Eigentlich war Klaus-Peter zeitlebens ein braver Bub, über den seine Lehrer und Mitschüler nur Gutes zu berichten hatten.
Er mochte Pferde, Hunde und liebte herbstliche Waldspaziergänge, doch verließ er im Winter ungern die warme Stube. Raufen war ihm zuwider und er lernte schnell, Widersacher mit seinen Tränen zu erweichen.
Doch als es Klaus-Peter in die grosse weite Welt hinauszog, sollte sich das bald ändern. Als externer Consultant, Under-Cover-Controller und Interims-Manager verdiente er gutes Geld und lernte die erhabenen Seiten des Lebens kennen. Er gefiel sich fortan in der Rolle des ergebenen Dieners der Reichen und Mächtigen. Das Aufbäumen gegen Verhältnisse, in denen Menschen unterworfen werden und der Kampf gegen eine Gesellschaft, in der sich die Menschen gegeneinander stellen, waren ihm fremd.
Der erwachsene Klaus-Peter war stets rückgewandt, liebte Antiquitäten und den konservierenden Firnis von Ahnengalerien. Er erstrebte das Aufgehen im großen Ganzen und träumte davon, Teil einer Gesellschaftsschicht zu sein, wie er sie aus dem geliebten Märchenbuch seiner Kindertage kannte. Er liebte Kaiser, Könige und den Adel als Ganzes, spürte er doch tief in seinem Innern einen Schauer, wenn er an siegreiche Einmärsche der Herrscher vergangener Tage dachte. An die Macht, die über ihm stand und deren Füße er zu küssen bereit war. Eine Macht, gegen die er ohnehin nichts ausrichten konnte, weil er die Unterwerfung seit jeher im Blut hatte.
Es war für Klaus-Peter eine Herzensangelegenheit, sich im allumspannenden Weltnetz von
Facebook dem Zerrbild des von ihm verehrten Adels und seiner treuen Knechte anzuschliessen, um gefahrlos vor dem Bildschirm seines Heimcomputers wenigstens an einem kleinen Feldzug zur Verteidigung des Märchenreichs seiner Jugend teilzunehmen. „Hurra!“ schrie er vor Erregung, als der von ihm als Adelsfeind auserkorene Gegner auf seine Kriegslist hereingefallen war und ihm in einer persönlichen Mitteilung über
Facebook Vertrauliches mitgeteilt hatte. Ihm verschwamm der Schirm vor den Augen, so sehr schrie er. In einem Rausch, höher und herrlicher als der, den das Bier vermittelt, wurde aus dem weichen Klaus-Peter der starke Hass-Peter. Der Rausch liess ihn die ergatterte Nachricht in seiner
Facebook-Hassgruppe veröffentlichen und den entblößten Gesprächspartner als Irren anprangern. Er traktierte die Tastatur in einer Sphäre der begeisterten Raserei, in einem Himmel, wo seine äußersten Gefühle kreisten.
Erst später dämmerte ihm, dass er sich in dieser Nacht, verwirrt vom süßen Met der siegreichen Schlacht, womöglich vom Pfad der Tugend, den er seit jeher beschwor, hatte abbringen lassen. Und dann geschah es, was er sich als treuer Untertan des herrschenden Systems, als ergebener Büttel des ihm willig übergestülpten Rechts, niemals hätte erträumen lassen. Zuerst bescheinigte ihm das
Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 07.01.2013 zum Az.: 324 O 648/12 einen unverzeichlichen Fehltritt gegen das geltende Gesetz und schließlich gar dass
Oberlandesgericht Hamburg mit Beschluss vom 04. Februar 2013 zum Az.: 7 W 5/13 einen weiteren schwer zu mißbilligenden Verstoß gegen die bürgerliche Rechtsordnung, der zu gehorchen ihm als geborener Vasall ein mindestens ebenso wichtiges Anliegen war, wie die Bekämpfung der unehrenhaften Horden jener, die aus seiner Sicht mit ihrer Namensführung das Andenken derer beschmutzten, die er heiligengleich verehrte.
Beim Anblick der einstweiligen Verfügungen und der Androhung von hohem Ordnungsgeld erschrak er, als habe ihm jemand einen Spiegel vorgehalten, in dem er einen Fremden erblickt, der sich um Recht und Ordnung nicht schert. Klaus-Peter erschrak und rang nach Atem.
Er sah sich hastig um. In seinem Kampf war er allein.