Sie erinnern sich noch an den
dreisten Hochstapler, der im Mai dieses Jahres ohne Zulassung vor dem Landgericht Frankfurt als Anwalt aufgetreten sein soll? Nun hat das Oberlandesgericht Frankfurt dem gescheiterten Juristen per
Beschluss vom 7. Oktober 2021 zum Az.: 16 U 246/20 sein kriminelles Verhalten schriftlich bescheinigt. Denn am 4. Januar 2021 hatte der Ganove vor dem OLG Frankfurt einen Berufungsbegründungsschriftsatz eingereicht, obwohl er keine Anwaltszulassung mehr hatte. Mit vollem Vorsatz wurde der Mandant von seinem ehemaligen
Anwalt ins Verderben geschickt, denn die Berufung wurde wegen der fehlenden Anwaltszulassung verworfen und als Unterlegener muss der Mandant nun die Gerichts- und Anwaltskosten für beide Instanzen bezahlen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt erschüttert allerdings auch das Vertrauen in eine funktionierende Rechtspflege, denn natürlich kann nicht in jeder Phase eines Prozesses überprüft werden, ob der Prozessbevollmächtigte tatsächlich (noch)
Rechtsanwalt ist.
Um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsanwaltschaft grundsätzlich zu schützen und den Bürger davor zu bewahren, sich einer nur angemaßten Autorität gegenüberzusehen und hierdurch Schaden zu erleiden, ist das unbefugte Führen der Bezeichnung "Rechtsanwalt" durch § 132a Strafgesetzbuch (StGB) als Missbrauch von Berufsbezeichnungen sanktioniert und wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Auf diese Art und Weise versucht der Gesetzgeber, Betrüger davon abzuhalten, unter besonders geschützten Berufsbezeichnungen aufzutreten und verbrecherische Machenschaften durch professionell auftretende Kriminelle zu verhindern. Im vorliegenden Fall liegt in dem Umstand, dass sich der falsche Anwalt als Volljurist genauestens über sein verbotenes Verhalten im Klaren war, ein besonders erschreckendes Element und der anschließende Versuch, das strafbare Verhalten im Laufe des Prozesses noch zu kaschieren, zeugt von erheblicher krimineller Energie und mangelnder Reue.
Allerdings setzte das Oberlandesgericht den faulen Ausreden des Hochstaplers mit deutlichen Worten die geltende Rechtslage entgegen: "Soweit der Bevollmächtigte noch ausgeführt hat, die Anwaltszulassung sei von ihm nur „zum Ruhen gebracht“ und könne vor der mündlichen Verhandlung wieder aufgenommen werden, steht dies im Widerspruch zum anwaltlichen Berufsrecht, das ein Ruhen der Zulassung nicht kennt." Wenn das OLG Frankfurt ferner davon spricht, der falsche Anwalt habe angegeben, seine Zulassung wegen persönlicher Überlastung und Überforderung mit familiären Angelegenheiten verloren zu haben, lässt sich diese Behauptung durch einen Blick in die rechtskräftige Entscheidung des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs zum Az.: BayAGH I - 5 – 7/19 vom 09.03.2020 genauer aufklären. Dort ist nämlich ganz konkret von einem Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls die Rede, wobei der "Überlastete" wegen des Fernbleibens zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft im zentralen Schuldnerverzeichnis eingetragen war:
"DR II 6..., 12.10.2018, Nichtabgabe der Vermögensauskunft vom 12.10.18 aufgrund VU des LG München I vom 05.04.18 über 164.576,65 €, Az.: ... (E. R.); DR II 2..., 03.05.2017, Nichtabgabe der Vermögensauskunft vom 03.05.17, Vollstreckungsbescheid des AG W. vom 15.12.16 über restliche 2,65 €, Az.: ... (C. T. LLP). Zudem wurde Bezug genommen auf die bei der Obergerichtsvollzieherin Hö. und dem Gerichtsvollzieher Ha. vorliegenden Zwangsvollstreckungsaufträge, wobei die Forderung aus dem Urteil des AG München vom 24.11.2017, Az. ... nur einmal berücksichtigt wurde." Zusammen mit den im Urteil angeführten Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ergibt sich der Eindruck eines Anwalts, dessen Nachlässigkeit im Umgang mit den eigenen Finanzen und den daraus entstandenen hohen Schulden ein ständiges Damoklesschwert für seine Mandanten war, das nicht einmal durch den Widerruf der Zulassung entschärft werden konnte.
Es bleibt zu hoffen, dass das gesamte Ausmaß des kriminellen Treibens des gewieften Gauners zum Schutze der Allgemeinheit und des Ansehens der Rechtsanwaltschaft in der Öffentlichkeit von der zuständigen Staatsanwaltschaft vollständig aufgeklärt wird und der ehemalige Kollege anschließend für viele Jahre aus dem Verkehr gezogen wird. Wer sich die Entscheidung des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs und den sich daran anschließenden Ablehnungsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2020 zum AnwZ (Brfg) 20/20 in Ruhe durchliest, wird sich an Hand des dort skizzierten Bildes eines rücksichtslosen Taktikers der Erkenntnis nicht verschließen können, dass hier ein gewissenloser Jurist aus purer Selbstsucht grundlegende Prinzipien der Rechtspflege bei Seite geschoben hat, um trotz klarer und ihm hinreichend bekannter Verbotsnormen zu seinen Gunsten einfach weiterzumachen, als ob es den rechtskräftigen Widerruf seiner Anwaltszulassung nie gegeben hätte.