführen sei: "Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, daß die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt." Ich habe die Quelle nicht überprüft und es mag sein, dass einem monarchistischen Herrscher die Widerworte der Anwaltszunft derart sauer aufgestoßen sind, das er sie mit einer Art Robe stigmatisieren wollte. Doch die Zeiten absolutistischer Herrscher sind vorbei und man wird als Rechtsanwalt bisweilen gefragt, welchen Sinn das Tragen der Robe für einen Anwalt heute noch hat. Ich selbst hatte vor Gericht hier und da bereits kleine Diskussionen über meine fehlende Robe, ohne dass dieses je Konsequenzen gehabt hätte. Weshalb es heute überhaupt noch der Vorschrift des § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) folgend eine Berufstracht für Anwälte gibt, wurde in meinem Beisein vor Gericht aber noch nie hinterfragt.     

Allerdings erläutert der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 07.11.2016 zum Az.: AnwZ (Brfg) den Sinn und Zweck der vor Gericht getragenen Anwaltsrobe wie folgt: Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit daran, dass Gerichtsverhandlungen in guter Ordnung und angemessener Form durchgeführt werden können. Diesem Zweck dient es, wenn auch die an der Verhandlung beteiligten Rechtsanwälte eine Amtstracht tragen (BVerfGE 28, 21, 31 f.). Sie werden dadurch aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer an der Verhandlung herausgehoben; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) wird sichtbar gemacht (BVerfG aaO; Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 16, 41; Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 1 BRAO Rn. 91). Darin liegt auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; denn die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird gefördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung der Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in angemessener Form darstellen kann (BVerfG aaO).
 
Durch das Anlegen der Robe tritt der Rechtsanwalt mithin als Person hinter seiner Funktion als Prozessbeteiligter zurück (Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 18 f. mwN; Ahrens, Anwaltsrecht Rn. 128). Die Anwaltsrobe verkörpert - im Unterschied zu anderen Berufskleidungen und zu anderen Kleidungsstücken des Rechtsanwalts - für alle Anwesenden erkennbar die Organstellung des Rechtsanwalts und das Ziel einer ausgeglichenen und objektiven Verhandlungsatmosphäre, die durch die Grundsätze der Sachlichkeit und der Rationalität sowie der Verallgemeinerungsfähigkeit der Rechtsanwendung geprägt ist (Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 18 f. mwN; Ahrens, Anwaltsrecht Rn. 128). Eine überaus einleuchtende Erklärung, der ich mich nur anschließen kann. Das Tragen der Robe unterstreicht das distanzierte Auftreten des Anwalts im Rahmen des Sachlichkeitsgebots gem. § 43a Abs. 3 BRAO vor Gericht, wonach sich ein Rechtsanwalt bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten darf. Denn Beleidigungen und andere Persönlichkeitsrechtsverletzungen haben im Rahmen der anwaltlichen Berufsausübung nichts verloren.

Freitag, 4. September 2020

Foto vom Grabstein im Internet. Erlaubt?

Nachdem wir bereits geklärt hatten, dass die Veröffentlichung von einem Kinderbild im Internet ohne Einverständnis des Sorgeberechtigten rechtswidrig ist, mehrere Gerichte entschieden haben, dass die Veröffentlichung von persönlichen Bildern im Internet ohne Einverständnis des Abgebildeten dessen Recht am eigenen Bild verletzt und zuletzt das Landgericht Hagen ausgeführt hat, dass auch die Veröffentlichung einer Unterschrift das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unterzeichners und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, stellte sich nun einem Mandanten die Frage, ob die Veröffentlichung eines Fotos des Grabsteins eines Verwandten rechtsverletzend sein kann.  

Grundsätzlich verfügt nämlich auch ein Toter über das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht, welches den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts über den Tod hinaus fortsetzt. Das Andenken an den Verstorbenen wird gegen Angriffe auf seinen durch die Lebensleistung erworbenen Geltungswert und die ihm als Mensch allgemein geschuldete Achtung geschützt. Allerdings nimmt dieses Recht mit zunehmendem Abstand vom Todeszeitpunkt stetig ab und der Geltungswert des Verstorbenen wird durch die bloße Veröffentlichung eines Fotos seines Grabsteins nicht beeinträchtigt. 

Auch die reine Wiedergabe des Namens auf dem Foto des Grabsteins kann als reine Namensverwendung keine vom Schutzbereich des § 12 BGB betroffene Rechtsverletzung sein, weil weder eine Namensleugnung oder eine Namensanmaßung vorliegt. Auch der Schutz des Rechts am eigenen Bild nach § 22 KUG wird durch die Veröffentlichung eines Bildes von einem Gegenstand nicht berührt. 

In Betracht kommt schließlich noch eine Rechtsverletzung auf Grund der Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), da durch die Veröffentlichung des Fotos des Grabsteins eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten (Name, Geburtstag und Sterbetag) in einem Dateisystem erfolgt ist. Allerdings sind personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO nur Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (betroffene Person) beziehen, so dass angesichts der Tatsache, dass mit dem Tod das Dasein als natürliche Person als beendet angesehen werden kann, ein unmittelbarer Schutz der Daten des Toten durch die DSGVO entfallen sein könnte.

Jedenfalls kann aber das sich aus Art. 17 DSGVO ergebende Recht auf Löschung oder das Recht auf Vergessen werden nicht zu einem Löschungsanspruch des Verwandten führen, wonach eine betroffene Person zwar das Recht hat, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, weil diesem Recht dann kein Anspruch auf Löschung des Fotos eines Grabsteins folgt, sofern die Veröffentlichung des Grabsteins im Rahmen der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erfolgt. Dies dürfte jedenfalls so lange der Fall sein, wie sich die im Internet abgebildeten Informationen auch dem öffentlich zugänglichen Grabstein selbst entnehmen lassen.

Montag, 24. August 2020

verbotene Justizkritik

In einem Befangenheitsantrag schrieb der Kläger wörtlich über die von ihm abgelehnte Amtsrichterin: 

"Die Art und Weise der Beeinflussung der Zeugen und der Verhandlungsführung durch die Richterin sowie der Versuch, den Kläger von der Verhandlung auszuschließen, erinnert stark an einschlägige Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten."

und

"Die gesamte Verhandlungsführung der Richterin erinnerte eher an einen mittelalterlichen Hexenprozess als an ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geführtes Verfahren."

Wegen dieser Äußerungen stellte der Präsident des Amtsgerichts Bremen Strafantrag gegen den Kläger und tatsächlich wurde der von der Justiz enttäuschte Kläger wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB verurteilt, da seine Äußerungen "ohne Zweifel" einen schwerwiegenden Angriff auf die Ehre der Richterin darstellten und nicht nach § 193 StGB in Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt seien. Selbst das Landgericht Bremen verwarf die Berufung des Klägers und das Oberlandesgericht Bremen schließlich die Revision, weil oben angeführte Äußerungen strafbare Schmähkritik seien.

Dass die in Deutschlands Medienlandschaft fest verwurzelte Kollektivhysterie in Sachen NS-Zeit auch einen juristisch geschulten Amtsgerichtspräsidenten erfasst, ist ärgerlich aber nicht verwunderlich, denn das notwendige Qualifikationsmerkmal überbordenden Anstands und der regelmäßige Repräsentationszwang an der Spitze eines Amtsgerichts führen mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, Rechte der Bürger, die über das einfache Zivilrecht hinaus in verfassungsrechtlich bedeutsamen Zusammenhängen zu betrachten sind, vollends aus den Augen zu verlieren. Dass aber am Ende ein Landgericht und schließlich gar ein Oberlandesgericht die Bedeutung der Meinungsfreiheit frech unter den Teppich kehren, um die gerechtfertigte Kritik einer Prozesspartei an ihresgleichen verfassungsfremd zu sühnen, ist ein echter Skandal.

Glücklicherweise nahm sich das Bundesverfassungsgericht dieses Falls zum Az.: 1 BvR 2433/17 an und schrieb den am Verfahren beteiligten Richtern einige Merksätze auf, von denen man selbst als Laie erwarten würde, dass deren Gehalt einem an materieller Gerechtigkeit interessierten Richter nicht nur in Fleisch und Blut übergegangen ist, sondern von ihm auch abseits jeglicher durch Antipathie ausgelöster Schnappatmung konsequent berücksichtigt wird: "Das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehört zum Kernbereich der Meinungsfreiheit, weshalb deren Gewicht insofern besonders hoch zu veranschlagen ist. Die Meinungsfreiheit erlaubt es insbesondere nicht, den Beschwerdeführer auf das zur Kritik am Rechtsstaat Erforderliche zu beschränken und ihm damit ein Recht auf polemische Zuspitzung abzusprechen." 

Auf den Fall bezogen kam das Bundesverfassungsgericht zu folgendem Schluss: "Die inkriminierten Äußerungen stellen keine Schmähkritik dar. Mit seinen Vergleichen richtete sich der Beschwerdeführer gegen die Verhandlungsführung der Richterin in dem von ihm betriebenen Zivilverfahren. Dieses bildete den Anlass der Äußerungen, die im Kontext der umfangreichen Begründung eines Befangenheitsgesuchs getätigt wurden. Die Äußerungen entbehren daher insofern nicht eines sachlichen Bezugs. Sie lassen sich wegen der auf die Verhandlungsführung und nicht auf die Richterin als Person gerichteten Formulierungen nicht sinnerhaltend aus diesem Kontext lösen und erscheinen auch nicht als bloße Herabsetzung der Betroffenen." Über die Dunkelziffer von verfassungswidrig verurteilten Kritikern, die es - aus welchen Gründen auch immer - nicht bis zum Bundesverfassungsgericht schaffen, mag ich an dieser Stelle nicht einmal spekulieren.

Mittwoch, 19. August 2020

Turboquerulantin - Veröffentlichung von Unterschrift im Internet

Noch mit Urteil vom 20.11.2019 konnte das Landgericht Hagen nicht abschließend darüber entscheiden, ob der vom Kläger gegen einen Turboquerulantenlehrling geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der abgebildeten Unterschrift des Klägers im Internet grundsätzlich eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 1004, 823 BGB, Art. 1 und 2 GG, darstellen würde, weil der Kläger den betreffenden Post einschließlich der abgebildeten Unterschrift nach dessen Veröffentlichung im Internet selbst weitergeleitet und öffentlich kommentiert hatte.

Eine derart spannende Rechtsfrage wollte die Turboquerulantin natürlich umgehend geklärt wissen und so veröffentlichte sie einfach selbst die Unterschrift des Klägers in Form seines Vor- und Nachnamens nebst der Kurzform des von ihm gewählten Namenszusatzes aus einer vom Kläger für das Amtsgericht Hagen zum Aktenzeichen 14 C 100/16 gefertigten eidesstattlichen Versicherung in ihrem für rechtswidrige Veröffentlichungen bestens bewährten Twitter-Profil.

Der Einladung zur Fortbildung geltenden Rechts folgte der Kläger natürlich umgehend und beantragte dann - nunmehr als Antragsteller - flugs eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Hagen, um dem Gericht die Möglichkeit zu geben, die im vorangegangenen Verfahren gegen den Turboquerulantenlehrling mit Urteil zum Az.: 3 O 57/19 noch offen gebliebene Rechtsfrage, ob die Veröffentlichung einer Unterschrift im Internet rechtswidrig ist, klären zu können.

Das Landgericht Hagen machte sich daraufhin umgehend an die Arbeit und erklärte in seinem Beschluss vom 19.02.2020 zum Az.: 8 O 47/20 ohne zu zögern, dass die Veröffentlichung der dem Antragsteller persönlich eindeutig zuzuordnenden Unterschrift im Internet ihn in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und jedenfalls die abstrakte Gefahr erheblichen Missbrauchs besteht.

Eine recht knapp begründete Entscheidung, die natürlich einer ausführlichen Klärung im Hauptsacheverfahren bedarf, um den endgültigen Rechtsfrieden zwischen den Parteien herzustellen. Selbstverständlich wollen weder die Turboquerulantin noch der prominente Vertreter des französischen Hochadels einer vertieften Beschäftigung mit der aufgeworfenen Rechtsfrage im Wege stehen, so dass sich beide Kontrahenten darauf verständigt haben, erhobenen Hauptes einer Entscheidung des Landgerichts Hagen im bereits eingeleiteten Klageverfahren entgegen zu sehen.

Freitag, 7. August 2020

Lisa Eckart - vom schwarzen Block regiert

Das Hamburger Harbour Front Literaturfestival hat die österreichische Kabarettistin Lisa Eckart bei einem Wettbewerb um den besten Debütroman im Veranstaltungszentrum Nochtspeicher ausgeladen, weil es wegen der vielfach kritisierten Kabarettistin gegen den Veranstalter konkrete Drohungen vom Schwarzen Block gab und die Betreiber nun Angst vor rabiater Gewalt haben.

Die Sicherheitsbedenken der Betreiber des Nochtspeicher im links-alternativen Hamburger Viertel St. Pauli führten nun dazu, die österreichische Kabarettistin darum zu bitten, auf eine Teilnahme an den Lesungen zu verzichten. In St. Pauli sei der Schwarze Block sehr aktiv und die Veranstalter würden auf Polizeischutz verzichten, um nicht noch zu provozieren.

Der sogenannte "Debütantensalon" könne auch nicht wegen einer Autorin verlegt werden, da die damit verursachte Aufmerksamkeit für die Autorin Lisa Eckart den Wettbewerb unverhältnismäßig verzerren würde und es sei völlig inakzeptabel, dass die Gewaltandrohung dazu führe, den Wettbewerb insgesamt abzusagen.

Die Abladung einer unbequemen Kabarettistin als Folge einer konkreten Gewaltandrohung scheint dagegen für die Veranstalter akzeptabel zu sein, jedenfalls eher, als die Freiheit der Kunst durch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe zu schützen. Immerhin nimmt nun eine wesentlich breitere Öffentlichkeit das umstrittenen Wirken Lisa Eckarts wahr.    

Montag, 3. August 2020

Amtsgericht Hannover: Google Bewertung löschen

Bösartige Kommentare im Internet haben Hochkonjunktur. Während das Fußvolk auf Facebook die von der Presse gemeldeten Zahlen von Demonstrationsteilnehmern kommentiert und Deutschlands Elite in Prangerblogs über die Abschaffung des Adels in Deutschland streitet, versucht der von Neid zerfressene Gewerbetreibende die Konkurrenz mit negativen Kommentaren auf Google My Business aus dem Wettbewerb zu drängen. Natürlich gibt es auch unzufriedene Kunden, die sich für das nicht mehr ganz so knackige Frühstücksbrötchen mit einer hasserfüllten Ein-Sterne-Bewertung rächen.

Das Amtsgericht Hannover hat jetzt mit Urteil vom 23.01.2020 zum Az.: 503 C 1026/19 über die Ein-Sterne-Bewertung eines Gewerbetreibenden auf Google My Business entschieden, der sich durch seine überlegte Wortwahl sicher fühlte und auf die Abmahnung wegen seiner ungerechtfertigt schlechten Bewertung eine negative Feststellungsklage erhob. Das entscheidende Kriterium für die ausgeurteilte Löschung war der Umstand, dass nicht das angebotene Kerngeschäft des bewerteten Unternehmens kommentiert wurde, sondern ein Verhalten, dass einem vorangegangenen Rechtsstreit zwischen Bewertendem und Bewerteten zu Grunde lag.

Da ein beruflicher Kontakt zwischen den Parteien im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistungen unstreitig  nicht  stattgefunden hatte, stufte das Amtsgericht Hannover die nicht im kontextuellen Umfeld des Rezensionsgeschehens zum Gewerbebetrieb stehende Ein-Sterne-Bewertung als rechtswidrig ein. Die negative Feststellungsklage flog dem siegessicheren Kommentator durch die Erhebung der (positiven) Widerklage der Beklagten um die Ohren und so musste er als Kläger die sich nicht auf die angebotene Dienstleistung beziehende 1-Sterne-Bewertung löschen.

Mittwoch, 29. Juli 2020

Die Turboquerulantin und der Fürst

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht, Ralf Möbius LL.M. und Michael Fürst von Gorka Prinz Rurikovich im Amtsgericht Pinneberg
Die unendliche Bandbreite des Internets sorgte gestern für eine denkwürdige Verhandlung am Amtsgericht Pinneberg. Während es früher undenkbar gewesen wäre, dass ein Unterschichtenmädel mit einem waschechten Fürsten aneinander gerät, ist es heute gang und gäbe, dass sich das Prekariat auf Facebook oder Twitter über Vertreter des Adels echauffiert und den blaublütigen Aristokraten dann nichts anderes übrig bleibt, als die eigene Ehre mit Hilfe der bürgerlichen Gerichtsbarkeit zu retten und die Mobber vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen.

Wieder einmal war es die Turboquerulantin, die sich vom Glanz des Fürsten von Gorka Prinz Rurikovic derart geblendet fühlte, dass sie glaubte, ihren virtuellen Unrat über dem Adligen ausschütten zu müssen, um sich wenigstens für einen kurzen Moment von der bedrückenden Leere der eigenen Trostlosigkeit abzulenken. Freiheitsberaubung und sexueller Missbrauch lauteten die abstrusen Vorwürfe gegen den über jeden Verdacht erhabenen Fürsten im Internet, über deren Löschung das Amtsgericht Pinneberg entscheiden sollte.

Schon in der Güteverhandlung deutete der Vorsitzende, für eine verständige Partei unmissverständlich, an, dass sich unser Türbchen wieder einmal aufs Übelste vergaloppiert hatte und ihre rechtswidrigen Ergüsse keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte in dem von ihr nur verschwommen wahrgenommenen Prozessgeschehen hätten. Ihrem Bildungsgrad entsprechend konnte die Turboquerulantin den Ausführungen des Gerichts nur sehr begrenzt folgen und sich schließlich nicht beherrschen, im Wege einer vollkommen sinnlosen Widerklage für das angeblich erlittene Unrecht mindestens 5.000,- Euro Schmerzensgeld und zusätzlich noch einmal 5.000,- Euro Schadensersatz zu fordern.

Auch das Ergebnis dieses Prozesses, der wegen des durch die Widerklage deutlich erhöhten Streitwertes nunmehr vor dem Landgericht Itzehoe entschieden werden muss, wird keine Überraschung sein. Dass deshalb nun auch bei den Rurikiden ein Dom Pérignon geköpft werden kann, war natürlich nicht nur von Michael Fürst von Gorka Prinz Rurikovich erwartet worden, sondern sorgte auch im Herrscherhaus Boecker de Montfort l’Amaury für Genugtuung, weil sich letzteres Adelsgeschlecht erst in der vergangenen Woche mit den Gehässigkeiten der niedersächsischen Weltrekordlerin im Dauermobbing auseinandersetzten musste.

Es kann nun noch eine Weile dauern, bis auch das Landgericht Itzehoe von den unsinnigen Ausführungen unserer Lieblingspatientin überschwemmt werden wird, aber wir versprechen natürlich hochheilig und beim Zepter ihrer Hoheit des Fürsten von Gorka Prinz Rurikovic, dass wir die geneigte Leserschaft davon unterrichten werden, wenn der Turboquerulantin die Verbreitung ihrer ungeheuerlichen Vorwürfe endlich untersagt wird und ihre absurden Geldforderungen in Form eines Urteils auf den Schutthaufen der schleswig-holsteinischen Justiz gekippt werden.

Sonntag, 26. Juli 2020

Mann ersticht Frau

Die Schlagzeilen über schwere Straftaten wiederholen sich und die Nationalität des Täters wird selten genannt. Schon die bloße Verwendung der Worte "Messer" oder "Großfamilie" im Zusammenhang mit einer Straftat löst mittlerweile einen Einordnungsreflex zu Lasten von Menschen mit Migrationshintergrund aus. Die Nichtnennung der Zugehörigkeit eines Verdächtigen oder des Täters zu einer ethnischen, religiösen oder anderen Minderheit hängt mit der Vorschrift der Richtlinie 12.1 des Pressekodex zusammen, da nach dieser Norm eine solche Zugehörigkeit in der Regel nicht erwähnt werden soll, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.

Die Zugehörigkeit des Täters, der 2019 im Frankfurter Hauptbahnhof eine Mutter und ihren Sohn vor einen einfahrenden Zug gestoßen hatte, durfte nach Ansicht des Deutschen Presserats genannt werden, weil es an der Herkunftsnennung ein berechtigtes öffentliches Interesse gegeben habe. Die Mitteilung des Umstands, dass der Mann aus Eritrea stammte, sei keine Verletzung des Diskriminierungsverbots nach Richtlinie 12.1 des Pressekodex, weil die Tat ein besonders schweres und in ihrer Art außerordentliches Verbrechen gewesen sei, urteilte der Deutsche Presserat nach Erhebung einer Beschwerde gegen die BILD-Zeitung.

Nun sind auch Axtmorde, Schwertmorde und Messermorde durchaus schwere Verbrechen und als solche wohl immer noch außerordentlich, so dass die Nennung der Nationalität eines Täters mittlerweile sogar entlastenden Charakter haben könnte, denn der Mangel der Nennung der Nationalität eines Täters bei der Berichterstattung dürfte in der Regel beim Durchschnittsleser dazu führen, dass eine solche Tat automatisch einer Person zugeschrieben wird, die einer ethnischen, religiösen oder anderen Minderheit angehört. Gerätselt wird meist nur noch darüber, ob der Täter ein Afghane, Syrer, Iraker oder Marokkaner gewesen ist.

Weil im Jahre 2018 in der Rubrik "Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen" nur 43 Prozent der Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft waren, würde die konsequente Nennung der Nationalität bei derartigen Verbrechen in über 50 Prozent der Fälle dem oben beschriebenen Generalverdacht gegen ethnische oder religiöse Minderheiten entgegenwirken, der durch die bloße Verwendung des Wortes "Mann" im Zusammenhang mit der Berichterstattung über schwere Straftaten beim Durchschnittsrezipienten ausgelöst werden könnte. Eine größere Transparenz bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit sollte daher angesichts der geltenden Pressefreiheit nicht nur erträglich sondern sogar wünschenswert sein.