Sonntag, 16. Oktober 2011

Der Bundesvorsitzende der NPD wird diskriminiert


Die Ehefrau des Bundesvorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Udo Voigt, buchte 2009 für beide Eheleute einen Aufenthalt im Esplanade-Hotel in Bad Saarow. Trotz anfänglicher Bestätigung wurde die Buchung storniert und auf Nachfrage ein Hausverbot erteilt. Dieses begründete das Esplanade-Hotel damit, dass die politische Überzeugung des NPD-Mannes nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Nach zwei erfolglosen Anläufen vor dem Landgericht Frankfurt/Oder – Az.: 12 O 17/10 – Urteil vom 22. Juni 2010 und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht – Az.: 1 U 4/10 – Urteil vom 18. April 2011, verlangt der Bundesvorsitzende der NPD den Widerruf des Hausverbots nun zum Az.: V ZR 115/11 vor dem Bundesgerichtshof in Zivilsachen.

Ein Blick in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 scheint Klarheit zu bringen, denn das Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Da nach § 2 AGG auch der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, erfasst wird, verfestigt sich die Vorahnung eines erfolgreichen Vorgehens des NPD-Vorsitzenden beim Bundesgerichtshof.

Erst ein Blick in § 19 AGG, der das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot ausdrücklich regelt, läßt die Befürchtung entschwinden, dass das höchste deutsche Zivilgericht am kommenden Freitag gar nicht anders könne, als dem Anliegen des Parteivorsitzenden nachzukommen, denn nur eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, ist verboten.

Damit fehlt aber in § 19 AGG - anders als in § 1 AGG zunächst aufgeführt - für den Schutz im Zivilrechtsverkehr das Antidiskriminierungsmerkmal "Weltanschauung". Jedenfalls nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz durfte das Esplanade-Hotel den Bundesvorsitzenden der NPD wegen seiner politischen Ausrichtung diskriminieren und die Verweigerung seiner Beherbergung ausdrücklich auf dessen politische Ansicht stützen. Dass Türsteher von Diskotheken oder Gaststätten sich dieser juristischen Feinheit bedienen, um dunkelhäutige Mitmenschen etwa wegen einer am Revers getragenen Anti-Atomkraft-Plakette den Zutritt zu einem Lokal zu verweigern, hat der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes offenbar nicht befürchtet.

Nachtrag: Bundesgerichtshof in Zivilsachen, Urteil des V. Zivilsenats vom 9.3.2012 - V ZR 115/11 -

Dienstag, 11. Oktober 2011

melango-Urteil AG Dresden 104 C 3441/11 Volltext


Das angekündigte Urteil gegen die Melango.de GmbH aus Chemnitz liegt nun vor. Nach Ansicht des Amtsgerichts Dresden seien nicht nur die Entgeltklauseln wegen der anderweitig typischerweise kostenlos erbrachten Dienstleistungen als überraschend im Sinne des § 305 c BGB zu werten, sondern auch der Umstand, dass bei Vertragsschluss auf die Entgeltlichkeit der Anmeldung und Mitgliedschaft sowie deren Laufzeit nicht deutlich hingewiesen werde. Amtsgericht Dresden, 05.10.2011, Aktenzeichen 104 C 3441/11

Freitag, 7. Oktober 2011

Jörg Kachelmann - Freispruch rechtskräftig

Staatsanwaltschaft und Nebenklägerin haben nach Kenntnisnahme der Urteilsbegründung des Landgerichts Mannheim ihre Anträge auf Revision zurückgenommen. Das musste nach der erstaunlichen Anzahl von Beiträgen zu diesem Thema in meinem Blog wenigstens noch gesagt werden.

http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/06/kachelmann-alle-wollen-mehr.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/05/fachanwalt-fur-it-recht-gratuliert.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/05/kachelmann-grillfest.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/04/herr-kachelmann-die-prozesskosten-und.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/02/kachelmann-prozess-soll-tv-format.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/02/kachelmann-prozess-warum-schweigt.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/01/bild-zitat-wir-lassen-jetzt-den.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/hier-die-abstimmung-wird-jorg.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/kachelmann-prozess-alice-schwarzer-und.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/jorg-kachelmann-erster-trager-der.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/11/kachelmann-prozess-und-zeugen-gibt-es.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/der-soziopath-von-nebenan-heisst-ganz.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/hats-madel-sich-rumgemachelt-oder-wurds.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/auch-das-verfahren-gegen-den.html

INZEST Mutter und Tochter

Weil "Inzest" nicht nur eine juristische Bedeutung hat und in § 173 StGB als Beischlaf mit einem leiblichen Abkömmling verboten wird, sondern daneben auch eine darüber hinausgehende moralische Bedeutung existiert, macht der in der Überschrift genannte Titel eines angeblichen Films, deren angeblich widerrechtliche Verbreitung per filesharing die Rechtsanwälte Schulenberg & Schenk aus Hamburg im Namen der G&G Media Foto-Film GmbH unterbinden wollen, gerade noch Sinn. Denn der verbotene Inzest im Sinne des § 173 StGB ist nur der Beischlaf zwischen verwandten Personen mittels Eindringen des männlichen Gliedes in den Scheidenvorhof. Und um diesen geht es ja bei dem streitgegenständlichen Filmtitel gerade nicht. Dennoch dürfte der Geschlechtsverkehr zwischen Mutter und Tochter wegen der verwandtschaftlichen Nähe moralisch unter den Begriff "Inzest" fallen. Ob die Strafbarkeit des Beischlafs zwischen Verwandten ein Relikt aus der Vergangenheit ist und § 173 StGB dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, wie etwa der abweichenden Meinung des Richters Hassemer zum Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 - 2 BvR 392/07 - zu entnehmen ist, oder ob im kanonischen Recht auch der Geschlechtsverkehr zwischen Mutter und Tochter als Blutsverwandte ersten Grades gegen göttliches Recht verstößt, wird leider nicht Gegenstand des Streits um eine angebliche Urheberrechtsverletzung durch Nutzung einer Internettauschbörse sein.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Amtsgericht Dresden weist Zahlungsanspruch von Melango.de zurück

Das Amtsgericht Dresden hat heute zum Aktenzeichen 104 C 3441/11 abschliessend entschieden, dass der Melango.de GmbH aus Chemnitz kein Zahlungsanspruch gegen eine Firma aus Dresden zusteht, die sich über das Portal der Melango.de GmbH zur Nutzung ihrer Website angemeldet hatte. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Melango.de enthaltene Entgeltklausel bei der typischerweise im Internet kostenlos angebotenen Leistung von Melango als überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB zu werten ist und diese damit nicht Vertragsbestandteil geworden sei.

Weil das in der Vergangenheit von der Melango.de GmbH angerufene Amtsgericht Chemnitz in zwei Urteilen zu den Aktenzeichen 13 C 1095/10 und 16 C 1107/10 für die Melango.de GmbH entschieden hatte, wollte die auf Zahlung in Anspruch genommene Firma aus Dresden nicht darauf warten, in Chemnitz verklagt zu werden, sondern erhob nach Rechnungserhalt negative Feststellungsklage in Dresden mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass die von Melango erhobene Forderung nicht bestehe. Dem Klageantrag der Dresdner Firma wurde voll entsprochen mit der Folge, dass diese weder die Rechnung von Melango begleichen noch irgendwelche Kosten für den Rechtsstreit tragen muss. Das Urteil mit der schriftlichen Begründung wird noch in dieser Woche erwartet.

Melango kündigte bereits im letzten Schriftsatz an, sich nach Abschluss des Dresdner Verfahrens gegen die dort "gegen sie gerichteten beleidigenden Ausführungen zur Wehr setzen" zu wollen. Melango wurde bereits zweimal von der OpSec die Negativ-Auszeichnung "Schwarzes Schaf" verliehen. Eine Massnahme, die Internetnutzer auf unseriöse Geschäftsmethoden von Onlinefirmen aufmerksam machen und sie zur Vorsicht mahnen soll.

Freitag, 30. September 2011

Hells-Angels-Verbot - Es tobt der Meinungsstreit der braven Bürger

Am Vebot der beiden Hells Angels Charter „Westend“ und „Frankfurt“ durch den hessischen Innenminister entzündet sich erneut die Grundsatzdiskussion über die Ordnungsfunktion der Hells Angels im Rotlichtmillieu. Was nach Ansicht des hessischen Innenministers den tatsächlichen Zweck der Organisation ausmacht, nämlich "in einem bestimmten Gebiet kriminelle Macht zu entfalten und diese Gebiets- und Machtansprüche durchzusetzen", scheint vielen Bürgern recht. Als plastisches Beispiel wird gerne das hannoversche Steintorviertel genannt.

Während dies vor zehn Jahren noch ein gefährliches Territorium diverser Banden von Albanern, Türken und Russen gewesen sei, wäre dort nach dem "Aufräumen" durch Rocker ein für den Normalbürger gefahrloses Vergnügungsviertel mit den Hells Angels als Ordnungsdienst entstanden. Wirte und Gäste seien nunmehr mit den Verhältnissen zufrieden, weil die Gefahr, von ausländischen Banden terrorisiert zu werden, gebannt sei. Die Gegenposition möchte dagegen jeden Straftäter verfolgt sehen, egal woher er stamme oder welcher Gruppierung er angehöre. Von Rockern getragene Schwerstkriminalität wie Zuhälterei, Drogen- und Waffenhandel verdiene keinen Vorzug vor der gleichen Schwerstkriminalität durch ausländische Mitbürger.

Sonntag, 25. September 2011

Schwere Brandstiftung im Fall Breno "lächerlich" - Uli Hoeneß feuert Münchner Staatsanwalt

Kleiner Scherz am Rande. Ganz soweit verrutscht ist auch im Freistaat Bayern das Machtgefüge noch nicht, als dass Bayern-Präsident Uli Hoeneß derartige Befugnisse zustünden. Denn der ist natürlich nur - wenn auch nahezu staatstragend - Präsident des Fußball-Club Bayern München e. V. und Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG.

Der seit 2008 beim FC Bayern München unter Vertrag stehende 21-jährige Profi Breno Vinicius Rodrigues Borges aus Brasilien ist in Untersuchungshaft genommen worden, weil er unter dem Verdacht der schweren Brandstiftung steht. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" soll der Innenverteidiger nach dem Brand seiner Grünwalder Villa einem Sanitäter drei Feuerzeuge in die Hand gedrückt und diesen beauftragt haben, sie verschwinden zu lassen. Die zuständige Ermittlungsrichterin folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft München und erließ wegen des dringenden Tatverdachts und mindestens einem Haftgrund aus § 112 StPO Haftbefehl.

Das war für den fast allmächtigen Uli dann doch zuviel. Er geisselt die Inhaftierung des brasilianischen Kickers einerseits als lächerlich, andererseits gar als unmenschlich und erlaubt sich nebenbei auch einen kleinen Scherz: Ohne den im Haus verbrannten Pass könne Breno nirgendwohin flüchten. Wenn die Staatsanwaltschaft glaube, dass die Haft richtig sei, wünsche er Deutschland eine gute Nacht.

Eine sehr verständliche Sichtweise, denn ein Bayern-Profi gehört einfach nicht in den Knast. Fertig. Etwas irritierend bei den juristisch unscharfen aber wie immer von umfassender Kompetenz geprägten Kommentaren der Fußball-Bayern lediglich die Äußerung des Vorstandsvorsitzenden der FC Bayern München AG Karl-Heinz Rummenigge, der sich zum schwebenden Verfahren nicht äußern möchte und betont: "Ich bin kein Anwalt. Uns sind auch nicht alle Fakten bekannt."

Donnerstag, 22. September 2011

Rechtsanwalt Freiherr von Gravenreuth - Domaingrabbing nach dem Tod?

Der durch umstrittene Abmahnungen im Urheber- und Markenrecht bekannt gewordene Rechtsanwalt Günter Werner Freiherr von Gravenreuth hatte sich am 22.02.2010 wegen Finanzproblemen, einer strafrechtlichen Verurteilung, dem Verdacht auf Krebs und Problemen in seinem sozialen Umfeld erschossen. Selbst seine Gegner waren sich einig, dass er das IT-Recht in Deutschland bis zu seinem Tod hin wesentlich geprägt hat.

Auch nach seinem Ableben sorgt Freiherr von Gravenreuth im IT-Recht für Aufmerksamkeit, wird doch die von ihm vormals für seine Kanzlei genutze Domain "gravenreuth.de" aktuell von einer Person gehalten und betrieben, die nach eigenen Angaben "in keiner Verbindung zu Gravenreuth" steht. Bekanntlich kann aber nach dem Tod einer Person die Benutzung seines Namens als Domain nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Namensanmaßung untersagt werden, denn das Namensrecht einer Person aus § 12 BGB erlischt mit dem Tod des Namensträgers, weil ein Toter nicht mehr Rechtssubjekt ist und insofern nicht mehr Träger eines Namensrechts sein kann.

Das allgemeine postmortale Persönlichkeitsrecht dürfte durch die Registrierung der Domain und die darunter vorgehaltenen beschreibenden Inhalte ebenfalls nicht verletzt sein und da aktuell keine Werbung integriert wird, sollten auch die für 10 Jahre nach dem Ableben geschützten vermögenswerten Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht berührt werden. Damit verbleibt für den Domaininhaber wohl nur noch das Risiko der Löschungsklage eines lebenden Trägers des mit der Domain gleichlautenden Namens, weil auch das Dorf Grafenreuth als Teil der Gemeinde Thiersheim in Bayern und vormaliger Stammsitz der Familie von Gravenreuth durch eine abweichende Schreibweise als in Betracht kommender Träger eines Namensrechts an der Domain "gravenreuth.de" ausscheidet.

Dienstag, 20. September 2011

Hannover - Der Fachanwalt für IT-Recht grüßt aus der lautesten Stadt Deutschlands

Nach einer von der Geers-Stifung in Auftrag gegebenen Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik gilt Hannover als lauteste Großstadt Deutschlands. In der Studie wurden die Lärmkarten von 27 deutschen Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnern ausgewertet, die zeigen, welche Flächen einer Stadt über Tag und Nacht mit Lärm von mehr als 55 dB(A) belastet sind. 70 Prozent der Stadtfläche von Hannover sind nach Angaben der Studie mit einem mittleren Lärmpegel von mehr als 55 dB(A) belastet. Weil in der niedersächsischen Landeshauptstadt knapp 12 Prozent der rund 200 Quadratkilometer Stadtfläche als Grünfläche angelegt sind, wurde Hannover nach einer Erhebung des Städteportals meinestadt.de bezogen auf die Gesamtfläche dieses Jahr auch als grünste Stadt Deutschlands bezeichnet. Schon im vergangenen Jahr hatte das statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) das gleiche Ergebnis mit 56 Quadratmetern öffentlich zugänglicher Grünfläche je Einwohner errechnet und Hannover insoweit deutlich vor anderen deutschen Großstädten wie Hamburg (34 Quadratmeter je Einwohner), München (32 Quadratmeter) oder Bremen mit 11 Quadratmetern platziert. Wahrscheinlich haben Horden spielender Kinder und klingelnder Radfahrer in der 650 Hektar großen Eilenriede als einer der größten zusammenhängenden Stadtwälder Europas zu einem überdurchschnittlichen Lärmpegel geführt.

Dienstag, 13. September 2011

melango.de - Amtsgericht Dresden verneint Zahlungspflicht für Gewerbetreibenden


In dem laufenden Rechtsstreit um einen angeblich kostenpflichtigen Vertrag zwischen einer Gewerbetreibenden und der Melango.de GmbH aus Chemnitz hält das Amtgericht Dresden einen für die Melango.de GmbH wesentlichen Passus ihrer Geschäftsbedingungen für unbeachtlich:

"Die Entgeltklausel dürfte bei den typischerweise im Internet kostenlos zur Verfügung stehenden Leistungen als überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden sein."

Die Melango.de GmbH kontert, dass sich die wehrhafte Gegnerin "die ehrverletzenden und geschäftsschädigenden Verbalinjurien der von ihr beigelegten Anlagen zu eigen" mache und der Melango.de GmbH vorwerfe, betrügerisch zu handeln. Melango droht deshalb damit, nach dem Urteil des Amtsgerichts Dresden diesbezügliche Unterlassungsansprüche durchsetzen zu wollen.

Die Bevollmächtigten der Gewerbetreibenden hatten dem Amtsgericht Dresden diverse Ausdrucke der Diskussionen um die Geschäftspraktiken der Melango.de GmbH in zahlreichen Internetforen als Anlagen zu ihren Schriftsätzen vorgelegt. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist der 05.10.2011.

Dienstag, 6. September 2011

Urlaubsreifer Fachanwalt-IT im Selbstversuch: Bruchlandung mit "flug24.de"

Ich wollte weit weg, die Website erschien auf der ersten Seite von Google, die Abfragemaske sah aus wie bei anderen Anbietern auch und angesichts der einprägsamen Adresse wagte ich bei der Buchung zweier Flüge die verschlüsselte Weitergabe meiner Kreditkartennummer auch ohne weitere Recherchen. Kurz darauf erhielt ich folgende Botschaft: "So einfach das Buchen im Internet ist - es muss auch sicher sein. Aus diesem Grunde führen wir standardisiert zahlreiche Sicherheitsüberprüfungen durch. In Ihrem Falle konnten wir leider den Inhaber der angegebenen Kreditkarte nicht eindeutig verifizieren und möchten Sie daher bitten, uns eine Kopie der Kreditkartenvorderseite und des Reisepasses/Personalausweises des Inhabers per E-Mail (bitte per .JPG - oder .PDF - Datei) oder per Fax an unten aufgeführte Faxnummer zukommen zu lassen."

Schlagartig wurde mir warm und ich bemühte umgehend Google mit der Abfrage -"flug24.de" test-. Bei der Lektüre zahlreicher negativer Kommentare unter dem ersten von Google angezeigten Treffer wurde mir gar heiss und der zunächst ausgeschaltete Anwaltsmodus wurde automatisch aktiviert: "Da Ihr Vorgehen ungewöhnlich ist und das gebuchte finanzielle Volumen erheblich ist, gebe ich Ihnen bis heute mittag (03.08.) um 13:00 Uhr die Gelegenheit, entweder meine Buchung verbindlich zu stornieren oder aber die Tickets per E-Mail an diese E-Mail-Adresse zu senden. Nach fruchtlosem Ablauf erlischt mein bis dahin gültiges Vertragsangebot zum bei der Buchung genannten Preis."

Ob mein potentieller Vertragpartner mir mit der Antwort eine goldene Brücke bauen wollte, weiss ich nicht, aber meine anschließende Stornierung auf folgende Antwort verlief problemlos: "Wir möchten Sie daher bitten, uns die Kreditkartenkopie und eine Ausweiskopie zukommen zu lassen. Gern können Sie diese auch faxen und auch die Kreditkartennummer schwärzen. Wir benötigen zum Vergleich lediglich die letzten 4 Ziffern und Gültigkeit und Kreditkarteninhaber. Ohne die vollständigen Unterlagen kann das Ticket leider nicht ausgestellt werden. Leider hat uns die Fluggesellschaft inzwischen einen anderen als den in Ihrer Buchungsanfrage angezeigten Preis bestätigt. Wir bedauern dies außerordentlich. Bitte geben Sie uns per Email bis spätestens 03.08.11 18 Uhr verbindlich Bescheid, ob Sie mit der Preisänderung einverstanden sind. Sollten Sie nicht einverstanden sein, geben Sie uns bitte ebenfalls bis obigen Zeitpunkt Bescheid, damit wir Ihre Buchungsanfrage kostenfrei stornieren können."

Nachdem mein unmittelbar folgender Ausflug in die Welt der echten Reisebüros auch nicht das gewünschte Ergebnis brachte und ich immer noch auf Reisen wollte, versuchte ich es trotz erschüttertem Online-Bewußtsein abermals mit der Flugbuchung im Internet. Auch der nächste Anbieter hatte Probleme mit meiner Kreditkartennummer: "Vielen Dank für Ihren Buchungsauftrag bei www.flug.de. Für die Kreditkartennummer, die Sie eingetragen haben, bekommen wir leider keine Abbuchungsgenehmigung. Alternativ buchen wir den Betrag gerne von Ihrem Bankkonto ab. Wir benötigen hierfür Ihre Kontonummer sowie die Bankleitzahl und den Namen Ihrer Bank. Bitte beachten Sie, dass eine Abbuchung nur von Konten deutscher Banken möglich ist. Sollten Sie uns eine alternative Kreditkarte zur Zahlung durchgeben wollen, rufen Sie uns hierfür bitte an. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen wir keine Kreditkarten-Daten per E-Mail annehmen."

Was für eine Diskrepanz. Während der eine Anbieter aus Sicherheitsgründen eine Kopie der Kreditkartenvorderseite und des Personalausweises per E-Mail anforderte, war es dem anderen Anbieter aus datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt, ähnlich zu verfahren. Am Ende war der zweite Versuch mit meiner Kontonummer erfolgreich und der Urlaub gelungen. Warum ich in eigener Sache ungleich weniger Vorsicht habe walten lassen, als beruflich üblich, habe ich noch nicht abschließend geklärt.

Mittwoch, 31. August 2011

Kinder nehmen sich Vater als Anwalt und verklagen Mutter wegen fehlender Geschenke

Auf 50.000,- USD Schmerzensgeld verklagten die inzwischen erwachsenen Kinder ihre Mutter mit der Hilfe des von der Mutter getrennt lebenden und als Rechtsanwalt zugelassenen Vaters. Fehlende Weihnachtsgeschenke, restriktive Ausgehzeiten und zu wenig Geld zum Feiern wurden von den Kindern bis zur Berufungsinstanz erfolglos als Klagegrund angegeben. Zum Glück fand der Prozess in Chicago statt und bedroht den Familienfrieden in Deutschland nicht unmittelbar. Aber zur Vorsorge bin ich dann doch schnell ins Kaufhaus gerannt und habe meinen Jungs erstmal drei viel zu teure Ritter gekauft. Ich hoffe, trotz unterschiedlicher Waffen wurde der Gleichheitsgrundsatz gewahrt und ich bekomme keinen Ärger mit der Mutter, weil ich es gewagt habe, Kriegsspielzeug zu kaufen.

Dienstag, 23. August 2011

Ausrangierte Dienstfahrzeuge als Werbefläche für Anwälte - geniale Idee oder schrullige Kampagne?


Schwer beeindruckt von der schlechten Schiedsrichterleistung verliess ich am Sonntag das hannoversche Stadion und stand plötzlich vor der eher schüchternen Werbung einer Kanzlei aus Lehrte auf dem Top-Case eines BMW-C1. Das Fahrzeug wurde 2007 von den Lesern der Zeitschrift MOTORRAD zum „größten Motorrad-Flop" aller Zeiten gewählt und insofern ist es nicht sicher, ob die leicht zu übersehende Werbung der Kollegen deshalb wengistens nicht rufschädigend wirkte.

Nicht zu übersehen ist dagegen die stattliche Anwaltswerbung auf ausgemusterten Dienstfahrzeugen der Polizei in Netphen und Berlin. Während die Rechtsanwälte Nierenz & Felbecker als auch der Kollege Hoenig die Aufmerksamkeit des Betrachters mit dem schlichten Schriftzug "KANZLEI" auf grün-weissem Blech wecken möchten und ihren Fahrzeugen gar die Domains kanzleibus.de und kanzlei-wanne.de spendierten, setzen hannoversche Anwälte auf ausrangierte Feuerwehrautos und ihre sichtbare Internetadresse in weisser Farbe auf rotem Grund. Bei aktuell 155.679 zugelassenen Rechtsanwälten in Deutschland scheint sich der Konkurrenzdruck nicht nur im immer weiter reichenden Fortbildungsangebot sondern auch in ungewöhnlichen Werbestrategien niederzuschlagen.


Ob das Abstellen eines ehemaligen Behördenfahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum eine erfolgreiche Werbemaßnahme sein kann, dürfte vor allem vom Fahrzeug selbst, dessen Gestaltung und vom Umfeld des geparkten Werbeträgers abhängen. Schliesslich kommt bei Fahrzeugen, die allein oder überwiegend zu einem anderen Zweck als dem der späteren Wiederinbetriebnahme "geparkt" werden, auch das kostenträchtige Einschreiten der Ordnungsbehörden in Betracht, weil eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung der Straße vorliegen könnte.


In Berlin und Hannover dürften derart umgestaltete Behördenfahzeuge wesentlich weniger Aufmerksamkeit generieren als in Lehrte oder Netphen. Andererseits könnte man ein solches Gefährt in den Hauptstädten vor dem Reichs- oder Landtag gut sichtbar im Halteverbot parken und bis zur Grenze des Machbaren mit Bauschutt beschweren, um sich mit mißlingenden Abschleppversuchen in prominenter Umgebung bei der lokalen Presse oder auf youtube zu verewigen.

Letztlich hängt der Erfolg dieser anwaltlichen Werbung jedoch von der Einschätzung des angesprochenen Publikums ab, weshalb ich an dieser Stelle einige Reaktionen zur Abstimmung stelle, die ich auf Vorstellung dieses freiberuflichen Werbekonzepts im Rahmen eines Vortrags zu den rechtlichen Grenzen von Zahnarztwerbung durch die Teilnehmer erhalten habe:

Donnerstag, 18. August 2011

Südsudan erhält internationale Abkürzung SS

Was ich in meiner Befangenheit noch als spannende Frage eingeordnet hatte, wurde von der Internationalen Organisation für Normung ISO (International Organization for Standardization) ohne Aufregung entschieden. Der Südsudan hat die ISO 3166-1 Codes SS (ALPHA-2), SSD (ALPHA-3) und 728 (NUMERIC) erhalten und es wird erwartet, dass die vom Südsudan beantragte Country-Code Top-Level-Domain (ccTLD) ".ss" in Kürze ohne Widerstand der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) zur Verfügung gestellt wird.

Die in Deutschland auch heute noch weit verbreitete Berührungsangst mit historisch belasteten Zeichenfolgen wie dem Kürzel SS als Abkürzung für die damals von der NSDAP zur Verteidigung Adolf Hitlers gegründete Schutzstaffel, spielte hier jedenfalls keine tragende Rolle, weil es sachliche Gründe gibt, die für die Verwendung der Kombination SS sprechen. Mit dem Anfangsbuchstaben S standen der ISO sonst nur noch die Kombinationen SF, SP, SQ und SW zur Verfügung, die sich anders als die Zeichenfolge SS nicht zur Abkürzung des Staatsnamens Südsudan/South Sudan eignen.

Dienstag, 16. August 2011

Dr. Christian von Boetticher - "Juristisch legal, moralisch verwerflich, politisch der Tod." (BILD)


Der Kollege Dr. von Boetticher war auf dem Sprung zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und ist nun von seinem Amt als CDU-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein zurückgetreten. Damit hat sich auch der Anspruch auf den Präsidentensessel in Schleswig-Holstein erledigt. Der Grund für die politische Vollbremsung des Rechtsanwalts aus der Pinneberger Kanzlei Triskatis Sykosch Löhnert & Kollegen war die über Facebook angebahnte sexuelle Beziehung zu einer zum Zeitpunkt des Austauschs wechselseitiger Zärtlichkeiten erst 16-jährigen Düsseldorferin.

Während die Parteienlandschaft gelassen mit der straflosen Homosexualität des Kollegen Dr. Guido Westerwelle im Amt des Aussenministers umgeht, wird die straflose heterosexuelle Betätigung des Kollegen Dr. von Boetticher öffentlich abgestraft. Das war dann für das christlich-demokratische Urvolk in Schleswig Holstein eine zu anrüchige Untermalung für die Lieblingsmusik ihres Landesvorsitzenden. Die konsequente Umsetzung des Songs "Sweet Sixteen" von Billy Idol bleibt auf absehbare Zeit erst einmal Künstlern vorbehalten. Politiker müssen im Land der Bockwurst auf Lachshäppchen verzichten.

Donnerstag, 4. August 2011

"Ich musste gerade 88,80 € überweisen. Das kam mir komisch vor, obwohl es eine zufällige Summe war."


Seit mir das Deutsche Patent- und Markenamt zwei liegende Unendlichzeichen als 88 und damit als Synonym für ein Paar des achten Buchstabens des Alphabets, insofern gleichbedeutend mit "Heil Hitler", verkaufen will, bin ich wieder sensibel geworden. Ich erinnere mich zwar nur schemenhaft an die verblasste Diskussion um die doppelte S-Rune des Logos der Rockband KISS, das bis jetzt verwendet wird, aber ich lese dafür aufmerksam, was heute zu der Nachfrage Heiner Geißlers an die Parteien des Streits um "Stuttgart 21" - "Wollte Ihr den totalen Krieg?" - geschrieben wird. Während Journalisten mehrheitlich in Empörung schwelgen, schwappt der gerechte Volkszorn nicht recht über und die breite Masse in den Foren zeigt wenig Verständnis für die konzertierte Entrüstung. Von "Mit diesen Worten hat sich Geißler als heimlicher Brandstifter geoutet und gehört zu jenen, die dem Rechtsterrorismus Blut und Boden bereiten" bis "Da kommen sie wieder knüppelschwingend um die Ecke gebogen, die Blockwarte der deutschen Sprache, und bemerken dabei nicht einmal ansatzweise, daß sie dem braunen Reich tausendmal näher sind als es ein Geißler mit seiner Äußerung jemals sein kann!" sind jedoch alle Meinungen vertreten. Besonders nahe ging mir allerdings der Kommentar des Mitbürgers aus der Überschrift meines Postings, der bei der Überweisung von EUR 88,80 nur ein komisches Gefühl hatte. Was für ein gottverdammter Faschist. Anstatt einfach 0,20 EUR mehr zu zahlen, zieht er es vor, den Hitlergruß mittels Überweisungsträger in die Welt hinauszuposaunen. Ist unsere Demokratie denn nicht mehr wert?

Dienstag, 2. August 2011

"Wollt Ihr den totalen Krieg?"


Dr. Heiner Geißler tritt als "Stuttgart-21-Schlichter" in ein von Dr. Joseph Goebbels aufgestelltes NS-Fettnäpfchen und gibt vor, das Zitat des ehemaligen Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda und letzten Reichskanzlers nicht gekannt zu haben. Ob das wirklich so ist, sei dahingestellt, denn Willy Brandt hatte Geißler 1985 vorgeworfen, seit Goebbels der schlimmste Hetzer in diesem Land zu sein. Geißler hatte angesichts der Unversöhnlichkeit der Konfliktparteien im Streit um "Stuttgart 21" gefragt: "Wollt ihr den totalen Krieg?" Tatsächlich geht der 81-jährige Ex-Generalsekretär der CDU erstaunlich unbefangen mit dem historisch belasteten Zitat im Land der tausendjährigen Fettnäpfchen um: "Ach was, das ist keine Sprechweise der Nazis. Der totale Krieg, den gibt es auch anderswo, den haben wir zurzeit in Syrien“. Als promovierter Volljurist und ehemaliger Bundestagsabgeordneter hätte er aber wissen müssen, dass eine öffentlich geäußerte Meinung vorab sorgsam an die Erfordernisse des ungestörten öffentlichen Friedens anzupassen ist und der Reflex der öffentlichen Empörung durch die Ersetzung der Worte "totalen" und "Krieg" "durch "umfassenden" und "Konflikt" unbedingt hätte vermieden werden müssen.

Montag, 1. August 2011

"Mehrere Mannjahre im Hause unserer Mandantin" - The Witcher 2: Assassins of Kings

Weder die Kollegen der Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute Aßmann noch andere armer Sünder mußten mehrere Jahre im Hause der Firma CD Projekt RED Sp. Z.o.o. aus Warschau verbringen. Vielmehr soll die Entwicklung des Spiels "The Witcher 2 - Assassins of Kings" für das oben genannte Softwareunternehmen aus Polen derart lange gedauert haben, dass die Addition der von sämtlichen Programmierern für die Herstellung der Unterhaltungssoftware investierten Zeit mehrere Jahre ergibt. Eine derartig kostenintensive Produktion soll nun mit den Mitteln des Urheberrechts vor einer unerlaubten Vervielfältigung geschützt werden. In der hierfür von den Kollegen versandten Abmahnung wird dem Abgemahnten vorgeworfen, das Computerspiel über das Internet in sogenannten Tauschbörsen verbreitet zu haben. Zu dem mit der Abmahnung durch .rka angebotenen Ausweg aus dem Dickicht des Paragraphendschungels durch eine Vergleichszahlung in Höhe von EUR 750,- sollen nach Hinweisen aus gut informierten Kreisen vielversprechende Alternativen existieren.

Freitag, 29. Juli 2011

Anonymes Webhosting: Abmahnungen gibt es auch in der Türkei und keiner entkommt dem Landgericht Hamburg

Mit dem Erlaß einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Hamburg hat sich der Slogan eines türkischen Providers "Abmahnungen gibt es in der Türkei keine, somit sind Sie sicher vor Abmahnungen", mit dem er für das von ihm angebotene anonyme Webhosting warb, als falsch erwiesen und dürfte daher sogar unter wettbewerbsrechtlicher Perspektive von der Konkurrenz angreifbar sein, denn die türkische Firma spricht gezielt deutschsprachiges Publikum an.

Das Landgericht Hamburg erliess nach einer Abmahnung gegen einen türkischen Provider eine einstweilige Verfügung und untersagte diesem, eine bestimmte Domain konnektiert zu halten und damit die Erreichbarkeit der Domain und die unter der Domain erreichbaren Inhalte mittels Aufrechterhaltung der Dienste des Domain-Name-Systems (DNS) über das Internet für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.

Denn im Rahmen der Störerhaftung kann jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines Rechtsguts beiträgt, als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Als Hoster der Domain unter welcher die rechtsverletzenden Inhalte abrufbar waren, war die mit einer Abmahnung vorab verwarnte türkische Firma als Störer in der Pflicht, es zu unterlassen, die Wahrnehmbarkeit der rechtswidrigen Inhalte in Deutschland weiterhin zu ermöglichen.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Anwaltstypen: Der Kopfschüttler

Anläßlich der Überschrift des Postings eines Kollegen erinnere ich mich an ein wenig lukratives aber äußerst amüsantes Mandat, in welchem eine neu gegründete sechsköpfige Anwalts-GbR aus Hannover vergebens versuchte, einen Honoraranspruch gegenüber unserem Mandanten durchzusetzen. Die Schriftsätze der Gegner waren stets unterhaltsam und folgendes artentypische Zitat eines Kollegen aus der Serie Kopfschüttler will ich der Leserschaft nicht vorenthalten: "Ihre Auftraggeberin hat ein erstaunlich kurzlebiges Gedächtnis. Daher wollen wir Ihnen insoweit aufhelfen".

Ich weiss, was der holpernde Kollege meinte. Er wollte sich über die begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses unseres Mandanten beschweren, nicht jedoch behaupten, das Gedächtnis unseres Mandanten habe nur kurzfristig gelebt. Natürlich ging es in dem Prozess an keiner Stelle um das Erinnerungsvermögen der Parteien oder um einen Gleichgewichtsverlust auf unserer Seite, sondern nur um abweichende Sachverhaltsdarstellungen. Eine Auftraggeberin gab es auch nicht. Mit anderen Worten: Der Kollege übermittelte weitgehend sinnloses Geschreibsel, gab sich aber dadurch ausdrücklich als Kopfschüttler zu erkennen, von denen bekannter Weise nur eine begrenzte Gefahr (für den Gegner) in Prozessen ausgeht.  

Es ist natürlich nicht besonders tragisch, wenn man sich ungeschickt ausdrückt oder ständig überflüssige Redewendungen in seinen Schriftsätzen verwendet, denn schliesslich korrespondiert die Geisteshaltung der Kopfschüttler zu einem erheblichen Teil mit derjenigen auf Seiten der Leser; also gleichgesinnten Anwälten, Richtern und Mandanten. Kopfschüttler sind in der Regel biedere und bisweilen vor Standesdünkel triefende Kollegen, die sich selbst in gerichtlichen Schriftsätzen kopfschüttelnd äußern: "Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hier weiter ernsthaft bestreitet, dass die Kläger sich wie diesseits vorgetragen gesellschaftsvertraglich dahingehend verständigt haben, dass sämtliche vor Zusammenschluss der fraglichen GbR entstandenen und noch nicht ausgeglichenen Honrare der neuen GbR zu Gute kommen etc., kann dies nur Kopfschütteln verursachen."

In welche Richtung und vor allem in welchem Tempo musste denn der Kollege angesichts meines hartnäckigen Besteitens ob seiner lediglich behaupteten Aktivlegitimation das angestrengte Köpfchen schütteln? Oder hatte mein emsiges Bestreiten gar bei der gesamten sich selbst vertretenden Anwalts-GbR ein dauerhaftes Kopfschütteln verursacht? Es sei an dieser Stelle vorweggenommen, dass die Kollegen ihre Häupter derart heftig oder langanhaltend geschüttelt haben müssen, dass sie am Ende auch nach zahlreichen und ausführlichen richterlichen Hinweisen nicht einmal in der Lage waren, ihre klageweise geltend gemachte Honorarforderung hinreichend substantiiert darzulegen und die Richterin die Klage der vor lauter Schüttelei orientierungslos gewordenen Kollegen abweisen musste.

Über die Nachhilfe der Amtsrichterin mittels zahlreicher Hinweisbeschlüsse für die mit der Schüttelei anscheinend voll ausgelasteten Kollegen war ich übrigens (ohne den Kopf auch nur ansatzweise zu bewegen) so verärgert, dass ich einen Befangenheitsantrag gestellt habe, der zumindest bewirkte, dass die Hinweisflut an die erschöpfte Anwalts-GbR abebbte und der Prozess gewonnen wurde. Bis heute haben die schüttelnden Kollegen übrigens nicht erkannt, welcher Denkfehler der erfolglosen Klage zu Grunde lag und ich werde es auch an dieser Stelle nicht verraten, denn selbst heute bestünde noch die Möglichkeit, den nur schemenhaft erkannten Honorarverlust abseits einer Zahlungsklage gegenüber unserem Mandanten gerichtlich durchzusetzen.

Freitag, 22. Juli 2011

Luis Suárez, dem Uruguayer ein Held, dem Nörgler ein Sündenbock - Ghana ein Jahr später.

Ein Jahr nach dem Spiel zwischen Uruguay und Ghana im Viertelfinale der FIFA-WM 2010, als Luis Suárez in der Nachspielzeit der Verlängerung einen Kopfball von Dominic Adiyiah auf der Linie mit beiden Händen abwehrte, der fällige Strafstoß vergeben wurde und Uruguay das Elfemeterschießen gewann, werden Leute in Ghana nach ihren Gefühlen beim Anblick des himmelblauen Trikots gefragt. Nicht nur für Nörgler und Regelunkundige sehenswert.

Samstag, 16. Juli 2011

Wetten im Internet: Auf beide Gegner setzen und immer gewinnen - "Surebet"


Heute nacht ist es wieder soweit. Fussball. Im Viertelfinale der Copa América 2011 treffen im "clásico del Río de La Plata" Argentinien und Uruguay aufeinander. Das heisst Lionel Messi und Ángel Di María gegen Diego Forlán und Luis Suárez. Beide Mannschaften führen die Liste der Copa-Gewinner mit je 14 Meisterschaften an. Eine heisse Phase auch für Internetwetten rund um den Globus und Anlaß genug, einmal auf die Möglichkeit hinzuweisen, auf jeden der beiden Kontrahenten setzen zu können und in jedem Fall zu gewinnen.

Der sogenannte "Surebet" ist eine Wette, bei der auf Grund der Kombination aller möglichen Wettausgänge wegen besonderer Quoten immer ein Gewinn erzielt wird, ganz egal, wie das Spiel endet. Beim letzten Aufeinandertreffen von Uruguay und Argentinien während der WM-Qualifikation 2010 unterlief einem Wettanbieter in Uruguay der Fehler, seine Quoten so zu gestalten, dass bei Einsätzen auf alle Resultate ein Gewinn auszuzahlen war. Viele Wetter erkannten dies und stiegen mit Maximaleinsätzen je auf Gewinn, Niederlage und Unentschieden ein. Für den 1:0-Sieg von Argentinien musste in der Folge eine Prämie gezahlt werden, die höher war, als die Einsätze auf Gewinn, Niederlage und Unentschieden zusammen. Ein Millionenverlust für ein einziges Spiel.

Regelmäßig ergeben sich solche "Surebets" bei genauem Vergleich der Quoten der verschiedenen Wettanbieter. Setzt man bei passenden Quoten auf beide Mannschaften aber bei unterschiedlichen Anbietern, springt ein Gewinn in der Regel zwischen 2% und 4% des Wetteinsatzes heraus. Professionelle Software vergleicht die Quoten der Anbieter weltweit und ermittelt für den Spieler die passende Gelegenheit, einen Surebet zu platzieren. Einen ersten Überblick vermittelt "surebethelp.com".
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Nachtrag: Argentinien - Uruguay (1:1) 5:6 n.E.
0:1, 06. Minute, Diego Pérez (URU)
1:1, 18. Minute, Gonzalo Higuaín (ARG)
Rote Karten:
Diego Pérez (URU), 39. Minute
Javier Mascherano (ARG), 87. Minute
Flitzer: Jimmy Jump (ESP), 58. Minute

Dienstag, 12. Juli 2011

www.ab-ins.kz















In der Diskussion um die neue Top-Level-Domain ".ss" für den Südsudan tauchte die Frage auf "Und was machen wir mit der TLD für Kasachstan?". Domains in Kasachstan, auf englisch Kazakhstan, enden auf das Kürzel ".kz". Auch der ISO 3166-1 code lautet "KZ". Es ist ein deutscher Staatsbürger, der die Domain "ab-ins.kz" beim Kazakhstan Network Information Center registriert hat. Die Domain ist wegen technischer Schwierigkeiten, Zahlungsrückstands oder der Verletzung vertraglicher Regeln nicht erreichbar. Eine gute Antwort auf die gestellte Frage fällt mir im Moment nicht ein.

Samstag, 9. Juli 2011

Südsudan - neue Top-Level-Domain ".ss"


Das kleinste Problem zu Beginn der Staatsgründung am heutigen Samstag dürfte für den Südsudan die Einordnung des Landes in die weltweit gültige Struktur der Country-Code Top-Level-Domains (ccTLD), also der Domainendungen, unter denen jedem Land die individuelle Vergabe von Second-Level-Domains möglich ist, sein.
Im Englischen (South Sudan) wie im Deutschen drängt sich ".ss" als Endung für den neuen Domainnamensraum des jüngsten afrikanischen Staates auf. Tatsächlich hat sich der Südsudan auch für die Top-Level-Domain ".ss" beworben.

Das Unbehagen deutscher Behörden im Umgang mit historisch unbelasteten aber angeblich politisch anstößig wirkenden Zeichenfolgen manifestiert sich beim Deutschen Patent- und Markenamt in der Ablehnung von verdächtigen Markeneintragungen. Es würde mich überraschen, wenn sich ein Pendant der deutschen Sensibilität nicht auch international in einem Widerstand gegen die Einführung von Zeichenfolgen wiederspiegelt, die historisch jedenfalls belastet sind.
Dass die Abkürzung "SS" für die von der NSDAP zum persönlichen Schutz von Adolf Hitler gegründete Schutzstaffel stand, ist auch international kein Geheimnis.

Mit wenigen Ausnahmen sind sämtliche Länderendungen im Domainnamensraum identisch mit dem dreiteiligen Standard für die Kodierung von geographischen Einheiten ISO 3166, der von der Internationalen Organisation für Normung ISO (International Organization for Standardization) herausgegeben wird. Der erste Teil dieses Standards codiert seit 1974 als ISO 3166-1 sämtliche zwei- und dreibuchstabige Länderkürzel (ALPHA-2 und ALPHA-3).

Ob dem Südsudan am Ende die beantragte Top-Level-Domain ".ss" zugeteilt wird, dürfte daher massgeblich von der Einordnung des afrikanischen Landes in den ISO-Standard 3166-1 durch die Internationale Organisation für Normung abhängen. Ein gewichtiges Wort haben natürlich auch die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) und die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) mitzureden, die am Ende für die Vergabe und Strukturierung sämtlicher Top-Level-Domains verantwortlich sind und sich bei entsprechendem politischen Druck auch für eine Abweichung vom ISO-Standard entscheiden könnten.

Aus meiner Sicht eine spannende Frage, ob die Abkürzung einer als verbrecherisch eingeordneten nationalsozialistischen Organisiation knapp 90 Jahre nach ihrer Gründung das Schicksal einer jungen afrikanischen Nation im neuzeitlichen Internet bestimmen darf.
Da das Internet jedoch räumliche und kulturelle Distanzen mühelos überbrückt und die Bedeutung des Kürzels "SS" kaum verblasst ist, spricht viel dafür, dass eine Registrierungsspielwiese für Ewiggestrige unter der Flagge des Südsudan gar nicht erst eröffnet wird.

Freitag, 8. Juli 2011

Google: Zensur!

Was haben Jana Bach und Petra Krischke gemeinsam? Ganz einfach: Das letzte Mal etwas traffic wegen der links aus diesem Artikel, denn beide haben ihre kostenlosen Homepages beim Freehoster CO.CC registriert. CO.CC behauptet über sich, die erste Wahl für freies Hosting zu sein, doch damit dürfte erst einmal Schluss sein. Denn Google hat sämtliche der etwa 11 Millionen Websites unter der Endung .co.cc aus dem Index geworfen, weil über diesen Freehoster überwiegend Phishing-, Spam- sowie low-quality-Seiten angeboten würden. Welche Relevanz ein solches Verhalten bei der weltweiten Marktmacht von Google hat, wage ich hier nicht näher zu erläutern, schliesslich nutze ich mit diesem kostenfreien Blog ebenfalls Googles Dienste. Ob Jana und Petra auch bald zu Google wechseln?

Donnerstag, 7. Juli 2011

Stadionverbot für Bayern-Fans wegen Transparent gegen Ex-Schalker Manuel Neuer?

Der FC Bayern München denkt nach Angaben der BILD-Zeitung über ein Stadionverbot nach. Anlass dafür soll ein Fan-Plakat bei einem Trainingsspiel am Gardasee sein: "DU KANNST AUCH NOCH SO VIELE BÄLLE PARIEREN WIR WERDEN DICH NIE IN UNSEREM TRIKOT AKZEPTIEREN!"

Das Plakat richtete sich an den Ex-Schalker Torhüter Manuel Neuer, dessen Verfpichtung für die neue Saison bei einigen Fans des FC Bayern München auf wenig Gegenliebe stößt. Ein ehemaliger Schalker Ultra im Trikot der Bayern ist für diese Fans ein Sakrileg. Ihre Meinung haben sie mehrfach zum Ausdruck gebracht und damit mindestens die für den Transfer Verantwortlichen hart getroffen.

Der Vorfall gibt Anlaß über den Aspekt "Meinungsfreiheit im Stadion" nachzudenken. Während die Meinungsfreiheit im Grundgesetz in Artikel 5 verankert ist und jedem das Recht gibt, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, verbietet die Haus- und Benutzungsordnung für die Allianz Arena in München Fröttmaning in § 5 Nr. 6 "sonstige Gegenstände, die der Freude am Spiel anderer Besucher, Spieler oder Offizieller abträglich sein können."

Eine schöne Generalklausel, die zur Anwendung lockt. Schliesslich erkennen die Nutzer und Besucher der Arena die Geltung der Haus- und Benutzungsordnung mit dem Zutritt zu deren räumlichen Geltungsbereich an und nach § 20 Nr. 2 sind sogar Rechtsmittel gegen einzelne Maßnahmen in Vollzug der Haus- und Benutzungsordnung - soweit dem andere rechtliche Grundlagen nicht entgegenstehen, ausgeschlossen.

Andere rechtliche Grundlagen könnten hier durchaus die §§ 305 und 305c BGB sein, wonach Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags werden, wenn der Verwender durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. Ausserdem werden solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Insoweit gilt es schließlich auch, Art. 5 GG zu berücksichtigen. Fanplakate, Meinungsfreiheit und Stadionverbote. Eine interessante Mischung, die es im Einzelnen noch zu erkunden gilt.
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Nachtrag: Wie der Kollege Stadler anmerkt, hat eine Befassung mit dem Thema durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.10.2009 zum Az.: V ZR 253/08 bereits stattgefunden. Einem Bayern-Fan war es nach Auseinandersetzungen, bei denen mindestens eine Person verletzt und ein Auto beschädigt wurde mehr als zwei Jahre lang verwehrt worden, in Deutschland an Spielen der Fußballnationalmannschaft, der Fußballbundesligen und der Fußballregionalligen als Zuschauer teilzunehmen. Auch hatte er seine Mitgliedschaft bei den Bayern verloren. Schließlich war er in die Liste über die bundesweit geltenden Stadionverbote eingetragen worden, die vom DFB verwaltet und regelmäßig den Fußballvereinen zur Weiterleitung an die örtlich zuständige Polizei, der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze und der Bundespolizeidirektion übermittelt wird. Dieses umfassende Stadionverbot ist vom BGH bestätigt worden.

Mittwoch, 6. Juli 2011

CDU-Promotionsschummler im Landtag: "Sie haben mich sicher nicht wegen meines Doktortitels gewählt."


Die Universität Tübingen hat dem baden-württembergischen CDU-Landtagsabgeordneten Matthias Pröfrock den Doktorgrad entzogen. Seine Promotion "Energieversorgungssicherheit im Recht der Europäischen Union / Europäischen Gemeinschaften" soll in nicht unerheblichem Maße aus fremden Texten bestehen, ohne dass dies kenntlich gemacht wurde. Der strebsame Parlamentarier wurde auch vom VroniPlag Wiki auf den Grill geworfen. Im Landkreis Waiblingen hatte er für die CDU bei der Landtagswahl im Mai 2011 ein Direktmandat geholt. Das will er nun nicht aufgeben, weil ihn die Bürger nicht wegen seines Doktortitels gewählt hätten. Im Grunde hat er ja recht. Gewählt werden oft die größten Blender, die ihren Unfug bestens verkaufen können. Warum soll ausgerechnet er dann sein Mandat zurückgeben? Wenn es mit dem VroniPlag Wiki so weitergeht, reicht es in den bundesdeutschen Parlamenten in absehbarer Zeit zu einer Schummelfraktion.

Dienstag, 5. Juli 2011

Landgericht Hannover: Anwalt gewinnt Prozess - und legt Berufung ein

Fehler macht jeder Rechtsanwalt irgendwann, aber dass ein Kollege vor dem Landgericht Hannover gewinnt und gegen das Urteil Berufung einlegt, dürfte äußerst selten vorkommen. Das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht Celle standen nach der anschließenden Rücknahme der Berufung vor der schwierigen Frage, wie der Streitwert für die Berufung festzusetzen sei.

Da der Wert des Beschwerdegegenstandes für den Streitwert maßgeblich ist, wegen des gewonnenen Prozesses die Partei des Berufungsführers hier aber gar nicht beschwert war, musste eine Lösung her. Diese hat das OLG Celle zum Az. 14 U 199/03 durch folgende Überlegungen gefunden:

"Der Kläger hat die Berufung gegen das am 17. September 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Rücknahme verloren. Er hat die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen, § 516 Abs. 3 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 600,01 EUR festgesetzt. Der Streitwert ist auf den Mindestwert für eine Berufung festzusetzen, der gemäß § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO 600,01 EUR beträgt. Der Kläger hat in erster Instanz voll obsiegt, sodass er durch das angefochtene Urteil nicht beschwert wird. Orientiert man sich für die Festsetzung des Streitwertes auch im Fall einer mangels Beschwer unzulässigen Berufung an dieser, so müsste er 0 EUR betragen mit der Folge, dass keine Kosten entstünden. Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (MDR 1984, S. 502 f.) an, wonach ein derartiges Ergebnis nicht tragbar ist, weil auch eine unzulässige Berufung einen Bearbeitungsaufwand erfordert, den der Verursacher im Rahmen der gesetzlichen Gebühren zu tragen hat. Die Festsetzung nach dem vollen Streitwert ist nicht sachgerecht, weil keine inhaltliche Prüfung stattfindet; die Festsetzung auf den geringsten Gebührenstreitwert (so Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdn. 3742; Lappe, KostRspr. GKG, Anm. zu § 14 GKG, Nr. 22) entspricht nicht der Bedeutung der Sache. Da dem Berufungskläger nicht unterstellt werden kann, bewusst ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt zu haben, muss er seiner Rechtsmitteleinlegung zumindest die Bedeutung beigemessen haben, die für ein zulässiges Rechtsmittel vorausgesetzt wird (OLG Frankfurt, a. a. O.)."

Samstag, 2. Juli 2011

"Offensichtlicher und besonders schwerer Urheberrechtsverstoß" mittels filesharing von "Die Atzen mit Nena - Strobo Pop"

Jedenfalls spricht die Kanzlei Fareds Rechtsanwaltsgesellschaft mbH davon, wenn Sie mittels Abmahnung für die Geto Gold Musikverlag GbR Rechte an "Die Atzen mit Nena - Strobo Pop" geltend macht. Der übliche Mix aus "Internettauschbörse", "illegal" und "Landgericht" wird mit "eDonkey","eMule", "Kazaa" und "BitTorrent" gewürzt um dann mit einem "Vergleichansgebot von EUR 450,00" schmackhaft serviert zu werden. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und wer von zuviel Strobopop noch nicht geblendet durch die Welt rennt, ahnt schon, wo das leckerere Süppchen gekocht wird.

Abmahnung der Rechtsanwälte Bindhardt, Fiedler, Zerbe wegen Urheberrechtsverletzung an „Berlin City Girl“ von "Culcha Candela"

Immer noch mahnt die Rechtsanwaltskanzlei Bindhardt, Fiedler, Zerbe aus Linden Anschlussinhaber im Auftrag von Hanno Graf, Omar David Römer Duque, Lars Barragan De Luyz, Matthäus Jaschik, Matthias Hafemann, John Magiriba Lwanga, Simon Müller-Lerch und Jan Krouzilek wegen der abgeblichen Verletzung von Urheberrechten ab. Mitels Abmahnung soll der wiederholte download des Musiktitels „Berlin City Girl“ von "Culcha Candela" verhindert werden. Während vom Anschlussinhabern wie üblich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt wird, soll die Forderung von Rechtsanwaltskosten und Ersatz des entstandenen Schadens aus § 97a UrhG mittels eines Vergleichs von EUR 400,00 aus der Welt geschafft werden. Das Vergleichangebot machte vor Monaten schon mal für EUR 350,00 die Runde. Macht nichts, denn nicht umsonst heisst es so schön beim Song "Berlin City Girl": "Und der Grund warum ich sie doppelt mag ist weil sie manchmal so süß "Opfer" sagt".

Freitag, 1. Juli 2011

Vorhautmann im Kampf gegen die Beschneidung

Während der Kampf gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien durch zahlreiche Organisationen wie die Vereinten Nationen UN, UNICEF, die Weltgesundheitsorganisation WHO und Amnesty International AI geführt wird, fristet der Kampf gegen die operative Entfernung der Vorhaut bei Jungen derzeit noch ein Schattendasein. Mit der Hilfe von Vorhautmann unter der Domain Foreskinman.com soll sich dies nun ändern. Dessen geistiger Schöpfer Matthew Hess kämpft in den USA an vorderster Front einer Bewegung, die sich "intactivists" nennt und welche gegen die kindliche Vorhautbeschneidung gleich aus welchem Anlass antritt. Die Bewegung stuft die Beschneidung grundsätzlich als Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit und geschlechtliche Integrität ein.


Ein erster Erfolg der Bewegung gegen die Beschneidung ist die Abhaltung eines Referendums in San Francicso im November 2011, welches in einem gesetzlichen Verbot der frühen Vorhautentfernung münden könnte. Gegen ein mögliches Verbot wenden sich vor allem Moslems und Juden, die ihre Religionsfreiheit durch die drohende Ächtung gefährdet sehen. Eine jahrtausende alte jüdische Tradition der Beschneidung steht zur Debatte. Kein Wunder, dass der muskulöse Vorhautmann in den zum Herunterladen bereitstehenden Comics zur Unterstützung der Beschneidungsgegner in bester Superheldenmanier gegen "Monster Mohel" antritt. Denn als Mohel wird ein jüdischer Beschneidungsspezialist bezeichnet, der in einem religiösen Ritus die Vorhaut am Penis des Knaben acht Tage nach der Geburt mit einem Beschneidungsmesser entfernt. Den Vorwurf des Antisemitismus kommentiert Foreskinman-Schöpfer Hess mit den Worten: "Wir versuchen nicht antisemitsch zu sein, wir versuchen für die Menschenrechte zu sein."

Donnerstag, 30. Juni 2011

„Aber es ist nicht wie im Fall Kachelmann, wir haben Belege in der Hand, die die Tat nachweisen.“

Der Fall Kachelmann färbt noch vor Rechtskraft des Urteils auf andere Prozesse ab und wird zum Maßstab für Gerichte, wie das obige Zitat belegt. 17 Jahre nach der Tat verurteilte das Landgericht München II einen Vater wegen Vergewaltigung zu vier Jahren Haft in einem Fall, in dem ebenfalls Aussage gegen Aussage stand. Die Aussage des Opfers sei stimmig und entspreche der wenige Tage nach der Tat gegenüber einer Therapeutin erfolgten Schilderung. Ausserdem habe der ehemalige Schwiegervater glaubwürdig versichert, den Täter nach Jahren auf den Inzest angesprochen und als Antwort erhalten zu haben: "In Österreich macht man das so mit seinen Töchtern."

Mittwoch, 29. Juni 2011

Kontrastwerbung


Die BILD-Zeitung ist Vorreiter der sogenannten Kontrastwerbung im Internet. Dabei wird im redaktionellen Teil eine bewegende reale Nachricht mit einer belanglosen aber thematisch passenden Werbung kombiniert. Diese Form der Werbung zeigt dem Leser deutlich, wie unwichtig selbst dramatische Ereignisse des Weltgeschehens sind, weil sie die Freiheit des Konsumenten nicht gefährden. Auch gegen gewalttätige Proteste in Griechenland ist die 100-Euro-Fanprämie des deutschen BILD-Lesers immun.

Das Internet gehört uns allen. Setzen Sie ein Zeichen und zeigen Sie Ihre Unterstützung für das weltgrößte öffentliche Gut.

Irgendwann überfällt mich die Botschaft aus der Überschrift in meinem Mozilla-Firefox-Browser und als stets kritischer Jurist fällt mir natürlich sofort ein, dass das weltgrößte öffentliche Gut ja wohl die Luft sein dürfte, gefolgt vom Wasser. Das Internet ist zweifelsohne eine spannende und auch lukrative Sache, wird aber von den Herrschern des Webs gerne und wohl auch zielgerichtet überschätzt. Das Sonnenlicht ist übrigens auch ganz schön. Lieber ein Kreuz in frischer Luft unter der Sonne in den Atlantikstrand ritzen? Wer trotzdem bei dem neusten World-Wide-Gimmick im Projekt “Mark Up” von Mozilla mitmachen will, findet den Einstieg hier: X

Montag, 27. Juni 2011

Die geheimen Zeichen der Nazis beim Deutschen Patent- und Markenamt


Wer beim DPMA eine Marke anmelden möchte, muss sich mit der Bedeutung der geheimen Codes in- und ausländischer Neonazis auseinandersetzen. Denn unter den Regierungsamtmännern und Regierungsamtfrauen beim Deutschen Patent- und Markenamt kursiert eine aus Wikipedia entnommene Liste von Zeichencodes, die als identitätsstiftende Erkennungszeichen unter Rechtsextremen bekannt sind (s.u.). Wer nun als Patentanwalt oder mit Markenrecht befasster Rechtsanwalt um Eintragung einer Marke für seine Mandanten ersucht, muss sich darauf einstellen, dass eine Markenanmeldung zurückgewiesen werden kann, sofern die Marke einen der umfangreichen Zeichencodes enthält, die unter Neofaschisten eine einschlägige Bedeutung haben. Denn die Verwendung solcher Marken im Geschäftsverkehr, das heißt als kommerzielle Produkt- und Dienstleistungsbezeichnung, sowie die Gewährung eines ausschließlichen Schutzrechtes hieran durch die von staatlicher Seite erfolgte Registrierung, würde eine grobe Geschmacksverletzung bedeuten, politisch anstößig wirken und wäre geeignet, das Empfinden beachtlicher Teile der inländischen Verkehrskreise zu verletzen. Die oben abgebildete und bereits im Februar 2001 zum Schutz von Magnetaufzeichnungsträgern, Papier und Bekleidungsstücken eingetragene Marke dürfte heute nicht mehr problemlos vom DPMA Schutz erlangen.

Abgesehen davon, dass man als Vertreter seines Mandanten versucht, stets dessen Interessen argumentativ durchzusetzen, drängt sich angesichts des vom DPMA postulierten Prinzips, Marken, deren Bestandteile verdächtige Codes enthalten, die Eintragung zu versagen, die grundsätzliche Frage auf, ob in der Vorgehensweise des DPMA eine indirekt hoheitliche Anerkennung eines neofaschistischen Zeichencodes von grundsätzlich unbedenklichen Zeichenfolgen liegt. Weder die Zahlen 88 und 18 noch die Buchstabenkombinationen HH oder AH sind per se Zeichen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten oder Symbole einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder Vereinigung, die verboten ist. Mit anderen Worten: Die Verwendung dieser Zeichenkombinationen ist straflos, auch wenn man sie als Symbol für "Heil Hitler" oder "Adolf Hitler" verwenden oder verstehen kann.

Die Verwendung solcher Zeichenkombinationen ist aber nicht nur straflos, sie ist grundsätzlich weder verletzend noch politisch anstößig. Während die historisch belasteten Kürzel NS, HJ, SS, SA, und KZ seit dem Jahr 2000 nicht mehr von den KFZ-Zulassungsstellen vergeben werden, trifft dies für die oben genannten Zeichenfolgen nicht zu. Denn "HH" steht auf Autokennzeichen für Hansestadt Hamburg, "AH" bei der Deutschen Bahn für den Hamburger Hauptbahnhof und die Zahlen "18" und "88" sind weder aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch aus dem Grundgesetz verbannt. Aus meiner Sicht ist daher die Definition derartiger Zeichenfolgen als Geschmacksverletzung und damit Zuerkennung einer politischen Bedeutung eine Preisgabe öffentlichen Raumes, die mit der Anerkennung dieser Codes als Privileg zu Gunsten der politischen Gruppen einhergeht, gegen die sich die amtliche Vorsicht richten soll.

Abkürzung Bedeutung
13/4/7 steht als Zahlencode für die Buchstaben des Alphabetes – MdG – Abkürzung für die verfassungsfeindliche Grußformel „Mit deutschem Gruß“
18 steht für den 1. und 8. Buchstaben des deutschen Alphabets und wird als Synonym für die Initialen Adolf Hitlers verwendet.
28 steht für den 2. und 8. Buchstaben des deutschen Alphabetes und dient als Abkürzung für Blood and Honour. B&H ist eine in vielen Staaten aktive neonazistische Bewegung, die sich nach der Losung der Hitler-Jugend benannt hat.Ende Sommer 2000 wurden B&H und deren Jugendorganisation White Youth in Deutschland verboten.
74 steht für den 7. und 4. Buchstaben des deutschen Alphabetes und dient als Abkürzung für
Großdeutschland
84 steht für den 8. und 4. Buchstaben des deutschen Alphabetes und dient als Abkürzung für „Heil Deutschland“ und wird als Grußformel verwendet („Heil dir“)
88 steht für zwei mal den 8. Buchstaben des Alphabetes und dient als Abkürzung für den Gruß „Heil Hitler“. Außerdem steht 88, wenn man das Alphabet von hinten abzählt, für die Buchstaben SS.
444 steht für DdD („Deutschland den Deutschen“), das zeigt die Unerwünschtheit von Ausländern.
19/8 steht für den 19. und den 8. Buchstaben des Alphabets, als Abkürzung für „Sieg Heil“.
1919 zwei mal den 19. Buchstaben des Alphabets, also „SS“.
1488 steht für die 14 Words von David Eden Lane und die Abkürzung „Heil Hitler“, 8 = achter Buchstabe im Alphabet, 88 = HH= Heil Hitler. Daneben kann es auch für 1 = Auf, 4 = Deutschland, 8 = Heil, 8 = Hitler stehen.
168:1 steht für den von Timothy McVeigh durchgeführten Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City (USA), bei dem 168 Menschen den Tod fanden. Die Zahlen stehen in sarkastischer Weise für das „Verlustverhältnis“ (168 zu 1 Menschen).
14 words steht für „We must secure the existence of our people and a future for white children“ („Wir müssen den Fortbestand unseres Volkes und die Zukunft unserer weißen Kinder sichern.“) und bezieht sich auf ein Zitat des US-amerikanischen Rechtsterroristen und Rassisten David Eden Lane. Selten findet sich auch die Erklärung, dass die Zahl 14 für den 1. und 4. Buchstaben des Alphabetes steht und als Abkürzung für „Auf Deutschland“ dient.
4/20 auch 4:20 oder 420. Steht in der englischen Datumsangabe für den 20. April, den Geburtstag Hitlers.
BH steht wie auch „28“ für „Blood and Honour“ (dt. Blut und Ehre).
HFFH steht für „Hammerskins forever, forever Hammerskins“.
HooNaRa ein Schlachtruf („Hooligans – Nationalisten – Rassisten“).
JOG Jewish Occupied Government, zionistisch oder jüdisch besetzte Regierung.
RAHOWA steht für „RAcial HOly WAr“, was „heiliger Rassenkrieg“ heißt.
SWP „Supreme White Power“, Steigerung von „White Power“, bedeutet „höchste (überlegene) weiße Macht“.
WAR „White Aryan Resistance“
WAR "Weißer arischer Widerstand"
W.A.P. steht im neueren Gebrauch für „White Aryan Power“ (Weiße arische Macht) in Erweiterung und Anlehnung an vorstehende Kürzel.
W.O.T.A.N. steht für „Will Of The Aryan Nation“, zu deutsch: „Der Wille der arischen Nation“, mit einer Anlehnung an den germanischen Gott Wotan.
WP steht für „White Power“ (weiße Macht), einen Wahlspruch des Ku-Klux-Klan. Später wurde es von dem britischen Neonazi Ian Stuart Donaldson, dem Sänger der Band Skrewdriver, zusammenfassend für die nazistische und rassistische Theorie von der Vorherrschaft der „weißen Rasse“ benutzt.
WPWW „White Pride World Wide“ (weltweiter weißer Stolz).
ZOG Zionist Occupied Government, zionistisch jüdisch besetzte Regierung.