Das Amtsgericht Bochum hat die Melango GmbH mit Urteil vom 10.08.2012 verurteilt, es zu unterlassen, an eine Privatperson E-Mail-Nachrichten mit Zahlungsaufforderungen zu senden, ohne dass ein Einverständnis und/oder ein Zahlungsanspruch der Melango GmbH gegenüber dieser Privatperson besteht.
Im Jahre 2011 war der Kläger über eine Suchmaschine auf die Seite melango.de gestoßen. Auf dieser Seite fand er mehrere Angebote und hatte sich dafür interessiert. Anschließend musste er feststellen, dass man ohne eine Anmeldung keinen Zugriff auf die Angebote hat. Auf der Seite wurde mit damit geworben, dass eine Anmeldung schnell und einfach abgeschlossen sei. Es machte ihm den Anschein kostenlos zu sein, denn er sah nirgends Kosten aufgelistet Der Anmeldevorgang war recht einfach: Firmenname, Name, Vorname, Telefon, Adresse und E-Mail. Alle Felder hatte er wahrheitsgemäß ausgefüllt und bei Firma „privat“ eingetragen. Dennoch bekam er anschließend eine Zahlungsaufforderung. Er erhob daraufhin umgehend eine negative Feststellungsklage.
Auf seine Klage entschied das Amtsgericht Bochum mit Urteil vom 16.04.2012 zum Az.: 47 C 59/12, dass der Melango.de GmbH keine auf eine Mitgliedschaft beruhende Forderung zusteht. Eine Mitgliedschaft bei Melango setze nämlich voraus, dass der Kunde Unternehmer sei. Weil er im Anmeldeformular „privat" eingetragen habe, könne Melango daraus nicht schliessen, dass er Unternehmer sei. Damit fehle die Voraussetzung für eine Mitgliedschaft, aus der Melango Zahlungsansprüche herleiten wollte.
Weil die Melango GmbH dennoch fortgesetzt munter Rechnungen an den Kläger verschickte, nahm dieser die Melango GmbH mit einer weiteren Klage erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch. Das Bombardement mit Zahlungsaufforderungen durch die Melango GmbH nahm mit dem Urteil des Gerichts vom 10.08.2012 zum Az.: 40 C 271/12 erwartungsgemäß auch ein jähes Ende.
Donnerstag, 27. September 2012
Melango - Amtsgericht Bochum verbietet die Zusendung von Zahlungsaufforderungen per E-Mail
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Mittwoch, 26. September 2012
Der Dolmetscher für die albanische, englische und russische Sprache auf der telefonischen Suche nach einer Zeugin in China
"Sehr geehrte Herren, in dem Rechtsstreit Stadt A. gegen xxxxx xxxxxx, xxxxxxxxxx Ltd. u.a. wurde in Anbetracht des bevorstehenden Termins davon abgesehen, die Zeugin A. per Post unter der nunmehr genannten Anschrift zu laden, vielmehr der Versuch unternommen, sie telefonisch zu laden. Dieser Versuch ist gescheitert, wie Sie aus der E-Mail des hinzugezogenen Dolmetschers ersehen können. Daher wird die Zeugin A., sofern sie nicht durch den Beklagtenvertreter sistiert werden sollte, zum Termin nicht erscheinen."
Es ist der erste Termin in dieser Sache und ein Beweisbeschluss ist noch nicht ergangen. Die telefonische Ladung einer Zeugin in einem Krankenhaus in China ist jedoch etwas ungewöhnliches. Daher verdient die E-Mail des Dolmetschers auch besondere Aufmerksamkeit. Merkwürdig ist die Tatsache, dass der hinzugezogene Dolmetscher allgemein beeidigter Dolmetscher und Übersetzer für die albanische, englische und russische Sprache ist. Für die telefonische Kommunikation mit chinesischen Gesprächspartnern hätte ich einen Übersetzer für die chinesische Sprache ganz passend gefunden. Der beauftragte Übersetzer ist auch ehrlich und gibt zu, Verständigungsschwierigkeiten bei dem telefonischen Ladungsversuch gehabt zu haben:
"Sehr geehrte Frau L.,
ich habe nun mit dem Krankenhaus in Shanghai telefoniert, wobei es sich, wenn ich dies recht verstanden habe, um 2 Krankenhäuser handeln muss, die sich unter der gleichen Anschrift befinden. Das 2. Krankenhaus, als Guangci bezeichnet, ist offenbar eine Klinik für Ausländer und mit ausländischem Personal."
Hoffentlich hat der - für chinesisch nicht beeidigte - Dolmetscher alles richtig verstanden. Wäre doch schade, wenn die einzige Zeugin wegen eines Mißverständnisses nicht geladen werden könnte. Der Dolmetscher schreibt weiter:
"Ich habe (nach einigen erfolglosen Versuchen in der Klinik für Inländer) zunächst mit einer Ärztin gesprochen, die mir jedoch ihren Namen nicht nennen wollte.
Vielleicht hat der albanisch, englisch und russisch sprechende Dolmetscher nicht alles richtig verstanden und bei der falschen Klinik angerufen. Vielleicht hat die Ärztin ihren Namen genannt, aber der Dolmetscher hat dies nicht richtig interpretiert. Wir wissen es nicht, dass Gericht weiß es auch nicht. Auch der Dolmetscher nicht und fährt jedenfalls fort:
"Sie versicherte mir jedoch, dass es derzeit in diesem Krankenhaus keinerlei deutsche Patienten geben würde, eine Frau mit dem Vornamen A...., Familienname A....... oder M..... sei somit auch nicht bekannt. In einem weiteren Telefonat sprach ich mit der Personalreferentin Frau Lee, Tel.: 66 82 02. Sie versicherte mir, dass eine Person wie oben genannt ihres Wissens in diesem Krankenhaus nicht beschäftigt sei. Zur Sicherheit wolle sie aber noch einmal nachschauen. Ich blieb am Telefon und konnte im Hintergrund auch Geräusche von Aktenschränken oder Stahlschränken vernehmen."
Wenn Stahlschränke klappern, wird es schon das richtige Krankenhaus gewesen sein. Elektronische Datenerfassung gibt es in China wohl noch nicht. Hoffentlich waren die Karteikarten aktuell und korrekt beschriftet.
"Nach einigen Minuten kehrte Frau Lee zurück und bestätigte mir noch einmal ihre bereits zuvor getroffene Aussage, wonach eine Person dieses Namens nicht bekannt und nicht beschäftigt sei."
Ich kann mich mit dieser Form eines missglückten Ladungsversuchs einfach nicht anfreunden. Warum musste unbedingt ein der chinesischen Sprache unkundiger Dolmetscher in China herumtelefonieren?
Donnerstag, 20. September 2012
Genmais NK 603 - der gelbe Tod?
Nach einer jetzt im Fachblatt "Food and Chemical Toxicology" veröffentlichten Studie sollen Ratten von dem Genuss dieser mit dem cp4 epsps-Gen veränderten Sorte schwer erkrankt und früher gestorben sein. Die mit dem Gen-Mais gefütterten Versuchstiere hätten mehr Tumore entwickelt als die der mit natürlichem Mais versorgten Kontrollgruppe und seien auch früher gestorben, teilten Forscher um Professor Gilles-Eric Séralini mit.
Der französische Molekularbiologe hatte schon 2007 vor den Gefahren von Genmais gewarnt, weil mit der Maissorte MON 863 gefütterte Ratten Leber- und Nierenschäden aufgewiesen hätten. Im Jahr 2011 hatte sich Séralini einen Prozess wegen übler Nachrede gegen Marc Fellous, einen Verfechter der Vorteile gentechnisch veränderter Organismen und Präsident der Association Française des Biotechnologies Végétales gewonnen, weil letzterer ihm vorgeworfen hatte, seine wissenschaftliche Neutralität im Zusammenhang mit einer Studie zu den Auswirkungen von drei genetisch veränderten Maissorten auf die Gesundheit von Säugetieren nicht gewahrt zu haben.
Zu den Voraussetzungen, unter denen französische Behörden den Anbau der Maissorte MON 810 vorübergehend verbieten durften, hatte sich der Europäische Gerichtshof erst Anfang September 2012 geäußert.
Mittwoch, 19. September 2012
Kostenlose Rechtsberatung
Nun füllen ja nicht nur teure Feinkostprodukte den Magen, sondern auch die Hühnersuppe aus der Bahnhofsmission, weshalb ich die Schnäppchenjäger der Rechtsberatungsszene gerne auf zwei Angebote aus dem Bereich der kostenlosen Rechtsberatung hinweisen möchte.
Da wäre zunächst unter www.kostenlose-rechtsauskunft.de ein unausgelasteter Volljurist, der seinen 10 – 12 stündigen Arbeitstag mit der Beantwortung von Rechtsfragen abrundet. Einen kleinen Wermutstropfen hält der selbstlose Gourmet für Hilfesuchende allerdings bereit: Eine Versicherung, die Schäden aus fehlerhaften Auskünften und Antworten absichert, hat er nicht abgeschlossen. Die Auskünfte und Antworten des Anbieters sollen dem Nutzer lediglich als Anhaltspunkt zum Verständnis der Rechtslage dienen und können keinesfalls eine erforderliche rechtsanwaltliche Beratung ersetzen. Das klingt dann doch ein wenig nach Doseneintopf mit unleserlichem Haltbarkeitsdatum, sollte aber zunächst wenigstens vor dem Verhungern bewahren.
Eine deutliche Steigerung für Freunde des Zauberworts "umsonst" scheint die Präsentation unter www.meingratisanwalt.de zu sein, wo der selbsternannte Marktführer von „Kostenlose Anwaltsberatung für Alle“ ein verlockendes Angebot bereit hält. Nach etwas Stöbern scheint sich die vollmundige Ankündigung dann bestenfalls als Optionsschein auf Zwieback zu entpuppen: "Als Rechtssuchender stellen Sie Ihren Fall auf unsere Web-Plattform und 160 000 deutsche Anwälte haben die Möglichkeit, den Fall gemeinsam - als virtuelle Riesenkanzlei - zu lösen. Zum Nulltarif. Solange Ihr Fall nicht zu Ihrer Zufriedenheit gelöst wurde, können Sie jederzeit weitere "Kostenlos-Beratungsleistungen" anfordern. Die kostenlose Beratung kann dabei nicht nur auf der Plattform, sondern parallel auch persönlich, telefonisch oder per Post stattfinden."
Tolle Idee. Leider habe ich keine Zeit bei dem Superprojekt mitzumachen, weil ich damit beschäftigt bin, den Zaster für das Essen herbeizuberaten, welches mir die Kassiererinnen einfach nicht umsonst rausrücken wollen.
Sonntag, 16. September 2012
Ein Massenmörder in der Bundesliga
Störend wirkt es dagegen, wenn Fans das martialische Vokabular des Kicker-Kosmos aufgreifen und eine Fahne basteln, um ihre Interpretation des Totenkults im Fussballsport umzusetzen. So geschehen in Hannover, als 96-Fans im Heimspiel gegen Schalke 04 eine Fahne mit dem Konterfei des Serienkillers Friedrich Heinrich Karl Haarmann in die Höhe reckten. Ein Massenmörder, der 1879 in Hannover geboren und 1925 wegen 24-fachen Mordes im Gerichtsgefängnis hinter dem Hauptbahnhof geköpft wurde. Er soll seine Opfer gar zu Wurst verarbeitet haben.
Die Akzeptanz der öffentlichen Zuneigung zu Schwerverbrechern braucht seine Zeit und die ist in Hannover einfach noch nicht reif, meint jedenfalls der Präsident von Hannover 96, Martin Kind: „Geht gar nicht – und ist verboten. Wir werden alles tun, was wir machen können, damit die Fahne Samstag gegen Werder nicht im Stadion ist.“
Nach § 4 Abs. 1 der Stadionordnung sind jedoch nur verbale Äußerungen, Parolen oder Fangesänge sowie entsprechende Gesten und Symbole, die nach Art oder Inhalt geeignet sind, Dritte insbesondere aufgrund von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu diffamieren oder die als Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen eingestuft sind oder diesen zum Verwechseln ähnlich sehen, verboten. Das passt nicht.
Vielleicht ein kleiner Kunstgriff? Weil nach § 4 Abs. 3 h) der Stadionordnung auch das Mitführen von werbenden oder kommerziellen Gegenstände untersagt ist und sich das Motiv der Fan-Fahne als Werbung für ein vergleichbares Fritz Haarmann-T-Shirt einordnen läßt, muss der Scherenschnitt des enthaupteten Totmachers draussen bleiben. Zur Not hilft auch die Generalklausel des § 3 der Stadionverordung, wenn andere Personen mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt werden.
Solange also Hannover Fritz Haarmann kein Denkmal setzt, wie es Hamburg für den - gleichfalls, nur eben viel früher - geköpften Piraten Klaus Störtebeker verantworten konnte, wird einer der berühmtesten Söhne der niedersächsischen Landeshauptstadt auch als Motiv auf einer Fahne im hannoverschen Stadion nicht willkommen sein. Bleibt zu hoffen, dass die Fans nicht auf die Idee kommen, bei Gelegenheit gar das Haarmann-Lied anzustimmen:
„Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Hackefleisch aus dir.
Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste
und den Rest, den schmeißt er weg.“
Samstag, 15. September 2012
Abmahnung von Borussia Mönchengladbach wegen Kartenverkauf über Ebay
Borussia Mönchengladbach, besser: Borussia Verein für Leibesübungen 1900 Mönchengladbach e. V., mahnt den Verkauf von Tageskarten über Ebay ab. Gemäß Ziffer 7a ihrer ATGB (Allgemeine Ticket-Geschäftsbedingungen) sei dies ausdrücklich untersagt, denn jeder Ticketverkauf erfolge ausschließlich auf Grundlage dieser AGB. Verwiesen wird auf die Website www.borussia-ticketing.de. Die Borussia macht mit ihrer Abmahnung eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 250,- geltend und meint, bis zu EUR 2.500,- geltend machen zu können. Auch eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wird gefordert. Mit der Zahlungsaufforderung zu Gunsten der gemeinnützigen BORUSSIA-STIFTUNG soll dem zaudernden Ebay-Verkäufer ein wenig unter die Arme gegriffen werden.
Offensichtlich handelt es sich bei dem Vorgehen von Gladbach um eine flächendeckende Maßnahme, da in der Abmahnung etwas unwirsch vermerkt wird: "Telefonische Rückfragen sind nicht möglich!". Die Einrichtung der E-Mail-Adresse ebay@borussia.de unterstützt diese Annahme. Wer sich nicht mit dem Zahlungswunsch der Borussia anfreunden kann, wird von den Kollegen Grub Frank Bahmann Schickhardt Englert Rechtsanwaltspartnerschaft, Anwalts- und Notarkanzlei, Solitudestraße 20, aus 71638 Ludwigsburg unter Beifügung einer Rechnung für Anwaltskosten aufgefordert, dem Begehren des Bundesliga-Vereins nachzukommen. Mit dem Schreiben durch einen Rechtsanwalt soll offenbar der Druck erhöht werden.
Die Bedingungen der Borussia für den Verkauf von Eintrittskarten, die sie mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen durchsetzen möchte, sind streng. So soll einem Ticketinhaber grundsätzlich untersagt werden, Tickets bei Internetauktionshäusern zum Verkauf anzubieten und im Rahmen einer privaten Weitergabe die Bundesligakarten zu einem höheren Preis als den, der auf den Tickets angegeben ist, zu veräußern. Auch die Weitergabe von Tickets an Anhänger von Gast-Vereinen soll verhindert werden. Auf Verlangen des Clubs soll der Kunde im Falle einer Weitergabe des Tickets sogar dazu verpflichtet sein, Name, Anschrift, Geburtsdatum und Religionszugehörigkeit* des neuen Ticketbesitzers mitzuteilen. Ein Ticket soll gar ungültig werden, wenn sich der Ticketinhaber nicht an die strengen Verkaufsbedingungen hält.
In weiser Voraussicht hat der Gesetzgeber Allgemeine Geschäftsbedingungen jedoch einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307–309 BGB unterworfen. Insbesondere sind nach § 307 BGB Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Verbote der Weiterveräußerung im Rahmen der ATGB, wonach es dem Ticketinhaber untersagt werden soll, Tickets bei Internetauktionshäusern zum Verkauf anzubieten und im Rahmen einer privaten Weitergabe die Tickets zu einem höheren Preis als den, der auf den Tickets angegeben ist, zu veräußern, könnten eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 I BGB darstellen, weil der Ticketinhaber nach den Vorstellungen des Bundesliga-Clubs allein das wirtschaftliche Risiko für den Totalverlust des Ticketpreises trüge und stets das Risiko für einen geringeren Verkaufspreis hinnehmen müsste, ohne im Einzelfall eine Karte auch mit Gewinn verkaufen zu können. Ein derartig grundlegender Eingriff in die Dispositionsfreiheit eines Fussballfans als Privatperson über das Wirtschaftsgut Eintrittskarte erscheint zu weitgehend und dürfte damit unwirksam sein.
*(kleiner Scherz am Rande)
Freitag, 14. September 2012
Klemmer statt Glamour
Man bekommt in diesen Tagen ja einiges über die Wulffs zu lesen und bis auf die Konfrontation mit Google´s Autocomplete-Funktion ist das alles, jedenfalls für mich, nicht besonders spannend. Ich frage mich zwar, warum sich der ehemalige Kollege und seine Frau nach einem Leben in Christlich-Demokratischer-Unterwürfigkeit und der Einatmung eines Ruhegehalts in Höhe von knapp 200.000,- Euro pro Jahr - auch Ehrensold genannt - nicht lächelnd in die schöne weite Welt begeben, sondern sich weiterhin im grossen Stil mit bundesdeutschen Belanglosigkeiten und dem Staub der grossbürgerlichen Perepherie Hannovers abquälen, das war´s dann aber auch. Großburgwedel und Berlin nicht mit Orten wie Kapstadt, Vancouver oder Sydney zu vertauschen, war mir bisher ein nicht näher hinterfragtes Rätsel, welches nun plötzlich und unerwartet durch eine Besprechung von Bettina Wulffs Hörbuch "Jenseits des Protokolls" erhellt wurde. Besser kann man es kaum ausdrücken, als es Sebastian Hammelehle in wenigen Zeilen mit einem Wortspiel im SPIEGEL tut:
"Unbeholfen scheint sich Wulff an die Wörter zu krampfen, immer auf der Suche nach Halt - schließlich der Gipfel des Vortrags: Als "eine oberflächliche, auf 'Klemmer' erpichte Frau" sei sie dargestellt worden, behauptet Wulff. Nicht, dass sie mit "Klemmer" ihren Mann meinte. Sie benutzt jenes englische Wort, das es auch im Deutschen in den vergangenen Jahren zu inflationärer Verwendung gebracht hat: "Glamour"."
Ich habe kurz gelacht, aber die Wahrheit ist bitter. Tatsächlich haben die Wullfs nichts gemein mit dem, was man mit Glamour verbinden könnte. Die Welt ist ihnen fremd, der Sternenhimmel der Südhalbkugel und das Rauschen des Pazifiks bedeuten ihnen nichts. Emporkömmlinge können einfach nicht aus ihrer Haut, sie klemmen fest.
"Unbeholfen scheint sich Wulff an die Wörter zu krampfen, immer auf der Suche nach Halt - schließlich der Gipfel des Vortrags: Als "eine oberflächliche, auf 'Klemmer' erpichte Frau" sei sie dargestellt worden, behauptet Wulff. Nicht, dass sie mit "Klemmer" ihren Mann meinte. Sie benutzt jenes englische Wort, das es auch im Deutschen in den vergangenen Jahren zu inflationärer Verwendung gebracht hat: "Glamour"."
Ich habe kurz gelacht, aber die Wahrheit ist bitter. Tatsächlich haben die Wullfs nichts gemein mit dem, was man mit Glamour verbinden könnte. Die Welt ist ihnen fremd, der Sternenhimmel der Südhalbkugel und das Rauschen des Pazifiks bedeuten ihnen nichts. Emporkömmlinge können einfach nicht aus ihrer Haut, sie klemmen fest.
Donnerstag, 13. September 2012
Melango: Übertragung von Adressdaten ohne Vertragsschluss
Der Mandant staunte nicht schlecht, als er nach Abbruch eines Anmeldevorgangs zwei Rechnungen von Melango über insgesamt EUR 403,41 wegen eines angeblichen Vertragsschlusses über deren Website erhielt. Er hatte zwar seine Adressdaten in die Anmeldemaske eingetragen und auf den Button "Weiter zu Schritt 2" geklickt, aber vor dem Betätigen des Buttons „Ich akzeptiere die AGB, jetzt anmelden“ den Anmeldevorgang zunächst unterbrochen und später abgebrochen. Eine negative Feststellungsklage vor dem Amtsgericht Peine sollte Licht in das Dunkel des Anmeldevorgangs bei Melango bringen.
Unstreitig ist im Prozess, dass der Vertragsschluss bei Melango stets durch Nutzung eines Web-Formulars in zwei Schritten abläuft. Zunächst erfolgt im ersten Teil online eine Eingabe der persönlichen Daten in eine Anmeldemaske. Sind die Daten vollständig eingetragen, klickt man auf den Button "Weiter zu Schritt 2". Schon durch das Anklicken dieses ersten Buttons wurden ohne Zweifel Informationen an Melango übertragen, was jedenfalls zur Öffnung einer weiteren Seite als zweiten Teil der Anmeldung führte. Ohne eine Datenübertragung wäre gar nichts passiert. Streitig ist, in welchem Umfang durch Anklicken des Buttons "Weiter zu Schritt 2" Daten an Melango übertragen wurden. Nämlich ob nur Informationen übertragen wurden, die lediglich zur Öffnung des zweiten Teils der Anmeldung mit dem Button „Ich akzeptiere die AGB, jetzt anmelden“ führten - wie Melango behauptet - oder ob auch die in die Anmeldemaske vom potentiellen Kunden eingetragenen Daten übertragen wurden, ohne dass die Betätigung des Buttons „Ich akzeptiere die AGB, jetzt anmelden“ notwendig war.
Diese Frage wurde nun durch ein Sachverständigengutachten im Prozess vor dem Amtsgericht Peine zum Az.: NZS 5 C 440/11 geklärt: „Damit die Informationen aus der Erfassungsmaske (Seite 1) an den Server übertragen werden ist es nicht notwendig Aktivitäten auf der Seite 2 auszuführen. Die Informationen werden bereits nach Freigabe der ersten Erfassungsseite durch aktivieren des Schalters „weiter zu Schritt 2“ übertragen.“ Damit sollte klar sein, warum unser Mandant auch ohne Vertragschluss eine Rechnung erhalten konnte.
Klar sein dürfte damit ebenfalls, dass Melango als Diensteanbieter gem. § 13 TMG den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs zwar über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten hat, diese Unterrichtung aber bei Nutzung der Erfassungsmaske generell nicht erfolgt - schliesslich wurde die Datenerhebung im Prozess sogar verneint. Im Ergebnis eine vorzügliche Methode, um massenhaft Daten über potentielle Konsumenten zu erfassen - und ab und an auch mal ein wenig Geld lediglich für das Ausfüllen eines Anmeldeformulars zu verlangen.
Unstreitig ist im Prozess, dass der Vertragsschluss bei Melango stets durch Nutzung eines Web-Formulars in zwei Schritten abläuft. Zunächst erfolgt im ersten Teil online eine Eingabe der persönlichen Daten in eine Anmeldemaske. Sind die Daten vollständig eingetragen, klickt man auf den Button "Weiter zu Schritt 2". Schon durch das Anklicken dieses ersten Buttons wurden ohne Zweifel Informationen an Melango übertragen, was jedenfalls zur Öffnung einer weiteren Seite als zweiten Teil der Anmeldung führte. Ohne eine Datenübertragung wäre gar nichts passiert. Streitig ist, in welchem Umfang durch Anklicken des Buttons "Weiter zu Schritt 2" Daten an Melango übertragen wurden. Nämlich ob nur Informationen übertragen wurden, die lediglich zur Öffnung des zweiten Teils der Anmeldung mit dem Button „Ich akzeptiere die AGB, jetzt anmelden“ führten - wie Melango behauptet - oder ob auch die in die Anmeldemaske vom potentiellen Kunden eingetragenen Daten übertragen wurden, ohne dass die Betätigung des Buttons „Ich akzeptiere die AGB, jetzt anmelden“ notwendig war.
Diese Frage wurde nun durch ein Sachverständigengutachten im Prozess vor dem Amtsgericht Peine zum Az.: NZS 5 C 440/11 geklärt: „Damit die Informationen aus der Erfassungsmaske (Seite 1) an den Server übertragen werden ist es nicht notwendig Aktivitäten auf der Seite 2 auszuführen. Die Informationen werden bereits nach Freigabe der ersten Erfassungsseite durch aktivieren des Schalters „weiter zu Schritt 2“ übertragen.“ Damit sollte klar sein, warum unser Mandant auch ohne Vertragschluss eine Rechnung erhalten konnte.
Klar sein dürfte damit ebenfalls, dass Melango als Diensteanbieter gem. § 13 TMG den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs zwar über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten hat, diese Unterrichtung aber bei Nutzung der Erfassungsmaske generell nicht erfolgt - schliesslich wurde die Datenerhebung im Prozess sogar verneint. Im Ergebnis eine vorzügliche Methode, um massenhaft Daten über potentielle Konsumenten zu erfassen - und ab und an auch mal ein wenig Geld lediglich für das Ausfüllen eines Anmeldeformulars zu verlangen.
Dienstag, 11. September 2012
Penistrillerpfeife und Bundesadler
Der Bundesadler schützt bundesweit. Er gewährt Schutz durch Recht und Gesetz, wahrt anerkannte sittliche Werte und hält seine Schwingen auch durch Urteile und Urkunden über Personen und deren Rechte. Wer des Bundesadlers unwürdig ist, darf ihn nicht führen. Das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland führt den Bundesadler in seiner Standarte, er ist das staatliche Hoheitszeichen Deutschlands und genau deshalb auch wählerisch.
Der Bundesadler hat zur Wahrung der guten Sitten beizutragen. Der Begriff der guten Sitten ist der sittlichen Auffassung und dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu entnehmen. Er ist wandelbar, sein Inhalt bestimmt sich nach den jeweils geltenden durchschnittlichen sittlichen Anschauungen der in Betracht kommenden beteiligten Kreise. Wer einen beachtlicher Teil des Publikums in seinem Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzt, kann nicht auf den Schutz des Bundesadlers vertrauen.
So gesehen haben der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und eine Penistrillerpfeife etwas gemeinsam. Auf den Bundesadler müssen beide verzichten. Wulff, weil er am 17. Februar 2012 nach Beantragung der Aufhebung seiner Immunität durch die Staatsanwaltschaft Hannover als Bundespräsident zurückgetreten ist und die Penistrillerpfeife, weil für sie eine Musterurkunde mit dem Bundesadler als Zeichen hoheitlicher Anerkennung durch das Geschmacksmustergesetz nicht ausgestellt werden darf. Jedenfalls für die Penistrillerpfeife hat das Bundespatentgericht per Beschluss zum Az.: 10 W (PAT) 711/99 rechtskräftig festgestellt, sie sei "unanständig".
Der Bundesadler hat zur Wahrung der guten Sitten beizutragen. Der Begriff der guten Sitten ist der sittlichen Auffassung und dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu entnehmen. Er ist wandelbar, sein Inhalt bestimmt sich nach den jeweils geltenden durchschnittlichen sittlichen Anschauungen der in Betracht kommenden beteiligten Kreise. Wer einen beachtlicher Teil des Publikums in seinem Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzt, kann nicht auf den Schutz des Bundesadlers vertrauen.
So gesehen haben der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und eine Penistrillerpfeife etwas gemeinsam. Auf den Bundesadler müssen beide verzichten. Wulff, weil er am 17. Februar 2012 nach Beantragung der Aufhebung seiner Immunität durch die Staatsanwaltschaft Hannover als Bundespräsident zurückgetreten ist und die Penistrillerpfeife, weil für sie eine Musterurkunde mit dem Bundesadler als Zeichen hoheitlicher Anerkennung durch das Geschmacksmustergesetz nicht ausgestellt werden darf. Jedenfalls für die Penistrillerpfeife hat das Bundespatentgericht per Beschluss zum Az.: 10 W (PAT) 711/99 rechtskräftig festgestellt, sie sei "unanständig".
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Sonntag, 9. September 2012
Bettina Wulff und Google
Die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Bettina Wulff, wehrt sich gegen die Verbreitung von rufschädigenden Gerüchten. Personen, die über ein Gerücht mehr wissen möchten, kommen in vielen Fällen auf die Idee, Informationen über dieses Gerücht mit Hilfe der Suchmaschine Google im Internet zu suchen. Google unterbreitet dem Suchenden bei der Eingabe von Suchworten seit einiger Zeit Vorschläge, welche weiteren Begriffe die Suche vervollständigen könnten. Die ergänzenden Vorschläge werden dabei aus den häufigsten Suchanfragen nach dem gleichen Begriff zeitlich vorangehender Nutzer im Rahmen einer sogenannten Autocomplete-Funktion generiert.
Wenn also viele Leute nach einem Namen in Verbindung mit den Schlagworten eines Gerüchts suchen, werden zukünftig Suchenden von Google bei der Suche nach dem gleichen Namen genau die Begriffe als ergänzender Suchvorschlag gemacht, nach denen andere Leute bereits häufig gesucht haben. Derzeit wird der Name "Bettina Wulff" bei Google im Rahmen der Autocomplete-Funktion mit Schlagworten verknüpft, mit denen die Namensträgerin sich nicht in Verbindung gebracht sehen will. Es sind Begriffe, die den Kern der Gerüchte ausmachen, gegen deren Verbreitung sich Frau Wullf bereits anderweitig erfolgreich gewehrt hat.
Das Oberlandesgericht München hatte sich mit Urteil vom 29.09.2011 zum Az.: 29 U 1747/11 bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst und eine Haftung von Google für Suchvorschläge, die im Rahmen der automatischen Vervollständigung einer Suchanfrage bedingt durch die Häufigkeit ähnlicher Suchanfragen anderer Nutzer generiert werden, abgelehnt. Nach Ansicht der Münchner Richter würden nämlich nicht eigene Inhalte von Google, sondern lediglich Suchanfragen zeitlich vorangehender Nutzer als fremde Inhalte angezeigt. Für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine sei bereits aufgrund des maschinellen Charakters von Google klar, dass lediglich das Ergebnis fremden Suchverhaltens als Resultat eines vollständig automatisierten Vorgangs wiedergegeben werde. Dieser Eindruck würde dadurch gefestigt, dass im Rahmen des Ergänzungsvorschlags lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern angezeigt werde, denen der Durchschnittsnutzer schon deshalb keine inhaltliche Aussage zu einem sinnhaften Ganzen entnehme, weil sich eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten ergäben.
Das kann man natürlich auch anders sehen. Richtig ist zwar, dass sich die ergänzenden Suchvorschläge auf vorangehende Suchanfragen von Dritten zurückführen lassen. Jeder Suchvorschlag ist jedoch das Ergebnis einer Programmierung von Google, welches zweifellos auch innerhalb der Website von Google angezeigt wird. Um einen fremden Inhalt handelt es sich insoweit jedenfalls nicht. Richtig ist auch, dass im Rahmen der Autocomplete-Funktion lediglich Wörter angezeigt werden. Allerdings dürfte sich bei einer Kombination aus Namen und Schlagwort jedenfalls dann eine einzige Deutungsmöglichkeit aufdrängen, wenn das Schlagwort ohne weiteres als Beschreibung des Namensträgers aufgefasst werden kann. Dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Apfel" wird eine andere Bedeutung beigemessen als dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Bardame".
Im Ergebnis unterstützt die Autocomplete-Funktion von Google jedenfalls die Verbreitung von Gerüchten, wenn diese bereits anderweitig erfolgreich gestreut wurden und auch bislang anhnungslos Suchenden wird von Google in einem solchen Fall der Vorschlag gemacht, die gesuchte Person doch einmal unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es ist deshalb durchaus angebracht, nachzufragen, ob Google die Unterlassung der Verbreitung eines ehrverletzenden Suchvorschlags im Rahmen einer Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom: 30.06.2009 zum Az.: VI ZR 210/08.
Denn ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein. Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber einer Website, der insoweit "Herr des Angebots" ist und es ist nicht zu leugnen, dass Google die Suchvorschläge beherrscht und durchaus in der Lage wäre, Schlagworte, die in Kombination mit einem Namen ehrverletzend wirken, jedenfalls nach Hinweis des Betroffenen aus der Vorschlagsliste der Autocomplete-Funktion zu entfernen.
Wenn also viele Leute nach einem Namen in Verbindung mit den Schlagworten eines Gerüchts suchen, werden zukünftig Suchenden von Google bei der Suche nach dem gleichen Namen genau die Begriffe als ergänzender Suchvorschlag gemacht, nach denen andere Leute bereits häufig gesucht haben. Derzeit wird der Name "Bettina Wulff" bei Google im Rahmen der Autocomplete-Funktion mit Schlagworten verknüpft, mit denen die Namensträgerin sich nicht in Verbindung gebracht sehen will. Es sind Begriffe, die den Kern der Gerüchte ausmachen, gegen deren Verbreitung sich Frau Wullf bereits anderweitig erfolgreich gewehrt hat.
Das Oberlandesgericht München hatte sich mit Urteil vom 29.09.2011 zum Az.: 29 U 1747/11 bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst und eine Haftung von Google für Suchvorschläge, die im Rahmen der automatischen Vervollständigung einer Suchanfrage bedingt durch die Häufigkeit ähnlicher Suchanfragen anderer Nutzer generiert werden, abgelehnt. Nach Ansicht der Münchner Richter würden nämlich nicht eigene Inhalte von Google, sondern lediglich Suchanfragen zeitlich vorangehender Nutzer als fremde Inhalte angezeigt. Für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine sei bereits aufgrund des maschinellen Charakters von Google klar, dass lediglich das Ergebnis fremden Suchverhaltens als Resultat eines vollständig automatisierten Vorgangs wiedergegeben werde. Dieser Eindruck würde dadurch gefestigt, dass im Rahmen des Ergänzungsvorschlags lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern angezeigt werde, denen der Durchschnittsnutzer schon deshalb keine inhaltliche Aussage zu einem sinnhaften Ganzen entnehme, weil sich eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten ergäben.
Das kann man natürlich auch anders sehen. Richtig ist zwar, dass sich die ergänzenden Suchvorschläge auf vorangehende Suchanfragen von Dritten zurückführen lassen. Jeder Suchvorschlag ist jedoch das Ergebnis einer Programmierung von Google, welches zweifellos auch innerhalb der Website von Google angezeigt wird. Um einen fremden Inhalt handelt es sich insoweit jedenfalls nicht. Richtig ist auch, dass im Rahmen der Autocomplete-Funktion lediglich Wörter angezeigt werden. Allerdings dürfte sich bei einer Kombination aus Namen und Schlagwort jedenfalls dann eine einzige Deutungsmöglichkeit aufdrängen, wenn das Schlagwort ohne weiteres als Beschreibung des Namensträgers aufgefasst werden kann. Dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Apfel" wird eine andere Bedeutung beigemessen als dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Bardame".
Im Ergebnis unterstützt die Autocomplete-Funktion von Google jedenfalls die Verbreitung von Gerüchten, wenn diese bereits anderweitig erfolgreich gestreut wurden und auch bislang anhnungslos Suchenden wird von Google in einem solchen Fall der Vorschlag gemacht, die gesuchte Person doch einmal unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es ist deshalb durchaus angebracht, nachzufragen, ob Google die Unterlassung der Verbreitung eines ehrverletzenden Suchvorschlags im Rahmen einer Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom: 30.06.2009 zum Az.: VI ZR 210/08.
Denn ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein. Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber einer Website, der insoweit "Herr des Angebots" ist und es ist nicht zu leugnen, dass Google die Suchvorschläge beherrscht und durchaus in der Lage wäre, Schlagworte, die in Kombination mit einem Namen ehrverletzend wirken, jedenfalls nach Hinweis des Betroffenen aus der Vorschlagsliste der Autocomplete-Funktion zu entfernen.
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VI ZR 210/08
Dienstag, 4. September 2012
"Wenn die Wessis in unserem Stadion jubeln, krieg´ ich das Kotzen"
Wegen dieses Fernseh-Statements von Unioner Christopher Quiring (21) nach dem verlorenen Berliner Derby an der Alten Försterei zwischen dem 1. FC Union Berlin und Hertha BSC (1:2) am vergangenen Montag schrillen die Alarmglocken der gesamtdeutschen Vereinigungsmeierei.
Die unerhörte verbale Auferstehung der Demarkationslinie zwischen den ehemaligen deutschen Staaten durch einen Fußballspieler gehört bestraft, finden nicht Wenige.
Der Ruf nach Spielsperren wird laut, die mediale Erziehung zur Meinungsfeindlichkeit hat gefruchtet. Wo die Zensur fehlt, wird Strafe gefordert. Wo "Scheißmillionäre" die Stadien des geeinten Vaterlands regieren ist eben kein Platz für die Meinungsfreiheit von Fußballspielern, die glauben, ihrer Enttäuschung nach einem verlorenen Spiel durch herkömmliche Abgrenzungen mit dem Gegner Luft machen zu dürfen. Gefordert wird der Spieler mit Eiern in der Hose, dem Herz am richtigen Fleck und der Zunge stets im Zaum. Wie erbärmlich. Eisern Union ist Osten, Hertha ist Westen und wenn die Wessis bei den Ossis gewinnen, dürfen die auch das Kotzen kriegen!
Die unerhörte verbale Auferstehung der Demarkationslinie zwischen den ehemaligen deutschen Staaten durch einen Fußballspieler gehört bestraft, finden nicht Wenige.
Der Ruf nach Spielsperren wird laut, die mediale Erziehung zur Meinungsfeindlichkeit hat gefruchtet. Wo die Zensur fehlt, wird Strafe gefordert. Wo "Scheißmillionäre" die Stadien des geeinten Vaterlands regieren ist eben kein Platz für die Meinungsfreiheit von Fußballspielern, die glauben, ihrer Enttäuschung nach einem verlorenen Spiel durch herkömmliche Abgrenzungen mit dem Gegner Luft machen zu dürfen. Gefordert wird der Spieler mit Eiern in der Hose, dem Herz am richtigen Fleck und der Zunge stets im Zaum. Wie erbärmlich. Eisern Union ist Osten, Hertha ist Westen und wenn die Wessis bei den Ossis gewinnen, dürfen die auch das Kotzen kriegen!
Dienstag, 28. August 2012
Flotter Dreier auf Facebook
Die Mandantin ist erschüttert, denn der jüngst über Facebook gewonnene Liebhaber hatte sich noch vor dem ersten physischen Kontakt als Verräter entpuppt. Das soll nun mit anwaltlicher Hilfe gesühnt werden. Über Wochen hatte die virtuell betrogene Mandantin ein äußerst inniges verbales Verhältnis mit einem graumelierten Mittvierziger von einer Erscheinung, wie ihn die älteren Leser noch aus der Tabakwerbung im Fernsehen in Erinnerung haben. Nur in den ersten ein oder zwei Chat-Sessions unterhielt man sich noch über Beruf, Beziehungen und allerlei Banalitäten des Alltagslebens, bevor man „endlich“ zur Sache kam.
Fortan wurde fast nur noch über intime Vorlieben gesprochen und am Ende einer Session kam es (wohl) häufig zum gemeinsamen aber durch räumliche Distanz gekennzeichneten Orgasmus in dem von Zuckerberg gespendeten Liebesnest. Schließlich gestand die Mandantin während einer fleischlich dominierten Turtelei mehr für ihr virtuelles Gegenüber zu empfinden. Das Wort „Liebe“ soll gefallen sein. Offensichtlich ein Tabubruch, denn unvermittelt sah sich die geständige Chatterin einem Schwall wüster Beleidigungen ausgesetzt, die so gar nicht zu dem pfeiferauchenden Gentleman aus dem ihr mittlerweile auch ans Herz gewachsenen Facebook-Profil passen wollte.
Umgehend und schwer enttäuscht brach sie die Konversation ab und eleminierte auch die so vielversprechend verlaufene Facebook-Freundschaft. Doch bereits am nächsten Tag meldete sich der gerade verflossene Partner mit einer Nachricht und klärte darin die vor den Kopf gestoßene Gespielin auf. Er sei verheiratet und habe zur Auffrischung seiner sexuell nur noch schwach glimmenden ehelichen Beziehung im Einverständnis mit seiner Frau einen Dreierchat auf Facebook initiiert, ohne dabei den außerehelichen Chatpartner einzuweihen. Seine Ehefrau habe sich meistens parallel in sein Konto eingeloggt* und den Chat im Nachbarzimmer über einen eigenen Computer nicht nur verfolgt, sondern sich zwischendurch auch unter seinem Namen an der Konversation beteiligt – und erregt. Dies habe seiner abgekühlten ehelichen Beziehung neue Impulse verliehen und den Geschlechtsverkehr mit seiner Frau wieder zu einer regelmäßigen Institution werden lassen. Das Liebesgeständnis des Vortages habe jedoch eine Überreaktion seiner Frau ausgelöst und zu den derben Beschimpfungen geführt, für die er zwar nichts könne aber sich dennoch entschuldigen möchte.
Die Entschuldigung kam allerdings nicht so an, wie es sich der erfinderische Ehemann erhofft hatte, denn mit der Enthüllung des verheimlichten Dreiers war das Vertrauen endgültig dahin und der Kontakt fortan mit Hilfe einschlägiger Facebook-Einstellungen so weit als möglich blockiert. Der Mandantin ist nun nach Vergeltung im richtigen Leben zu Mute und sie war für den Einwand, dass man auf Facebook noch nicht einmal wisse, mit wem man es tatsächlich zu tun habe, so gar nicht empfänglich.
* Bei Einhaltung der "Erklärung der Rechte und Pflichten" sollte ein solcher Fall eigentlich ausgeschlossen sein: Nr. 4 Registrierung und Sicherheit der Konten, 8. Du wirst dein Passwort (oder deinen geheimen Schlüssel, wenn du ein Entwickler bist) nicht weitergeben, eine andere Person auf dein Konto zugreifen lassen oder anderweitige Handlungen durchführen, die die Sicherheit deines Kontos gefährden können.
Fortan wurde fast nur noch über intime Vorlieben gesprochen und am Ende einer Session kam es (wohl) häufig zum gemeinsamen aber durch räumliche Distanz gekennzeichneten Orgasmus in dem von Zuckerberg gespendeten Liebesnest. Schließlich gestand die Mandantin während einer fleischlich dominierten Turtelei mehr für ihr virtuelles Gegenüber zu empfinden. Das Wort „Liebe“ soll gefallen sein. Offensichtlich ein Tabubruch, denn unvermittelt sah sich die geständige Chatterin einem Schwall wüster Beleidigungen ausgesetzt, die so gar nicht zu dem pfeiferauchenden Gentleman aus dem ihr mittlerweile auch ans Herz gewachsenen Facebook-Profil passen wollte.
Umgehend und schwer enttäuscht brach sie die Konversation ab und eleminierte auch die so vielversprechend verlaufene Facebook-Freundschaft. Doch bereits am nächsten Tag meldete sich der gerade verflossene Partner mit einer Nachricht und klärte darin die vor den Kopf gestoßene Gespielin auf. Er sei verheiratet und habe zur Auffrischung seiner sexuell nur noch schwach glimmenden ehelichen Beziehung im Einverständnis mit seiner Frau einen Dreierchat auf Facebook initiiert, ohne dabei den außerehelichen Chatpartner einzuweihen. Seine Ehefrau habe sich meistens parallel in sein Konto eingeloggt* und den Chat im Nachbarzimmer über einen eigenen Computer nicht nur verfolgt, sondern sich zwischendurch auch unter seinem Namen an der Konversation beteiligt – und erregt. Dies habe seiner abgekühlten ehelichen Beziehung neue Impulse verliehen und den Geschlechtsverkehr mit seiner Frau wieder zu einer regelmäßigen Institution werden lassen. Das Liebesgeständnis des Vortages habe jedoch eine Überreaktion seiner Frau ausgelöst und zu den derben Beschimpfungen geführt, für die er zwar nichts könne aber sich dennoch entschuldigen möchte.
Die Entschuldigung kam allerdings nicht so an, wie es sich der erfinderische Ehemann erhofft hatte, denn mit der Enthüllung des verheimlichten Dreiers war das Vertrauen endgültig dahin und der Kontakt fortan mit Hilfe einschlägiger Facebook-Einstellungen so weit als möglich blockiert. Der Mandantin ist nun nach Vergeltung im richtigen Leben zu Mute und sie war für den Einwand, dass man auf Facebook noch nicht einmal wisse, mit wem man es tatsächlich zu tun habe, so gar nicht empfänglich.
* Bei Einhaltung der "Erklärung der Rechte und Pflichten" sollte ein solcher Fall eigentlich ausgeschlossen sein: Nr. 4 Registrierung und Sicherheit der Konten, 8. Du wirst dein Passwort (oder deinen geheimen Schlüssel, wenn du ein Entwickler bist) nicht weitergeben, eine andere Person auf dein Konto zugreifen lassen oder anderweitige Handlungen durchführen, die die Sicherheit deines Kontos gefährden können.
Donnerstag, 23. August 2012
Staatsanwaltschaft Hannover: Gewaltverherrlichender Film einer Nachbarschaftsinitiative?
Die unheilige Sehnsucht nach der Sperrung von missliebigen Inhalten im Internet hat nun auch die kommunalverfassungsrechtlichen Niederungen der Landeshauptstadt Hannover erreicht. Ein von Zwischenrufen besorgter Eltern aufgeschreckter Bezirksbürgermeister bat die Staatsanwaltschaft Hannover einen Film, der von der Nachbarschaftsinitiative Linden-Nord auf youtube hochgeladen wurde, so schnell wie möglich zu sperren, weil sich entsetzte Eltern über die Darstellung und klare "Verharmlosung von Gewalt“ des Films beschwert hätten.
Hintergrund für das Video „Party in Hannover Linden-Nord“ ist der als lästig empfundene Umstand, dass das alkoholaffine Freizeitangebot in diesem Stadteil nicht nur zu nächtlicher Stunde eine beträchtliche Anzahl von sozialromantisch geprägten Oberschülern und feierwütigen Studienabbrechern anzieht, welche den verbliebenen bodenständigen Teil der Einwohner des beschaulichen Viertels durch eine bisweilen als ausufernd zu bezeichnende Freizeitgestaltung um seinen wohlverdienten Erholungsschlaf bringt.
Für die Staatsanwaltschaft Hannover war eine strafrechtliche Relevanz des Kurzfilms jedoch nicht erkennbar, so dass der verstörende Streifen auch zukünftig die labilen Gemüter jugendlicher Betrachter aus dem Gleichgewicht bringen wird, denn es ist nicht zu erwarten, dass die niedersächsische Landesmedienanstalt den an sie weitergeleiteten Ruf nach Zensur des wackeren Ortsvorstehers erhören wird.
Mittwoch, 22. August 2012
Rechtsanwalt "auch zugelassen am OLG Frankfurt" und "gegrillt" vom OLG Köln
Der von einer Kollegin auf Unterlassung vor dem Landgericht Köln verklagte Rechtsanwalt verwendete in seinem Briefpapier oben rechts unter der Angabe seines Namens den deutlich kleiner geschriebenen Zusatz "Rechtsanwalt auch zugel. am OLG Frankfurt". In der Berufungsinstanz war das OLG Köln im Urteil vom 22.06.2012 zum Aktenzeichen 6 U 4/12 - anders als vorab das Landgericht Köln - der Ansicht, dass ein Unterlassungsanspruch bestünde.
Das Oberlandesgericht Köln war zum einen der Auffassung, dass die Parteien trotz erheblicher räumlicher Distanz in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden und zum anderen sei die Angabe im Briefkopf objektiv dazu geeignet und darauf gerichtet, den Absatz des Handelnden zum Nachteil des Absatzes des jeweils anderen zu fördern. Beide Parteien böten ihre Dienstleistung als Rechtsanwalt potentiellen Mandanten an und seien trotz räumlcher Distanz um die Erlangung von Mandaten auch zulasten des jeweils anderen bemüht. Die irreführende Aussage "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt" sei ferner von wettbewerblicher Relevanz, weil ein Verbraucher dem Zusatz im Briefkopf zu Unrecht entnehmen könne, der Beklagte verfüge über eine spezielle Zulassung und sei zumindest für ein Berufungsverfahren besser als andere Kollegen geeignet. Das OLG Köln hielt die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG daher für überschritten.
Die Revision gegen das Urteil wurde ausdrücklich zugelassen, denn das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte im Beschluss vom 30.11.2007 zum Aktenzeichen 1 W 193/07 zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" anders entschieden:
Das saarländische Gericht hatte bereits Zweifel daran, dass die Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" objektiv dazu geeignet sei, die Stellung des Beklagten im Wettbewerb mit anderen Anwaltskanzleien zu fördern, nachdem die Zulassung der Rechtsanwälte bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die am 1. Juni 2007 in Kraft getretene Neuregelung aufgehoben worden war und damit jedem Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffnet wurde, bei allen Landgerichten und Oberlandesgerichten Deutschlands aufzutreten. Jedenfalls sei die Fehlerhaftigkeit der Briefkopfangabe eher dazu geeignet, sich nachteilig auf die Einschätzung der Kanzlei des Beklagten auszuwirken, als Werbeeffekte zu ihren Gunsten zu entfalten, womit die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG gerade nicht überschritten werde. Wettbewerblich geschützte Interessen anderer Anwälte würden nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt, weshalb ein Unterlassungsanspruch nicht bestehe.
Das Oberlandesgericht Köln war zum einen der Auffassung, dass die Parteien trotz erheblicher räumlicher Distanz in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden und zum anderen sei die Angabe im Briefkopf objektiv dazu geeignet und darauf gerichtet, den Absatz des Handelnden zum Nachteil des Absatzes des jeweils anderen zu fördern. Beide Parteien böten ihre Dienstleistung als Rechtsanwalt potentiellen Mandanten an und seien trotz räumlcher Distanz um die Erlangung von Mandaten auch zulasten des jeweils anderen bemüht. Die irreführende Aussage "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt" sei ferner von wettbewerblicher Relevanz, weil ein Verbraucher dem Zusatz im Briefkopf zu Unrecht entnehmen könne, der Beklagte verfüge über eine spezielle Zulassung und sei zumindest für ein Berufungsverfahren besser als andere Kollegen geeignet. Das OLG Köln hielt die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG daher für überschritten.
Die Revision gegen das Urteil wurde ausdrücklich zugelassen, denn das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte im Beschluss vom 30.11.2007 zum Aktenzeichen 1 W 193/07 zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" anders entschieden:
Das saarländische Gericht hatte bereits Zweifel daran, dass die Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" objektiv dazu geeignet sei, die Stellung des Beklagten im Wettbewerb mit anderen Anwaltskanzleien zu fördern, nachdem die Zulassung der Rechtsanwälte bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die am 1. Juni 2007 in Kraft getretene Neuregelung aufgehoben worden war und damit jedem Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffnet wurde, bei allen Landgerichten und Oberlandesgerichten Deutschlands aufzutreten. Jedenfalls sei die Fehlerhaftigkeit der Briefkopfangabe eher dazu geeignet, sich nachteilig auf die Einschätzung der Kanzlei des Beklagten auszuwirken, als Werbeeffekte zu ihren Gunsten zu entfalten, womit die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG gerade nicht überschritten werde. Wettbewerblich geschützte Interessen anderer Anwälte würden nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt, weshalb ein Unterlassungsanspruch nicht bestehe.
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Urteil
Freitag, 17. August 2012
Muschiaufstand - Rowdytum aus religiösem Hass
Zwei Jahre Straflager für religiös motiviertes Rowdytum lautete das Urteil gegen die drei Künstlerinnen der Moskauer Punk-Band Pussy-Riot. Das klingt zunächst einmal hart, relativiert sich jedoch, wenn es stimmt, dass der Strafrahmen des russischen Gesetzes bis zu sieben Jahre Haft für das Protestgebet gegen Wladimir Putin und den russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill in Russlands wichtigstem Gotteshaus hergäbe.
Schnell sind die Kommentare deutscher Politiker zu lesen. Es sei Putins Prozess und Urteil gewesen, das jeder Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hohnspreche. Von einem gefährlichen Präzedenzfall ist die Rede und die Kanzlerin kritisiert ein unverhältnismäßig hartes Urteil, welches nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie stehe, zu denen sich Russland unter anderem als Mitglied des Europarates bekannt habe.
Zunächst einmal verbieten sich derartige Äußerungen angesichts der verbreiteten Unkenntnis über das russische Recht und dem Mangel des Wissens darüber, ob der Strafrahmen bei vergleichsweise hart sanktionierten Straftaten grundsätzlich ähnlich ausgeschöpft wird. Im übrigen wurden die für den Protest genutzte russisch-orthodoxe Kirche als auch die Worte gegen „die Scheiße Gottes“ wohl bewusst gewählt und dürften den einschlägigen Tatbestand des russischen Strafgesetzbuches erfüllen. Denke ich.
Ich denke aber auch, dass der Kern des weltweit als solches empfundenen Übels nicht in dem Urteil selbst begründet ist, sondern in der Tatsache, allein die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse oder Würdenträger mit Freiheitsstrafe oder überhaupt strafrechtlich zu ahnden. Leider hat man von den Wichtigtuern, die sich gegen das Urteil des russischen Gerichts wenden, vorab keine Kritik an dem zugrundeliegenden Straftatbestand oder dessen Strafrahmen gehört. Sollte dieser Umstand nicht nur Unwissen und Gleichgültigkeit sondern auch dem Respekt gegenüber dem gesetzgebenden russichen Staatsorgan geschuldet sein? Ein Respekt, dem man dem wohl auf Basis des geltenden russischen Rechts urteilenden Gericht nicht zu schulden glaubt?
Ich bin mir sicher, dass die politische Bühne nur zur eigenen Profilierung genutzt wird und kein Politiker auch nur einen Gedanken an die Tatsache verschwendet, dass die öffentliche Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, in Deutschland nach § 166 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Denn Religion ist nicht nur in Russland ein Instrument der Macht.
Schnell sind die Kommentare deutscher Politiker zu lesen. Es sei Putins Prozess und Urteil gewesen, das jeder Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hohnspreche. Von einem gefährlichen Präzedenzfall ist die Rede und die Kanzlerin kritisiert ein unverhältnismäßig hartes Urteil, welches nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie stehe, zu denen sich Russland unter anderem als Mitglied des Europarates bekannt habe.
Zunächst einmal verbieten sich derartige Äußerungen angesichts der verbreiteten Unkenntnis über das russische Recht und dem Mangel des Wissens darüber, ob der Strafrahmen bei vergleichsweise hart sanktionierten Straftaten grundsätzlich ähnlich ausgeschöpft wird. Im übrigen wurden die für den Protest genutzte russisch-orthodoxe Kirche als auch die Worte gegen „die Scheiße Gottes“ wohl bewusst gewählt und dürften den einschlägigen Tatbestand des russischen Strafgesetzbuches erfüllen. Denke ich.
Ich denke aber auch, dass der Kern des weltweit als solches empfundenen Übels nicht in dem Urteil selbst begründet ist, sondern in der Tatsache, allein die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse oder Würdenträger mit Freiheitsstrafe oder überhaupt strafrechtlich zu ahnden. Leider hat man von den Wichtigtuern, die sich gegen das Urteil des russischen Gerichts wenden, vorab keine Kritik an dem zugrundeliegenden Straftatbestand oder dessen Strafrahmen gehört. Sollte dieser Umstand nicht nur Unwissen und Gleichgültigkeit sondern auch dem Respekt gegenüber dem gesetzgebenden russichen Staatsorgan geschuldet sein? Ein Respekt, dem man dem wohl auf Basis des geltenden russischen Rechts urteilenden Gericht nicht zu schulden glaubt?
Ich bin mir sicher, dass die politische Bühne nur zur eigenen Profilierung genutzt wird und kein Politiker auch nur einen Gedanken an die Tatsache verschwendet, dass die öffentliche Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, in Deutschland nach § 166 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Denn Religion ist nicht nur in Russland ein Instrument der Macht.
Mittwoch, 15. August 2012
"Ich schlag´ Dich tot!"
Die Staatsanwaltschaft erhob in der Folge Anklage wegen eines Vergehens der Bedrohung nach § 241 Abs. 1 StGB: "Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."
In einer den Amtsgerichten nicht immer eigenen Weisheit lehnte das Amtsgericht Rudolstadt mit Beschluss vom 09.07.2012 zum Aktenzeichen 355 Js 15271/12 1 Ds jug die Eröffnung des Hauptverfahrens allerdings ab. Denn bei der bereits nach der Art der Vornahme zu einer Störung des individuellen Rechtsfriedens ungeeigneten Handlung des Angeschuldigten handele es sich vielmehr um jugendtümliche Groß- und Wichtigtuerei, die jugendlichem Übermut und somit den Antriebskräften der Entwicklung entspränge, und nicht um kriminelles Unrecht, so daß dem Geschehen von vornherein jegliche tatbestandliche Relevanz im Sinne des § 241 Abs. 1 StGB abzusprechen sei.
Samstag, 11. August 2012
Salvatorische Klausel
Eine solche Salvatorische Klausel in den AGB lautet in etwa wie folgt: "Die Vertragspartner werden die nichtige Klausel durch eine wirksame Klausel ersetzen, die dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich am nächsten kommt.“ und enthält ansonsten keinen konkreten Regelungsgehalt zum Vertrag. Es handelt sich damit um eine allgemeine Bestimmung, die sich auf die gesamten AGB bezieht und als Vorsorge dagegen gedacht ist, dass eine AGB-Bestimmung wegen Unwirksamkeit ersatzlos entfallen könnte.
Das OLG Hamburg ist der Ansicht, eine solche Salvatorische Klauseln erfasse damit auch jene AGB-Bestimmungen, die sich im Vorfeld eines Vertragsschlusses auswirken, wie Bestimmungen, die das Zustandekommen des Vertrags, dessen nähere Ausgestaltung oder Vorschriften über die Speicherung von Kundendaten im Falle eines Vertragsschlusses regeln. Sie seien deshalb auch dazu gedacht, die Nachfrageentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen und dem Verwender Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Es sei für die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer Salvatorischen Klausel auch unerheblich, ob tatsächlich eine unwirksame Regelung in den AGB enthalten sei und die Salvatorische Klausel zur Anwendung gelange, weil sie stets darauf abziele, gegenwärtige oder zukünftige Vertragsbestimmungen vor den Folgen einer etwaigen rechtlichen Unwirksamkeit möglichst effektiv im Sinne des Klauselverwenders zu schützen.
Etwas ausführlicher hatte schon das Landgericht Hamburg in einem Urteil vom 14.09.2006 zum Az.: 327 O 441/06 argumentiert:
Eine so genannte Salvatorische Klausel, durch welche die Vertragsparteien für den Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung vereinbaren, diese durch eine andere zu ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt, weiche von dem gesetzlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in § 306 Abs. 2 BGB ab. Nach diesem Prinzip gelte bei der Unwirksamkeit einer Klausel das dispositive Gesetzesrecht und nicht der gerade noch zulässige Inhalt der Klausel. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion stelle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dar (KG NJW 1998, 829, 831). Es sei ein besonderes Anliegen des deutschen und europäischen AGB-Rechts, dass der Verwender von AGB nicht risikolos unwirksame AGB verwenden kann.
Zudem verstosse eine derartige Salvatorische Klausel auch gegen das Transparenzgebot und damit gegen Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH NJW-RR 1996, 783, 789). Treu und Glauben verpflichteteen den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die streitige salvatorische Klausel mache es dem Verbraucher jedoch praktisch unmöglich, bei Vertragsschluss von dem Inhalt der letztlich geltenden AGB zuverlässig Kenntnis zu nehmen.
Weil jedoch nicht jede Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel zugleich einen relevanten Wettbewerbsverstoß i. S. v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG beinhaltet, stellt sich dennoch die Frage, weshalb eine Salvatorische Klausel, die wegen ansonsten gesetzeskonformer AGB nicht zur Anwendung gelangen kann, als insofern lediglich formaler Rechtsverstoß immer zur Erhebung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs taugen soll. Denn der blosse Wille, den Klauselverwender im Eventualfall möglichst effektiv zu schützen, ohne dass die salvatorische Klausel im konkreten Fall zur Anwendung gelangen kann, dürfte einen Wettbewerber tatsächlich nicht spürbar beeinträchtigen.
Mittwoch, 25. Juli 2012
Und ewig grüßt das Hakenkreuz
Der bisweilen hysterische Umgang der deutschen Justiz mit allem , was nur im Entferntesten an die Insignien des Dritten Reichs erinnern könnte, regte meine Erinnerung an vor einiger Zeit nur überflogene fotografische Fundstücke auf der zumindest Eingeweihten bekannten Website unter der Domain buskeismus.de an.
Ein erfrischendes Gespräch mit einem aufmerksamen niedersächsischen Justizwachtmeister und eine berufliche Begegnung mit einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg über den willkürlichen selbstsuggestiven Vorgang beim Betrachten eines Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken auf rotem Grund machten mich dann endgültig neugierig auf die Reaktion Hamburger Justizwachtmeister beim Anblick historisch interessierter Architekturfotografen mit schussbereiter Kamera.
Um es vorwegzunehmen: Ein freundlicher Gruß nach getaner Arbeit im 1912 eingeweihten Hanseatischen Oberlandesgericht und gähnende Leere im 1903 fertiggestellten Ziviljustizgebäude Hamburg, in welchem auch das Landgericht Hamburg untergebracht ist, bestätigten die Erwartung einer in derartigen Angelegenheiten jedenfalls entspannt agierenden hanseatischen Justiz.
Angesichts der beim Fotografieren der langweiligen Fassade des Neubaus des hannoverschen Amtsgerichts hervorgerufenen Resonanz und der in Hamburg zu erzielenden beachtlichen fotografischen Ausbeute ein durchaus bemerkenswerter Unterschied. Da jene die erwähnten Hamburger Justizgebäude schmückenden Hakenkreuze deutlich älter sind als unsere Republik, käme eine restriktive Handhabung für die Anfertigung von Lichtbildern in diesen Gerichten aber auch dem Versuch der Unterdrückung wahrer Verhältnisse gleich. Leider schweigt sich auch der Hamburgische Richterverein auf seiner Website soweit ersichtlich zu den architektonischen Finessen der beiden Gebäude in der Rubrik "Gerichtsgebäude in Hamburg (Geschichte und Architektur)" aus.
Im Vorwort zu den Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins mit dem Aufsatz "Von der Gerichtslaube zum Sievekingplatz - Gerichtsgebäude in Hamburg -" von Karin Wiedemann wird nur davon berichtet, dass die Hamburger Justiz in "geschichtsträchtigen und ästhetisch bedeutungsreichen Gebäuden" arbeitet und im Kapitel X. "Ius est ars boni et aequi" findet sich ansonsten nur ein Hinweis darauf, dass die Steinmetze in der Vorhalle des Oberlandegerichts Hamburg Zittauer Sandstein und in der großen Treppenhalle Sandstein und Levantegranit verarbeiteten. Kein Wort zu den steinernen Hakenkreuzgirlanden.
Die einleitenden Worte des Kapitels VIII, "Heilige Hallen", verdienen daher in diesem Zusammenhang zitiert zu werden: "Das Gebäude des Hanseatischen Oberlandesgerichts am Sievekingplatz zu betreten, heißt, in eine andere Welt zu tauchen. Schon beim Eintreten umfängt den Besucher eine Stille, die merklich mit dem lauten Verkehrslärm und der Geschäftigkeit des Sievekingplatzes kontrastiert. Eine beeindruckend hohe und weite Treppenhalle, überwölbt von einer blaugestirnten Kuppel, erfüllt im Inneren, was das antikisierende Äußere an Erhabenheit verspricht. Welchen Eindruck dies auf den Besucher macht, hängt davon ab, in welcher Funktion er das Gebäude betritt. Studenten und Referendare werden das Bedrückende und Überwältigende noch ebenso aufnehmen wie es der rechtsuchende Bürger tun wird, der die heiligen Hallen nur gelegentlich betritt." Wie wahr.
Auch die Pressemdeldung zum Festakt im Hanseatischen Oberlandesgericht anläßlich des 100-jährigen Jubiläums am 28. März 2012 erwähnte bei den "Besonderheiten der Innenausstattung" neben der weitläufigen Eingangshalle, dem prunkvollen, zu großen Teilen mit Marmor versehenen Plenarsaal, der in Eiche gehaltene Bibliothek und den vier auf Repräsentation angelegten Sitzungssälen die besonderen Ornamente an den beiden großen Treppen der Eingangshalle nicht. Verständlich.
Letztlich ist es dann auch nur konsequent, sich nicht gegen Fotografien eines Zustands zu wehren, der auch heute nicht besonders beachtet wird und bisher keinen Anlaß zum Einschreiten geboten hat. Ich möchte allerdings doch gerne wissen, was der Angeklagte im oben erwähnten Verfahren über die Strafbarkeit der öffentlichen Verwendung des von ihm gestalteten Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken gedacht hat, als er vor seiner endgültigen Verurteilung die opulent mit Hakenkreuzen geschmückten Treppenaufgänge in den "Heiligen Hallen" des Hanseatischen Oberlandesgerichts beschritten hat.
Die ersten beiden Fotos zeigen Details der Treppenaufgänge im Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, die Treppengeländer und die Tore befinden sich im Ziviljustizgebäude Hamburg.
Ein erfrischendes Gespräch mit einem aufmerksamen niedersächsischen Justizwachtmeister und eine berufliche Begegnung mit einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg über den willkürlichen selbstsuggestiven Vorgang beim Betrachten eines Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken auf rotem Grund machten mich dann endgültig neugierig auf die Reaktion Hamburger Justizwachtmeister beim Anblick historisch interessierter Architekturfotografen mit schussbereiter Kamera.
Um es vorwegzunehmen: Ein freundlicher Gruß nach getaner Arbeit im 1912 eingeweihten Hanseatischen Oberlandesgericht und gähnende Leere im 1903 fertiggestellten Ziviljustizgebäude Hamburg, in welchem auch das Landgericht Hamburg untergebracht ist, bestätigten die Erwartung einer in derartigen Angelegenheiten jedenfalls entspannt agierenden hanseatischen Justiz.
Angesichts der beim Fotografieren der langweiligen Fassade des Neubaus des hannoverschen Amtsgerichts hervorgerufenen Resonanz und der in Hamburg zu erzielenden beachtlichen fotografischen Ausbeute ein durchaus bemerkenswerter Unterschied. Da jene die erwähnten Hamburger Justizgebäude schmückenden Hakenkreuze deutlich älter sind als unsere Republik, käme eine restriktive Handhabung für die Anfertigung von Lichtbildern in diesen Gerichten aber auch dem Versuch der Unterdrückung wahrer Verhältnisse gleich. Leider schweigt sich auch der Hamburgische Richterverein auf seiner Website soweit ersichtlich zu den architektonischen Finessen der beiden Gebäude in der Rubrik "Gerichtsgebäude in Hamburg (Geschichte und Architektur)" aus.
Im Vorwort zu den Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins mit dem Aufsatz "Von der Gerichtslaube zum Sievekingplatz - Gerichtsgebäude in Hamburg -" von Karin Wiedemann wird nur davon berichtet, dass die Hamburger Justiz in "geschichtsträchtigen und ästhetisch bedeutungsreichen Gebäuden" arbeitet und im Kapitel X. "Ius est ars boni et aequi" findet sich ansonsten nur ein Hinweis darauf, dass die Steinmetze in der Vorhalle des Oberlandegerichts Hamburg Zittauer Sandstein und in der großen Treppenhalle Sandstein und Levantegranit verarbeiteten. Kein Wort zu den steinernen Hakenkreuzgirlanden.
Die einleitenden Worte des Kapitels VIII, "Heilige Hallen", verdienen daher in diesem Zusammenhang zitiert zu werden: "Das Gebäude des Hanseatischen Oberlandesgerichts am Sievekingplatz zu betreten, heißt, in eine andere Welt zu tauchen. Schon beim Eintreten umfängt den Besucher eine Stille, die merklich mit dem lauten Verkehrslärm und der Geschäftigkeit des Sievekingplatzes kontrastiert. Eine beeindruckend hohe und weite Treppenhalle, überwölbt von einer blaugestirnten Kuppel, erfüllt im Inneren, was das antikisierende Äußere an Erhabenheit verspricht. Welchen Eindruck dies auf den Besucher macht, hängt davon ab, in welcher Funktion er das Gebäude betritt. Studenten und Referendare werden das Bedrückende und Überwältigende noch ebenso aufnehmen wie es der rechtsuchende Bürger tun wird, der die heiligen Hallen nur gelegentlich betritt." Wie wahr.
Auch die Pressemdeldung zum Festakt im Hanseatischen Oberlandesgericht anläßlich des 100-jährigen Jubiläums am 28. März 2012 erwähnte bei den "Besonderheiten der Innenausstattung" neben der weitläufigen Eingangshalle, dem prunkvollen, zu großen Teilen mit Marmor versehenen Plenarsaal, der in Eiche gehaltene Bibliothek und den vier auf Repräsentation angelegten Sitzungssälen die besonderen Ornamente an den beiden großen Treppen der Eingangshalle nicht. Verständlich.
Letztlich ist es dann auch nur konsequent, sich nicht gegen Fotografien eines Zustands zu wehren, der auch heute nicht besonders beachtet wird und bisher keinen Anlaß zum Einschreiten geboten hat. Ich möchte allerdings doch gerne wissen, was der Angeklagte im oben erwähnten Verfahren über die Strafbarkeit der öffentlichen Verwendung des von ihm gestalteten Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken gedacht hat, als er vor seiner endgültigen Verurteilung die opulent mit Hakenkreuzen geschmückten Treppenaufgänge in den "Heiligen Hallen" des Hanseatischen Oberlandesgerichts beschritten hat.
Die ersten beiden Fotos zeigen Details der Treppenaufgänge im Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, die Treppengeländer und die Tore befinden sich im Ziviljustizgebäude Hamburg.
Montag, 23. Juli 2012
Chatüberfall von Dr. Abmahnung
Nichtsahnend recherchierte ich im Internet nach Informationen zu den Angewohnheiten des Amtsgerichts Hamburg in Filesharing-Verfahren. Ich stiess unter der vielsagenden Adresse www.dr-abmahnung.de auf ein Urteil aus Hamburg, dass vor Kurzem genau durch die Richterin gefällt wurde, welche mir nun freundlicherweise ein Anerkenntnis der Klageforderung empfahl. Bevor ich mich jedoch in Ruhe mit dem Urteil befassen konnte, sprang mich mit einem Klingeln unvermittelt ein Pop-up-Fenster an:
"Vorname Name: Willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?"
Selbstverständlich antwortete ich höflich, um zu erfahren, ob tatsächlich ein individuelles Gespräch stattfinden sollte. Das tat es. Es endete mit:
"Vorname Name: Rufen Sie an, dann sprechen wir schnell ..".
Eine sensationelle Mandatsanbahnung. Wer sich still und heimlich über aktuelle Rechtsprechung informieren will, wird umgehend eingesackt. Das funktioniert über einen Live-Chat von snap engage. Eine Lizenz kann über http://www.snapengage.com eingekauft werden.
Eine derartige Live-Chat-Lösung darf jedoch in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht automatisch personenbezogene Daten wie Geo-Lokationen, Referrer und Browser-Fingerprints aufnehmen, was bei snap engage der Fall sein soll: "Das SnapEngage Widget erfasst alle benötigten Informationen. E-Mail, Beschreibung, Betriebssystem, Browser, Sprache, Ort, usw. und einen Screenshot - alles an einem Ort." Es wird gar damit geworben, dass bei einem Seitenwechsel der Chat aufrecht erhalten bleiben kann und die Information, auf welcher Seite der Besucher gewechselt hat, gespeichert wird.
Auch im Hinblick auf § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung dürfte der Chatüberfall des werten Kollegen "tödlich" sein, denn Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Rote Karte.
"Vorname Name: Willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?"
Selbstverständlich antwortete ich höflich, um zu erfahren, ob tatsächlich ein individuelles Gespräch stattfinden sollte. Das tat es. Es endete mit:
"Vorname Name: Rufen Sie an, dann sprechen wir schnell ..".
Eine sensationelle Mandatsanbahnung. Wer sich still und heimlich über aktuelle Rechtsprechung informieren will, wird umgehend eingesackt. Das funktioniert über einen Live-Chat von snap engage. Eine Lizenz kann über http://www.snapengage.com eingekauft werden.
Eine derartige Live-Chat-Lösung darf jedoch in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht automatisch personenbezogene Daten wie Geo-Lokationen, Referrer und Browser-Fingerprints aufnehmen, was bei snap engage der Fall sein soll: "Das SnapEngage Widget erfasst alle benötigten Informationen. E-Mail, Beschreibung, Betriebssystem, Browser, Sprache, Ort, usw. und einen Screenshot - alles an einem Ort." Es wird gar damit geworben, dass bei einem Seitenwechsel der Chat aufrecht erhalten bleiben kann und die Information, auf welcher Seite der Besucher gewechselt hat, gespeichert wird.
Auch im Hinblick auf § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung dürfte der Chatüberfall des werten Kollegen "tödlich" sein, denn Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Rote Karte.
Samstag, 21. Juli 2012
Huitzilopochtli
Huitzilopochtli war der Kriegsgott und Sonnengott der Atzteken, die um 1500 grosse Teile Zentralmexikos beherrschten. Ein fester Bestandteil der atztekischen Religion waren Menschenopfer zu Ehren ihrer Götter.
Im Glauben an seine Kraft als Kriegsgott wurden Huitzilopochtli Kriegsgefangene von benachbarten Stämmen als Opfer dargebracht. Dem Regengott Tlaloc wurden dagegen vorzugsweise Kinder geopfert, denn viele Tränen verhießen viel Regen. Bei den religiösen Opferungen hielten vier Priester das Opfer auf dem Opferstein einer Pyramide an Händen und Füßen fest und ein Priester schnitt das Herz mit einem Messer heraus. Archäologischen Fundstücken zu Folge wurden bei der Religionsgemeinschaft der Atzteken auch kannibalische Festmähler zu Ehren der Götter abgehalten.
Die Opferungen waren für die Atzteken absolut elementar, denn sie sollten nicht nur Regen oder Erfolg sondern auch den Sonnenaufgang des neuen Tages sicherstellen. Aus heutiger Sicht werden religiöse Menschenopfer als soziokulturell rückständiger Aberglaube betrachtet und weltweit strafrechtlich sanktioniert. Die rituelle Entfernung von Körperteilen lebender Menschen aus religiösen Gründen ist dagegen auch heute noch in vielen Ländern der Erde ein gesellschaftlich anerkannter Brauch.
Im Glauben an seine Kraft als Kriegsgott wurden Huitzilopochtli Kriegsgefangene von benachbarten Stämmen als Opfer dargebracht. Dem Regengott Tlaloc wurden dagegen vorzugsweise Kinder geopfert, denn viele Tränen verhießen viel Regen. Bei den religiösen Opferungen hielten vier Priester das Opfer auf dem Opferstein einer Pyramide an Händen und Füßen fest und ein Priester schnitt das Herz mit einem Messer heraus. Archäologischen Fundstücken zu Folge wurden bei der Religionsgemeinschaft der Atzteken auch kannibalische Festmähler zu Ehren der Götter abgehalten.
Die Opferungen waren für die Atzteken absolut elementar, denn sie sollten nicht nur Regen oder Erfolg sondern auch den Sonnenaufgang des neuen Tages sicherstellen. Aus heutiger Sicht werden religiöse Menschenopfer als soziokulturell rückständiger Aberglaube betrachtet und weltweit strafrechtlich sanktioniert. Die rituelle Entfernung von Körperteilen lebender Menschen aus religiösen Gründen ist dagegen auch heute noch in vielen Ländern der Erde ein gesellschaftlich anerkannter Brauch.
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